VwGH 2000/06/0098

VwGH2000/06/009826.9.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde

1. des Dipl.-Ing. Dr. OR und 2. der ER, beide in M, beide vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 12. Mai 2000, Zl. 03.10.30 R 8-2000/15, betreffend Nichtigerklärung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §364 Abs1;
BauG Stmk 1995 §40 Abs1;
BauRallg;
GdO Stmk 1967 §97 Abs2;
ROG Stmk 1974 §25 Abs4 Z1;
StGG Art5;
VwRallg;
ABGB §364 Abs1;
BauG Stmk 1995 §40 Abs1;
BauRallg;
GdO Stmk 1967 §97 Abs2;
ROG Stmk 1974 §25 Abs4 Z1;
StGG Art5;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Gußwerk vom 18. März 1998 wurde den Beschwerdeführern auf ihren Antrag gemäß § 29 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk BauG), i.V.m. § 25 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127 (Stmk ROG), die Bewilligung für "den Um- und Zubau eines Wohnhauses" in O auf dem Grundstück Nr. X der Katastralgemeinde Aschbach erteilt. Dieser Bescheid wurde - soweit hier relevant - im Wesentlichen damit begründet, dass der Bauplatz im Flächenwidmungsplan als Freiland festgelegt sei und das bestehende Objekt als Wohnhaus genutzt worden sei.

Insofern bezog sich der Bürgermeister der Gemeinde Gußwerk auf ein am 21. Jänner 1998 bei ihm eingegangenes Gutachten der H Hochbau- und Tiefbau Ges.m.b.H. und Holzbau E. In diesem wird ausgeführt, dass das bestehende Gebäude zwischen dem Ende des 18. Jahrhunderts bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts errichtet worden sei, was an den händisch zugerichteten Balken und den Eckverbindungen mit handgefertigten Holznägeln erkennbar sei. An der Südostecke habe sich ursprünglich die Feuerstelle befunden, was an verbrannten Lehm- und Ziegelresten unter der deutlich jüngeren Bodenbedielung zu erkennen sei, dort habe wahrscheinlich eine Rauchkuchl oder ein sonstiger Rauchabzug bestanden. Nach dem Krieg sei die Ostseite des Gebäudes neu eingedeckt worden. Die neue Außenschalung auf der Ostseite sowie die Verschalung des Dachvorsprunges ließen den Schluss zu, dass dieses Gebäude zu Wohnzwecken errichtet worden sei.

Die Beschwerdeführer hatten eine Bestätigung des am 22. November 1925 geborenen JW vorgelegt, wonach sich dieser erinnere, "dass in der Keusche unter meinem Elternhaus ganzjährig Knechte gewohnt haben", sich die Feuerstelle im unteren Teil der Keusche befunden habe und sein Vater die Knechte später ins Bauernhaus genommen habe. Auch weitere Personen hätten bestätigt, dass das bestehende Gebäude zu Wohnzwecken verwendet worden sei.

Im Baubewilligungsbescheid ist weiters ausgeführt, dass die Geschoßfläche des Bestandes 152,40 m2 betrage. Nach dem Um- und Zubau werde die Geschoßfläche 276,40 m2 betragen; sie werde deshalb um 81 % vergrößert, was innerhalb der Toleranzgrenze des § 25 Stmk ROG liege. Die vorhandene Holzkonstruktion des Wohnhauses werde in den Grundriss einbezogen und in massiver Bauweise ausgefacht. Die Deckenkonstruktion werde in massiver Bauweise über das gesamte Erdgeschoß neu errichtet; ein Teil des Erdgeschoßes werde mit einer Unterkellerung in massiver Bauweise versehen. Über dem gesamten neuen Grundriss des Erdgeschoßes werde ein bewohnbar ausgebautes Dachgeschoß eingebaut.

In der Folge wurde ein Ergänzungsgutachten des MD, Bau- und Zimmermeister, ständig gerichtlich beeideter Sachverständiger, vom 29. Juni 1998 eingeholt, in dem ausgeführt ist, dass die gegenständliche Bauparzelle mit einem Ausmaß von 65 m2 urkundlich belegbar bereits seit mindestens 1878 als solche ausgewiesen sei. Nach Aussage des DI KN, Zivilingenieur für Vermessungswesen, wären zu dieser Zeit nicht bewohnbare Nebengebäude nicht als Bauparzellen ausgewiesen worden. Weiters liege ein Leibrenten- und Übergabevertrag vom 18. November 1928 vor, in dem ausgeführt werde, dass es "jedem der Übernehmer auch frei (stehe), statt der Benützung obigen Zimmers allein oder mit dem anderen Elternteile die neben dem Wege auf den Köckensattel gelegene Keusche zur Gänze zu bewohnen". Daraus gehe hervor, dass das gegenständliche Gebäude zur damaligen Zeit, den damaligen Verhältnissen entsprechend zumindest teilweise bewohnbar ausgestattet gewesen sei, was auch aus dem Begriff "Keusche" hervorgehe.

Die belangte Behörde leitete mit Schreiben vom 2. November 1999 u.a. an die Beschwerdeführer und die Gemeinde Gußwerk ein Verfahren zur Nichtigkeitserklärung der erteilten Baubewilligung gemäß § 101 Abs. 1 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 i.V.m. § 32 Abs. 1 und 3 Stmk ROG ein. Sie verwies auf ein Erhebungsergebnis des Dipl.-Ing. B vom 13. Oktober 1999. Darin wird ausgeführt, dass das bestehende Gebäude eine Holzständerkonstruktion mit Kopfbändern sei, die keinerlei Wärmedämmung aufweise. Der Zugang erfolge ausschließlich über ein giebelseitiges Einfahrtstor, eine weitere "Türe" sei zugenagelt. Im Erdgeschoß befinde sich ein "Fenster", das aus einer unverglasten Öffnung bestehe, die mit einem Brett in der Art eines Schiebefensters verschlossen sei, jedoch ebenfalls nicht öffenbar. Der Fußboden sei ein Erd- oder Lehmboden, der in Hangrichtung stark geneigt sei. Von einem angeblich ursprünglichen Holzfußboden seien keine Spuren feststellbar, diesbezüglich mangle es auch an entsprechenden Merkmalen bei der Wandkonstruktion. Merkmale einer ehemaligen Feuerstelle seien bei einem diesbezüglichen Grabungsversuch nicht festgestellt worden, auch Russspuren seien nicht vorhanden. Aus dem vorgefundenen Bestand könne sohin nicht auf eine einstige Wohnnutzung geschlossen werden. Sollte eine solche dennoch erfolgt sein, so sei dies in einem dafür nicht adaptierten Objekt geschehen, wie es in jedem anderen Wirtschaftsgebäude (Heustadl etc.) auch erfolgen könne. Der Bestand sei so geartet, dass die beabsichtigte Umnutzung des Altbestandes zu einem den baurechtlichen Bestimmungen entsprechenden neuen Wohnkonzept praktisch nicht möglich erscheine, da alle Merkmale des Objektes eher auf bisherige einfache landwirtschaftliche Funktionen, wie die Lagerung von Gerätschaften, Landwirtschaftsprodukten, allenfalls auch Tierhaltung, als auf Wohnnutzung schließen ließen.

Mit Stellungnahme vom 9. Dezember 1999 führten die Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde aus, dass bei Nichtigerklärung eines Bescheides der Grundsatz der möglichsten Schonung erworbener Rechte zu beachten sei. Die Beschwerdeführer seien auf die Benutzung des Gebäudes in der veränderten Form angewiesen, zumal sie infolge Pensionierung eine Dienstwohnung räumen müssten. Das gegenständliche Objekt befinde sich in unmittelbarer Nähe (Hoflage) eines landwirtschaftlichen Anwesens, auf § 25 Abs. 2 Stmk ROG sei hinzuweisen. Die Beschwerdeführer hätten bereits im August 1997 die Zulässigkeit des gegenständlichen Bauvorhabens mit Vertretern der Gemeinde sowie auch Vertretern der belangten Behörde abgeklärt. Hiebei sei man von der Zulässigkeit des Vorhabens ausgegangen, wobei man auf eine einstmals bewilligte Wohnfläche bei voller Kenntnis des Umstandes, dass das Gebäude gut 150 Jahre alt sei, abgestellt habe. Wenn nunmehr eben diese Aufsichtsbehörde den Vorwurf erhebe, dass ein rechtswidriger Zustand hergestellt worden sei, dann treffe dies sowohl die Gemeinde als Baubehörde als auch die Beschwerdeführer unvermutet. Es sei die Rechtsauffassung durchaus nachvollziehbar und legitim, dass eine einmal bewilligte Nutzung nicht deswegen untergehe, weil eine andere Nutzung gleichsam hinzutrete. Dem vorgelegten Gutachten sei zu entnehmen, dass eine bewilligte Wohnnutzung bestanden habe. Im Hinblick darauf sei die Baubewilligung rechtmäßig erteilt worden.

Die Gemeinde Gußwerk schloss sich mit Schreiben vom 10. Dezember 1999 dieser Stellungnahme an.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. Mai 2000 erklärte die belangte Behörde den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Gußwerk vom 18. März 1998 gemäß § 101 Abs. 1 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1997 i.V.m. § 32 Abs. 1 und 3 Stmk ROG aus dem Grunde des § 68 Abs. 4 lit. d AVG als nichtig. Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass für den gegenständlichen Bauakt die Rechtslage des Flächenwidmungsplanes 2.00 (Gemeinderatsbeschluss 21. Dezember 1989, Rechtswirksamkeit 9. August 1990), also das ROG in der Fassung LGBl. Nr. 39/86 anzuwenden sei. Dem gegenständlichen Baubescheid sei nicht diese Rechtslage, sondern die Rechtslage zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung, also in der Fassung des Raumordnungsgesetzes LGBl. Nr. 59/1995 zu Grunde gelegt worden, wobei jedoch mit Ausnahme der Bestimmungen über die Bebauungsdichte von 0,2 die Zu- und Umbaubestimmungen bis zur Verdoppelung letztlich der heutigen Rechtslage entsprächen.

Bei der Anwendung der Ausnahmebestimmungen über das Bauen im Freiland sei ein einschränkender Maßstab anzulegen. Ein Zu- und Umbau außerhalb land- und forstwirtschaftlicher Nutzung im Freiland sei nur bei rechtmäßig bestehenden baulichen Anlagen zulässig. Der Rechtmäßigkeit der bestehenden baulichen Anlage, insbesondere der als rechtmäßig anzusehenden Nutzung, sei besondere Bedeutung beizumessen.

Die belangte Behörde erörterte die im Akt einliegenden, bereits dargestellten Gutachten und führte aus, dass eine Überprüfung dahingehend, ob durch das vorliegende Projekt nicht ein vollständiger bzw. überwiegender Abriss des Gebäudes erfolgen müsse bzw. ob die vorhandene Bausubstanz überhaupt einen Zu- und Umbau zulasse, aus statischer und bautechnischer Sicht überhaupt nicht durchgeführt worden sei. Die Gutachtensergänzung vom 29. Juni 1998 habe erst nach Erlassung des Baubescheides vom 18. März 1998 stattgefunden.

Eine Wohnnutzung für das gegenständliche Holzgebäude liege rechtlich nicht mehr vor. Die Baubehörde habe den Zu- und Umbau für Wohnzwecke bei einem Objekt bewilligt, für welches weder die Qualifikation einer Wohnnutzung noch die Kriterien des Zu- und Umbaues gegeben seien.

Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer, die darauf hingewiesen hätten, dass sich das bewilligte Gebäude in einem Hofverband in unmittelbarer Hoflage zum landwirtschaftlichen Anwesen W befinde, sei auszuführen, dass das bezughabende Anwesen in den vorliegenden Lageplänen nicht einmal erkennbar sei und sich das Objekt der Beschwerdeführer deutlich in der Natur abgerückt vom Anwesen W befinde. Die Gutachtensfeststellungen im Zusammenhang mit den Aussagen des JW über die Änderung des Verwendungszweckes hätten die Baubehörde zu mehr Vorsicht mahnen müssen.

