VwGH 99/20/0489

VwGH99/20/048926.11.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Grünstäudl und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. Gunther Gahleithner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 17. August 1999, Zl. SD 585/99, betreffend Entziehung einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §69 Abs1;
AVG §69 Abs3;
SMG 1997 §27 Abs1;
WaffG 1996 §12 Abs1;
WaffG 1996 §20 Abs1;
WaffG 1996 §21;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffG 1996 §8 Abs2 Z1;
WaffG 1996 §8 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs4;
WaffG 1996 §8 Abs5;
WaffG 1996 §8;
AVG §56;
AVG §69 Abs1;
AVG §69 Abs3;
SMG 1997 §27 Abs1;
WaffG 1996 §12 Abs1;
WaffG 1996 §20 Abs1;
WaffG 1996 §21;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffG 1996 §8 Abs2 Z1;
WaffG 1996 §8 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs4;
WaffG 1996 §8 Abs5;
WaffG 1996 §8;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 7. Juni 1999 entzog die Bundespolizeidirektion Wien dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997 (WaffG), die am 28. November 1996 für ihn ausgestellte Waffenbesitzkarte. Dieser Bescheid wurde - im Anschluss an eine Wiedergabe des Inhaltes der im Spruch zitierten Gesetzesstellen - wie folgt begründet:

"Sie wurden vom BG Döbling am 05.02.1999 (richtig: 2. Februar 1999) gemäß § 27 Abs. 1 StGB (gemeint: SMG) rechtskräftig verurteilt, nachdem Sie Suchtgift erworben, besessen und weitergegeben haben.

Auf Grund dieser Verurteilung besitzen Sie nicht mehr die im § 8 WG 1996 geforderte Verlässlichkeit. (...)

Auf Grund des Urteils ist als erwiesen anzusehen, dass Sie in der Zeit von 1990 bis Mai 1997 wiederholt Suchtgift erworben, besessen und anderen Personen weitergegeben haben. Aus diesem Grund ist bei Ihnen ein Persönlichkeitsbild erkennbar, dass Sie sich nicht an gesetzliche Bestimmungen halten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer unter anderem vor, dass er lediglich zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe von 60 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt worden sei. Die Anlasstat für diese Verurteilung sei bereits im Sommer 1996 erfolgt, die Waffenbesitzkarte sei erst danach am 28. November 1996 ausgestellt worden. Ausschlaggebend für den Suchtgiftkonsum seien der plötzliche Selbstmord des Vaters des Beschwerdeführers im Oktober 1995 und die damit verbundene psychische Belastung des Beschwerdeführers gewesen. Seit Sommer 1996 habe der Beschwerdeführer keinerlei Suchtgift konsumiert und daher seit nunmehr drei Jahren "keinerlei Kontakt mit irgendwelchen Sucht- oder Rauschmitteln mehr gehabt", und es sei auch im Zuge des Strafverfahrens, das zu der Verurteilung vom 2. Februar 1999 geführt habe, vom zuständigen Gesundheitsamt festgestellt worden, "dass keine gesundheitsbezogenen Maßnahmen erforderlich sind, weil der Berufungswerber nicht süchtig ist". Der Behörde liege neben dieser Stellungnahme des Gesundheitsamtes auch ein weiterer Befund mit dem Ergebnis, dass beim Beschwerdeführer "sämtliche Tests im Hinblick auf Suchtgift negativ sind", vor.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Die belangte Behörde führte aus, die Gründe des erstinstanzlichen Bescheides seien "im Ergebnis" auch für die Berufungsentscheidung maßgebend. Der Beschwerdeführer sei vom Bezirksgericht Döbling mit Urteil vom 2. Februar 1999 schuldig erkannt worden, "in der Zeit von 1990 bis Mai 1997 in Wien und anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider wiederholt Suchtgift, und zwar Haschisch und einmal Kokain, erworben und besessen sowie mehreren anderen Personen überlassen zu haben." Er habe bei seiner Einvernahme im Zuge des Strafverfahrens am 9. Juni 1997 zugegeben, "im Tatzeitraum" selbst Haschisch und Kokain konsumiert zu haben. Das Berufungsvorbringen, wonach für den Suchtgiftkonsum des Beschwerdeführers der plötzliche Selbstmord seines Vaters im Jahre 1995 ausschlaggebend gewesen wäre, scheine sohin ins Leere zu gehen. In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt werde, dass sich die Entziehung auf § 8 Abs. 1 Z 1 und 2 WaffG stütze. Die Verurteilung des Beschwerdeführers sei zwar keine "maßgebliche im Sinne des § 8 Abs. 3 WaffG", die waffenrechtliche Verlässlichkeit des Beschwerdeführers sei jedoch aus folgenden Gründen nicht gegeben:

