VwGH 96/06/0247

VwGH96/06/024720.11.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schrefler-König, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 30. August 1996, Zl. 03-12.10 M 3 - 96/16, betreffend Widmungsbewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. St. Margarethen an der Raab, vertreten durch den Bürgermeister; 2. Gemeinde Urscha-Labuch, vertreten durch den Bürgermeister, 3. M, 4. JK,

5. HK, 6. EB, 7. RB, 8. JM, 9. MM, 10. K, 11. H, alle in S, alle vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in G; 12. R in S,

  1. 13. AS in S, 14. ES in S, 15. JM in U, 16. EM in U, 17. T in G,
  2. 18. X in S, und 19. RX in S), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BauO Stmk 1968 §2 Abs1 idF 1989/014;
BauO Stmk 1968 §3 Abs1 idF 1989/014;
BauO Stmk 1968 §3 Abs2 idF 1985/012;
BauO Stmk 1968 §57 Abs1 idF 1987/067;
BauO Stmk 1968 §57 Abs1 lita idF 1987/067;
BauO Stmk 1968 §70a idF 1991/042;
BauRallg;
ROG Stmk 1974 §23 Abs15 idF 1991/041;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BauO Stmk 1968 §2 Abs1 idF 1989/014;
BauO Stmk 1968 §3 Abs1 idF 1989/014;
BauO Stmk 1968 §3 Abs2 idF 1985/012;
BauO Stmk 1968 §57 Abs1 idF 1987/067;
BauO Stmk 1968 §57 Abs1 lita idF 1987/067;
BauO Stmk 1968 §70a idF 1991/042;
BauRallg;
ROG Stmk 1974 §23 Abs15 idF 1991/041;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 14.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Das verfahrensgegenständliche Grundstück ist seit dem ersten Flächenwidmungsplan 1.0 (vom Gemeinderat beschlossen am 30. März 1981, genehmigt mit Bescheid der Landesregierung vom 17. November 1982 und kundgemacht vom 9. Dezember 1982 bis 23. Dezember 1982) als "Reines Wohngebiet" gewidmet (seit September 1986 gilt der im Juni 1986 vom Gemeinderat beschlossene Flächenwidmungsplan 2.0 und seit September 1994 der Flächenwidmungsplan 3.0).

Mit Bescheid des Bürgermeisters der erstmitbeteiligten Gemeinde vom 26. Juni 1995 wurde dem Beschwerdeführer die Widmungsbewilligung für das Grundstück Nr. 1243/4, KG S., zum Zwecke der Schaffung eines Stallgebäudeneubaues (Ersatzbau) und Geräteschuppenzubaues unter Vorschreibung von Auflagen bewilligt. Diese Entscheidung war auf das ortsplanerische Gutachten vom 8. Februar 1994, das immissionstechnische Gutachten vom 21. Juni 1993 sowie die amtsärztliche Stellungnahme vom 23. März 1994 gestützt. Den von einigen Nachbarn erhobenen Berufungen wurde mit Bescheid des Gemeinderates der erstmitbeteiligten Gemeinde vom 18. Juni 1996 Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid insoferne abgeändert, als das Widmungsansuchen abgewiesen wurde. Diese Entscheidung stützte sich auf das umwelthygienische Gutachten vom 6. Mai 1996, in dem festgestellt wurde, daß sich bei Realisierung des eingereichten Vorhabens die Geruchsemissionen aus der Nutztierhaltung des Betriebes des Beschwerdeführers und damit auch die Geruchsimmissionen in der Nachbarschaft erhöhten.

Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung ist nach Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im wesentlichen damit begründet, daß mit § 23 Abs. 15 ROG für Betriebe, die aufgrund ihrer Nutzung in andere Kategorien gehörten, die Möglichkeit geschaffen werden sollte, sich den wirtschaftlichen Bedürfnissen insoferne anpassen zu können, als mit der Anpassung eine Verbesserung des Immissionsschutzes im Sinne der ausgewiesenen Nutzung eintrete. Dadurch könnten in einem Wohngebiet an sich unzulässige bauliche Maßnahmen unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht werden. Die Aufgabe der Berufungsbehörde sei es somit, im Ermittlungsverfahren abzuklären, ob das eingereichte Widmungsvorhaben den Anforderungen des § 23 Abs. 15 ROG entspreche. Dabei sei von der bestehenden Nutzung auszugehen, die vom baubehördlichen Konsens gedeckt sei. Bauliche Maßnahmen und damit verbundene Nutzungen, die ohne behördliche Genehmigung vorgenommen worden seien, seien außer Acht zu lassen. Der im erstinstanzlichen Verfahren beigezogene immissionstechnische Sachverständige habe den Istzustand, wie er sich zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens bzw. eines davor stattgefundenen Lokalaugenscheines am 31. Mai 1993 dargestellt habe, dem eingereichten Projekt gegenübergestellt und sei dabei zum Schluß gelangt, daß der projektierte Neubau unbedingt zu befürworten sei, da dadurch eine substantielle Verringerung der Geruchsimmissionen des bestehenden Betriebes erfolgen werde. Der Sachverständige habe seiner Beurteilung eine Stückzahl von 24 Kühen, 18 Kälbern und einem Pferd in den bestehenden Ställen zugrunde gelegt. Hiezu sei auszuführen, daß die Frage, ob der sogenannte Istzustand auch als bewilligter Bestand anzusehen sei, in keiner Weise geprüft worden sei. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren sei jedoch von den Nachbarn eingewendet worden, daß der Istzustand zum Teil aus nichtbewilligten Gebäuden bestehe. Dieser Einwand sei von der erstinstanzlichen Behörde nicht behandelt worden, sodaß bereits aus diesem Grunde der erstinstanzliche Bescheid mit einem groben Verfahrensmangel behaftet gewesen sei. Es wäre daher jedenfalls erforderlich gewesen, genaue Erhebungen des konsentierten Bestandes (Istzustandes) vorzunehmen und basierend auf diesem Ergebnis das immissionstechnische Gutachten abzuändern. Selbst der Beschwerdeführer gehe in seiner Vorstellung davon aus, daß gewisse Gebäude (Notstall, Anbau) als Ersatz für baufällige Gebäude errichtet worden seien. Durch den Abbruch dieser baufälligen Gebäude sei allerdings der ursprüngliche Konsens untergegangen und stellten die neuen Bauten konsenslose Bauführungen dar. Gemäß § 23 Abs. 15 ROG sei bei der Beurteilung von baulichen Maßnahmen vom bestehenden Betrieb bzw. von der bestehenden Nutzung auszugehen. Maßgeblich seien jene baurechtlichen Vorschriften und Bewilligungen, die den bestehenden Betrieb der Landwirtschaft rechtlich abdeckten, wobei die Sachlage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungsbehörde entscheidend sei. Dem Akteninhalt sei zu entnehmen, daß der landwirtschaftliche Betrieb vom Vorstellungswerber im Jahr 1983 erworben worden sei und sodann gewisse Gebäudeteile abgetragen und neue Bauwerke geschaffen worden seien. Als rechtmäßigen Bestand habe die Berufungsbehörde ein Stallgebäude mit den Abmessungen von 26,28 m x 6,22 m angenommen, das mit 20 Anbindeplätzen ausgestattet sei. Die vom Beschwerdeführer erwähnten sogenannten "Ersatzbauten" stellten keinen rechtmäßigen Bestand dar. Diese Bauten und die damit im Zusammenhang stehende Nutzung seien daher auch nicht der Bewertung des Istzustandes zugrundezulegen. Auf Basis dieses Istzustandes sei in der umwelthygienischen Beurteilung, die im Berufungsverfahren eingeholt worden sei, in schlüssiger Weise festgestellt worden, daß das eingereichte Vorhaben mit einem Tierbestand von 29 Rindern und 11 Kälbern eine Größe aufweise, die wesentlich über dem derzeitigen (rechtmäßigen) Ausmaß von 20 Anbindeplätzen für Rinder liege. Dadurch würden sich die Geruchsemissionen aus der Nutztierhaltung und damit auch die Geruchsimmissionen in der Nachbarschaft erhöhen. Was die angebliche Erwähnung eines nicht vorhandenen Mastschweinestalles in diesem Gutachten betreffe, sei darauf hinzuweisen, daß dem Beschwerdeführer in Wahrung des Parteiengehörs offenbar irrtümlicherweise die unberichtigte Seite 2 des letztgenannten Gutachtens übermittelt worden sei. Im Gutachten selbst sei auf einen Mastschweinestall nicht Bezug genommen. Auf die Durchführung eines neuerlichen Ortsaugenscheines habe aufgrund der dargelegten Sach- und Rechtslage verzichtet werden können.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die Erst- und Dritt- bis Elftmitbeteiligten - eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 119 Abs. 2 Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995, sind die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (gemäß § 120 leg. cit. der 1. September 1995) anhängigen Verfahren nach den bisher geltenden Bestimmungen zu Ende zu führen. Das verfahrensgegenständliche Ansuchen des Beschwerdeführers ist vom 7. Juli 1992 (eingelangt bei der erstmitbeteiligten Gemeinde am 5. August 1992). Gemäß § 61 Abs. 1 Stmk. BO 1968, LGBL. Nr. 149 in der Fassung des LG LGBl. Nr. 14/1989, ist eine örtliche Erhebung und mündliche Verhandlung unter Beiziehung der erforderlichen Sachverständigen durchzuführen, es sei denn, daß es bereits aufgrund der Prüfung der Pläne und Unterlagen oder wegen eines unlösbaren Widerspruches zu einem Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan und zu Bebauungsrichtlinien abzuweisen ist. Gemäß § 61 Abs. 2 Stmk. BO 1968 können sich die Nachbarn u.a. auf Bestimmungen über die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan berufen, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist. Gemäß § 23 Abs. 15 Stmk. Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. Nr. 127 in der im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides geltenden Fassung LGBl. Nr. 41/1991, sind bei bestehenden Betrieben in Wohngebieten bauliche Maßnahmen zulässig, wenn sie mit keiner Erweiterung der bestehenden Nutzung oder mit einer Verringerung der Emissionen verbunden sind. Betriebe, die dem Baugebietscharakter entsprechen, bleiben hievon unberührt.

Festzustellen ist zunächst, daß § 23 Abs. 15 ROG eine Ausnahmeregelung dazu ist, den Inhalt eines Flächenwidmungsplanes immer nach dem im Zeitpunkt der Erlassung des Flächenwidmungsplanes geltenden Raumordnungsgesetzes auszulegen; darauf, ob es im Zeitpunkt des Inkrafttretens des maßgeblichen Flächenwidmungsplanes eine Bestimmung derart wie § 23 Abs. 15 ROG gegeben hat, kommt es nicht an.

Der Beschwerdeführer erachtet sich zunächst im Recht auf Parteiengehör verletzt. Der Beschwerdeführer habe in der Vorstellung im Hinblick auf widersprechende Flächenangaben bezüglich des Gebäudes und widersprechende Feststellungen hinsichtlich der Großvieheinheiten einen neuerlichen Ortsaugenschein unter Beiziehung eines Sachverständigen und eine neuerliche Parteieneinvernahme beantragt. Diesem Beweisantrag sei nicht stattgegeben worden, obwohl aufgrund der Aktenlage davon auszugehen gewesen wäre, daß eine Entscheidung noch nicht habe getroffen werden können, da zwei widersprechende Gutachten im Verfahren vorgelegen seien, die von verschiedenen Flächen und verschiedenen Großvieheinheiten bei der Ermittlung des Istzustandes ausgegangen seien.

Dieser Rüge ist folgendes entgegenzuhalten:

Am 5. Dezember 1995 kam es auf dem Grundstück Nr. 1243/4, KG S., zu einer Begehung. Über diese Regelung wurde Folgendes im Aktenvermerk vom 5. Dezember 1995 festgehalten:

"Der im Lageplan auf dem Grundstück Nr. 1243/4 ... ausgewiesene Stall mit den Abmessungen von 26.28 m x 6.22 m ist bewilligter Bestand. Die im Plan eingezeichnete Tenne bzw. der Geräteschuppen (gelb angelegt) besteht nicht mehr.

Der nordseitige Anbau beim Stall mit den Abmessungen von

18.50 m x 3.95 m wurde ohne Baubewilligung errichtet.

Bei der örtlichen Begehung am 5.12.1995 wurden

ca. 20 Anbindeplätze im bewilligten Stall gezählt."

