VwGH 2002/18/0117

VwGH2002/18/011720.6.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des M (auch M) in Wien, geboren am 18. Oktober 1975, vertreten durch Dr. Silvia Franek, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Am Fischertor 5/4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 25. April 2002, Zl. SD 922/01, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §20 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1;
AsylG 1997 §20 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 25. April 2002 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer, dessen Identität auf Grund fehlender Dokumente nicht nachgewiesen sei, sei am 18. August 2000 unter Umgehung der Grenzkontrolle in einem LKW versteckt in das Bundesgebiet eingereist und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14. September 2000 abgewiesen worden sei. Das Berufungsverfahren sei noch anhängig.

<seite_3>Am 5. Juni 2001 sei der Beschwerdeführer, der seit 5. September 2000 über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 verfüge, durch das Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Vergehens gemäß § 27 Abs. 1 und 2 Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten, davon sechs Monate bedingt, verurteilt worden. Diesem Urteil liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 8. Mai 2001 auf der M Straße in Wien mit Suchtgift (nämlich mit Heroin) gefüllte Kugeln an eine namentlich genannte, abgesondert verfolgte Person verkauft habe. Der Beschwerdeführer habe in der Absicht gehandelt, sich dadurch eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen. Es bestehe kein Zweifel, dass damit der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt sei. Angesichts des der Verurteilung zu Grunde liegenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers und im Hinblick auf die der Suchtgiftkriminalität innewohnenden Wiederholungsgefahr lägen auch die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 leg. cit. - vor.

Der Beschwerdeführer sei ledig; familiäre Bindungen im Bundesgebiet seien nicht behauptet worden. Selbst wenn man auf Grund seines anhängigen Asylverfahrens trotz fehlender familiärer Bindungen von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers ausgehen wollte, wäre die Maßnahme im Grund des § 37 FrG zulässig. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (hier: zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen sowie zum Schutz der Gesundheit) dringend geboten. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers verdeutliche, dass er nicht in der Lage oder nicht gewillt sei, die österreichischen Rechtsvorschriften einzuhalten. Eine Verhaltensprognose könne schon angesichts der gewerbsmäßigen Tatbegehung nicht positiv ausfallen. Eine - im Fall der Annahme eines Eingriffs - auch nach § 37 Abs. 2 FrG gebotene Interessenabwägung falle zu Ungunsten des Beschwerdeführers aus.

Im Hinblick auf die Art und Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Straftat und der damit verbundenen Wiederholungsgefahr könne von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zukommenden Ermessens Abstand genommen werden.

In Anbetracht des aufgezeigten Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers könne ein Wegfall des für die Erlassung dieser Maßnahme maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Im Hinblick auf die unbestrittene rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten, davon sechs Monate bedingt, kann die Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG sei erfüllt, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Der Beschwerdeführer hat nach den unbestrittenen Feststellungen im Strafurteil Heroin an andere Personen in der Absicht verkauft, sich dadurch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers stellt daher eine Gefährdung des besonders großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität dar. Die Ansicht der belangten Behörde, die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, ist daher unbedenklich.

2.1. Gegen die Ansicht der belangten Behörde, § 37 FrG stehe der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen, wendet der Beschwerdeführer ein, die belangte Behörde hätte berücksichtigen müssen, dass das Asylverfahren bisher nicht abgeschlossen sei. Er müsste im Fall des Aufenthaltsverbotes Österreich verlassen, ohne den Ausgang des Asylverfahrens abwarten zu können. Die belangte Behörde <seite_4>hätte ferner berücksichtigen müssen, dass sich der Beschwerdeführer "bis dato wohl verhalten hat und nicht zu erwarten ist, dass er weitere strafbare Handlungen begeht".

2.2. Dem ist zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer nach § 21 AsylG 1997 zwar vor Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung, nicht jedoch vor der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes geschützt ist. Gemäß § 20 Abs. 1 zweiter Satz AsylG 1997 ist die Maßnahme des Aufenthaltsverbotes unter bestimmten Voraussetzungen sogar gegen Fremde zulässig, denen Asyl gewährt wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 11. Oktober 2001, Zl. 99/18/0024, und vom 22. Jänner 2002, Zl. 2001/18/0265).

3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG ist die auf einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz beruhende, über eineinhalbjährige Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers seit August 2000 zu berücksichtigen. Sonstige persönliche Interessen am Verbleib im Bundesgebiet hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Dem steht die Gefährdung öffentlicher Interessen durch den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers gegenüber. Da an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität ein großes öffentliches Interesse besteht, ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Gesundheit) dringend geboten. Die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wiegen nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Die Ansicht der belangten Behörde, dass der § 37 FrG dem Aufenthaltsverbot nicht entgegenstehe, ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.

4. Für die belangte Behörde bestand auch keine Veranlassung, von dem ihr gemäß § 36 Abs. 1 FrG bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zukommenden Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, sind doch weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.

<seite_5>5. Angesichts des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertreten hat, dass der Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des für die Gültigkeit des Aufenthaltsverbotes festgesetzten Zeitraumes erwartet werden könne.

6. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

7. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 20. Juni 2002

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