Zielsetzung aller Raumordnungsgesetze sei es, das Freiland oder Grünland von solchen Nutzungen freizuhalten, die dieser Nutzung letztendlich widersprechen. Die Bestimmungen über das Bauen im Freiland seien Ausnahmebestimmungen und seien daher auch restriktiv auszulegen. Der Umgang mit diesen Bestimmungen durch die Baubehörden habe daher sorgfältig zu erfolgen, da gerade die Nichtbeachtung oder extensive Auslegung dieser Vorschriften Hauptziele der Raumordnung verletzten. Ausdrücklich müsse darauf hingewiesen werden, dass Vertreter der Aufsichtsbehörde vor Erlassung des Baubescheides am 18. August 1997 lediglich zu allgemeinen Themen Stellung genommen hätten und dass bis zur Bescheiderlassung hinsichtlich der Zulässigkeit des Bauvorhabens keine weitere Befassung von fachlichen oder rechtlichen Vertretern der Aufsichtsbehörde erfolgt sei. Bereits zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung sei eine Bestätigung des JW vorgelegen, wonach in der Keusche unter dem Elternhaus zwar seinerzeit Knechte gewohnt hätten, jedoch später die Keusche als Geräteschuppen benützt worden sei. Nach dem 2. Weltkrieg seien bei einer Instandsetzung fast alle vorhandenen Merkmale, die auf eine Bewohnbarkeit hinweisen könnten, weggelassen und sogar entfernt worden. Tatsächlich hätten bei der Erhebung am 7. September 1999, bei welcher auch Vertreter der Bewilligungswerber und der Gemeinde anwesend gewesen seien, keine konkreten Anhaltspunkte für eine ehemalige Wohnnutzung festgestellt werden können. Der Sachverständige DI B habe sogar davor gewarnt, dass die Einholung zusätzlicher historischer Erkundigungen und Gutachten für das Vorliegen einer älteren Bauparzellenausscheidung und einer ehemaligen Wohnnutzung nicht zielführend seien und zu einem nicht unproblematischen Aufwand führen könnten. Wie schon erwähnt habe es auch nach den von den Beschwerdeführern vorgelegten Zeugenaussagen keine gleichzeitige Wohn- und Schuppennutzung gegeben. Allfällige Merkmale, die eine einigermaßen zivilisierte Wohnnutzung ermöglichten (z.B. wärmegedämmte Außenwände, Fenster, Türen, Heizungsmöglichkeiten etc.) seien, wenn überhaupt vorhanden, was heute nicht mehr überprüfbar sei, nach den Aussagen der Beschwerdeführer bei Instandsetzungsarbeiten entfernt oder weggelassen worden. Somit sei aus rechtlicher Sicht festzuhalten, dass zu einer allfällig als bewilligt anzusehenden Wohnnutzung keine andere Nutzung "gleichsam hinzugetreten" sei, sondern sei sie vielmehr offensichtlich und schon vor Bescheiderlassung nachvollziehbar von einer anderen abgelöst worden. Der von den Beschwerdeführern behauptete Zustand der Wohnnutzung, für den es keine konkreten Anhaltspunkte mehr gebe, könne höchstens spekulativ rekonstruiert werden, jedoch ohne schlüssige Beweiskraft. Wenn nicht mehr existent, so komme einem theoretischen Baubestand auch keine rechtliche Relevanz mehr zu. Von einem rechtlichen Bestand einschließlich dessen Nutzungsform (als Wohngebäude) im Zeitpunkt der Entscheidung der Baubehörde wäre nur dann auszugehen gewesen, wenn diese Nutzungsform die zuletzt ausgeübte und nicht eine andere bis vor 50 Jahren allenfalls zulässig gewesene gewesen wäre, die dann in ihrer Erscheinungsform sogar untergegangen sei. Somit sei auch der Um- und Zubau mit Nutzungsänderung als rechtlich unzulässig zu qualifizieren. Wenn man nämlich den Stellungnahmen der Gemeinde bzw. der Beschwerdeführer folge, dann könnten auf Grund historischer nicht undenkbarer Nutzungsformen der Bewohnung von auch stallartigen Objekten heute viele Heuhütten, Geräteschuppen und Tierställe zu Wohnhäusern umgebaut werden. Abgesehen davon müsse ausgeführt werden, dass der derzeitige Bauzustand durch Alterung aber auch durch die primitive Bauweise schwerlich einen Umbau zu einem ordnungsgemäßen Wohnhaus rechtfertigen könne. Die aus bloßen Bretterverschalungen bestehenden Außenwände wären nämlich zu ersetzen und es bliebe höchstwahrscheinlich nur das Holzgerüst verwendbar. Im Übrigen zeige der nunmehr bewilligte Umbauplan einen Kniestock, der nur bei gänzlicher Veränderung des Dachstuhles herstellbar wäre. Somit liege in Wahrheit auch kein Umbau im Sinne des § 4 Z. 56 des Stmk BauG vor, sondern letztendlich ein Ersatz- bzw. Neubau.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 32 Abs. 1 Stmk ROG dürfen Verordnungen und Bescheide der Gemeinde auf Grund von Landesgesetzen einem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan oder Bebauungsrichtlinien nicht widersprechen. Gegen diese Bestimmung erlassene Bescheide gemäß § 32 Abs. 3 Stmk ROG "sind innerhalb von drei Jahren nach Eintreten der Rechtskraft mit Nichtigkeit bedroht (§ 68 Abs. 4 lit. d AVG 1950)".

Unbestritten ist, dass der im vorliegenden Fall anzuwendende Flächenwidmungsplan für das fragliche Grundstück als Widmungsart Freiland vorsieht und am 9. August 1990 in Kraft getreten ist. Nach der hg. Rechtsprechung sind die Festlegungen in einem Flächenwidmungsplan grundsätzlich nach jener Rechtslage auszulegen, die im Zeitpunkt der Erlassung des Flächenwidmungsplanes gegolten hat (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 20. November 1997, Zl. 96/06/0247, oder vom 9. November 1998, Zl. 95/05/0268).

Die Zulässigkeit des gegenständlichen Bauvorhabens ist daher hinsichtlich der Frage der Übereinstimmung mit dem Flächenwidmungsplan an Hand des Raumordnungsgesetzes in der 1990 geltenden Fassung (damals zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 15/1989) zu beurteilen.

§ 25 Abs. 4 Z. 1 Stmk ROG in dieser im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung (vor der Novelle LGBl. Nr. 1/1995) lautete:

"(4) Außer für Zwecke land- und forstwirtschaftlicher Nutzung dürfen im Freiland

1. Zu- und Umbauten nur bei rechtmäßig bestehenden baulichen Anlagen bewilligt werden, wenn dadurch die Bebauungsdichte nicht mehr als 0,3 und die neugewonnene Geschoßfläche nicht mehr als die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des ersten Flächenwidmungsplanes bestehende beträgt sowie das Orts- und Landschaftsbild nicht beeinträchtigt wird;"

§ 40 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes, LGBl. Nr. 59/1995, lautet:

"§ 40

Rechtmäßiger Bestand

(1) Bestehende bauliche Anlagen und Feuerstätten, für die eine Baubewilligung zum Zeitpunkt ihrer Errichtung erforderlich gewesen ist und diese nicht nachgewiesen werden kann, gelten als rechtmäßig, wenn sie vor dem 1. Jänner 1969 errichtet wurden."

Die Beschwerdeführer meinen mit Bezug auf letztere Bestimmung, dass der Bestand von nicht baubehördlich bewilligten Bauten in der Praxis nicht selten gewesen sei. Der "alte Bestand" habe die Vermutung der Rechtmäßigkeit für sich, welche nur durch den Gegenbeweis entkräftet werden könne, dass die erforderliche Baubewilligung nicht erteilt worden sei. Im vorliegenden Fall sei die Baubehörde bei Erteilung der Baubewilligung durchaus rechtskonform vorgegangen. Der Nachweis sei erbracht worden, dass das Objekt seinerzeit - zumindest auch - Wohnzwecken gedient habe. Die Rechtsfigur des vermuteten Konsens habe ihre rechtliche Lebensberechtigung auch nach Erlassung des § 40 Stmk BauG nicht verloren. Ein vermuteter Altkonsens gehe nicht deswegen unter, weil es zum Stichtag des 1. Dezember 1969 einen davon abweichenden äußeren Tatbestand gegeben habe.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass es sich beim Altbestand um ein mindestens 150 Jahre altes Bauwerk handelt, für welches eine schriftliche Baubewilligung offenbar nicht vorliegt, ohne jedoch konkrete Aussagen darüber zu treffen, ob das Gebäude im (allerdings von der Behörde nicht festgestellten) Zeitpunkt seiner Errichtung einer Baubewilligung nach damals geltenden baurechtlichen Vorschriften bedurfte (vgl. dazu Krzizek, System des österreichischen Baurechts I, S. 26 ff, hinsichtlich der Zeit ab 1782, sowie die ebenfalls u. U. in Betracht kommende Bauordnung für Steiermark vom 9. Februar 1857, LGBl. II Abt. Nr. 5) oder ob das Gebäude im Zeitpunkt seiner ursprünglichen Errichtung bewilligungsfrei war.

Der Beschwerdeführer verweist zwar zutreffend auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Vermutung dafür spricht, dass ein Gebäude in seiner derzeitigen Gestalt auf Grund einer nach den im Zeitpunkt der Errichtung in Geltung gestandenen Vorschriften erteilten Baubewilligung errichtet (und diese nicht bloß auf Widerruf erteilt) worden ist, wenn das Gebäude seit Jahrzehnten besteht, Unterlagen über die seinerzeitige Baubewilligung nicht mehr auffindbar sind, aber hinsichtlich eines fehlenden Konsenses baubehördliche Beanstandungen niemals stattgefunden haben (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 4. Juni 1957, Slg. Nr. 4364/A, und vom 30. November 1964, Slg. Nr. 6509/A, sowie das Erkenntnis vom 22. Oktober 1992, Zl. 92/06/0064).

Im letztgenannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof aber auch ausgeführt, dass sich die Vermutung des Konsenses nur auf die derzeitige (d.h. im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt durch die Baubehörde vorliegende) Gestaltung des Gebäudes und nicht etwa auf eine frühere, mutmaßlich im Zeitpunkt der Errichtung vorliegende bezieht und bei der Beurteilung der Frage der Bewilligungspflicht von Bauführungen an einem solchen Altbestand vom tatsächlich vorhandenen und nicht von einem einmal (vielleicht) gewesenen Bestand auszugehen ist. Dies gilt auch - was im vorliegenden Fall dann von Bedeutung ist, wenn zum Zeitpunkt der Errichtung der gegenständlichen baulichen Anlage eine Baubewilligung erforderlich war - für den Anwendungsbereich des § 40 Abs. 1 Stmk BauG. Schon der Wortlaut dieser Bestimmung ("bestehende bauliche Anlagen") macht dies deutlich. Daher kann der belangten Behörde kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie den Schluss zog, dass im vorliegenden Fall hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Objekts im Hinblick auf die Benutzung für Wohnzwecke nicht von einer rechtmäßig bestehenden baulichen Anlage im Sinne des § 25 Abs. 4 Z. 1 Stmk ROG gesprochen werden konnte und die erteilte Baubewilligung daher als nichtig aufhob.

Im Übrigen treten auch die Beschwerdeführer der Annahme der belangten Behörde nicht entgegen - und auch der Verwaltungsgerichtshof kann sie nicht als rechtswidrig finden -, dass es sich bei dem mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Gußwerk genehmigten Projekt in Wahrheit nicht um einen Umbau sondern vielmehr um einen Ersatz- bzw. Neubau handelt, zumal das gegenständliche Gebäude nach der Aktenlage offensichtlich zur Gänze aus Holz besteht und nach dem genehmigten Projekt in ein Gebäude aus Ziegelmauern mit Betonelementen umgewandelt werden und auch der Dachstuhl gänzlich verändert werden soll. Die Errichtung eines Neubaues bzw. Ersatzbaues kann aber unter § 25 Abs. 4 Z. 1 Stmk BauG, wonach bloß die Durchführung von "Zu- und Umbauten" bei rechtmäßig bestehenden baulichen Anlagen im Freiland zulässig ist, nicht subsumiert werden.

Die Beschwerdeführer halten den angefochtenen Bescheid auch deswegen für rechtswidrig, weil dadurch die Grundsätze der Baufreiheit und der möglichsten Schonung erworbener Rechte bei Ausübung des der belangten Behörde hinsichtlich der Aufhebung rechtskräftig ergangener Bescheide eingeräumten Ermessens verletzt seien. Dies im Hinblick darauf, dass die Errichtung des gegenständlichen Gebäudes der Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses als Pensionisten, die eine Dienstwohnung als ehemalige Dienstnehmer der Bundesforste zu räumen hätten, diene, und dass das Objekt in unmittelbarer Hoflage liege.

Hiezu ist zu bemerken, dass der Verwaltungsgerichtshof zwar aus dem Recht des Eigentümers einer Liegenschaft, seine Sache nach Willkür zu benützen (§ 362 ABGB), den Grundsatz der Baufreiheit abgeleitet hat, der es dem Eigentümer (bzw. mit seiner Zustimmung auch einem Dritten) gestattet, jeden mit dem Gesetz in Einklang stehenden (§ 364 Abs. 1 ABGB) Bauwillen zu realisieren. Die diesbezüglichen Eigentümerrechte genießen auch den Grundrechtsschutz des Art. 5 StGG. Die Vereinbarkeit eines Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan ist daher im Zweifel (d.h. bei Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung) zu bejahen. Es kann daher nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber jegliche Bauveränderung der zuvor genannten Art bei bestehenden, der (nunmehrigen) Widmung nicht entsprechenden, aber konsentierten Wohngebäuden in Gebieten i.S.d.

§ 23 Abs. 5 lit. e Stmk ROG ausschließen hätte wollen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1995, Zl. 94/06/0245, m. w.N.).

Es trifft auch zu, dass die Aufhebung eines Bescheides in Ausübung des Aufsichtsrechtes des Landes im Sinne der §§ 96 ff der Steiermärkischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 115/1967, gemäß § 97 Abs. 2 dieses Gesetzes unter möglichster Schonung erworbener Rechte Dritter zu erfolgen hat. Diese (inhaltlich Art. 119a Abs. 7 letzter Satz B-VG entsprechende) Rechtsvorschrift ist - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. Jänner 1992, Zl. 91/06/0130, ausgesprochen hat - auch im Verfahren zur Nichtigerklärung eines Bescheides gemäß § 101 der Gemeindeordnung zu beachten. Wie der Verwaltungsgerichtshof im angeführten Erkenntnis aber weiter ausgeführt hat, wird damit lediglich die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel im Hinblick auf den damit verfolgten Zweck angeordnet, nicht aber ein Vorrang der wirtschaftlichen Interessen Privater vor den öffentlichen Interessen, insbesondere jenen an der Einhaltung der Raumordnungsvorschriften.

Entgegen den diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers bedarf es keiner weiteren Erörterung, dass die Einhaltung der Raumordnungsvorschriften, insbesondere der Freilandwidmung zur Hintanhaltung der Zersiedelung der Landschaft einem gewichtigen öffentlichen Interesse entspricht. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde mit der Nichtigerklärung des Baubewilligungsbescheides als (zwar) schärfstem Mittel der Gemeindeaufsicht, gleichwohl aber als im Beschwerdefall einzigen, zum Ziel führenden Mittel zur Hintanhaltung der oben bezeichneten nachteiligen Auswirkungen vorgegangen ist (vgl. das zu einer ähnlichen Sach- und Rechtslage ergangene bereits angeführte hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1992, Zl. 91/06/0130, m.w.N.).

Im vorliegenden Fall ist hiebei auch von Bedeutung, dass das vorliegende Verfahren zur Nichtigerklärung der erteilten Baubewilligung in unmittelbarer zeitlicher Folge nach der Erlassung des Baubescheides und vor der erforderlichen naturschutzbehördlichen Beurteilung des Vorhabens erfolgte, und nicht die Rede davon sein kann, dass die Beschwerdeführer etwa durch eine bereits erfolgte Errichtung des mit dem für nichtig erklärten Baubescheid bewilligten Gebäudes erhöhte - und frustrierte - Aufwendungen zu tragen gehabt hätten. Auch kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf die Lage des gegenständlichen Bauobjekts vom Fehlen einer sachverhaltsmäßigen Grundlage für die Behauptung der Beschwerdeführer ausging, die Nähe des Gebäudes zu land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden sei im Rahmen der Ermessensübung zu ihren Gunsten zu berücksichtigen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 26. September 2002

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