VwGH 2002/05/1074

VwGH2002/05/107417.6.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Hermenegild Schneeweiß und des Harald Miklauschina, beide in Pyhra, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Winiwarter, Rechtsanwalt in Krems, Utzstraße 9, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. August 2002, Zl. RU1-V-98028/07, betreffend eine Bausache (mitbeteiligte Parteien: 1. Klaus Harm, Josef Harm und Josefa Harm, alle in Pyhra, Hauptstraße 80, 2. Marktgemeinde Pyhra, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1;
BauRallg;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich zusammen Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem Ansuchen vom 25. Juni 1997, das bei der Gemeinde am 30. Juni 1997 eingelangt ist, ersuchten die Erstmitbeteiligten um Erteilung der Baubewilligung für Abänderungen beim bestehenden Stallgebäude, den Neubau einer Güllegrube und den Neubau einer Traktorgarage mit Tankplatz auf den Grundstücken Nr. 236/1, .32 und .36. Dieses Bauverfahren ist unter der Zahl der Gemeinde B- 52/1997 protokolliert. Mit einem weiteren Ansuchen vom 25. Juni 1997, ebenfalls am 30. Juni 1997 bei der Gemeinde eingelangt, beantragten dieselben Mitbeteiligten die Erteilung der Baubewilligung für den Einbau eines Schweinestalles beim bestehenden Wirtschaftsgebäude auf dem Grundstück Nr. 236/1 und .32. Dieses Bauvorhaben ist unter der Zahl B-53/1997 der Gemeinde protokolliert.

Zu den Bauverhandlungen über die eingereichten Projekte der Erstmitbeteiligten wurden die Beschwerdeführer nicht geladen. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde erteilte in der Folge den Erstmitbeteiligten mit Bescheiden vom 31. Jänner 1997 die beantragten Baubewilligungen.

Mit dem hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2000, Zlen. 2000/05/0015, 0017, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Rechtsansicht, wonach den nunmehrigen Beschwerdeführern keine Parteistellung in diesen Baubewilligungsverfahren zukomme, nicht zutreffe, weil die Gemeinde und die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen seien, dass die Grundstücke, die 10 m bzw. 12 m breit sind und zwischen dem Grundstück 236/1 und den jeweiligen Grundstücken der Beschwerdeführer liegen, einerseits weder wie ein Grüngürtel zu qualifizieren noch (zur Erstbeschwerdeführerin gerichtet) als öffentliche Verkehrsfläche anzusehen seien.

In der Folge wurden den Beschwerdeführern die Baubewilligungsbescheide vom 31. Jänner 1997 zugestellt, worauf sie gegen diese Berufung erhoben, in welcher sie im Wesentlichen vorbrachten, es seien ungenügende Planunterlagen eingereicht worden, ihre subjektiv-öffentlichen Rechte im Hinblick auf Immissionen würden missachtet. Nach Einholung von Stellungnahmen eines agrartechnischen, eines medizinischen und eines bautechnischen Sachverständigen hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 18. Oktober 2001 die Berufungen der Beschwerdeführer gegen die Baubewilligungsbescheide Zahl B-52/1997 und B-53/1997 als unbegründet abgewiesen und die erstinstanzlichen Bescheide vollinhaltlich bestätigt.

Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde einen Bescheid mit folgendem Spruch erlassen:

"1. Soweit die Bescheide des Gemeinderates vom 18. Oktober 2001 zur Zl. B-52/1997 die Abänderungen beim bestehenden Stallgebäude auf dem Grundstück Nr. 236/1 sowie zur Zl. B-53/1997 die Abänderungen beim bestehenden Wirtschaftsgebäude (sog. "Notstall") auf dem Grundstück Nr. 236/1 betreffen wird der Vorstellung Folge gegeben, die angefochtenen Bescheide werden diesbezüglich behoben und wird die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Marktgemeinde Pyhra zurückverwiesen.

2. Hinsichtlich des Einbaus des Schweinestalles ins bestehende Wirtschaftsgebäude auf dem Grundstück Nr. .32 zur Zl. B- 53/1997 wird die Vorstellung als unzulässig zurückgewiesen.

3. Im übrigen wird die Vorstellung als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 61 Abs. 2 lit. b und Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000-12."