In der Vorstellung machte der Beschwerdeführer dazu geltend, daß bei der Begehung am 5. Dezember 1995 zu Unrecht von einem Stallgebäude mit einer Abmessung von 26,28 m x 6,22 m ausgegangen worden sei, obwohl zu diesem Zeitpunkt ein Stallgebäude in einem Ausmaß von 26,40 m x 10,40 m und ein Zubau im Ausmaß von 18 m x 8 m vorhanden gewesen seien. Zum Zeitpunkt dieser Erhebung seien insgesamt 20 Anbindeplätze für Rinder im alten Stall vorhanden gewesen und 10 Rinder hätten sich anschließend an den Anbindestall in einem ebenfalls alten Bestand befunden. Im Notstall mit den Ausmaßen 18 m x 8 m seien ca. 20 Stück Vieh gewesen. Nach den Ausführungen in der Vorstellung habe das seit Jahrzehnten bestehende Stall- und Wirtschaftsgebäude, das früher im Grundriß aus "zweimal abgewinkelten" Objekten bestanden habe, eine bebaute Fläche von 546 m2 ausgemacht. Im Jahr 1994 sei durch Teilabbruch und Teilzubau das Objekt verändert worden. Das ursprünliche Gebäude sei zum Zeitpunkt der Erbauung nach den geltenden Bauvorschriften errichtet worden, habe nachweislich Jahrzehnte bestanden und sei immer als Stallgebäude im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes benutzt worden. Die Widmung des gegenständlichen Gebäudes sei daher seit Jahrzehnten ununterbrochen aufrecht geblieben und habe der sogenannte Notstall infolge der Baufälligkeit des ursprünglichen Gebäudes einen Teil der bestehenden alten Fläche ersetzt. Der nordseitige Anbau beim Stall mit den Maßen von 18,5 m x 3,75 m sei ohne baubehördliche Bewilligung errichtet worden, sei jedoch lediglich ein Ersatzbau für den ursprünglichen Bau, der straßenwärts gelegen sei, gewesen, und sei dadurch die seinerzeit bestehende Stallfläche nicht vergrößert worden, sondern in etwa gleich geblieben. Richtig sei, daß die Tenne im Jahre 1983 abgetragen worden sei, weil sie baufällig gewesen sei. Stattdessen sei der erwähnte Zubau errichtet worden.

Daraus ergibt sich nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers, daß der nordseitige Anbau beim Stall im Ausmaß von 18,5 m x 3,75 m und der statt der beseitigten Tenne errichtete "Zubau" im Ausmaß von 18 m x 8 m (der Notstall) ohne baubehördliche Bewilligung errichtet wurde. Die Bewilligung für einen beseitigten Teil eines bewilligten Bestandes hat - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - für die Errichtung eines Gebäudes mit in etwa denselben Ausmaßen an einer anderen Stelle des Grundstückes keinerlei Bedeutung und Wirkung. Gegenstand einer Baubewilligung ist das dieser Bewilligung zugrundeliegende, konkrete, bewilligte Projekt. Die belangte Behörde hat daher zutreffend festgestellt, daß durch den Abbruch baufälliger Gebäude (gemeint offenbar Gebäudeteile) der ursprüngliche Konsens diesbezüglich untergegangen sei und Neubauten konsenslose Bauführungen darstellten. Es sind daher auch nur die Anbindeplätze in dem bewilligten Bestand (das Stallgebäude mit den Ausmaßen 26,28 m x 6,22 m) maßgeblich. Der Beschwerdeführer behauptet selbst nicht, daß als bewilligter Bestand ein Stallgebäude mit anderen Ausmaßen anzunehmen sei bzw. daß in dem alten Stallgebäude ohne Notstall und Anbau mehr als 20 Anbindeplätze gegeben seien. Gemäß § 23 Abs. 15 ROG ist für die Beurteilung der Auswirkungen des bestehenden Betriebes aber allein der bewilligte Bestand maßgeblich.

Die belangte Behörde ist auch nicht davon ausgegangen, daß durch die Ersetzung baufälliger Gebäudeteile teilweise an anderer Stelle die Baubewilligung für das gesamte bewilligte Projekt untergegangen sei, sondern sie hat dies offensichtlich nur in bezug auf die beseitigten Gebäudeteile gemeint und in diesem Zusammenhang festgestellt, daß die mittlerweile hergestellten neuen Bauten konsenslose Bauführungen darstellten. Wenn sich der Beschwerdeführer weiters auf § 40 Stmk. BauG beruft, genügt es darauf hinzuweisen, daß er selbst in der Vorstellung die angeführten Veränderungen des ursprünglich bestehenden Objektes datumsmäßig so angibt, daß sie im Jahr 1994 erfolgt seien. Für im Jahre 1994 erfolgte bauliche Maßnahmen kommt § 40 Stmk. BauG jedenfalls nicht in Betracht.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers habe sich die belangte Behörde trotz divergierender Sachverständigengutachen hinsichtlich der Frage des Istzustandes und hinsichtlich der Frage der Emissionsauswirkungen nicht damit auseinandergesetzt, welches Sachverständigengutachten das richtige sei.

Auch mit dieser Rüge ist der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Aussagen über den Istzustand nicht im Recht. Die belangte Behörde hat vielmehr zutreffend festgestellt, daß der immissionstechnische Sachverständige vom Istzustand, wie er sich zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung bzw. eines davor stattgefundenen Lokalaugenscheines am 31. Mai 1993 dargestellt hat, ausgegangen ist. Zu Recht führt die belangte Behörde weiters aus, daß in diesem Gutachten die Frage, ob der ermittelte "Istzustand" auch als bewilligter Bestand anzusehen sei, nicht geprüft worden sei. Demgegenüber ist die belangte Behörde aufgrund der Einsicht in einen Plan aus dem Jahr 1983 und einer örtlichen Begehung zur Auffassung gelangt, daß als bewilligter Bestand ein Stallgebäude mit den Abmessungen 26,28 m x 6,22 m, das mit 20 Anbindeplätzen ausgestattet sei, anzunehmen sei. Es kommt - wie bereits dargelegt - bei § 23 Abs. 15 ROG auf den bewilligten Bestand und nicht auf den Istzustand an.

Was die aufgeworfene Diskrepanz der Sachverständigengutachten vom 21. Juni 1993 bzw. 6. Mai 1996 in Bezug auf die angenommenen Emissionen betrifft, ist der Beschwerdeführer jedoch im Recht. Das umwelthygienische Gutachten vom 6. Mai 1996 kommt in Bezug auf das alte Stallgebäude bei einer Anzahl von 20 Tieren aufgrund eines tierspezifischen Faktors von 0,17 und der Summe der landtechnischen Faktoren von 0,77 auf eine Geruchszahl von 2,6. Das immissionstechnische Gutachten vom 21. Juni 1993, das auch eine Geruchsemissionsbewertung allein des alten Stallgebäudes mit 20 Tieren enthält, kommt auf Grund eines tierspezifischen Geruchsfaktors von 0,17 und der Summe der landtechnischen Faktoren von 0,90 auf die Geruchszahl von 3,06. Im Hinblick auf den zukünftigen Tierbestand von 29 Rindern und 11 Kälbern kommt das umwelthygienische Gutachten zu einer Geruchszahl von 4,0 und ist dabei von einem tierspezifischen Faktor von 0,17 (für Rinder) und 0,10 (für Kälber) und von einer Summe der landtechnischen Faktoren von 0,67 (für Rinder bzw. Kälber) ausgegangen, während der Sachverständige des erstinstanzlichen Verfahrens zu einer Geruchszahl von 3,04 kommt (für 29 Kühe, 13 Kälber und ein Pferd), wobei dieser Sachverständige auf einen tierspezifischen Geruchsfaktor von 0,17 (für Kühe), von 0,15 (für Kälber) und 0,17 (für das Pferd) und auf eine Summe der landtechnischen Faktoren von 0,43 (für alle genannten Tiere) abgestellt hat. Aufgrund dieser beiden Gutachten ergeben sich im Hinblick auf die ermittelte Geruchszahl des alten Stallgebäudes mit 20 Anbindeplätzen und im Hinblick auf den zukünftigen Bestand unterschiedliche Beurteilungen in Bezug auf die Faktoren der Haltungsform, der Aufstallung, der Lüftungstechnik, der Entmistung etc., die für die Berechnung der angeführten landtechnischen Faktoren und somit auch für die Berechnung der Geruchszahl von Bedeutung sind. In dem von der belangten Behörde herangezogenen umwelthygienischen Gutachten ist dazu lediglich festgestellt, daß ein landtechnisches Gutachten für den derzeitigen und zukünftigen Tierbestand mit konkreten Angaben bezüglich Haltungsform, Aufstallung, Lüftungstechnik, Entmistung etc., zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung nicht zur Verfügung gestanden sei. Soweit es möglich gewesen sei, seien daher die für die Beurteilung notwendigen Basisdaten aus den Unterlagen, Plänen bzw. Gutachten des Bauaktes entnommen sowie landtechnische Faktoren aufgrund der Beobachtungen anläßlich des Lokalaugenscheines angenommen bzw. geschätzt worden. Es ist nun nicht ersichtlich, warum das umwelthygienische Gutachten in bezug auf das alte Stallgebäude von einem Entmistungsfaktor von 0,17 ausgeht, während das immissionstechnische Gutachten des erstinstanzlichen Verfahrens von einem Entmistungsfaktor in diesem Zusammenhang von 0,30 ausgeht, wodurch sich in der Folge bei der für den bewilligten Bestand ermittelten Geruchszahl ein Unterschied von 0,46 ergibt. Dem umwelthygienischen Gutachten kann nicht entnommen werden, wie der Sachverständige, der sich diesbezüglich nach