"Der genannten Verurteilung lag zugrunde, dass der Berufungswerber in einem mehrjährigen Zeitraum Suchtmittel nicht nur besaß und weitergab, sondern auch selbst konsumierte. Der Genuss von Suchtgiften stellt jedoch gerade darauf ab, eine rauschartige Beeinträchtigung des Geisteszustandes bzw. des Bewusstseins herbeizuführen. Waffen, insbesondere Schusswaffen, haften ihrer Natur nach besondere Gefahren an. Daher erfordert der Umgang mit Waffen die Anwendung entsprechender Vorsicht, um Gefährdungen der Umwelt zu vermeiden. Befindet sich eine Person jedoch in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand, kann es nicht mit der hierfür erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass sie die in ihrem Besitz befindlichen Waffen leichtfertig, d.h. bestehenden gesetzlichen Vorschriften zuwider, verwendet bzw. mit diesen Waffen unvorsichtig umgeht. Dabei ist es unerheblich, ob eine solche unvorsichtige oder leichtfertige Verwendung von Waffen bis dato stattgefunden hat. Im Berufungsfall war sohin die im § 8 Abs 1 Z 1 und 2 WG normierte Annahme gerechtfertigt. Daran konnte auch das Berufungsvorbringen, wonach der Berufungswerber nunmehr keinerlei Kontakt zu Suchtgiften mehr habe (was durch Vorlage entsprechender Bestätigungen auch bescheinigt wurde) nichts ändern. Der Suchtgiftkonsum des Berufungswerbers über einen Zeitraum von etwa sieben Jahren reichte angesichts des mit dem Privatbesitz von Waffen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses sowie der Tatsache, dass Suchtgiftdelikten nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine besonders hohe Wiederholungsgefahr anhaftet, hin, die waffenrechtliche Verlässlichkeit des Berufungswerbers als nicht gegeben zu erachten.

In einem solchen Fall ist eine waffenrechtliche Urkunde zu entziehen, ohne dass dabei der Behörde Ermessen zukäme.

Der Berufung war daher keine Folge zu geben."

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

1. Nach § 25 Abs. 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, "dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist". Ob der Betroffene verlässlich ist, bestimmt sich nach § 8 WaffG. Diese Bestimmung lautet, soweit im vorliegenden Fall maßgeblich, wie folgt:

"Verlässlichkeit

§ 8. (1) Ein Mensch ist verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er

  1. 1. Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
  2. 2. mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;

    3. Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.

(2) Ein Mensch ist keinesfalls verlässlich, wenn er

  1. 1. alkohol- oder suchtkrank ist oder
  2. 2. psychisch krank oder geistesschwach ist oder
  3. 3. durch ein körperliches Gebrechen nicht in der Lage ist, mit Waffen sachgemäß umzugehen.

(3) Als nicht verlässlich gilt ein Mensch im Falle einer Verurteilung

1. wegen einer unter Anwendung oder Androhung von Gewalt begangenen oder mit Gemeingefahr verbundenen vorsätzlichen strafbaren Handlung, wegen eines Angriffes gegen den Staat oder den öffentlichen Frieden oder wegen Zuhälterei, Menschenhandels, Schlepperei oder Tierquälerei zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Monaten oder einer Geldstrafe von mehr als 120 Tagessätzen oder

2. wegen gewerbsmäßigen, bandenmäßigen oder bewaffneten Schmuggels oder

3. wegen einer durch fahrlässigen Gebrauch von Waffen erfolgten Verletzung oder Gefährdung von Menschen oder

4. wegen einer in Z 1 genannten strafbaren Handlung, sofern er bereits zweimal wegen einer solchen verurteilt worden ist.

(4) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. Trotz einer nicht getilgten Verurteilung im Sinne des Abs. 3 kann ein Mensch verlässlich sein, wenn das Gericht vom Ausspruch der Strafe abgesehen hat (§ 12 des Jugendgerichtsgesetzes 1988 - JGG, BGBl. Nr. 599); gleiches gilt, wenn das Gericht sich den Ausspruch der Strafe vorbehalten hat (§ 13 JGG) oder die Strafe - außer bei Freiheitsstrafen von mehr als sechs Monaten - ganz oder teilweise bedingt nachgesehen hat, sofern kein nachträglicher Strafausspruch oder kein Widerruf der bedingten Strafnachsicht erfolgte.

(5) Weiters gilt ein Mensch als nicht verlässlich, der öfter als zweimal wegen einer im Zustand der Trunkenheit begangenen schwerwiegenden Verwaltungsübertretung bestraft worden ist, sofern keine dieser Bestrafungen getilgt ist.

(6) ..."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist - sofern die Verlässlichkeit einer Person nicht nach § 8 Abs. 2 WaffG oder aufgrund einer der in § 8 Abs. 3 oder 5 leg. cit genannten Verurteilungen ex lege ausgeschlossen ist - die gesamte Geisteshaltung und Sinnesart einer Person bei deren Wertung als "verlässlich" im Sinne des § 8 Abs. 1 WaffG ins Auge zu fassen. Der Begriff der Verlässlichkeit ist Ausdruck ihrer Wesenheit, nicht aber ein Werturteil über ihr Tun und Lassen im Einzelfall. Bestimmte Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften einer Person können demnach die Folgerung rechtfertigen, dass die vom Waffengesetz geforderte Verlässlichkeit nicht gewährleistet ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2003, Zl. 2000/20/0335, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. dazu etwa die Nachweise bei Hauer/Keplinger, Waffengesetz 1996 (1997) 41f, sowie die Nachweise im zuvor genannten Erkenntnis).

2. Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall die Entziehung der Waffenbesitzkarte weder auf das Vorliegen einer Suchtkrankheit im Sinne des § 8 Abs. 2 Z 1 WaffG noch auf eine der in § 8 Abs. 3 oder 5 leg. cit genannten Verurteilungen gestützt - was die Verlässlichkeit ex lege ausgeschlossen hätte -, sondern auf die der Verurteilung des Beschwerdeführers nach § 27 Abs. 1 SMG zugrunde liegenden Tathandlungen und (in Verbindung mit dem festgestellten Suchtgiftkonsum) die Annahme, dass bei einer Person, die sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinde, nicht mit der hierfür erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass diese die in ihrem Besitz befindlichen Waffen leichtfertig, d.h. bestehenden gesetzlichen Vorschriften zuwider, verwende bzw. mit diesen Waffen unvorsichtig umgehe. Ob eine solche unvorsichtige oder leichtfertige Verwendung von Waffen bereits stattgefunden habe, sei unerheblich. Daran, dass beim Beschwerdeführer "die in § 8 Abs. 1 Z 1 und 2 WaffG normierte Annahme gerechtfertigt" sei, habe das Berufungsvorbringen, wonach der Beschwerdeführer nunmehr keinerlei Kontakt zu Suchtgift mehr habe, angesichts des mit dem Privatbesitz von Waffen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nichts ändern können, weil der Suchtgiftkonsum über einen Zeitraum von etwa sieben Jahren gereicht habe und bei Suchtgiftdelikten eine besonders hohe Wiederholungsgefahr bestehe.

3.1. Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer, weil er "in der Zeit von 1990 bis Mai 1997 ... wiederholt Suchtgift, und zwar Haschisch und einmal Kokain, erworben und besessen" sowie weiteren Personen überlassen habe, mit Urteil vom 2. Februar 1999 wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG, BGBl. I Nr. 112/1997, zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt, wobei diese Strafe bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren nachgesehen wurde. Die Waffenbesitzkarte, deren Entziehung mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug bestätigt wurde, ist am 28. November 1996 ausgestellt worden. Der weitaus überwiegende Teil des dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Deliktszeitraumes liegt somit vor der Ausstellung der Waffenbesitzkarte, während die Verurteilung selbst erst nach Ausstellung der Waffenbesitzkarte erfolgte.

3.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht die bloße Tatsache einer nicht unter § 8 Abs. 3 oder Abs. 5 WaffG fallenden Verurteilung in der Regel nicht aus, um - losgelöst von den konkreten Umständen der Tat, auf die es bei den in § 8 Abs. 3 und 5 WaffG erwähnten Delikten nicht ankommt - als "Tatsache" im Sinne des § 8 Abs. 1 WaffG eine auf diese Bestimmung gestützte Verneinung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit zu rechtfertigen. Die konkreten Umstände der Tat können aber durchaus "Tatsachen" sein, die die Folgerung rechtfertigen, dass die vom Waffengesetz geforderte Verlässlichkeit nicht gewährleistet ist (vgl. die Erkenntnisse vom 21. September 2000, Zl. 98/20/0139, und vom 27. September 2001, Zl. 2000/20/0119, jeweils mwN; siehe aber auch das Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 97/20/0752, Slg. Nr. 15.499/A, wonach bestimmte Verurteilungen - wie etwa jene zu einer 18-monatigen Freiheitsstrafe wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung im Sinne des § 3g VerbotsG - als den in § 8 Abs. 3 WaffG aufgezählten Fällen vergleichbar bereits für sich genommen eine "Tatsache" im Sinne des § 8 Abs. 1 WaffG darstellen können).

Straftaten nach dem Suchtmittelgesetz sind in der Aufzählung von Verurteilungen, bei deren Vorliegen ein Mensch als nicht verlässlich gilt (§ 8 Abs. 3 und 5 WaffG), nicht angeführt. Die vom Beschwerdeführer begangene Tat kann auch sowohl ihrer Art nach als auch aufgrund der geringen Höhe der verhängten (bedingt nachgesehenen) Geldstrafe nicht den im Katalog der die Verlässlichkeit ausschließenden Verurteilungen aufgezählten strafbaren Handlungen gleichgesetzt werden.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kann der von der belangten Behörde herangezogene Suchtgiftkonsum, der keine Suchtkrankheit im Sinne des § 8 Abs. 2 Z 1 WaffG begründet, in der Regel - wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die eine andere Bewertung im Rahmen einer auf die Gesamtpersönlichkeit des Betroffenen abstellenden Beurteilung nach sich ziehen müssten - nur dann die mangelnde Verlässlichkeit des Betroffenen begründen, wenn der Suchtgiftkonsum einen "waffenrechtlichen Bezug" aufweist (vgl. zum Erfordernis eines waffenrechtlichen Bezuges bei der Begehung von Delikten die zusammenfassende Darstellung im hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 98/20/0139, wobei allerdings zu beachten ist, dass sich dieses Erkenntnis auf Delikte bezieht, die der Gesetzgeber in § 8 Abs. 3 bis 5 WaffG näher geregelt hat, sowie die einschränkenden Hinweise im bereits erwähnten Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 97/20/0752; dort auch zur möglichen Bedeutung von Tathandlungen ohne ausreichenden "waffenrechtlichen Bezug" im Rahmen einer auf die Gesamtpersönlichkeit oder einen anderen, letztlich ausschlaggebenden Vorfall abstellenden Beurteilung; daran anschließend zu § 8 WaffG etwa die Erkenntnisse vom 27. September 2001, Zl. 99/20/0006, Zl. 99/20/0559 und Zl. 2000/20/0119, und insbesondere vom 22. November 2001, Zl. 99/20/0125; siehe zu Tathandlungen, die in § 8 Abs. 3 bis 5 WaffG nicht näher geregelte Delikte betreffen, auch das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1998, Zl. 97/20/0678; im Zusammenhang mit Suchtgiftmissbrauch siehe das - allerdings in diesem Zusammenhang nur auf § 8 Abs. 2 Z 1 WaffG bezugnehmende - Erkenntnis vom 27. September 2001, Zl. 2001/20/0200, und in Bezug auf die Erlassung eines Waffenverbotes nach § 12 WaffG das Erkenntnis vom 12. September 2002, Zl. 2000/20/0425, sowie das Erkenntnis vom 17. Oktober 2002, Zl. 2000/20/0503, wo ausgeführt wird, dass zu einem "fallweisen Drogenabusus" (jedenfalls dann, wenn es sich wie in dem dort entschiedenen Fall um den Konsum von Cannabiskraut handle) noch zusätzliche Gefährdungsmomente hinzutreten müssten, um die für die Verhängung des Waffenverbotes maßgebliche Annahme zu rechtfertigen, dass der Betroffene durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Gefahren im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG hervorrufen könnte, z.B. dass sich die Person nach dem Genuss von Drogen aggressiv gezeigt hätte).

