Normen
AVG §46;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §62 Abs2;
BauRallg;
ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z5;
ROG NÖ 1976 §19 Abs2;
AVG §46;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §62 Abs2;
BauRallg;
ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z5;
ROG NÖ 1976 §19 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Erst-, Zweit- und Drittbeschwerdeführer haben anteilig zusammen dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,--, Hermenegild Schneeweiß hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 18. April 1988 beantragten die Ehegatten J. und J. Harm die Baubewilligung für den "Zubau eines Wirtschaftsgebäudes" auf dem Grundstück Nr. 236/1, KG Pyhra, in dem nach dem Flächenwidmungsplan als Bauland-Agrargebiet gewidmeten Bereich. Nach der Baubeschreibung und den Planunterlagen sollte dieser Zubau mit den äußeren Abmessungen von 20 m x 16,90 m östlich im Anschluss an den bestehenden Landmaschineneinstellraum und nordseitig mit diesem fluchtgleich errichtet werden. Der Abstand zur östlichen Grundgrenze betrug plangemäß zwischen 17 m im nördlichen Bereich und 18,50 m im südlichen Bereich des Zubaues. Die Innenaufteilung sah zwei Einstellräume für landwirtschaftliche Maschinen mit jeweils 91,20 m2 Nutzfläche, einen Einstellraum mit 43,89 m2 sowie zwei Schweinelaufställe mit 37,88 m2 und 30,10 m2 und einen Strohschacht vor. Zur Bauverhandlung waren nur die unmittelbaren Grundstücknachbarn, nicht jedoch die nunmehrigen Beschwerdeführer bzw. deren Rechtsvorgänger geladen. Mit Bescheid vom 15. Juni 1988 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den Eheleuten J. und J. Harm (Rechtsvorgänger des nunmehrigen Erstmitbeteiligten) die beantragte Baubewilligung.
Mit einer am 12. Oktober 1994 bei der Behörde eingelangten Eingabe vom 1. Oktober 1994 beantragte der Erstmitbeteiligte die Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung einer Güllegrube auf dem Grundstück Nr. 236/1, KG Pyhra. Das Bauwerk liegt in einem Bereich mit der Widmung Grünland-Landwirtschaft. Laut Baubeschreibung war ein Stahlbetontiefbehälter mit einem Fassungsraum von 235 m3, einer Stahlbetonplatte, die als flüssigkeitsdichte Sohle ausgebildet und entsprechend den Bodenverhältnissen bemessen war, geplant. Die Ladung zur Bauverhandlung wurde ebenfalls nur den unmittelbaren Anrainern zugestellt, auch nur an diese (und den Erstmitbeteiligten) erging der Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. November 1994.
Nachdem die nunmehrigen Beschwerdeführer die Zustellung dieser beiden Bescheide beantragt hatten, wurde ihnen schließlich auf Grund des agrartechnischen Gutachtens vom 18. Mai 2001 Parteistellung zuerkannt, weil auf Grund dieses Gutachtens davon auszugehen war, dass auf ihren Grundstücken Geruchsimmissionen noch wahrgenommen werden könnten. Nach Zustellung der beiden Baubewilligungsbescheide erhoben sie gegen diese Berufungen, in welchen sie im Wesentlichen unzumutbare Geruchsbelästigungen monierten.
Mit Schriftsatz vom 11. Februar 2002 ergänzte der Erstmitbeteiligte die seinerzeitigen Einreichunterlagen u.a. um die Angaben hinsichtlich der Anzahl der Schweine, die Art der Entlüftung, Aufstallung, Art der Fütterung und Bodenausbildung sowie Art der Streu. Hierauf beauftragte der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde die Erstellung eines agrartechnischen Gutachtens zur Frage des ortsüblichen Ausmaßes von Belästigungen. Die Amtsachverständige des NÖ Gebietsbauamtes V-Mödling beurteilte in ihrem Gutachten vom 25. Februar 2002 ausschließlich jene Immissionen, die von den beantragten baulichen Anlagen und deren Benützung ausgehen, nicht jedoch die bestehenden "Altlasten". Zusammengefasst kam sie zu dem Schluss, dass sich nach Abzug der Flächen für Futtergang und Strohschacht bei verbleibenden Stallflächen von ca. 31,50 m2 und 26,20 m2 und einer Ferkelanzahl von 145 Ferkeln hinsichtlich der Stallflächen eine Geruchszahl von 11 Punkten ergebe (wird näher ausgeführt). Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass sowohl der Ferkelstall als auch die Güllegrube vom Typ her einen landwirtschaftlichen Zweckbau darstellten, die mit dem landwirtschaftlichen Betrieb in Verbindung stehen. Es entspreche daher der Ferkelstall der Widmungsart Bauland-Agrargebiet und die Güllegrube der Widmungsart Grünland-Landwirtschaft. Die Erfahrung aus einer langjährigen Tätigkeit bei der Bewertung von Stallanlagen zeige, dass in Niederösterreichs Agrargebieten Stallanlagen mit Geruchszahlen von 40 Punkten Gang und Gebe seien, teilweise sogar darüber. Eine Geruchszahl, wie im gegenständlichen Fall, von 11 Punkten sei daher aus agrarfachlicher Sicht unbedingt als üblich zu qualifizieren. Die geringe Geruchszahl sei im Vergleich zu anderen Stallungen vor allem auf das geringe Lebendgewicht der Ferkel und dem damit in Verbindung zu bringenden niedrigen tierspezifischen Faktor zurückzuführen. Hinsichtlich der Güllegrube würden im Normalfall im Unterschied zu einem dauernd emittierenden Stall keine gravierenden Emissionen auftreten, jedoch beim Aufrühren und Entleeren - also an wenigen Tagen im Jahr - werde kurzfristig mit erheblichen Emissionen zu rechnen sein. Die beiden beschriebenen Emissionen seien jedoch für die für diesen Standort gegebene Widmungsart (Grünland-Landwirtschaft und Bauland-Agrargebiet) als durchaus üblich anzusehen.
Auf Grund dieses agrartechnischen Gutachtens führte der medizinische Sachverständige in seinem Gutachten vom 6. März 2002 aus, die für den Ferkelstall ermittelte Geruchszahl von 11 sei eher niedrig und ortsüblich. Zur Güllegrube wurde ausgeführt, dass eine gesundheitliche Beeinträchtigung auf Grund der kurzen Einwirkungsdauer nicht zu erwarten sei.
Diese Gutachten wurden den Beschwerdeführern zur Kenntnis gebracht, die sich dazu negativ äußerten. Es hätte nach den gesetzlichen Bestimmungen des § 62 Abs. 2 der NÖ BauO 1976 die Immissionsbelastung als Summe der Emission der Zuchtsauen + Eber + Jungsauen + Ferkel des gesetzwidrigen Betriebes im ersten Wirtschaftsgebäude (des Erstmitbeteiligten) berechnet werden müssen (Ist-Maß), anschließend wäre die Immissionsbelastung von zusätzlich 150 Ferkeln im zweiten Wirtschaftsgebäude (Prognosemaß) zu summieren gewesen. Diese Gesamtimmissionsbelastung wäre dann als örtlich zumutbar bzw. als örtlich nicht zumutbar bzw. gesundheitsgefährdend durch eine Schutzabstandsberechnung darzustellen gewesen. Die Geruchsschwellenabstände wären nach der VDI 3471 zu beurteilen gewesen.
Zu diesen Ausführungen der Beschwerdeführer gab die agrartechnische Amtsachverständige in ihrer Stellungnahme vom 16. April 2002 ergänzend an, dass sich der gegenständliche Ferkelstall als ein Gebäude darstelle, das baulich komplett getrennt von anderen Stallungen errichtet worden sei und daher als eigenständiger Emittent anzusehen sei. In den Gutachten vom 18. Mai 2001 und vom 25. Februar 2002 seien aus folgenden Gründen unterschiedliche Richtlinien zur Begutachtung herangezogen worden:
Während im Gutachten vom Mai 2001 die Frage der Behörde im Hinblick auf eventuelle subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführer (etwaige Parteistellung) zu beantworten gewesen sei, sei im Gutachten vom Februar 2002 Bezug auf die Bestimmungen des § 62 Abs. 2 der NÖ BauO 1976 genommen worden. Die VDI-Richtlinie und die österreichische Richtlinie (ÖRL) hätten andere Zielsetzungen und damit auch andere Möglichkeiten in ihrer Anwendung. Während die VDI-Richtlinie eine Möglichkeit biete, den Ausbreitungsbereich von Geruchsimmissionen bei Stallungen annähernd abzugrenzen, in dem eine Geruchsschwelle (= jene Geruchsintensität, wo der spezifische Geruch einer Anlage zum ersten Mal wahrnehmbar sei) inklusive eines Sicherheitsabstandes berechnet werde, aber keinerlei Aussagen über die zu lösende Frage des "örtlichen zumutbaren Maßes" treffe, gebe die ÖRL die Möglichkeit, den Emittenten abzuschätzen und dadurch einem Vergleich der beantragten Stallung mit bereits bestehenden und damit das ortsübliche Maß einer Widmung bestimmenden Nutztierhaltung objektiv zu unterziehen. Aus diesem Grund sei bei der Frage einer möglichen Parteistellung ein Geruchsschwellenwert (inklusive Sicherheitsabstand) errechnet worden, um etwaige betroffene Nachbarn zu analysieren. Bei der Frage der "Ortsüblichkeit" seien jedoch andere Gesichtspunkte als eine mögliche Geruchsschwelle zu bewerten und es sei aus diesem Grund die ÖRL mit einer vergleichenden Standortbewertung zur Quantifizierung herangezogen worden. Bei den gegenständlichen Bauverfahren handle es sich um Verfahren, die zwar vor Herausgabe der ÖRL eingeleitet worden seien, jedoch noch nicht abgeschlossen seien. Nach Ansicht der Amtsachverständigen sei es daher zulässig, für die Bewertung und Begutachtung des laufenden Bauverfahrens technische Hilfsmittel von heute heranzuziehen.
Mit jeweils einem Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 24. April 2002 wurde einerseits die Berufung des Erstbeschwerdeführers, der Zweitbeschwerdeführerin sowie des Drittbeschwerdeführers gegen die Baubewilligungsbescheide vom 15. Juni 1988 und vom 17. November 1994 als unbegründet abgewiesen. Mit einem weiteren Bescheid des Gemeinderates vom 24. April 2002 wurde andererseits die Berufung der Viertbeschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 15. Juni 1988 als unzulässig zurückgewiesen, ihre Berufung gegen den Bescheid vom 17. November 1994 wurde als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich der Abweisungen wurde im Wesentlichen ausgeführt, auf Grund der eingeholten Gutachten sei davon auszugehen, dass keine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigenden Belästigungen im Sinne des § 62 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1976 zu erwarten seien (wird näher ausgeführt). Die Zurückweisung der Berufung der Viertbeschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 15. Juni 1988 wurde damit begründet, dass diese zum Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung noch nicht Eigentümerin des anrainenden Grundstückes gewesen sei.
Die gegen diese Bescheide erhobenen Vorstellungen der Erst-, Zweit- und Drittbeschwerdeführer hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 26. August 2002 als unbegründet abgewiesen, wobei sie im Wesentlichen den Berufungsausführungen des Gemeinderates beitrat. Die dagegen erhobene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ist zur hg. Zl. 2002/05/1073 protokolliert.
Mit einem weiteren Bescheid vom 26. August 2002 hat die belangte Behörde auf Grund der Vorstellung der Viertbeschwerdeführerin dieser Vorstellung insofern Folge gegeben, als der Spruchteil I des Bescheides des Gemeinderates behoben und die Angelegenheit zu neuerlichen Entscheidung an die Marktgemeinde Pyhra zurückverwiesen wurde. Im Übrigen wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Die Aufhebung des Spruchteiles I des Bescheid des Gemeinderates wurde damit begründet, dass auch die Rechtsvorgängerin der nunmehrigen Viertbeschwerdeführerin weder zur Verhandlung über das Baugesuch geladen wurde noch für sie die Ladung auf Grund einer öffentlichen Kundmachung zugetroffen sei, die Rechtsvorgängerin der Viertbeschwerdeführerin habe jedenfalls die Stellung einer übergangenen Partei innegehabt. Mit dem Übergang des Eigentums an dem Grundstück auf die neue Eigentümerin, sei auf diese das Recht übergegangen, eine Berufung zu erheben, die einer inhaltlichen Erledigung zuzuführen sei.
Hinsichtlich die Abweisung der Vorstellung betreffend die Baubewilligung für die Güllegrube teilte die belangte Behörde im Wesentlichen die Rechtsansicht des Gemeinderates.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2002/05/1075 protokollierte Beschwerde der Viertbeschwerdeführerin wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Hinsichtlich des Verfahrens aus dem Jahre 1988 werde der angefochtene Bescheid nur insoweit bekämpft, als die Begründung erkennen lasse, dass die Aufsichtsbehörde offenbar die Auffassung der Baubehörde teile, wonach im Rahmen des § 62 der NÖ Bauordnung 1976 die bestehende Immissionsbelastung bei der Ermittlung der örtlichen Zumutbarkeit nicht zu berücksichtigen sei.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit je einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zunächst beschlossen, wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges die Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung zu verbinden.
In der Sache selbst hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Hinsichtlich der Beschwerdeausführungen der Viertbeschwerdeführerin zur Anfechtung des aufhebenden Bescheidteiles in jenem Umfang, in dem er nicht die die Aufhebung tragenden Gründe betrifft (§ 62 Abs. 2 NÖ BO 1976), wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die diesbezüglichen Ausführungen im hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2002/05/1074, das u.a. an dieselbe Beschwerdeführerin ergangen ist, verwiesen. Aus den dort genannten Gründen war die Beschwerde der Viertbeschwerdeführerin gegen den Bescheidteil, mit welchem ihrer Vorstellung Folge gegeben wurde, als unbegründet abzuweisen.
Kern der Beschwerden betreffend die Abweisungen der Vorstellungen ist die behauptete unrichtige Anwendung des § 62 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1976. Die Baubehörde habe im gegenständlichen Fall weder das Widmungsmaß noch das Ist-Maß erhoben, aus der (dimensionslosen) Geruchszahl 11 könne die zu erwartende Geruchsbelästigung für die Grundstücke der Beschwerdeführer nicht abgeschätzt werden.
Auf Grund der Einbringung der Baugesuche in den Jahren 1988 und 1994, ist auf diese Bauverfahren zufolge der Übergangsbestimmung des § 77 der NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200-0, die bisherige Rechtslage, das ist die NÖ Bauordnung 1976, anzuwenden.
Gemäß §118 Abs. 8 der NÖ Bauordnung 1976 (BO) genießen als Anrainer alle Grundstückseigentümer Parteistellung gemäß § 8 AVG, wenn sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden. Gemäß Abs. 9 dieses Paragraphen werden subjektiv-öffentliche Rechte der Anrainer durch jene Vorschriften begründet, welche nicht nur den öffentlichen Interessen dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über
- 1. den Brandschutz;
- 2. den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können;
3. die sanitären Rücksichten wegen ihres Einflusses auf die Umgebung;
4. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe und die Abstände der Fluchtlinien zur Erzielung einer ausreichenden Belichtung.
Die Beschwerdeführer haben im verwaltungsbehördlichen Verfahren wegen der zu befürchtenden Geruchsbelästigung gegen das hier zu beurteilende Projekt in ihrer Berufung fristgerecht Einwendungen erhoben (vgl. zur Beachtlichkeit fristgerechter Einwendungen das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1987, Zl. 84/05/0043, BauSlg. Nr. 1021).
Gemäß § 62 Abs. 2 BO sind für Bauwerke, die nach Größe, Lage und Verwendungszweck erhöhten Anforderungen nach Festigkeit, Brandschutz, Sicherheit und Gesundheit entsprechen müssen oder die Belästigungen der Nachbarn erwarten lassen, welche das örtlich zumutbare Maß übersteigen, die zur Abwehr dieser Gefahren und Belästigungen nötigen Vorkehrungen zu treffen; diese Auflagen haben sich insbesondere auf Größe und Ausstattung der Stiegen, Gänge, Ausfahrten, Ausgänge, Türen und Fenster, besondere Konstruktionen der Wände und Decken, die Errichtung von Brandwänden sowie das Anbringen von Feuerlösch- und Feuermeldeanlagen zu beziehen. Zur Vermeidung von Umweltbelastungen kann die Baubehörde auch die Pflanzung und Erhaltung von Grünanlagen vorschreiben.
Gemäß § 100 Abs. 2 BO ist die Bewilligung zu versagen, wenn durch die Ausführung des Vorhabens Bestimmungen dieses Gesetzes, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, der NÖ Mineralölordnung, LGBl. 8270, einer auf Grund dieser Gesetze erlassenen Verordnung oder des NÖ Raumordnungsgesetzes, LGBl. 8000, über die Zulässigkeit von Bauführungen auf Flächen mit bestimmten Widmungs- und Nutzungsarten sowie über Vorbehaltsflächen und Bausperren verletzt werden.
§ 62 Abs. 2 leg. cit. verpflichtet somit die Baubehörde, wenn die in einer geplanten Baulichkeit nach deren Zweckbestimmung zu erwartenden Vorgänge erfahrungsgemäß das ortsübliche Maß übersteigende Belästigungen der Nachbarschaft erwarten lassen, durch Auflagen dafür Sorge zu tragen, dass durch eine entsprechende bautechnische Ausgestaltung der Baulichkeit ein erhöhter Schutz vor den zu erwartenden Belästigungen dieser Art sichergestellt ist. Diese Vorschrift dient nicht nur den öffentlichen Interessen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1995, Zl. 94/05/0284, mwN). Aus § 62 Abs. 2 BO i.V.m. § 118 Abs. 8 und 9 leg. cit. erwächst daher den Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz z.B. vor Geruchsbelästigung. Der im § 62 Abs. 2 leg. cit. normierte allgemeine Schutz des Nachbarn vor Belästigungen durch Immissionen gewährt allerdings - anders als der durch einzelne Widmungs- und Nutzungsarten eingeräumte Immissionsschutz - keinen absoluten, zu einer Versagung des Bauvorhabens führenden Immissionsschutz des Nachbarn. Die Baubehörde hat aber jene Anordnungen zu treffen, die Belästigungen der Nachbarn, welche das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigen, hintanhalten. Unter der Voraussetzung der Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit der im Flächenwidmungsplan festgesetzten Widmungs- und Nutzungsart haben die Nachbarn einen Anspruch darauf, dass sie durch die Vorschreibung nötiger Vorkehrungen vor das örtlich zumutbare Maß übersteigenden Gefahren und Belästigungen geschützt werden (vgl. nochmals das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1995, mwN). Die Grenze des zulässigen Ausmaßes an Immissionen richtet sich nach dem örtlichen Ausmaß, welches je nach der Umgebung der Örtlichkeit verschieden sein kann. Vorweg hat aber die Baubehörde zu prüfen, ob das Vorhaben mit der vorgeschriebenen Flächenwidmung vereinbar ist. Auf einem Grundstück mit der Widmungs- und Nutzungsart Bauland-Agrargebiet ist die Errichtung eines Schweinestalles grundsätzlich zulässig (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 13. April 1993, Zl. 92/05/0028, betreffend ebenfalls die Errichtung eines Schweinestalles im Bauland-Agrargebiet gemäß § 16 Abs. 1 Z. 5 NÖ ROG). Eine Güllegrube als Baulichkeit eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ist bei dieser Widmung grundsätzlich zulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. März 2000, Zl. 99/05/0162).
Weder mit der Widmung Bauland-Agrargebiet nach § 16 Abs. 1 Z. 5 NÖ ROG noch mit der Widmung Grünland-Land- und Forstwirtschaft gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. ist ein Immissionsschutz verbunden. Doch auch wenn die Widmungskategorien Bauland-Agrargebiet und Grünland-Landwirtschaft dem Anrainer keinen Schutz auf Einhaltung der jeweiligen Widmungskategorie gewährleisten, bietet ihm doch § 62 Abs. 2 BO einen Immissionsschutz. Das örtlich zumutbare Maß von Geruchsbelästigungen ist auch in Gebieten mit der Widmung Grünland-Landwirtschaft bzw. Bauland-Agrargebiet dann überschritten, wenn die - weder gesundheitsgefährlichen noch lebensgefährlichen - Geruchsbelästigungen das Wohlbefinden von Menschen in einem örtlich nicht mehr zumutbaren Ausmaß stören. Schon an der Grundgrenze des Nachbarn dürfen keine solche das örtlich zumutbare Maß übersteigenden Belästigungen eintreten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1998, Zl. 97/05/0286, mwN).
Ob eine Gefahr oder Belästigung seitens eines - als zulässig erkannten - Betriebes zu befürchten ist, hat die Behörde im Ermittlungsverfahren festzustellen. Sie hat sich hiebei im Allgemeinen der Mithilfe von Sachverständigen, und zwar eines technischen und eines medizinischen Sachverständigen, zu bedienen. Sache des technischen Sachverständigen ist es, über das Ausmaß der zu erwartenden Immissionen und ihre Art Auskunft zu geben, während es dem medizinischen Sachverständigen obliegt, seine Meinung hinsichtlich der Wirkungen der Immissionen auf den menschlichen Organismus darzulegen (vgl. auch hiezu das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1995).
Die Beschwerdeführer erblicken die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in dem Umstand, dass die agrartechnische Sachverständige die Geruchszahl 11 aus der isolierten Beurteilung des Bauvorhabens gewonnen hat, also ohne Berücksichtigung der bereits bestehenden "Altlasten" bzw. des Istmaßes.
Zu beachten ist nach der zu § 62 Abs. 2 BO entwickelten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wurde -, dass bei Beurteilung der Grenze des zulässigen Ausmaßes an Immissionen der Anrainer keine Belästigungen hinnehmen muss, welche über dem Rahmen des sonst üblichen Ausmaßes liegen und Maßstab der Zulässigkeit dort, wo die Summe aus Ist-Maß (Summe der vorhandenen Grundbelastung) und Prognosemaß (aus dem Projekt hervorgehende Zusatzbelastung) dieses Maß nicht überschreitet, das Ausmaß an Gesamtimmissionsbelastung (Summenmaß aus Ist-Maß und Prognosemaß), ist. Belästigungen übersteigen aber jedenfalls nicht das örtliche Ausmaß, wenn die Überschreitung des Ist-Maßes geringfügig ist, der Charakter des Gebietes durch diese Überschreitung nicht verändert wird und das medizinisch vertretbare Beurteilungsmaß eingehalten wird (siehe hiezu die hg. Erkenntnisse vom 27. April 1999, Zl. 98/05/0032, und vom 20. April 2001, Zl. 98/05/0198).
