Normen
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §38 Abs1 Z3;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §38 Abs1 Z3;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 2 Z 1 sowie den §§ 37, 38 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.
Zur Begründung dieser Maßnahme führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus: Der Beschwerdeführer sei am 17. Oktober 1996 nach den §§ 12, 15, 127 StGB unter Vorbehalt der Strafe schuldig gesprochen worden. Mit Urteil vom 15. März 2000 sei er nach den §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 15 Monate bedingt nachgesehen, rechtskräftig verurteilt worden. Diesem Urteil sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer ab dem Jahr 1998 Suchtmittel in einer zumindest 25-fachen Menge der Grenzmenge gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt habe. Er habe Suchtmittel teils entgeltlich, teils unentgeltlich weitergegeben und mit dem Erlös Drogen für den Eigengebrauch und für den Weiterverkauf erworben. Im Deliktszeitraum bis Ende Dezember 1999 habe er auch selbst Suchtmittel konsumiert.
Obwohl sich der Beschwerdeführer nach dieser Verurteilung nachweislich seit 10. Februar 2001 bei der Drogenberatung des Landes Steiermark in Betreuung befunden und in regelmäßigen Abständen Bestätigungen über die Teilnahme an Drogenberatungs- und Therapiegesprächen sowie negative klinische Befunde von der Universitätsklinik für Psychiatrie in Graz vom 27. August 2001, 15. November 2001 und 8. Februar 2002 vorgelegt habe, habe er neuerlich einschlägig rechtskräftig verurteilt werden müssen. Dies sei mit Urteil vom 28. Jänner 2004 nach den §§ 28 Abs. 2 und 3 und § 27 Abs. 1 Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten erfolgt. (Diesbezüglich listete die belangte Behörde die Straftaten des Beschwerdeführers auf, die den Zeitraum 2001 bis Juni 2003 umfassten.) Der Beschwerdeführer habe Suchtmittel in einer großen Menge mit der Absicht in Verkehr gesetzt, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Der Urteilsbegründung sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer sich für den eigenen Gebrauch Suchtmittel oder die Mittel zu deren Erwerb verschafft habe.
Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 FrG sei erfüllt und die belangte Behörde sehe sich außer Stande abzusehen, ob überhaupt und wann es zu einer Einstellungsänderung zum strafbaren Verhalten im Bereich des gewerbsmäßigen Suchtmittelhandels kommen werde. Nicht einmal ansatzweise könne von einer positiven Zukunftsprognose für den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ausgegangen werden. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer wiederum im Bereich des Suchtmittelhandels straffällig geworden sei, bestätige die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität und die bei Suchtgiftdelikten bestehende große Wiederholungsgefahr. Von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes könne nicht Abstand genommen werden.
Der Beschwerdeführer sei erstmals im Jahr 1993 mit seinen Eltern eingereist und halte sich seit diesem Zeitpunkt rechtmäßig in Österreich auf. Ab dem Jahr 2000 sei er bei einer Grazer Firma als Lehrling beschäftigt gewesen und habe erfolgreich die Lehrabschlussprüfung für Maler und Anstreicher absolviert. Er sei ledig und lebe bei seinen Eltern. Derzeit sei er bei einer namentlich genannten Firma in Graz beschäftigt. Durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes komme es zweifelsohne zu einem schwerwiegenden und relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit von Suchtgifttätern für die Gesundheit von Personen im großen Ausmaß und für die Volksgesundheit sowie im Hinblick auf die dem Handel mit Suchtmitteln innewohnende Wiederholungsgefahr, die sich durch das neuerliche strafbare Verhalten des Beschwerdeführers bestätigt habe, könne es jedoch keinem Zweifel unterliegen, dass zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Gesundheit "die Verhinderung des Aufenthaltes undokumentierter, mittelloser, illegal ins Bundesgebiet gelangter und sich hier nicht rechtmäßig aufhaltender und straffällig gewordener Fremder" dringend geboten sei.
Nach § 37 Abs. 2 FrG seien die lange Dauer seines rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet und ein daraus ableitbares Integrationsausmaß sowie die Intensität seiner familiären Bindungen zu den Eltern zu berücksichtigen, jedoch komme die belangte Behörde eindeutig zu dem Ergebnis, dass die Auswirkungen des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie keinesfalls schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dessen Erlassung. Es würden eindeutig die maßgeblichen für die Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Inland sprechenden öffentlichen Interessen überwiegen, die primär im Suchtmittelhandel und der daraus resultierenden Gefahr für die Allgemeinheit begründet seien.
Der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes stehe im Hinblick auf die Bestimmungen des § 35 Abs. 2 und Abs. 3 iVm § 38 Abs. 1 Z 2 FrG auch nicht der mehr als zehn Jahre dauernde rechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet entgegen. Das Aufenthaltsverbot sei auf unbestimmte Zeit zu erlassen, weil der Wegfall des Grundes für dessen Erlassung auf Grund der besonderen Gefährlichkeit von gewerbsmäßigen Suchtmitteltätern nicht vorhergesehen werden könne.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten Anderer) zuwiderläuft (Z 2).
In § 36 Abs. 2 FrG sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Entscheidung, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, ist Ermessen zu üben, wobei die Behörde vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung auf alle für und gegen das Aufenthaltsverbot sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 2005, Zl. 2005/21/0050).
Der Beschwerdeführer tritt den behördlichen Feststellungen nicht entgegen. Demnach bestehen keine Bedenken gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass durch die Verurteilungen des Beschwerdeführers der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 FrG erfüllt ist. Im Blick auf das den genannten Verurteilungen zu Grunde liegende Fehlverhalten und die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität (vgl. auch dazu das zit. Erkenntnis vom 9. Juni 2005) kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass die Prognose nach § 36 Abs. 1 FrG zu Lasten des Beschwerdeführers gestellt werden muss. An dieser Beurteilung vermag die Beschwerdeargumentation nichts zu ändern. Auch wenn nämlich der Beschwerdeführer wegen der Beziehung zu seiner damaligen Lebensgefährtin ein zweites Mal in die Drogenabhängigkeit und die damit verbundene Suchtmittelkriminalität "gerutscht" ist und sich wieder einer Drogentherapie unterzogen hat, weiters nun "endgültig mit sämtlichen Verbindungen zur Drogenszene" gebrochen hat, könnte angesichts der bekanntermaßen großen Wiederholungsgefahr im Bereich der Suchtmittelkriminalität (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 2005, Zl. 2002/21/0098) und im Blick auf den beim Beschwerdeführer tatsächlich eingetretenen Rückfall keine positive Zukunftsprognose abgegeben werden. Die belangte Behörde durfte bei dieser Prognose auch berücksichtigen, dass die Suchtmittelstraftaten in qualifizierter Weise und gewerbsmäßig verübt wurden. Am genannten Ergebnis ändert die oben auszugsweise wörtlich wiedergegebene Bescheidbegründung nichts, bei der es sich offenkundig um einen hier verfehlt verwendeten Textbaustein handelt.
Die belangte Behörde berücksichtigte, dass mit dem Aufenthaltsverbot ein relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden ist. Sie legte ihrem Bescheid zu Grunde, dass der Beschwerdeführer im Jahr 1993 - somit mit zwölf Jahren - in das Bundesgebiet eingereist ist, hier seine Schul- und Berufsausbildung abgeschlossen hat, berufstätig ist und bei seinen Eltern lebt. Dennoch durfte sie wegen des großen öffentlichen Interesses an der Unterbindung der Suchtmittelkriminalität das Aufenthaltsverbot nach § 37 Abs. 1 FrG als dringend geboten erachten.
Es kann auch das Ergebnis ihrer Interessenabwägung nach § 37 Abs. 2 FrG nicht als rechtswidrig erkannt werden. Zum einen hat sich nämlich die Suchtgiftkriminalität des Beschwerdeführers in einer verschärften Form manifestiert, zum anderen sind seine Bindungen an die Eltern deswegen relativiert zu sehen, weil er bereits volljährig und selbsterhaltungsfähig ist. Bei der Beurteilung der konkreten Situation überwiegen die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich nicht das beträchtliche öffentliche Interesse an der Unterbindung schwerwiegender Suchtmittelkriminalität und somit an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes, zumal auch eine ansonsten volle Integration einem auf Suchtmittelstraftaten gestützten Aufenthaltsverbot nicht entgegenstünde (vgl. wieder das zitierte hg. Erkenntnis Zl. 2005/21/0050). Dass der Beschwerdeführer nach seinen Behauptungen keine Beziehungen mehr zu seinem Heimatland hat, ist von ihm aus den genannten Gründen in Kauf zu nehmen.
Verfehlt ist der Beschwerdehinweis auf die einem Aufenthaltsverbot entgegenstehenden Tatbestände des § 38 Abs. 1 Z 3 und Z 4 FrG. Zum erstgenannten Tatbestand wäre erforderlich, dass der Beschwerdeführer vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes mindestens zehn Jahre im Inland aufhältig gewesen wäre. Beim "maßgeblichen Sachverhalt" im Sinn dieser Bestimmung handelt es sich um all jene Umstände, die die Behörde zur Begründung des im konkreten Fall verhängten Aufenthaltsverbotes herangezogen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. November 2001, Zl. 2001/21/0039). Da das maßgebliche Fehlverhalten des Beschwerdeführers im Bereich der Suchtgiftkriminalität bereits im Jahr 1998 begonnen hat, kommt dem Beschwerdeführer die genannte Aufenthaltsverfestigung nicht zugute. Für den zweitgenannten Verfestigungstatbestand ist erforderlich, dass der Fremde von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist. Die Wendung "von klein auf" ist so zu deuten, dass sie für eine Person, die erst im Alter von vier Jahren oder später nach Österreich eingereist ist, nicht zum Tragen kommen kann (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis Zl. 2001/21/0039). Auch diese Voraussetzung liegt im Fall des Beschwerdeführers nicht vor.
Die Beschwerde zeigt auch keine Umstände auf, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, von ihrem Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen.
Auch der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers kommt keine Berechtigung zu. Feststellungen über eine Drogenfreiheit des Beschwerdeführers könnten schon im Blick auf den eingetretenen Rückfall an der Gefährlichkeitsprognose ebenso wenig etwas ändern wie seine behauptete Verlässlichkeit als Arbeitnehmer. Im Blick auf die wiedergegebene Bescheidbegründung trifft der Vorwurf nicht zu, es fehle eine Begründung nach § 37 Abs. 2 FrG.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 8. September 2005
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