Im Hinblick darauf, dass die Verlässlichkeit nach § 8 Abs. 1 leg. cit. nicht nur im Falle der Annahme einer Gefahr missbräuchlicher Verwendung einer Waffe ausgeschlossen ist, sondern auch dann, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Betroffene Waffen leichtfertig verwenden, mit ihnen unvorsichtig umgehen, diese nicht sorgfältig verwahren oder sie Dritten überlassen werde, kann sich der "waffenrechtliche Bezug" im Hinblick auf mangelnde Verlässlichkeit des Betroffenen nicht nur daraus ergeben, dass eine Person etwa unter dem Einfluss von Drogen ein erhöhtes Aggressionspotential aufweise. Mangelnde Verlässlichkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 WaffG könnte vielmehr (sofern aus dem Drogenkonsum nicht bereits die oben erwähnten Schlüsse im Hinblick auf die Gesamtpersönlichkeit des Betroffenen zu ziehen wären) auch dann gegeben sein, wenn anzunehmen wäre, dass der Betroffene unter dem Einfluss von Drogen (von denen aufgrund einer begründeten Prognose nicht ausgeschlossen werden könnte, dass er diese auch künftig zu sich nehmen werde) mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren, sie unberechtigten Dritten überlassen oder diese leichtfertig verwenden werde. Dass Derartiges hier in der Vergangenheit schon vorgekommen oder für die Zukunft konkret zu befürchten gewesen wäre, ist den Feststellungen der belangten Behörde aber nicht zu entnehmen.

4. Dazu kommt im vorliegenden Fall, dass die belangte Behörde auch nicht berücksichtigt hat, dass der von ihr herangezogene "Tatzeitraum" (1990 bis Mai 1997) zum größten Teil vor Ausstellung der Waffenbesitzkarte am 28. November 1996 liegt.

Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid mit diesem Umstand nicht auseinander gesetzt und die Entziehung der Waffenbesitzkarte ausschließlich auf § 25 Abs. 3 WaffG gestützt. Auch wenn die behördliche Bewilligung zum Erwerb, Besitz und Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nach § 20 Abs. 1 WaffG keines eigenen Bescheides bedarf, sondern durch Ausstellung der entsprechenden waffenrechtlichen Urkunde (Waffenbesitzkarte bzw. Waffenpass gemäß § 21 leg. cit.) erfolgt, so sind derartige Urkunden als Bescheide im Sinne des AVG anzusehen (vgl. aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Erkenntnisse vom 25. März 1999, Zl. 98/20/0471, und vom 25. November 1965, Zl. 811/65, Slg. Nr. 6806/A). Da die Entziehung waffenrechtlicher Urkunden nach dem Gesetz voraussetzt, dass der Berechtigte "nicht mehr" verlässlich ist, hat der Verwaltungsgerichtshof (in Bezug auf zur Entziehung eines Waffenpasses führende Verurteilungen) ausgesprochen, dass neue Tatsachen, die im Rahmen des Ermittlungsverfahrens, das zur Ausstellung des Waffenpasses (der waffenrechtlichen Urkunde) führte, nicht hervorgekommen sind, nur im Rahmen der Wiederaufnahmeregelung des § 69 AVG aufgegriffen werden könnten (Erkenntnis vom 18. Jänner 1995, Zl. 93/01/0906). Auch Hauer/Keplinger, aaO 142 stellen darauf ab, dass nur Verlässlichkeitsausschließungsgründe, die (erst) nach Ausstellung der waffenrechtlichen Urkunde gegeben sind, zu deren Entziehung führen können; Umstände, die bereits bei Ausstellung der Urkunde gegeben waren, aber nicht erkannt wurden, seien "im Grundsatz durch die Rechtskraft der in der waffenrechtlichen Urkunde zum Ausdruck kommenden Norm gedeckt und können nur im Rahmen einer Wiederaufnahme des Urkundenerteilungsverfahrens nach Maßgabe von § 69 AVG wahrgenommen werden".

Auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Problemstellung der Entziehung oder Einschränkung einer Lenkberechtigung nach dem Führerscheingesetz (§ 24 Abs. 1 FSG 1997) geht davon aus, dass eine solche nur dann in Betracht kommt, wenn sich seit der Erteilung der Lenkberechtigung die Umstände u.a. in Bezug auf die bei der Erteilung angenommene geistige oder körperliche Eignung entscheidend geändert haben; ist dies nicht der Fall, so folge aus der Rechtskraft der Erteilung der Lenkberechtigung, dass diese - soweit nicht die besonderen Voraussetzungen des § 68 Abs. 3 AVG vorliegen - nur als Folge einer Wiederaufnahme des Erteilungsverfahrens oder einer Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes (z.B. einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes) entzogen oder eingeschränkt werden darf (vgl. die Erkenntnisse vom 20. September 2001, Zl. 99/11/0279, und - in Bezug auf Tathandlungen nach dem SMG - vom 25. Februar 2003, Zl. 2002/11/0164, mwN).

Da im vorliegenden Fall die (nach Ausstellung der Waffenbesitzkarte erfolgte) Verurteilung nach § 27 Abs. 1 SMG nicht an sich geeignet ist, mangelnde Verlässlichkeit des Beschwerdeführers zu begründen, wäre jedenfalls in Bezug auf Schlüsse aus im Zeitraum vor Ausstellung der Waffenbesitzkarte begangenen Handlungen (insbesondere dem Suchtgiftkonsum) keine Entziehung der Waffenbesitzkarte nach § 25 Abs. 3 WaffG, sondern - unter den Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 und 3 AVG - nur eine Wiederaufnahme des Verfahrens über die Ausstellung der Waffenbesitzkarte in Betracht gekommen. Die belangte Behörde konnte daher die Entziehung der Waffenbesitzkarte nach § 25 Abs. 3 WaffG im vorliegenden Fall nur insoweit auf den Drogenkonsum des Beschwerdeführers stützen, als sich seine mangelnde Verlässlichkeit erst aus dessen zwischen der Ausstellung der Waffenbesitzkarte und der Erlassung des angefochtenen Bescheides liegendem Verhalten ergeben würde. Nur wenn sich seit Ausstellung der Waffenbesitzkarte die in Bezug auf die damals angenommene Verlässlichkeit des Beschwerdeführers maßgeblichen Umstände entscheidend zum Nachteil des Beschwerdeführers geändert hätten, käme daher die Entziehung der Waffenbesitzkarte in Betracht (vgl. dazu die bereits zitierte Judikatur betreffend Entziehung bzw. Einschränkung einer Lenkberechtigung). Auch insoweit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt.

5. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333; die im Betrag von S 2.500,-- entrichtete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war im Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.

Wien, am 26. November 2003

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte