VwGH 2005/21/0050

VwGH2005/21/00509.6.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Raoul Troll, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schmiedgasse 34/III, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 22. Oktober 2004, Zl. FR 650/2004, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §104 Abs1 idF 2000/I/034;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z5;
FrG 1997 §36 Abs2;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §104 Abs1 idF 2000/I/034;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z5;
FrG 1997 §36 Abs2;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Serbien und Montenegro, gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 2 Z 1 sowie den §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.

Zur Begründung dieser Maßnahme führte sie im Wesentlichen aus: Der Beschwerdeführer sei vom Landesgericht für Strafsachen Graz am 29. April 2003 nach den §§ 28 Abs. 2 und 3 SMG, 15 StGB, 27 Abs. 1 SMG und 198 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt worden. Der Beschwerdeführer habe seit dem Jahr 2001 den bestehenden Vorschriften zuwider eine große Menge Suchtgift, nämlich zuletzt 1.200 Stück Ecstasy-Tabletten und zuvor eine unbekannte Menge an Ecstasy-Tabletten und Amphetaminen, an mehrere Abnehmer im Großraum Graz gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt und weiters gemeinsam mit drei Mittätern am 10. Oktober 2002 in Graz im gemeinsamen Zusammenwirken versucht, eine große Menge Suchtgift (ca. 5.000 Stück Ecstasy-Tabletten) an einen verdeckten Ermittler in Verkehr zu setzen, wobei der Beschwerdeführer und seine Mittäter nach der erfolgten Übergabe des Suchtgiftes festgenommen worden seien. Vorher sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Amtsgerichtes Laufen in der Bundesrepublik Deutschland am 2. Juni 1999 wegen Einschleusens von Ausländern (nach dem in den Akten erliegenden Urteil: für ein Schleuserentgelt von DM 500,-

-) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Er habe versucht, insgesamt fünf Drittstaatsangehörige "an eine nähere Destination in Deutschland" zu bringen.

Aus der erstgenannten Verurteilung schloss die belangte Behörde auf die Erfüllung des Tatbestandes des § 36 Abs. 2 Z 1 FrG. Es könne auf Grund der der gerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegenden schwerwiegenden strafbaren Handlungen keinem Zweifel unterliegen, dass zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Gesundheit (Art. 8 Abs. 2 EMRK) die Verhinderung des Aufenthaltes nach dem Suchtmittelgesetz straffällig gewordener Fremder dringend geboten sei. Von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes habe nicht Abstand genommen werden können.

Der Beschwerdeführer sei ledig, im Bundesgebiet lebten seine Mutter (eine österreichische Staatsangehörige), seine Lebensgefährtin und zwei (offenkundig gemeinsame) Kinder. Bis zu seiner Verhaftung sei er einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Durch das Aufenthaltsverbot komme es daher zu einem schwerwiegenden relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben. Die Art und Weise der vom Beschwerdeführer begangenen gerichtlichen Straftaten lasse ein Charakterbild erkennen, das zweifelsohne den Schluss rechtfertige, er sei gegenüber den zum Schutz der Gesundheit anderer Personen bzw. der Volksgesundheit erlassenen Vorschriften bzw. gegenüber der österreichischen Rechtsordnung überhaupt negativ eingestellt und bilde solcherart eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Daraus folge, dass unter Abwägung aller Tatsachen im Hinblick auf die für seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer wögen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation und die seiner Familie, weshalb das Aufenthaltsverbot auch nach § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei.

Entgegen der Ansicht der Erstbehörde, die ein unbefristetes Aufenthaltsverbot ausgesprochen habe, könne mit einem auf zehn Jahre befristeten Aufenthaltsverbot das Auslangen gefunden werden, weil auf Grund des Umstandes seiner sozialen Bindungen davon ausgegangen werden könne, dass es nach Ablauf dieser Frist vorhersehbarerweise zu einem Gesinnungswandel kommen werde. Es liege am Beschwerdeführer, eine erfolgreiche Suchtmitteltherapie als Grundlage für eine künftige Einstellungsänderung nachzuweisen.

Der Beschwerdeführer gehöre nicht zum begünstigten Personenkreis nach § 47 Abs. 3 Z 2 FrG, weil er bereits das 21. Lebensjahr vollendet habe und ihm von seiner Mutter nicht Unterhalt gewährt werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten Anderer) zuwiderläuft (Z 2).

In § 36 Abs. 2 FrG sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Entscheidung, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, ist Ermessen zu üben, wobei die Behörde vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung auf alle für und gegen das Aufenthaltsverbot sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2005, Zl. 2005/21/0044).

Die Beschwerde bestreitet nicht die behördlichen Feststellungen über die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers und die diesen Verurteilungen zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen. Der Gerichtshof hegt somit keine Bedenken gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass zum einen (im Blick auf die inländische Verurteilung) der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 FrG erfüllt und zum anderen die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.

Im Ergebnis bestreitet die Beschwerde die behördliche Beurteilung nach § 37 FrG, indem sie vorbringt, dass der Beschwerdeführer in Österreich beruflich und sozial integriert sei, bereits im Alter von 14 Jahren mit seiner Mutter nach Österreich gekommen sei, nunmehr (nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der Bescheiderlassung) die Mutter seiner beiden Kinder, eine gebürtige Österreicherin, am 12. Februar 2005 geheiratet habe und die beiden gemeinsamen Kinder ebenfalls die österreichische Staatsbürgerschaft besäßen. Der Beschwerdeführer sei nachweislich suchtmittelabhängig und habe nunmehr am 10. Februar 2005 eine einjährige ambulante Suchtmitteltherapie begonnen.

Mit diesem Vorbringen gelingt es der Beschwerde jedoch nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Wenn auch - von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen - mit dem Aufenthaltsverbot ein beträchtlicher Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden ist, ist maßgeblich, dass grundsätzlich die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes angesichts der mit der Suchtgiftkriminalität verbundenen erheblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden nicht als rechtswidrig zu erkennen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. November 2004, Zl. 2004/21/0258). Dem Beschwerdeführer liegen nicht nur gravierende Straftaten nach dem Suchtmittelgesetz zur Last, sondern auch eine als Schlepperei (§ 36 Abs. 2 Z 5 iVm der Begriffsbestimmung des § 104 Abs. 1 FrG idF BGBl. I Nr. 34/2000; vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2003, Zl. 2002/21/0087) zu beurteilende Einschleusung von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es muss das Aufenthaltsverbot somit sowohl zur Verhinderung der Suchtgiftkriminalität als auch zur Wahrung eines geordneten Fremdenwesens als nach § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten gewertet werden. Weiters ist das persönliche Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich nicht derart stark ausgeprägt, dass es das - insbesondere aus seinen massiven Suchtmittelstraftaten abzuleitende - öffentliche Interesse an der Verhinderung des weiteren Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich überwiegen könnte. In diese Überlegungen kann die erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der Bescheiderlassung stattgefundene Eheschließung des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsangehörigen nicht einfließen. Dem allenfalls erfolgreichen Abschluss einer Suchtmitteltherapie wird - worauf die belangte Behörde bereits zutreffend hingewiesen hat - für die zukünftige Beurteilung der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers und somit des Ausmaßes des öffentlichen Interesses an dessen Fernhalten von Österreich Bedeutung zukommen.

Dem behaupteten Umstand, dass der Beschwerdeführer keine Beziehungen mehr zu seinem Herkunftsstaat habe, kommt fallbezogen kein entscheidendes Gewicht zu.

Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht - im Umfang des Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Wien, am 9. Juni 2005

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