Zur Begründung wurde ad 1.) im Wesentlichen ausgeführt, hinsichtlich des Bescheides des Gemeinderates vom 18. Oktober 2001 betreffend die Abänderung beim bestehenden Stallgebäude auf dem Grundstück Nr. 236/1 sowie die Abänderung beim bestehenden Wirtschaftsgebäude (so genannten "Notstall") auf dem Grundstück Nr. 236/1, sei der Vorstellung deshalb Folge zu geben, weil aus den vorgelegten Bauakten der Gemeinde ersichtlich sei, dass das als Bestand eingezeichnete Stallgebäude, dessen Änderung beantragt wurde, in mehrerer Hinsicht von dem seinerzeit erteilten Konsens aus dem Jahre 1988 abweiche (insbesondere hinsichtlich der Lage und der Abmessungen). Der östlich an das Wirtschaftsgebäude anschließende so genannte Notstall im Ausmaß von 37,10 m2 sei nach den Gemeindeunterlagen nicht bewilligt. Da Änderungen von konsenslosen Bauten nicht bewilligt werden könnten und nicht auszuschließen sei, dass durch diese Rechtswidrigkeit in Rechte der Beschwerdeführer eingegriffen werde, seien die Bescheide des Gemeinderates in diesem Umfang aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde zurückzuverweisen gewesen.

Zum Spruchteil 2.) wurde ausgeführt, hinsichtlich des Einbaues des Schweinestalles in das bestehende Wirtschaftsgebäude auf dem Grundstück Nr. .32 komme den Beschwerdeführern keine Parteistellung zu, weil zwischen dem Grundstück Nr. .32 und den Grundstücken der Beschwerdeführer nicht nur das Grundstück Nr. 216/1 liege, sondern auch das Grundstück Nr. 236/1, dessen Breite wesentlich mehr als 14 m betrage.

Zum Spruchteil 3.) führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführer zur Traktorgarage mit Tankplatz und zur Güllegrube keine konkrete Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte geltend gemacht hätten.

Gegen diesen Bescheid, inhaltlich jedoch nur gegen dessen Spruchteile 1 und 2, richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach der Anfechtungserklärung wird der Bescheid hinsichtlich seines Spruchteiles 1 lediglich insoweit angefochten, als die Begründung zu diesem Spruchteil die Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörde erkennen lasse, dass die bestehende Immissionsbelastung bei der Ermittlung der örtlichen Zumutbarkeit der von einem neuen Gebäude ausgehenden Immissionsbelastung nicht zu berücksichtigen sei. Hinsichtlich Spruchteil 2 wird der Bescheid in vollem Umfang angefochten. Hinsichtlich des Spruchteiles 3 enthält die "Anfechtungserklärung" keine Ausführung, auch die übrige Beschwerde enthält keine Ausführungen zu Spruchteil 3 des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zum Spruchteil 1.) des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung 1973 hat die Aufsichtsbehörde den Bescheid, wenn durch ihn Rechte des Einschreiters verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.

Gemäß Abs. 5 dieser Gesetzesstelle ist die Gemeinde bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden.

Die Bindung sowohl der Gemeinde als auch der anderen Parteien des Verfahrens erstreckt sich ausschließlich auf die die Aufhebung tragenden Gründe des aufsichtsbehördlichen Bescheides, nicht aber auf jene Ausführungen der Gemeindeaufsichtsbehörde, die in Wahrheit zu einer Abweisung der Vorstellung hätten führen müssen. Die Partei des Verfahrens kann gegen einen aufsichtsbehördlichen Bescheid auch dann, wenn ihrer Vorstellung stattgegeben worden ist, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wenn ihrem Rechtsstandpunkt nicht voll entsprochen worden ist, allerdings nur insoweit, als damit eine die Aufhebung tragende Rechtsansicht bekämpft wird (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1998, Zl. 97/05/0304, sowie die dort angeführte hg. Vorjudikatur). Stellen die Ausführungen der Vorstellungsbehörde in dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid keinen tragenden Grund für die Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides dar, können diese Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht bekämpft werden.

Der die Aufhebung tragende Grund des angefochtenen Bescheidteiles ad 1.) ist jener, dass Abänderungen bei Gebäuden (Stallgebäude und "Notstall") beantragt wurden, der "Notstall" aber den Bauakten der Gemeinde zufolge nicht konsentiert ist und das Stallgebäude mit einer anderen Lage und anderen Abmessungen konsentiert wurde, womit sich nunmehr auch das in den Plänen als Bestand dargestellte Stallgebäude, dessen Abänderung beantragt wurde, als nicht bewilligtes "aliud" darstellt. Änderungen konsensloser Gebäude könnten aber nicht bewilligt werden. Dieser - zutreffenden - Rechtsansicht der belangten Behörde sind die Beschwerdeführer nicht entgegen getreten, sie führen in ihrer Beschwerde auch aus, es könne wohl sein, dass diese Gebäude von keinem Konsens gedeckt seien. Der Verwaltungsgerichtshof vermag sachverhaltsbezogen in den Ausführungen der Vorstellungsbehörde, die die Aufhebung tragen, keine Rechtswidrigkeit zu erkennen. Da, wie oben ausgeführt, Ausführungen im angefochtenen Bescheid, die nicht als die Aufhebung tragend zu qualifizieren sind, keine Bindungswirkung entfalten und damit Rechte des Vorstellungswerbers nicht berühren, war die Beschwerde zu Punkt 1.) des aufsichtsbehördlichen Bescheides als unbegründet abzuweisen. Den Beschwerdeführern steht es frei, die Ausführungen, die sie in der Sache selbst vortragen, zum Gegenstand ihres Vorbringens vor den Verwaltungsbehörden zu machen.

ad 2.)

Mit seinem Erkenntnis vom 4. Juli 2000, Zlen. 2000/05/0015, 0017, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Gemeinde und die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen seien, dass die Grundstücke, die 10 m bzw. 12 m breit sind und zwischen dem Grundstück Nr. 236/1 und den jeweiligen Grundstücken der Beschwerdeführer liegen, kein Grüngürtel bzw. keine öffentliche Verkehrsfläche seien und damit auf Grund dieses Umstandes den Beschwerdeführern keine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren zukomme. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis ausgeführt, dass das nördlich des Grundstück des Zweitbeschwerdeführers liegende Grundstück Nr. 216/1 als Grüngürtel zu qualifizieren und das westlich des Grundstückes der Erstbeschwerdeführerin liegende Grundstück als öffentliche Verkehrsfläche anzusehen ist. In diesem Erkenntnis wurde aber nicht ausgesprochen, dass den Beschwerdeführern auch in Baubewilligungsverfahren, die sich ausschließlich auf das Grundstück .32 beziehen, das von den Grundstücken der Beschwerdeführer zusätzlich zum "Grüngürtel" und der "öffentlichen Verkehrsfläche" noch durch das Grundstück Nr. 236/1 getrennt ist, die Parteistellung zukomme.

Der beantragte Einbau des Schweinestalles in das bestehende Wirtschaftsgebäude auf dem Grundstück Nr. .32 weist weder eine Verbindung mit dem daran anschließenden (konsenslosen) "Notstall" auf, noch beanspruchen diese Einbauten Teile des Grundstückes Nr. 236/1. Ein Fahrsilo auf Grundstück Nr. 236/1 ist entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht Gegenstand des Bauantrages und auch nicht Gegenstand der Baubewilligung.

Gemäß § 6 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1996 in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle 8200-3 werden Nachbarn nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden.

Der Strohabwurfschacht, der auf dem Grundstück Nr. 236/1 im Anschluss an das zu ändernde Wirtschaftsgebäude liegt, soll nach den eingereichten Plänen abgebrochen werden. Inwiefern die Beschwerdeführer durch den Abbruch in ihren erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden können, führten die Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht aus, eine derartige Berührung subjektiv-öffentlicher Rechte ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht erkennbar.

Das Grundstück Nr. .32 ist von den Grundstücken der Beschwerdeführer, wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, jedenfalls durch das wesentlich breitere als 14 m messende Grundstück getrennt; es kommt daher den Beschwerdeführern in diesem Baubewilligungsverfahren keine Parteistellung zu. Durch die Zurückweisung ihrer diesbezüglichen Vorstellung sind die Beschwerdeführer damit in keinem Recht verletzt worden.

ad 3.)

Wie bereits oben ausgeführt, haben die Beschwerdeführer zum Spruchteil 3 des angefochtenen Bescheides kein Vorbringen erstattet, weshalb dieser Spruchteil 3 mangels Anfechtung der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof entzogen ist.

Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 17. Juni 2003

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte