VwGH 95/05/0268

VwGH95/05/02689.11.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Gerhart Till in Villach, vertreten durch Dr. Dietrich Clementschitsch, Rechtsanwalt in Villach, Widmanngasse 5/I, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 28. Jänner 1995 (in der Folge richtig gestellt auf 28. August 1995), Zl. 8 BauR1-152/1/1995, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien:

1. Roswitha Zwick in Villach, vertreten durch Dr. Rudolf Denzel, Rechtsanwalt in Villach, Moritschstraße 1, 2. Stadtgemeinde Villach, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §8;
BauO Krnt 1992 §21 Abs5;
BauRallg;
GdPlanungsG Krnt 1982 §2 Abs4;
GdPlanungsG Krnt 1982 §2;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §8;
BauO Krnt 1992 §21 Abs5;
BauRallg;
GdPlanungsG Krnt 1982 §2 Abs4;
GdPlanungsG Krnt 1982 §2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Erstmitbeteiligten in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Rechtsvorgänger der Erstmitbeteiligten beantragte mit Ansuchen vom 5. Juni 1970 die Erteilung der Baubewilligung für Umbauten zwecks Errichtung eines Chemisch-Reinigungsbetriebes im Haus des K. und der E.S. auf dem Grundstück Nr. 214/1, EZ 142, KG St. Martin, nunmehr KG Völkendorf (Villach, St.-Johannerstraße 2). Das Grundstück liegt im "Bauland-Wohngebiet". Geplant war nach der Baubeschreibung die Umgestaltung der Fassade, der Abbruch einer Mittelmauer im Erdgeschoß und die Erneuerung des Fußbodens.

Dem Beschwerdeführer gehört die angrenzende Liegenschaft EZ 143 (St.-Johannerstraße 4). Zur mündlichen Bauverhandlung am 15. Juli 1970 wurden die Anrainer, darunter auch der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers, nicht geladen.

Mit Bescheid vom 16. Juli 1970 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde dem Rechtsvorgänger der Erstmitbeteiligten die begehrte Baubewilligung unter Auflagen. In diesem Bescheid wurde u.a. ausgeführt, dass an der Westseite des Erdgeschoßes ein großer Geschäftsraum geschaffen und in weiterer Folge eine Betriebsstätte für Chemisch-Reinigung eingerichtet werden soll. Anrainer wären durch den inneren Ausbau nicht betroffen.

Mit Bescheid vom 6. August 1970 wurde gemäß §§ 25 ff und 74 GewO die mit Ansuchen vom 20. Juli 1970 beantragte Genehmigung für die Errichtung einer Betriebsstätte für die Münzautomatenreinigung am vorliegenden Standort unter Auflagen erteilt.

Mit Bescheid vom 14. Dezember 1971 erteilte die Baubehörde die begehrte Benützungsbewilligung für das am 16. Juli 1970 genehmigte Bauvorhaben.

Mit Schreiben vom 14. Februar 1994 erklärte der Beschwerdeführer, im Baurechtsverfahren übergangene Partei zu sein und beantragte die Zustellung u.a. der Baubewilligung vom 16. Juli 1970. In seiner sodann dagegen erhobenen Berufung beantragte der Beschwerdeführer, den Bescheid wegen Rechts- und Tatsachenwidrigkeit zu beheben und die Anlage in den ursprünglichen Zustand zurückzuführen. Schon im Zeitpunkt der Genehmigung sei bekannt gewesen, dass von solchen Chemisch-Reinigungsbetrieben Geruchsbelästigungen, Lärm und Erschütterungen ausgingen und dadurch die Nachbarrechte und die subjektiv-öffentlichen Rechte von Anrainern verletzt würden. Im "Bauland-Wohngebiet" sei das Bauvorhaben unzulässig. Der Betrieb füge den Anrainern schwerste gesundheitliche Schäden zu.

Mit Bescheid vom 5. Mai 1994 gab der Stadtsenat der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Berufung Folge, hob die Baubewilligung auf und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung an die Erstinstanz zurück. Dem Beschwerdeführer komme die Stellung eines übergangenen Nachbarn zu; Einwendungen der Parteien, die sich auf den Schutz der Nachbarschaft in gesundheitlichen Belangen oder auf Immissionsschutzbestimmungen bezögen, seien als öffentlich-rechtliche Einwendungen im Baubewilligungsverfahren zu berücksichtigen.

Mit Schreiben vom 26. September 1994 erhob der Beschwerdeführer umfangreiche Einwendungen im Hinblick auf die für den 27. September 1994 anberaumte mündliche Verhandlung. Das mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 16. Juli 1970 genehmigte Bauvorhaben sei u.a. von der Erstmitbeteiligten durch etappenweise illegale Hinzunahme von weiteren Teilen von Wohneinheiten und eines zu einer Wohneinheit gehörenden Kellerraumes ohne baubehördliche Bewilligung mehrmals erweitert worden. Hiedurch sei die ursprüngliche widmungswidrig genehmigte Betriebsfläche um weit über 100 Prozent konsenslos vergrößert worden. Im Jahre 1992 seien die im Haus St.-Johannerstraße 2 befindlichen gesundheitsgefährdenden Anlagen und Maschinen wegen der gesundheitsschädigenden dauerstörfallartigen Emissionen der Anlage aus den industrieanlageartig genützten Wohnhausflächen entfernt worden.

Die Einwendungen richteten sich offenbar aber auch gegen die in der Folge erneuerten Maschinen; der Beschwerdeführer machte geltend, dass die Bausubstanz einschließlich der darin enthaltenen gesundheitsgefährdenden Anlagen und Maschinen in das Industriegebiet gehöre, insbesondere deshalb, weil sich die Emissionen durch die Zersetzung des Perchlorethylen einschließlich seiner Verunreinigungen auf dem Wege zu den Nachbarn in höher gesundheitsschädigende Formen umwandeln und dort ebenfalls die Bausubstanz, Lebensmittel, Wohnungseinrichtungen, Wasser, Erde verunreinigen und in die dort wohnenden Menschen eindringen. Weiters wurde geltend gemacht, dass die Putzerei der überörtlichen Versorgung diene. Es wurde eine Reihe von Anträgen, insbesondere auf eine Beiziehung einer Vielzahl von Sachverständigen, gestellt. Mit seinen Einwendungen legte der Beschwerdeführer eine Vielzahl von Unterlagen vor, u.a., eine "toxikologische Abschätzung des Gesundheitsrisikos für Anwohner einer Chemisch-Reinigungsanlage in Villach", wonach der gegenständliche Betrieb zumindest 1991 zu einem erhöhten Krebsrisiko und einer erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigung für die Anrainer geführt habe und in dem u.a. gefordert wurde, dass sowohl in der Boden- als auch in der Wohnraumluft nicht mehr als 0,1 mg Per/m3 vorkommen. In diesem Privatgutachten wird eingeräumt, dass die "Perbelastung" seit Inbetriebnahme der neuen Reinigungsanlage und der Bodenluftabsaugung sowohl in der Raumluft als auch in den Fettproben deutlich gesunken sei, dass aber die vom Privatgutachter geforderten Werte noch nicht überall erreicht worden seien.

In der Verhandlung vom 27. September 1994 erstellte der Amtssachverständige für Luftreinhaltung ein Gutachten zur Frage, ob durch eine abstrakte Betriebstype "Chem. