VwGH 2000/06/0192

VwGH2000/06/019221.11.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der Ein B, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8/1, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 5. Oktober 2000, Zl. 03- 12.10 W 27 - 00/96, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. HH, 2. MH, beide in B; und

3. Marktgemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §42 Abs2 idF 1998/I/158;
AVG §8;
AVG §82 Abs7 idF 1998/I/158;
BauG Stmk 1995 §27 Abs1;
BauRallg;
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §42 Abs2 idF 1998/I/158;
AVG §8;
AVG §82 Abs7 idF 1998/I/158;
BauG Stmk 1995 §27 Abs1;
BauRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erst- und die Zweitmitbeteiligte beantragten mit Ansuchen vom "15. Mai 1999" (eingelangt bei der mitbeteiligten Gemeinde am 12. Mai 1999) die Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für die "Errichtung eines Umbaues des bestehenden Wohn- und Wirtschaftsgebäudes".

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin u.a. des Grundstückes Nr. 2243/2, KG W, das dem verfahrensgegenständlichen Baugrundstück bzw. dem verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben entlang des Weges Nr. 2463/1 nördlich bzw. nordwestlich gegenüberliegt.

Die Beschwerdeführerin wurde unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 Abs. 1 AVG i.d.F. der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998, dass nur jene Nachbarn die Parteistellung beibehielten, die spätestens am Tag vor der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 Stmk. BauG 1995 erhoben hätten, geladen.

Die Kundmachung zur Bauverhandlung (Anschlag auf der Amtstafel vom 2. Juli 1999 bis 16. Juli 1999) für den 15. Juli 1999 erfolgte gleichfalls unter Hinweis auf diese Rechtsfolge des § 42 Abs. 1 AVG.

Im Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 15. Juli 1999 ist zum Nachbarvorbringen festgehalten, dass es von Seiten der erschienenen Nachbarn (u.a. der Beschwerdeführerin) gegen dieses Bauvorhaben keine Einwände gäbe. In diesem Protokoll über die Verhandlung ist vom Verhandlungsleiter die richtige und vollständige Wiedergabe des Verhandlungsablaufes beurkundet worden. Das Protokoll wurde von den anwesenden Personen (außer der Beschwerdeführerin, die die Unterschrift verweigert hat, der Grund für die Verweigerung ist im Protokoll nicht festgehalten) unterschrieben.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 27. Oktober 1999 wurde dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten die Baubewilligung für den "teilweisen Abbruch des bestehenden Wohn- und Wirtschaftsgebäudes und Neubau eines Wohnhauses auf derselben Fläche sowie den Umbau im verbleibenden Teil des Wirtschaftsgebäudes" auf dem Grundstück Nr. 2260, EZ. 97, KG W, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Die beiliegenden mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Projektunterlagen bildeten gemäß dem Spruch dieses Bescheides einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides.

Unter Auflage 1. wurde Folgendes angeordnet:

"1. Im Zuge der Umbaumaßnahmen im verbleibenden Wirtschaftsgebäude ist die Lüftungsanlage für den Hühnerstall im Obergeschoß dieses Wirtschaftsgebäudes derart abzuändern, dass die Abluft aus dem Hühnerstall über das Dach ausgeblasen wird. Die dafür herzustellenden Lüftungskamine sind mindestens 60 cm über den First zu führen. Die Ausblasgeschwindigkeit der Abluft hat mit mindestens 8 m/sec. zu erfolgen."

In dieser Entscheidung wurde im Hinblick auf das Vorbringen der Nachbarn im Verfahren festgestellt, dass diese (u.a. die Beschwerdeführerin) keine Einwände gegen das Bauvorhaben erhoben hätten. Zu der Auflage Nr. 1 wurde ausgeführt, der Bausachverständige habe in seinem Gutachten bei der Bauverhandlung ausgeführt, dass bezüglich der direkt angrenzenden Lage des bestehenden Hühnerstalles im Altbestand (Obergeschoß) vor Erteilung der Baugenehmigung eine Stellungnahme des Distriktarztes einzuholen sei. Dieser habe zu der Entlüftungsanlage des im verfahrensgegenständlichen Gebäude befindlichen Stalles 4 im Obergeschoß festgestellt, dass bei entsprechender Adaptierung der bestehenden Entlüftungsanlage keine Gesundheitsgefährdung für die zukünftigen Bewohner angenommen werden könne. Die erstinstanzliche Behörde stellte in diesem Zusammenhang fest, dass, um eine Gesundheitsgefährdung der Bewohner des zukünftigen Wohnhauses auszuschließen, im Zuge der geplanten Umbaumaßnahmen im bestehenden Wirtschaftsgebäude auch der Umbau der Lüftungsanlage für den im Obergeschoß des Wirtschaftsgebäudes bestehenden Hühnerstall gemäß Auflage 1. im Spruch dieses Bescheides vorzuschreiben gewesen sei.

Über die dagegen von der Beschwerdeführerin und von dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten erhobenen Berufungen wurde mit Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 21. Juni 2000 entschieden. Es wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 27 Abs. 1 Stmk. BauG zurückgewiesen und aus Anlass der Berufung über Antrag des Erst- und der Zweitmitbeteiligten der erstinstanzliche Bescheid vom 27. Oktober 1999 dahingehend geändert, dass die Raumnutzung des im Erdgeschoß des bestehenden Wirtschaftsgebäudes gelegenen Raumes im Flächenausmaß von 24,42 m2 von Werkstätte auf Abstellraum eingeschränkt werde.

In dieser Entscheidung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nach § 15 AVG eine gemäß § 14 AVG aufgenommene Niederschrift (bzw. im Gegenstand eine Verhandlungsschrift) über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis liefere. Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges bleibe zulässig. Solcherart sei es Sache der Berufungsbehörde gewesen, die Vollständigkeit und Richtigkeit der Verhandlungsschrift vom 15. Juli 1999 zu prüfen. Im Rahmen dieses Prüfungsvorganges seien als Zeugen J.A., der der Bauverhandlung als Protokollführer beigewohnt habe, und der Erstmitbeteiligte einvernommen worden. Weiters sei die schriftliche Stellungnahme des bautechnischen Sachverständigen Arch. Dipl. Ing. J.P. eingeholt worden. J.A. habe in seiner Eigenschaft als Protokollführer bestätigt, dass die Niederschrift laut diktiert, mittels Laptop verfasst und nach Beendigung der Bauverhandlung "vor Ort" ausgedruckt worden sei. Alle ihm diktierten Sätze seien in die Niederschrift aufgenommen worden. Im Zuge der Bauverhandlung seien die anwesenden Nachbarn, so auch die Beschwerdeführerin, darüber befragt worden, ob sie gegen das Bauvorhaben Einwände erhöben. Alle Nachbarn hätten dabei angegeben, dass sie gegen das geplante Projekt keine Einwände hätten. Übereinstimmend sei bestätigt worden, dass die Beschwerdeführerin hinsichtlich des Werkstättenraumes die Frage nach dessen Verwendung gestellt habe. Dazu habe der Erstmitbeteiligte erklärt, dass "es ein Raum für kleinere Arbeiten bzw. zum Murksen" sein solle. Es sei nachvollziehbar, dass dieser Frage- und Antwortdialog nicht in das Protokoll aufgenommen worden sei, da mit einer solchen Frage keinerlei "Einwendungswirkung" verbunden sein könne. Der Vertreter der Beschwerdeführerin habe zu diesen Ermittlungsergebnissen in einem Schriftsatz vom 22. Mai 2000 Stellung genommen. Entgegen der Vorgabe des § 15 AVG sei kein Gegenbeweis für die Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges angeboten bzw. geführt worden, es sei daher bei der bloßen Behauptung der Unvollständigkeit und damit Unrichtigkeit des Protokolles geblieben.

Gemäß § 27 Abs. 1 Stmk. BauG behielten nur jene Nachbarn Parteistellung, die spätestens am Tage vor der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 erhoben hätten. Im Protokoll sei die Tatsache bezeugt, dass von Seiten der erschienenen Nachbarn, also auch von der Beschwerdeführerin, keine Einwände gegen das Bauvorhaben erhoben worden seien. Die Beschwerdeführerin habe daher ihre Parteistellung verloren, was sie auch daran hindere, nachträglich gegen den Bewilligungsbescheid Berufung zu führen.

Weiters führte die Berufungsbehörde aus, dass das baubehördliche Bewilligungsverfahren ein Projektverfahren sei. Im vorliegenden Verfahren sei der bestehende Hühnerstall nicht Antragsgegenstand. Es sei auf diesen auch aus nachbarrelevanter Sicht richtigerweise nicht einzugehen gewesen. Bei der Auflage 1. des erstinstanzlichen Bescheides handle es sich um Belange der allgemeinen Anforderungen an Planung und Bauausführung, die nach § 43 Abs. 2 Z. 3 Stmk. BauG in den Beurteilungsbereich der Baubehörde fielen. Zufolge des mit der Nichterhebung von Einwendungen verbundenen Verlustes der Parteistellung habe keine Notwendigkeit mehr bestanden, die Stellungnahme des Distriktarztes gesondert einem Parteiengehör zu unterziehen. Eine Baubewilligung sei ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt. Eine Änderung des Antrages im Berufungsverfahren sei grundsätzlich nur soweit möglich, als damit eine Antragseinschränkung verbunden sei. Im Zuge des Berufungsverfahrens hätten der Erst- und die Zweitmitbeteiligte den Bauantrag eingeschränkt, indem die Nutzung des einen Raumes als Werkstätte in die Nutzung als Abstellraum geändert worden sei.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Berufungsbehörde in der Begründung des Berufungsbescheides auch auf die inhaltlichen Einwendungen der Beschwerdeführerin eingegangen sei. Die Beschwerdeführerin sei so behandelt worden, wie wenn die Einwendungen in der Verhandlungsschrift protokolliert gewesen wären. Die Berufungsbehörde sei in ihrer Entscheidung zu dem Schluss gekommen, dass die Beschwerdeführerin in keinem ihr zustehenden subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht verletzt worden sei. Auf Grund des Umstandes, dass die Berufungsbehörde auf die Einwendungen auch inhaltlich eingegangen sei, sei nicht ersichtlich, dass durch eine eventuell nicht ordnungsgemäße Belehrung gemäß § 13a AVG eine Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheides gegeben sein könne. Die bei der Verhandlung unvertretene Beschwerdeführerin habe im fortgesetzten Verfahren durch ihren Rechtsvertreter sämtliche ihr wichtig erscheinenden Einwendungen vorgebracht, auf die die Berufungsbehörde auch inhaltlich eingegangen sei. Es werde auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach durch den auf Zurückweisung (statt richtig auf Abweisung) zu lautenden Bescheidspruch die Partei in ihren Rechten nicht verletzt werde, wenn der Antrag (Berufungsantrag) der Sache nach - für sie erkennbar - abgewiesen worden sei. Festgehalten werde auch, dass das vorliegende Verfahren ausschließlich den Antrag auf Baubewilligung für die Errichtung eines Umbaues des bestehenden Wohn- und Wirtschaftsgebäudes betreffe. Einwendungen bezüglich der Hühnerhaltung bzw. der dadurch entstehenden Immissionsbelastung seien nicht Gegenstand des Verfahrens und seien daher auch keiner näheren Prüfung zu unterziehen. Diese Einwendungen seien daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu begründen. Ergänzend werde festgehalten, dass die Stellungnahme des Distriktsarztes für die "Bewohnbarkeit" des Hauses relevant sei und mit einer Immissionsbelastung aus dem beantragten Bauvorhaben nichts zu tun habe. Diese Begutachtung sei für die Beschwerdeführerin nicht von Relevanz, zumal sie ausschließlich zur Wahrung ihrer Rechte legitimiert sei und nicht legitimiert sei, die Rechte des Erst- bzw. der Zweitmitbeteiligten zu wahren. Unter Zugrundelegung dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin das Objekt des Erst- und der Zweitmitbeteiligten nicht bewohnen werde, sei nicht ersichtlich, in welchen subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten die Beschwerdeführerin verletzt sein könnte. Im Spruch des Berufungsbescheides wurde die Einschränkung des Bauvorhabens dahingehend vorgenommen, dass der bisher als Werkstätte vorgesehene Raum nunmehr als Abstellraum verwendet werden solle.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass im Obergeschoß des verfahrensgegenständlichen Gebäudes ein Hühnerstall bestehe, der sich im unmittelbar angrenzenden Altbestand befinde. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei der Umbau im verbleibenden Teil des Wirtschaftsgebäudes, das in engem Zusammenhang mit der betriebenen Legehennenzucht stehe. Insbesondere ergebe sich aus dem erstinstanzlichen Bescheid (Auflage 1.), dass im Zuge der Umbaumaßnahmen im verbleibenden Wirtschaftsgebäude die Lüftungsanlage für den Hühnerstall im Obergeschoß dieses Wirtschaftsgebäudes derart abzuändern sei, dass die Abluft des Hühnerstalles über das Dach ausgeblasen werde. Die dafür herzustellenden Lüftungskamine seien mindestens 60 cm über den First zu führen. Daraus ergebe sich bereits, dass im Obergeschoß des Wirtschaftsgebäudes, das vom Umbau betroffen sei, ein Hühnerstall untergebracht sei. Auf diesen Umstand hätten die Behörden offenbar nicht eingehen wollen. Durch die angeführte Auflage sei den Bauwerbern (dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten) aufgetragen worden, die Lüftungsanlage beim Hühnerstall abzuändern. Für die Beschwerdeführerin sei daher nicht erfindlich, wieso gerade der Betrieb dieses Legehennenstalles im vorliegenden Verfahren nicht zu berücksichtigen sei.

Gemäß § 41 Abs. 1 AVG i.d.F. der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundzumachen.

Gemäß § 42 Abs. 1 AVG in der Fassung der angeführten Novelle hat, wenn eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht wurde, dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

Gemäß § 42 Abs. 2 AVG in der Fassung der angeführten Novelle erstreckt sich, wenn eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht wurde, die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.

Im vorliegenden Verfahren wurde die Beschwerdeführerin unbestritten zu der erstinstanzlichen Verhandlung am 15. Juli 1999 persönlich geladen.

Der im § 42 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 AVG vorgesehene Verlust der Parteistellung tritt aber nur insoweit ein, als es sich um das Projekt handelt, das Gegenstand der Kundmachung für die mündliche Verhandlung war. Der Verlust der Parteistellung kann also jedenfalls nicht eintreten, sofern das Projekt in der Verhandlung geändert wurde. Die in Punkt 1. der Baubewilligung erteilte Auflage der Änderung der Lüftungsanlage für den Hühnerstall im Obergeschoß des verfahrensgegenständlichen Wirtschaftsgebäudes stellt eine projektändernde Auflage dar. Die geänderte Lüftungsanlage für den im ersten Obergeschoss im Altbestand befindlichen Hühnerstall (mit ihren möglichen Auswirkungen auf die Beschwerdeführerin) muss somit auch als Gegenstand des verfahrensgegenständlichen Projektes angesehen werden. Diese Projektänderung war nicht Gegenstand des kundgemachten bzw. der Beschwerdeführerin bekannt gegebenen Verhandlungsgegenstandes. Im Hinblick auf diese Projektänderung ist gegenüber der Beschwerdeführerin daher keine Präklusion eingetreten (vgl. dazu Hauer, Der Nachbar im Baurecht5, S. 109 und die dort angeführte hg. Judikatur).

In der Berufung hat die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang geltend gemacht, dass aus dem Gutachten des Distriktarztes zur Frage der Gesundheitsgefährdung der zukünftigen Bewohner des verfahrensgegenständlichen Hauses durch die Adaptierung der bestehenden Entlüftungsanlage durch Errichtung eines Lüftungskamines über First und eine entsprechend hohe Ausblasgeschwindigkeit eine Gesundheitsgefährdung der Nachbarn, insbesondere der Beschwerdeführerin, nicht ausgeschlossen werden könne. Der Behörde sei aus anderen anhängigen Bauverfahren bekannt, dass der vorliegende Legehennenhühnerstall ständig überbelegt sei. Die Begutachtung hätte darauf Rücksicht nehmen müssen. Eine Gefährdung der Beschwerdeführerin durch Staub-, Geruchs- und Lärmimmissionen könne auf Grund des vorliegenden Gutachtens, zu denen die Beschwerdeführerin nicht einmal gehört worden sei, nicht ausgeschlossen werden.

Diese Einwendung ist von der Berufungsbehörde im Rahmen ihrer auch inhaltlich vorgenommenen Befassung mit den Einwendungen der Beschwerdeführerin auf Grund des unzutreffenden Argumentes, Gegenstand des Projektes sei nicht der Hühnerstall im Altbestand, zu Unrecht inhaltlich nicht behandelt worden. Es muss daher die Frage nicht beantwortet werden, ob im Hinblick auf die auch vorgenommene inhaltliche Behandlung der Einwendungen durch die Berufungsbehörde die Zurückweisung der Berufung als Abweisung gedeutet bzw. die zu Unrecht getroffene Zurückweisung angesichts der zu Recht als negativ beurteilten Einwendungen als die Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzend beurteilt werden könnte. Wie sich die geänderte Lüftungsanlage mit ihren aus dem Hühnerstall im Obergeschoss herrührenden Emissionen (in Bezug auf die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Immissionen an Staub, Lärm und Geruch) allenfalls auf die Beschwerdeführerin als Nachbarin auswirken könnten, kann auf Grund des vorliegenden Gutachtens des Distriktarztes nicht beurteilt werden. Das dem Berufungsbescheid zu Grunde gelegte Gutachten trifft keine Aussage in die Richtung, dass diese Emissionen jedenfalls nur höher steigen und sich jedenfalls nicht auf das benachbarte Grundstück der Beschwerdeführerin auswirken könnten. Die Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin stellt sich im Hinblick auf diese Einwendung als rechtswidrig dar.

Soweit die Beschwerdeführerin die Zurückweisung der Berufung aus dem Grunde bekämpft, es seien die sonst von ihr gegen das Bauvorhaben gerichteten Einwendungen zu Unrecht nicht protokolliert worden bzw. die Ermittlungen zur angenommenen Richtigkeit des Protokolles seien ungenügend, wird damit ein Verfahrensfehler geltend gemacht, dessen Wesentlichkeit dargelegt werden muss. Indem die Beschwerdeführerin meint, es seien die anderen anwesenden Personen dazu nicht einvernommen worden, kommt sie diesem Erfordernis in der Beschwerde nicht nach. Die Beweiswürdigung der Berufungsbehörde wie der Berufungsbehörde auf Grund der diesbezüglich eingeholten Ermittlungen zu der Frage der Vollständigkeit des Protokolles kann im Zusammenhalt mit § 15 AVG nicht als unschlüssig erkannt werden. Die Zurückweisung der Berufung mangels Parteistellung war somit in Bezug auf das übrige Berufungsvorbringen zutreffend, wobei diese Entscheidung in § 42 Abs. 1 und 2 AVG und nicht in § 27 Abs. 1 Stmk. BauG (dem gemäß § 82 Abs. 7 AVG in der Fassung der angeführten AVG-Novelle derogiert wurde) seine gesetzliche Grundlage hatte.

Abschließend wird festgestellt, dass eine der erteilten Baubewilligung nicht entsprechende Hühnerhaltung in dem Raum des verfahrensgegenständlichen umzubauenden Wirtschaftsgebäudes im Obergeschoß nicht Gegenstand eines Baubewilligungsverfahrens, sondern allenfalls eines baupolizeilichen Verfahrens wäre. Weiters konnte bei dem vorliegenden Bauvorhaben nur der in dem vom Projekt betroffenen Wirtschaftsgebäude befindliche Hühnerstall im Obergeschoß im Hinblick auf die aufgetragene Änderung der dazu gehörigen Lüftungsanlage von Bedeutung sein. Die weiteren sich auf dem Baugrundstück befindenden Hühnerställe und deren Emissionen waren nicht Gegenstand dieses Bauverfahrens.

Indem die belangte Behörde die aufgezeigte Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheides nicht aufgegriffen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Eine bloß teilweise Aufhebung kam im Hinblick auf die Untrennbarkeit des als rechtswidrig erkannten Ausspruches des Berufungsbescheides nicht in Betracht.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 21. November 2002

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