seinen Angaben auf vorhandene Gutachten stützte, in bezug auf das alte Stallgebäude zu einem wesentlich niedrigeren Entmistungsfaktor gekommen ist, während sich das immissionstechnische Gutachten ausführlich mit der für das bestehende Stallgebäude gegebenen Schwemmentmistung und deren Auswirkungen, aber auch mit der nach Ansicht dieses Sachverständigen wesentlich verbesserten Entmistung in Form des Tretmistsystems beim vorgesehenen neuen Stall auseinandergesetzt hat. Eine solche Diskrepanz ergibt sich auch im Hinblick auf den in den beiden angeführten Gutachten herangezogenen Entlüftungsfaktor für das neue Stallgebäude (im umwelthygienischen Gutachten 0,40, im immissionstechnischen 0,23). Der Umstand, daß sich die belangte Behörde - wie die Berufungsbehörde - auf das umwelthygienische Gutachten gestützt hat und die vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Diskrepanzen in bezug auf die Geruchszahl des bestehenden und des neuen Stallgebäudes in den beiden angeführten Gutachten nicht behandelt hat, belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit. In dem angefochtenen Bescheid wurde - wie im Berfungsbescheid - die Frage des Ausmaßes der vom alten bzw. neuen Stallgebäude hervorgerufenen Emissionen nicht schlüssig beantwortet. Liegen der Behörde einander widersprechende Gutachten vor, so hat sie im Lichte des § 60 AVG in der Begründung des Bescheides anzugeben, welche Erwägungen maßgebend gewesen seien, das eine Beweismittel dem anderen vorzuziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. September 1994, Zl. 92/07/0076). Eine derartige Auseinandersetzung läßt der angefochtene Bescheid - wie auch der Berufungsbescheid - im Hinblick auf die unterschiedlichen Emissionsbeurteilungen in den genannten Gutachten vermissen. Der Umstand allein, daß das immissionstechnische Gutachten des erstinstanzlichen Verfahrens die Frage des bewilligten Altbestandes nicht behandelt hat, bewirkt nicht, daß dieses Gutachten - wie dies die belangte Behörde offensichtlich angenommen hat - überhaupt nicht herangezogen werden kann. Wie dargelegt, sind die Beurteilungen betreffend die Auswirkungen des Stallgebäudes und des in diesem Gutachten beim Altbestand ebenfalls berücksichtigten Jungvieh-Stalles getrennt erfolgt und steht auch der Heranziehung der Beurteilung der Auswirkungen des neuen Stalles der angeführte Mangel des Gutachtens in keiner Weise entgegen. Da die belangte Behörde den aufgezeigten Verfahrensmangel, der auch dem Berufungsbescheid anhaftet, nicht aufgriff, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Angemerkt wird zu den weiteren Rügen des Beschwerdeführers, daß der rechtmäßige Altbestand zum Stichtag 31. Dezember 1984 im fortgesetzten Verfahren nur dann von Bedeutung ist, wenn die am bewilligten Altbestand vorgenommenen Änderungen bis zu diesem Stichtag erfolgt wären. Aufgrund des eigenen Vorbringens des Beschwerdeführers in der Vorstellung sind diese Änderungen aber im Jahr 1994 erfolgt. Nicht ersichtlich ist weiters, warum die Anbindeplätze des rechtmäßigen Altbestandes vom 25. Juli 1994 entscheidend sein sollten. Soweit der Beschwerdeführer auf die Diskrepanz zwischen der in einem Schreiben der Gemeinde vom 25. Juli 1994 festgestellten Stallfläche von 342 m2 und der in der Folge im Jahr 1995 nach der angeführten örtlichen Begehung angenommenen Stallfläche von 163,46 m2 verweist, ist festzustellen, daß bei der Feststellung im Jahr 1994 nicht darauf Rücksicht genommen wurde, was sich bei dem mittlerweile geänderten Objekt noch als rechtmäßiger Bestand darstellte. Demgegenüber hat die belangte Behörde gestützt auf den Aktenvermerk aufgrund einer Begehung des Grundstückes am 5. Dezember 1995 i.V.m. einem Plan aus dem Jahre 1983 darauf abgestellt, was nach den Veränderungen noch als bewilligter Altbestand angesehen werden kann.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war im Hinblick darauf abzuweisen, daß Ersatz für Stempelgebühren in bezug auf den angefochtenen Bescheid nur in einfacher Ausfertigung gewährt wird.

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