Die von den Baubehörden beigezogene agrartechnische Amtssachverständige ist in dem der Bewilligung des hier zu beurteilenden Bauvorhabens zu Grunde gelegten Gutachten zum Ergebnis gekommen, dass selbst in der Widmung Bauland-Agrargebiet eine Geruchszahl von 40 üblich ist. In dem vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 25. April 2002, Zl. 2001/05/0267, erledigten Beschwerdefall betreffend die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Schweinestalles mit Güllekeller hatte der beigezogene Amtssachverständige in einem nicht als unschlüssig erkannten Gutachten ebenfalls ausgeführt, dass selbst in der Widmung Bauland-Agrargebiet "größere (intensivere Emissionen/Immissionen verursachende) Stallungen" zu finden sind und in dieser Widmung "Stallungen bis zu einer Geruchszahl von etwa 45 als ortsüblich zu bezeichnen sind". Ausgehend von einer im Beschwerdefall festgestellten und auch von den Beschwerdeführern nicht als unrichtig bekämpften Geruchszahl G = 11 (dieser Wert wurde auf fachkundiger Basis im Wesentlichen unter Berücksichtigung der Tierart und Nutzungsrichtung, Tierzahl, Lüftungs-, Entmistungs- und Fütterungsfaktor ermittelt) vermag daher der Verwaltungsgerichtshof in der Rechtsansicht der belangten Behörde, das bewilligte Bauvorhaben sei auf dem zu bebauenden Grundstück ohne Vorschreibung zusätzlicher Auflagen zulässig, weil die durch den darin geplanten landwirtschaftlichen Betrieb entstehenden Geruchsimmissionen keine das ortsüblich zumutbare Ausmaß übersteigende Geruchsbelästigungen beim Grundstück der Beschwerdeführer verursachen, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erblicken. Dass die von der Sachverständigen herangezogenen Beurteilungsgrundlagen nicht dem Stand der Technik entsprächen, wurde in der Beschwerde nicht behauptet (vgl. zur Zulässigkeit der Heranziehung von Richtlinien, wenn sie dem Stand der Technik entsprechen u.a. die hg. Erkenntnisse vom 7. März 2000, Zl. 99/05/0162, und vom 17. September 1996, Zl. 96/05/0105). In der Beschwerde wurde auch nicht substantiiert dargelegt, dass durch das bewilligte Bauvorhaben das vorhandene Istmaß an Geruchsbelästigungen nicht nur geringfügig überschritten würde. Auszuschließen ist bei der gegebenen Sachlage, dass durch den bewilligten Schweinestall der Charakter des Gebietes verändert würde. Dass die prognostizierte Geruchsbelästigung medizinisch bedenklich wäre, wird in der Beschwerde nicht behauptet.
In seinem Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 94/05/0291, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass keine Bedenken gegen die (auch damals) von der belangten Behörde herangezogenen Beweise bestehen, wenn der agrartechnische Sachverständige bezüglich der Geruchsemissionen die "Methode der vergleichenden Situationsanalyse" gewählt hat. Bei einer im Vergleich zu, wie die agrartechnische Amtsachverständige ausgeführt hat, in Agrargebieten Niederösterreichs durchaus üblichen Geruchszahl von 40 ermittelten niederen Geruchszahl von 11, die die Sachverständige als unbedingt ortsüblich einstufte, ist ohne besonderen Grund nicht mehr auf die Windverhältnisse oder die Geländestruktur einzugehen. Dass aus spezifischen Gründen im näheren Umkreis der zu bebauenden Grundstücke besonders auffallende Windverhältnisse oder Geländestrukturen gegeben seien, wurde weder im Verwaltungsverfahren noch in den Beschwerden behauptet.
Da die VDI 3471-Richtlinie zur Ortsüblichkeit keine Aussage enthält, konnte sie in den gegenständlichen Verfahren auch nicht aussagekräftig sein (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1998, Zl. 98/05/0024). Zulässigerweise konnte diese Richtlinie aber zur Klärung der Frage, ob die Beschwerdeführer Parteistellung haben, herangezogen werden, da es in diesem Fall nicht auf die Ortsüblichkeit ankommt, sondern darauf, ob die Beschwerdeführer gemäß § 118 Abs. 8 NÖ BO 1976 in ihren subjektivöffentlichen Rechten berührt werden können, d.h. fallbezogen, ob auf ihren Grundstücken Geruch aus den Anlagen überhaupt wahrgenommen werden kann.
Da sich die Beschwerden somit als unbegründet erweisen, waren sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 17. Juni 2003
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