VwGH 2001/07/0127

VwGH2001/07/012723.5.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerden der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Mag. Marina Breitenecker, Dr. Christine Kolbitsch und Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwalt in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen die Bescheide

1.) des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 13. Jänner 2000, Zl. 31 3511/11-III/1/99-Kr (hg. Zl. 2001/07/0127), sowie gegen die Bescheide des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft je vom 24. November 2000, 2.) Zl. 36 3511/5- III/6U/00 (hg. Zl. 2001/07/0128), 3.) Zl. 36 3511/2-III/6U/00 (hg. Zl. 2001/07/0129), 4.) Zl. 36 3511/4-III/6U/00 (hg. Zl. 2001/07/0130), sowie 5.) Zl. 36 3511/3-III/6U/00 (hg. Zl. 2001/07/0131), jeweils betreffend die Zurückweisung eines Antrages auf Einleitung eines Tarifaufsichtsverfahrens gemäß § 7e AWG, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §14 Abs1 lite idF 1994/314;
AWG 1990 §7e Abs3 idF 1996/434;
AWG 1990 §7e Abs3;
KartG 1972 §37;
KSchG 1979 §29;
NahversG §7 Abs2 idF 2001/I/131;
PrG 1992 §5 Abs1;
PrG 1992 §5 Abs2;
PrG 1992 §9 Abs2 Z2;
PrG 1992 §9 Abs2;
PrRG 1957 §3a idF 1971/488;
VwRallg;
AuslBG §14 Abs1 lite idF 1994/314;
AWG 1990 §7e Abs3 idF 1996/434;
AWG 1990 §7e Abs3;
KartG 1972 §37;
KSchG 1979 §29;
NahversG §7 Abs2 idF 2001/I/131;
PrG 1992 §5 Abs1;
PrG 1992 §5 Abs2;
PrG 1992 §9 Abs2 Z2;
PrG 1992 §9 Abs2;
PrRG 1957 §3a idF 1971/488;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 4.540,-- zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden jeweils Anträge der Beschwerdeführerin auf Einleitung eines Aufsichtsverfahrens gemäß § 7e Abs. 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 434/1996 (AWG), zurückgewiesen.

Die mit den angefochtenen Bescheiden zurückgewiesenen Anträge der Beschwerdeführerin bezogen sich auf die Einleitung eines solchen Aufsichtsverfahrens betreffend die bekannt gegebenen Lizenzentgelte der A GesmbH sowie der AV GesmbH im Jahr 1999 (erstangefochtener Bescheid), der Ö-AG (zweitangefochtener Bescheid), der A GesmbH im Jahr 2000 (drittangefochtener Bescheid), der AV GesmbH hinsichtlich der Kunststoff- sowie Materialverbundlizenzentgelte (viertangefochtener Bescheid) und der AV-GesmbH hinsichtlich der Metalllizenzentgelte (fünftangefochtener Bescheid).

Die im erstangefochtenen Bescheid belangte Behörde begründete die Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Einleitung eines Tarifaufsichtsverfahrens gemäß § 7e Abs. 3 AWG nach Wiedergabe des Wortlautes des § 7e Abs. 3 AWG und des § 55 des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG) damit, dass der klare Wortlaut des § 7e Abs. 3 AWG keinen Zweifel über die Frage der Antragsberechtigung aufkommen lasse. Allein aus dem Wortsinn ("... auf begründeten Antrag der Wirtschaftskammer Österreichs, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und der Bundesarbeitskammer oder von Amts wegen ...") ergebe sich die Bedeutung, dass ein Antrag auf Einleitung eines Tarifprüfungsverfahrens von allen Antragsberechtigten gemeinsam zu stellen sei ("Verbalinterpretation"). Eine wortidente Formulierung sei auch der Bestimmung des § 7e Abs. 1 AWG zu entnehmen, wonach die Behörde von Amts wegen oder auf (gemeinsamen) Antrag der Wirtschaftskammer Österreichs, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und der Bundesarbeitskammer oder des jeweiligen Systems selbst ein Feststellungsverfahren durchzuführen habe.

Ein Vergleich des § 7e Abs. 3 AWG und § 55 ElWOG zeige deutlich, dass es sich schon vom Wortlaut her im ersten Fall um einen gemeinsamen Antrag handle, hingegen im zweiten Fall mehrere, einzelne Anträge möglich seien. Grundsätzlich sehe § 55 ElWOG neben der Verfahrenseinleitung von Amts wegen auch eine auf Antrag vor. § 55 letzter Satz ElWOG nenne taxativ jene, die einen Antrag stellen könnten (Antragsberechtigte). Würde es sich hier nicht um eine taxative Aufzählung handeln, wären alle Sozialpartner nur zusammen mit dem betroffenen Unternehmen antragsberechtigt. Zwar sehe ebenso § 7e Abs. 3 AWG neben der Verfahrenseinleitung von Amts wegen auch eine auf Antrag vor, jedoch folge keine taxative Aufzählung. Hier bedürfe es für ein Aufsichtsverfahren nach § 7e AWG entweder eines Antrages der Sozialpartner oder einer amtswegigen Einleitung.

Da nur die Wirtschaftskammer Österreichs, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und die Bundesarbeitskammer gemeinsam zur Antragstellung gemäß § 7e Abs. 3 AWG legitimiert seien, eine solche Antragstellung aber nicht erfolgt sei, sei spruchgemäß zu entscheiden. Es bleibe der Antragstellerin unbenommen, gemeinsam mit den in § 7e Abs. 3 AWG Genannten zu einem späteren Zeitpunkt einen neuen Antrag einzubringen. Es werde darauf hingewiesen, dass dabei jedenfalls nachvollziehbar zu begründen sei, worin der Verdacht auf volkswirtschaftlich unangemessene Entgelte bestehe.

In der Begründung der zweit- bis fünftangefochtenen Bescheide heißt es jeweils nach der Wiedergabe des Wortlautes des § 7e Abs. 3 AWG übereinstimmend, dass Gesetzestexte nach den allgemeinen Regeln des § 6 ABGB und deren Entwicklung durch Lehre und Judikatur im Wege der "Verbalinterpretation", welche die grammatikalische und die logisch-systematische Interpretation miteinschließe, auszulegen seien. Eine Interpretation nach dem (historischen) Willen des Gesetzgebers (teleologische Auslegung) habe nur dann Platz zu greifen, wenn die verbale Interpretation zu keinem klaren Ergebnis führe. Hinsichtlich der in Rede stehenden Gesetzesstelle sei dies aber eindeutig der Fall: Die Formulierung (... und ...) lasse unzweifelhaft den Willen des Gesetzgebers erkennen, dass das Antragsrecht nur allen in Abs. 3 genannten Sozialpartnern gemeinsam zustehe. Andernfalls hätte der Gesetzgeber eine entsprechende andere eindeutige Formulierung gewählt bzw. wählen müssen (z.B. hätte er statt des Bindewortes "und" einen Beistrich setzen müssen, sodass die den Sinn der Regelung entscheidenden Worte gelautet hätten: "... auf begründeten Antrag der Wirtschaftskammer Österreichs, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern, der Bundesarbeitskammer oder von Amts wegen ein Aufsichtsverfahren ... einzuleiten").

Im Hinblick auf dieses durch Verbalinterpretation erreichte eindeutige Auslegungsergebnis seien die Argumente der Beschwerdeführerin ebensowenig relevant wie etwa das Wissen um den Willen des Gesetzgebers bei Formulierung der in Rede stehenden Gesetzesstelle (in Vorbereitung des bezüglichen Initiativantrages für den Umweltausschuss des Nationalrates) durch die damit betrauten Beamten des damaligen Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie, der auf eine gemeinsame Antragstellung gerichtet gewesen sei.

Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 12. Juni 2001, Zlen. B 457/00-6, B 70-73/01-3, die Behandlung der Beschwerden ablehnte und mit Beschluss vom 8. August 2001, B 457/00-9, sowie B 70-73/01-5, die Beschwerden gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Die Beschwerdeführerin ergänzte im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Beschwerden und beantragte die Aufhebung des jeweils angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die auf Grund ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

§ 7e Abs. 1, 3 und 4 AWG, eingefügt ins AWG durch die Novelle BGBl. Nr. 434/1996, lautet:

"§ 7e. (1) Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat binnen drei Monaten ab Genehmigung eines Sammel- und Verwertungssystems gemäß § 7b sowie, sofern sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt, ändert, auf Antrag der Wirtschaftskammer Österreichs, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und der Bundesarbeitskammer oder des jeweiligen Systems mit Bescheid festzustellen, ob dieses eine monopolartige Stellung bei der Übernahme von Pflichten zur Sammlung und Verwertung (§ 7 Abs. 2) vor den Haushalten und in vergleichbaren Einrichtungen (§ 9 Abs. 1) anfallenden Abfällen einnimmt oder nicht. Vor der Entscheidung ist jeweils ein Gutachten des Paritätischen Ausschusses für Kartellangelegenheiten (im Sinne des § 112 Abs. 2 Kartellgesetz, BGBl. Nr. 693/1993, idgF) einzuholen; dieser hat innerhalb einer Frist von vier Wochen das Gutachten abzugeben.

...

(3) Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat bei Verdacht auf volkswirtschaftlich unangemessene Festlegung der Entgelte auf begründeten Antrag der Wirtschaftskammer Österreichs, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und der Bundesarbeitskammer oder von Amts wegen ein Aufsichtsverfahren betreffend die Entgelte für Leistungen von Sammel- und Verwertungssystemen, für die gemäß Abs. 1 eine monopolartige Stellung festgestellt wurde, einzuleiten. Ein derartiger Antrag auf Einleitung des Verfahrens ist binnen vier Wochen ab Einlangen der Unterlagen einzubringen.

(4) Im Aufsichtsverfahren ist die Effizienz der Betriebsführung des Sammel- und Verwertungssystems, insbesondere die Angemessenheit des Aufwandes und der Altstofferlöse, zu prüfen. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat im Falle der Unangemessenheit der Entgelte wirtschaftlich angemessene Entgelte mit Bescheid festzusetzen. Zur Beurteilung der Angemessenheit der Entgelte ist § 6 Abs. 1 Preisgesetz, BGBl. Nr. 145/1992, sinngemäß anzuwenden. Der Bescheid ist unverzüglich, spätestens innerhalb von vier Monaten nach Einlangen der Unterlagen beim Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie, zu erlassen."

Die Materialien zu § 7e AWG (GP XX RV 149 AB 308, S. 36) sind hinsichtlich der Antragsbefugnis der in § 7e Abs. 1 und Abs. 3 AWG genannten Interessensvertretungen unergiebig.

Die in den vorliegenden Verfahren entscheidende Frage ist, ob § 7e Abs. 3 AWG neben der amtswegigen Einleitung eines Aufsichtsverfahrens eine Einleitung eines solchen Verfahrens nur auf gemeinsamen Antrag der Wirtschaftskammer Österreichs, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und der Bundesarbeitskammer vorsieht oder ob auch ein einzelner Antrag einer der genannten Interessensvertretungen ein solches Verfahren auslösen kann.

Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass bei der Auslegung eines Gesetzes vom Vorrang des Wortlautes auszugehen ist. Es ist nach der objektiven Methode die Frage zu beantworten, was der kundgemachte Text bedeutet; führt diese Vorgangsweise zu einem klaren Ergebnis, so ist dieses maßgeblich. Lässt der Wortlaut (Wortsinn) keine Zweifel offen, so ist für eine teleologische oder historische Auslegung kein Raum (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Februar 1988, Zl. 87/10/0171, mit weiteren Nachweisen).

Betrachtet man nun den Wortlaut des § 7e Abs. 3 AWG, so zeigt sich aber, dass gerade die von der belangten Behörde angenommene Klarheit des Wortsinns, insbesondere bei der Interpretation der Bedeutung des Wortes "und", nicht vorliegt. Das Wort "und", auf welches sich die belangte Behörde bei ihrem Verständnis der Norm maßgeblich stützt, hat nämlich nicht nur - wie die belangte Behörde meint - verbindenden (einschließenden) Charakter, sondern kann ebenso auch eine rein aufzählende Funktion erfüllen. Nach dem letztgenannten, ebenfalls vom Wortsinn her gedeckten Verständnis des Wortes "und" als sprachliches Gestaltungsmittel, das die taxative Aufzählung gleichermaßen Berechtigter abschließt, wäre die in Rede stehende Bestimmung aber so zu verstehen, dass auch einzelne Anträge der genannten Interessensvertretungen zulässig wären.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ergibt sich daher bei einer am Wortlaut des § 7e Abs. 3 AWG orientierten Auslegung kein klares Ergebnis. Wenn die Auslegung des Gesetzeswortlautes allein aber kein befriedigendes Ergebnis erbringt, so ist zur Ermittlung des Gesetzesinhaltes auch der Zweck der Regelung in Betracht zu ziehen. Der Gesetzgeber wollte mit der in Rede stehenden Regelung des § 7e Abs. 3 AWG einerseits von Amts wegen, andererseits über die begründete Initiative Dritter (hier: der genannten Interessensvertretungen) bei Verdacht auf volkswirtschaftlich unangemessene Festlegung der Entgelte die Einleitung eines Aufsichtsverfahrens betreffend die Entgelte für Leistungen von monopolartigen Sammel- und Verwertungssystemen vorsehen. Dabei ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit dem vorgesehenen Aufsichtsverfahren ein schlagkräftiges Instrument gegen den Missbrauch einer Monopolstellung schaffen wollte, dessen Durchführung nicht nur von Amts wegen sondern auch "von außen" über Antrag bei der Behörde initiiert werden können sollte. Angesichts des Umstandes, dass die genannten Interessensvertretungen typischerweise unterschiedliche Interessen vertreten, was eine gemeinsame Antragsstellung erschwert, und der Befristung der Antragstellungsmöglichkeit (vgl. § 7e Abs. 3 AWG letzter Satz) zeigt sich, dass dem dargestellten Zweck der Regelung bei der von der belangten Behörde gewählten Interpretation des § 7e Abs. 3 AWG nicht gedient wäre. Ein Verständnis der Bestimmung dahin, dass jeder der einzelnen Interessensvertretungen für sich ein solches Antragsrecht zukomme, wird diesem Zweck der Regelung und dessen Durchsetzung weitaus mehr gerecht.

Dass dieses Verständnis des § 7e Abs. 3 AWG näher liegt als das von der belangten Behörde gewählte, zeigt auch ein Blick auf die vergleichbaren Regelungen des Preisgesetzes und des Kartellgesetzes, auf die § 7e AWG (in seinen Absätzen 1 und 4) verweist.

In den Bestimmungen dieser Gesetze sind ebenfalls Antragsrechte auf Verfahrenseinleitungen durch Interessensvertretungen vorgesehen, ohne dass eine Verpflichtung zu einem gemeinsamen Vorgehen dieser Stellen vorgesehen wäre. So sind in dem nach § 5 Abs. 1 PreisG durch den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten durchzuführenden Preisuntersuchungsverfahren die in § 9 Abs. 2 PreisG genannten Stellen antragsberechtigt. Dazu zählen nach § 9 Abs. 2 Z. 2 PreisG - ebenso wie in § 7e Abs. 3 AWG - die Bundeskammer für gewerbliche Wirtschaft, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs und die Bundesarbeitskammer. Nach § 5 Abs. 2 PreisG kann jede der in § 9 Abs. 2 genannten Stellen einen Preisuntersuchungsantrag stellen.

Auch nach den Bestimmungen des KartellG bietet sich ein ähnliches Bild. Zu den nach § 37 KartellG antragsberechtigten Amtsparteien zählen (nach § 44 Abs. 1) "der Bund, vertreten durch die Finanzprokuratur, die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte und die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs." Auch hier liegt die Antragsbefugnis jedes einzelnen der Genannten vor.

Auch vor dem Hintergrund der hinsichtlich des Zweckes der Norm vergleichbaren Regelungen des KartellG und des PreisG zeigt sich somit, dass § 7e Abs. 3 AWG so zu verstehen ist, dass jeder einzelnen der dort genannten Interessensvertretungen eine Antragsstellungsbefugnis zukommt.

Die dagegen von der belangten Behörde ins Treffen geführten Argumente vermögen nicht zu überzeugen. Wenn die belangte Behörde in den zweit- bis fünftangefochtenen Bescheiden darauf verweist, dass der Gesetzgeber, wenn er ein anderes Ergebnis (als das von der belangten Behörde angenommene) gewünscht hätte, auch eine entsprechend andere eindeutige Formulierung gewählt hätte, so übersieht sie, dass diese Argumentation auch gegen die von der belangten Behörde getroffene Auslegung verwendet werden kann. Hätte der Gesetzgeber ein gemeinsames Antragsrecht festlegen wollen, hätte er eine eindeutige Formulierung, wie er sie zB. in § 3a des Preisregelungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 151 in der Fassung BGBl. Nr. 488/1971 (wo ausdrücklich eine "übereinstimmende" Mitteilung der Interessensvertretungen vorgesehen war) oder in § 14 Abs. 1 lit. e des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994 (wo ausdrücklich ein "gemeinsamer Antrag" der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft oder der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs einerseits und des Österreichischen Gewerkschaftsbundes andererseits vorgesehen ist) geschaffen hat, auch im AWG vorsehen können.

Dem Gesetzgeber wäre es möglich gewesen, auch im § 7e Abs. 3 AWG eine Formulierung zu wählen, die in zweifelsfreier Weise - wie zB. in § 14 UWG - die Antragsbefugnis regelt. Allerdings hat sich der Gesetzgeber wiederholt der auch in § 7e Abs. 3 AWG gewählten Formulierung bedient, ohne dass daraus der Schluss gezogen worden wäre, es müsse ein gemeinsamer Antrag der jeweils genannten - zuletzt mit dem Bindewort "und" sprachlich verbundenen - Interessensvertretungen gestellt werden.

So regelt zum Beispiel § 29 des Konsumentenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 140/1979 schon in der Stammfassung, dass der dort genannte Anspruch von der Wirtschaftskammer Österreichs, der Bundesarbeitskammer, dem Österreichischen Landarbeiterkammertag, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, dem Verein für Konsumenteninformation und dem Österreichischen Seniorenrat geltend gemacht werden kann. Aus den Erläuterungen zu dieser Gesetzesstelle (GP XIV RV 744, S. 42) geht hervor, dass neben den fünf Interessensvertretungen auch der alle Belange des Verbraucherschutzes abdeckende Verein für Konsumenteninformation bestrebt sein könnte, eine Unterlassungsklage zu erheben und es daher an sachlichen Gründen fehle, diese Vereinigung von der Klagsbefugnis auszuschließen. Der Gesetzgeber maß hier bei einer dem § 7e Abs. 3 AWG vergleichbaren Formulierung dem Wort "und" eine rein aufzählende Bedeutung zu.

Dies gilt auch für § 7 Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen, BGBl. Nr. 392/1977 in der Fassung BGBl. I Nr. 131/2001 (NVG). Nach § 7 Abs. 2 leg. cit. sind zur Antragstellung die Finanzprokuratur, die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte und die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs berechtigt. Auch in diesen - dem KartellG nachgebildeten - Bestimmungen des NVG wird die Verwendung des Wortes "und" nur im Sinn einer Aufzählung jeweils einzelantragsberechtigter Stellen verstanden.

Aus den dargestellten Gründen ergibt sich, dass nach § 7e Abs. 3 AWG sowohl die Wirtschaftskammer Österreich als auch die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern oder die Bundesarbeitskammer zur Stellung eines Antrages auf Einleitung eines Verfahrens nach § 7e Abs. 3 AWG berechtigt ist. Die gegenteilige Auslegung der belangten Behörde steht nicht im Einklang mit der Rechtslage.

Die belangte Behörde hätte die vorliegenden Anträge der Beschwerdeführerin daher nicht mangels Antragslegitimation zurückweisen dürfen.

Aus den aufgezeigten Gründen erweisen sich die angefochtenen Bescheide daher als inhaltlich rechtswidrig, sodass sie gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben waren.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501. Die Abweisung des Mehrbegehrens der Beschwerdeführerin, die nach § 2 Abs. 3 Gebührengesetz 1957 von der Entrichtung von Gebühren befreit ist und der ein Gebührenersatz daher auch nicht zugesprochen werden kann, bezieht sich auf die geltend gemachte Umsatzsteuer, die im pauschalierten Aufwandersatz bereits enthalten ist.

Wien, am 23. Mai 2002

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