VwGH 2002/21/0098

VwGH2002/21/00989.6.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des L, vertreten durch Mag. Dr. Anton Karner und Mag. Dr. Michael Mayer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Steyrergasse 103/2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 23. Mai 2002, Zl. Fr 218/2001, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Senegal, gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 2 Z 1 iVm den §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.

Zur Begründung dieser Maßnahme verwies sie auf die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers (vom 19. Jänner 2001 wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 und 2 Z 2 Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, davon neun Monate bedingt nachgesehen). Dieser Verurteilung sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer Anfang Juni 2000 bis 3. August 2000 in Wien Suchtgift besessen und Anderen in der Absicht überlassen habe, sich daraus eine fortlaufende Einnahme zu schaffen, indem er eine unbekannte Menge, zumindest jedoch zwischen 30,6 g und 63,9 g Heroin bzw. Kokain, an fünf Abnehmer mit Gewinnaufschlag zu Preisen zwischen S 500,-- und S 750,-- je Gramm verkauft sowie 3,3 g Heroin bei sich geführt habe, welches er im Zug seiner Festnahme verschluckt habe. Daraus schloss die belangte Behörde auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 36 Abs. 2 Z 1 FrG und auf die Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit bzw. anderer im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannter öffentlicher Interessen durch den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet. Sie sah sich außer Stande, das ihr eingeräumte Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers zu üben.

Nach seinen Angaben befinde sich der Beschwerdeführer in einer Rehabilitationsphase, habe eine Psychotherapie begonnen und bis heute keinen Rückfall in seine Drogensucht gehabt. Selbst eine erfolgreiche Suchtgifttherapie böte (aber) keine Gewähr, dass vom Beschwerdeführer keine Gefährdung der maßgeblichen öffentlichen Interessen mehr ausgehe.

Der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde weiter - sei nach seinen Angaben am 16. Dezember 1999 illegal eingereist. Sein Asylantrag sei letztinstanzlich abgewiesen worden; dagegen sei ein Beschwerdeverfahren beim Verwaltungsgerichtshof anhängig. Er sei ledig, habe im Bundesgebiet keine familiären Bindungen und gehe keinem Beruf nach. Es werde somit durch das Aufenthaltsverbot nicht in relevanter Weise in sein Privat- oder Familienleben eingegriffen. Selbst bei Vorliegen eines solchen Eingriffes wäre das Aufenthaltsverbot zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Gesundheit (anderer Personen) dringend geboten. Da der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle, wögen unter Abwägung aller angeführter Tatsachen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation. Ansätze einer beruflichen oder sozialen Integration seien nämlich nicht erkennbar. Auf Grund der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers und der "Lukrativität der mit dem Handel von Suchtgiften zu erzielenden Gewinne" müsse von einer besonders hohen Wiederholungsgefahr ausgegangen werden. Wegen dieser großen Wiederholungsgefahr könne der Wegfall des Grundes für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht vorhergesehen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten Anderer) zuwiderläuft (Z 2).

In § 36 Abs. 2 FrG sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Entscheidung, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, ist Ermessen zu üben, wobei die Behörde vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung auf alle für und gegen das Aufenthaltsverbot sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2005, Zl. 2005/21/0044).

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht seine von der belangten Behörde festgestellte Verurteilung, weshalb die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 (zweiter Fall) FrG erfüllt sei, nicht zu beanstanden ist. Angesichts der Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität hegt der Verwaltungsgerichtshof auch keine Bedenken gegen die weitere Beurteilung der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Prognose gegen den Beschwerdeführer zu treffen sei. Die Beschwerde bringt vor, dass der Beschwerdeführer seit zwei Jahren drogenfrei sei, sich seit seiner Haftentlassung in Drogentherapie befinde und die begonnene Psychotherapie abgeschlossen habe, allerdings weiter Einzeltherapiestunden besuche. Damit nimmt die Beschwerde Bezug auf die mit der Berufung vorgelegte Stellungnahme des Vereines Zebra vom 1. März 2001. In dieser wird bestätigt, dass sich der Beschwerdeführer in einer "Rehabilitationsphase" befinde, beschlossen habe, sich "nie mehr in irgendeiner Weise mit Drogen einzulassen", und keinen Rückfall gehabt habe. Diese Bestätigung einer Psychotherapeutin über eine noch andauernde Therapie ist jedoch nicht geeignet, eine Heilung des Beschwerdeführers von seiner Suchtmittelabhängigkeit nachweisen zu können. Mit der bloßen Behauptung, dass der Beschwerdeführer keinen Rückfall in die Drogensucht gehabt habe, kann im Blick auf die bekanntermaßen den Suchtmitteldelikten innewohnenden besonders hohen Wiederholungsgefahr (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 2000, Zl. 2000/21/0034) die gegen den Beschwerdeführer getroffene Gefährlichkeitsprognose nicht entkräftet werden, zumal angesichts der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers - wie von der belangten Behörde ausgeführt - ein Rückfall nicht auszuschließen ist. Bei den vom Beschwerdeführer verübten Straftaten handelt es sich entgegen der Beschwerde nicht mehr um einen bloß "jugendlichen Leichtsinn".

Bei der Beurteilung der Relevanz des mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriffs in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers berücksichtigte die belangte Behörde dessen inländischen Aufenthalt seit Dezember 1999. Wegen des Fehlens von familiären Bindungen in Österreich und einer beruflichen Integration erachtete die belangte Behörde zu Recht angesichts der bereits angesprochenen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität das Aufenthaltsverbot sowohl als dringend geboten nach § 37 Abs. 1 FrG als auch als zulässig im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG.

Wenn auch der angefochtene Bescheid - von der Beschwerde releviert - zum Teil aus Textbausteinen zusammengesetzt ist, können ihm doch die behördlichen Feststellungen und die darauf aufbauende rechtliche Beurteilung entnommen werden. Ein Begründungsmangel liegt somit entgegen der Beschwerdeansicht nicht vor. Die Beschwerde zeigt auch nicht auf, in welcher Weise konkret Ermittlungsschritte vorzunehmen gewesen wären, die zu einem für den Beschwerdeführer günstigen Ergebnis in der Sache führen hätten können.

Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 9. Juni 2005

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