VwGH 2003/13/0130

VwGH2003/13/01302.6.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., in der Beschwerdesache des D in W, vertreten durch Mag. Maria-Elisabeth Steinwandtner, Wirtschaftsprüferin in 1130 Wien, St.-Veit-Gasse 50, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 3. Oktober 2003, Zl. RV/179- W/2003, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1999, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;

 

Spruch:

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung der der Beschwerde anhaftenden Mängel wird zurückgewiesen.

2. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Begründung

Gegen den angefochtenen Bescheid wurde von einer Wirtschaftsprüferin eine Beschwerde erhoben, in welcher die Vorlage einer Vollmacht behauptet wurde, die dem Beschwerdeschriftsatz aber nicht angeschlossen war. Auch eine ausdrückliche Berufung auf die erteilte Vollmacht war im Beschwerdeschriftsatz nicht erfolgt, der auch die Anführung der Beschwerdepunkte im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG vermissen ließ.

Mit Berichterverfügung vom 25. Februar 2004, 2003/13/0130-2, wurde der Beschwerdeführer zu Handen der einschreitenden Wirtschaftsprüferin zur Behebung der der Beschwerde anhaftenden Mängel nach § 34 Abs. 2 VwGG durch bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem er verletzt zu sein behauptet, und durch Nachweis der Bevollmächtigung der Wirtschaftsprüferin oder eigenhändige Unterfertigung der Beschwerde mit dem Hinweis darauf aufgefordert, dass der urkundliche Nachweis der der Wirtschaftsprüferin erteilten Vollmacht auch durch die ausdrückliche Berufung auf die erteilte Vollmacht ersetzt werden könne. Zur Behebung dieser Mängel wurde eine Frist von drei Wochen ab dem Tage der Zustellung des Mängelbehebungsauftrages bestimmt und darauf hingewiesen, dass die Versäumung der Frist als Zurückziehung der Beschwerde gelte. Dieser Mängelbehebungsauftrag wurde der Wirtschaftsprüferin am 12. März 2004 zugestellt.

Mit einer am 5. April 2004 zur Post gegeben Eingabe gleichen Datums kam die Wirtschaftsprüferin namens des Beschwerdeführers dem erteilten Mängelbehebungsauftrag nach.

Mit Berichterverfügung vom 19. April 2004, 2003/13/0130-4, wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seiner Rechtsvertreterin der Umstand vorgehalten, dass angesichts der Zustellung des Mängelbehebungsauftrages am 12. März 2004 die mit Schriftsatz vom 5. April 2004 erfolgte Mängelbehebung außerhalb der gesetzten Frist von drei Wochen und damit schon nach Eintritt der Rückziehungsfiktion des § 34 Abs. 2 VwGG gesetzt worden war, zu welchem Sachverhalt dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt wurde.

Mit einem am 7. Mai 2004 zur Post gegebenen Anbringen gleichen Datums wurde von der Wirtschaftsprüferin namens des Beschwerdeführers die Verspätung der Mängelbehebung eingeräumt, gleichzeitig jedoch gegen die Versäumung der Frist zur Behebung der Mängel die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit dem Vorbringen beantragt, dass bei der Bearbeitung der Eingangspost am 12. März 2004 das Schriftstück zwar richtig mit dem Eingangsdatum 12. März 2004 versehen, die Frist durch die zuständige Sekretariatsmitarbeiterin aber insofern unrichtig berechnet worden sei, als sie irrtümlich den Termin 6. April 2004 als Tag des Fristablaufes vermerkt habe. Diese Mitarbeiterin sei seit Jahren im Sekretariat der Wirtschaftsprüferin beschäftigt, bearbeite regelmäßig die Eingangspost und werde bei der Kalendierung von Terminen durch ein entsprechendes EDV-Programm unterstützt. Dem jeweils zuständigen Sachbearbeiter, im vorliegenden Fall der Wirtschaftsprüferin, werde sowohl das Schriftstück als auch die "jeweilige tagfertige Terminliste einmal eine Woche im vorab sowie jeweils am entsprechenden Tag, an welchem die kalendierte Frist fällig" sei, zur Erledigung vorgelegt. Die im vorliegenden Fall unterlaufene fehlerhafte Kalendierung könne nicht nachvollzogen werden, weil das automatische Vorschlagswesen immer das richtige Datum 2. April 2004 angegeben habe. Es scheine die Sekretärin durch ein einlangendes Telefongespräch oder die Anfrage eines anderen Mitarbeiters gestört worden zu sein, weshalb sie irrtümlich den 6. April 2004 vermerkt habe. Bei der nachfolgenden stichprobenweisen Kontrolle auch durch die Wirtschaftsprüferin sei das Poststück in der Stichprobe nicht erfasst worden, weshalb der Fehler nicht habe auffallen können.

Diesem Antrag war eine Ausfertigung der hg. Berichterverfügung vom 25. Februar 2004, 2003/13/0130-2, angeschlossen, auf welcher sich ein Stempelabdruck der Wirtschaftstreuhandkanzlei mit dem Eingangstermin 12. März 2004 und dem Vermerk "T: 06. Apr. 2004" befindet.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Gemäß § 46 Abs. 3 VwGG ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen.

Die Frist des § 46 Abs. 3 VwGG beginnt mit dem "Aufhören des Hindernisses". Als Hindernis ist dabei jenes Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat. Nach den Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag bestand es in einem der Vertreterin des Beschwerdeführers unterlaufenen Tatsachenirrtum über den Ablauf der Frist zur Behebung der der Beschwerde anhaftenden Mängel. In dem Zeitpunkt, zu welchem dieser Tatsachenirrtum als solcher erkannt werden konnte und musste, hörte auch das Hindernis im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG auf (siehe die hg. Beschlüsse etwa vom 29. Oktober 2003, 2003/13/0098, 2003/13/0112, und vom 28. Februar 2002, 2001/15/0205). Der Irrtum über den Ablauf der Mängelbehebungsfrist hätte von der Wirtschaftsprüferin bei nur geringer Aufmerksamkeit schon aus Anlass der Unterfertigung der Mängelbehebungseingabe vom 5. April 2004 bemerkt werden müssen. Angesichts des auf der Ausfertigung der Berichterverfügung vom 25. Februar 2004, 2003/13/0130-2, vermerkten Zustelldatums 12. März 2004 musste der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers bei Unterfertigung des mit dem 5. April 2004 datierten Mängelbehebungsschriftsatzes dessen Verspätung offensichtlich werden. Das behauptete Hindernis war mit dem 5. April 2004 beseitigt.

Der Wiedereinsetzungsantrag wurde somit außerhalb der Frist des § 46 Abs. 3 VwGG gestellt und war daher zurückzuweisen.

Da die Erfüllung des dem Beschwerdeführer erteilten Mängelbehebungsauftrages unstrittig und der Aktenlage nach auch offenkundig außerhalb der gesetzten Mängelbehebungsfrist erfolgt ist, blieb sie unwirksam, weil die im § 34 Abs. 2 VwGG gesetzlich normierte Fiktion der Zurückziehung der Beschwerde, auf welche Rechtsfolge im Mängelbehebungsauftrag ausdrücklich aufmerksam gemacht worden war, nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte (siehe etwa den hg. Beschluss vom 31. Mai 2000, 99/13/0227).

Zufolge Eintritts der Zurückziehungsfiktion vor Postaufgabe des Mängelbehebungsschriftsatzes war das Beschwerdeverfahren deshalb gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.

Wien, am 2. Juni 2004

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