Normen
EO §355 Abs1;
GEG §9 Abs1 idF 2001/I/131;
GEG §9 Abs2 idF 2001/I/131;
GEG §9 Abs4 idF 2001/I/131;
GEG §9 Abs5 idF 2001/I/131;
EO §355 Abs1;
GEG §9 Abs1 idF 2001/I/131;
GEG §9 Abs2 idF 2001/I/131;
GEG §9 Abs4 idF 2001/I/131;
GEG §9 Abs5 idF 2001/I/131;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Den vorliegenden Beschwerden und den diesen angeschlossenen Bescheidausfertigungen zufolge wurden mit den angefochtenen Bescheiden Anträge der beschwerdeführenden Parteien, die Bezahlung der in der Exekutionssache 6 E 1831/03x des Bezirksgerichtes B mit Zahlungsauftrag vom 4. Jänner 2005 vorgeschriebenen, zur Exekution einer ihnen gerichtlich vorgeschriebenen Unterlassung verhängten Geldstrafen im Betrage von jeweils EUR 55.500,-- gemäß § 9 Abs. 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz 1962 (GEG 1962) zu stunden, abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, eine Stundung (Teilzahlung)/ein Nachlass sei im Gerichtlichen Einbringungsgesetz bezüglich einer Geldstrafe nach § 9 Abs. 5 GEG 1962 nicht vorgesehen.
Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden, die der Verwaltungsgerichtshof wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über die er erwogen hat:
Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Stundung gemäß § 9 Abs. 1 GEG 1962 oder analog gemäß § 409a StPO bzw. auf Aufschiebung gemäß § 9 Abs. 3 GEG 1962 verletzt und bringen in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, sowohl der Verwaltungsgerichtshof (Hinweis auf das Erkenntnis vom 26. Februar 1992, Zl. 92/01/0039) als auch der Oberste Gerichtshof (Hinweis auf den Beschluss vom 28. Jänner 2004, GZ 3 Ob 5/04 p) seien der Ansicht, dass über Anträge, gemäß § 355 Abs. 1 EO rechtskräftig verhängte Geldstrafen zu stunden, in korrigierender Auslegung des § 9 Abs. 5 GEG 1962 gemäß § 9 Abs. 4 leg. cit. im Justizverwaltungsverfahren durch Bescheid zu erkennen sei; diese korrigierende Auslegung müsse auch für § 9 Abs. 1 leg. cit. gelten. Eine insofern korrigierende Auslegung des § 9 Abs. 5 GEG 1962 lediglich dahingehend, dass hinsichtlich Geldstrafen jeder Art gemäß § 9 Abs. 4 leg. cit im Justizverwaltungsverfahren durch Bescheid zu erkennen sei, ohne § 9 Abs. 5 leg. cit. auch dahingehend korrigierend auszulegen, dass gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. die Stundung hinsichtlich Geldstrafen jeder Art unter gewissen Voraussetzungen zu gestatten sei, würde an Willkür grenzen. § 9 Abs. 5 GEG 1962 sei daher auch insofern korrigierend auszulegen, als auch Geldstrafen jeder Art gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. unter gewissen Voraussetzungen zu stunden seien. Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde sei somit eine Stundung bezüglich einer im Exekutionsverfahren gemäß § 355 Abs. 1 EO verhängten Geldstrafe in korrigierender Auslegung des § 9 Abs. 5 GEG 1962 gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. vorgesehen.
§ 9 des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes 1962 (GEG 1962), BGBl. Nr. 288/1962 (Wiederverlautbarung des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes 1948 - GEG 1948, BGBl. Nr. 109/1948) in der Fassung der Euro-Gerichtsgebühren-Novelle - EGN, BGBl. I Nr. 131/2001, lautet:
"§ 9. (1) Auf Antrag kann die vorgeschriebene Zahlungsfrist verlängert oder die Entrichtung in Teilbeträgen gestattet werden (Stundung), wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre und entweder die Einbringlichkeit durch die Stundung nicht gefährdet oder Sicherheit geleistet wird. Wird eine Rate nicht oder verspätet bezahlt, so wird die Stundung wirkungslos (Terminverlust).
(2) Gebühren und Kosten können auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlass im öffentlichen Interesse gelegen ist.
(3) Ein Stundungs- oder Nachlassantrag hat keine aufschiebende Wirkung. Auf Antrag ist jedoch die Einbringung bis zur Entscheidung über das Stundungs- oder Nachlassbegehren aufzuschieben, sofern nicht dadurch die Einbringlichkeit gefährdet würde oder das Begehren wenig erfolgversprechend erscheint. Über die Aufschiebung der Einbringung entscheidet der Leiter der Einbringungsstelle; gegen seine Entscheidung ist kein Rechtsmittel zulässig.
(4) Über Anträge nach Abs. 1 und 2 entscheidet der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien im Justizverwaltungsverfahren durch Bescheid; er kann seine Entscheidungsbefugnis an den Leiter der Einbringungsstelle übertragen. Bei Beträgen über 30.000 Euro bedarf die Gewährung einer Stundung oder eines Nachlasses der Zustimmung des Bundesministeriums für Justiz. Gegen den Bescheid über einen Antrag nach Abs. 1 oder 2 ist kein Rechtsmittel zulässig. Das Verfahren ist gebührenfrei.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten nicht für Geldstrafen jeder Art und für die für dritte Personen oder Stellen einzubringenden Beträge (§ 1 Z. 6)."
§ 9 Abs. 5 des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes 1948 - GEG 1948, BGBl. Nr. 109, lautete:
"(5) Die Bestimmungen der Abs. (1) bis (4) gelten nicht für Geldstrafen jeder Art und für die für dritte Personen oder Stellen einzubringenden Beträge (§ 1, Z (7))."
In den Erläutenden Bemerkungen zu § 9 GEG 1948 (556 Blg NR. 5. G.P., Seite 5) wird Folgendes ausgeführt:
"§ 9. Über Anträge auf Stundung und Nachlass der Gebühren und Kosten entscheidet in der Regel der Präsident des Oberlandesgerichtes, bei Beträgen über 10.000 S das Bundesministerium für Justiz. Bei kleineren Beträgen bis zu 1.000 S kann der Präsident des Oberlandesgerichtes seine Befugnis zur Stundung an den Leiter der Einbringungsstelle übertragen.
Die Vorschrift über Stundung und Nachlass finden auf Geldstrafen keine Anwendung, da für diese eine besondere Regelung in der Strafprozessordnung getroffen ist (vgl. §§ 243, 409 bis 411 StPO), bzw. bei sonstigen Geldstrafen (Mutwillens- oder Ordnungsstrafen) der Richter über die Stundung oder den Nachlass zu entscheiden hat.
Das Verfahren bei Stundung und Nachlass ist ebenso wie das Berichtigungsverfahren ein solches der Justizverwaltung. Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidungen ist ausgeschlossen."
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnis vom 26. Februar 1992, Zl. 92/01/0039, dem die Abweisung eines Antrages auf Nachlass von Geldstrafen durch den Präsidenten des Oberlandesgerichtes L. zu Grunde lag, Folgendes ausgeführt:
"Die belangte Behörde hat mit Recht auf § 9 Abs. 5 GEG 1962 hingewiesen, wonach die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 - und demnach auch jene des Abs. 2, wonach Gebühren und Kosten unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag nachgelassen werden können - nicht für Geldstrafen jeder Art gelten. Es ist daher unbeachtlich, ob die Einbringung dieser (in Exekutionsverfahren über dem Beschwerdeführer verhängten) Geldstrafen - wie der Beschwerdeführer behauptet - mit besonderer Härte für ihn verbunden wäre. Ebenso wenig kommt es bei Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides darauf an, ob der Beschwerdeführer 'niemals einem Exekutionstitel zuwider gehandelt hat und sohin die verhängten Geldstrafen ... unrechtmäßig eingehoben werden'."
Der Oberste Gerichtshof hat in seinem Beschluss vom 28. Jänner 2004, 3 Ob 5/04 p, dem Anträge auf Stundung von gemäß § 355 Abs. 1 EO verhängten Geldstrafen zu Grunde lag, unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das vorerwähnte hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1992, Zl. 92/01/0039, folgende Aussagen getroffen:
"Aus diesem Erkenntnis ist unmissverständlich - das vom erkennenden Senat jedenfalls für Geldstrafen nach § 355 Abs. 1 EO gebilligte Ergebnis - ablesbar, dass über einen Antrag, eine im Exekutionsverfahren gemäß § 355 Abs. 1 EO verhängte Geldstrafe entgegen § 9 Abs. 5 GEG 1962 zu stunden oder zu erlassen, im Verwaltungsweg zu erkennen ist. Andernfalls hätte der Verwaltungsgerichtshof über jene Beschwerde nicht meritorisch abgesprochen, wäre Gegenstand des angefochtenen Bescheids eine nicht im Verwaltungsverfahren, sondern von den ordentlichen Gerichten im Exekutionsverfahren zu erledigende Materie gewesen.
§ 9 Abs. 5 GEG 1962 ist daher - jedenfalls soweit Geldstrafen nach § 355 Abs. 1 EO betroffen sind - dahin auszulegen, dass solche Geldstrafen im Exekutionsverfahren weder erlassen noch gestundet werden können, weil es an gesetzlichen Tatbeständen mangelt, die einen Erlass oder eine Stundung - entsprechend den Regelungen des § 9 Abs. 1 und 2 GEG 1962 - tragen könnten. Insofern entbehrt auch die Bestimmung des § 9 Abs. 3 GEG 1962 eines Anwendungsbereichs. Über Anträge, gemäß § 355 Abs. 1 EO rechtskräftig verhängte Geldstrafen - entgegen § 9 Abs. 5 GEG 1962 - zu erlassen oder zu stunden, ist in (insofern korrigierender) Auslegung des § 9 Abs. 5 GEG 1962 gemäß § 9 Abs. 4 GEG 1962 im 'Justizverwaltungsverfahren' durch Bescheid zu erkennen. Vor dem Hintergrund der soeben erläuterten Rechtslage wird die Frage, nach welcher Bestimmung - sei es auch nur durch deren analoge Anwendung - im Exekutionsverfahren gemäß § 355 Abs. 1 EO rechtskräftig verhängte Geldstrafen von den ordentlichen Gerichten im Exekutionsverfahren erlassen oder gestundet werden könnten, gar nicht aufgeworfen, weil zur Entscheidung über die erörterten Nachlass- oder Stundungsanträge nur die Verwaltungsbehörde berufen ist, ohne dass insofern also der Ausnahmefall einer - letztlich auf unterschiedlichen Rechtsgründen beruhenden - konkurrierenden Kompetenz der Verwaltungsbehörden und der ordentlichen Gerichtsbarkeit vorläge."
Für den Standpunkt der vorliegenden Beschwerden ist allerdings aus dieser Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nichts zu gewinnen:
Unstrittig ist, dass über Anträge auf Stundung und Nachlass von Gebühren und Kosten der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien im Justizverwaltungsverfahren durch Bescheid zu entscheiden hat (§ 9 Abs. 4 GEG 1962). Bei Vorliegen der in § 9 Abs. 1 und 2 leg. cit. genannten Voraussetzungen können Gebühren und Kosten gestundet oder nachgelassen werden. § 9 Abs. 5 GEG 1962 ordnet jedoch unmissverständlich an, dass die Vorschriften über Stundung und Nachlass auf Geldstrafen jeder Art keine Anwendung finden.
Da das Verfahren bei Stundung und Nachlass ein solches der Justizverwaltung ist, hat die belangte Behörde zu Recht ihre Zuständigkeit zur Entscheidung über die Anträge der beschwerdeführenden Parteien in Anspruch genommen. Nichts anderes ist im Übrigen in diesem Zusammenhang der zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu entnehmen. Die belangte Behörde konnte allerdings mangels einer Norm, die den Nachlass oder die Stundung von Geldstrafen zulässt, über diese Anträge nicht im Sinne einer Antragsstattgebung entscheiden, sie war vielmehr auf Grund der ausdrücklichen Bestimmung des § 9 Abs. 5 GEG 1962, die Nachlass und Stundung von Geldstrafen ausschließt, daran gehindert. Auf Grund dieser eindeutigen gesetzlichen Anordnung ist auch entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Parteien kein Raum für eine "korrigierende Auslegung" des § 9 Abs. 5 GEG 1962. Diese korrigierende Auslegung kam nur im Zusammenhang mit der Frage der Zuständigkeit betreffend Stundungs- und Nachlassansuchen betreffend Geldstrafen aller Art in Frage, zu der sich aus § 9 Abs. 5 GEG 1962 nichts (insbesondere nichts gegen die aus Abs. 4 korrigierend abgeleitete Zuständigkeit des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien) ergibt. Dies ist in den vorliegenden Fällen, in denen mit den Geldstrafen die Befolgung von gerichtlich verfügten Unterlassungen erzwungen werden soll, auch durchaus sachgerecht.
Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerden erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 23. Mai 2005
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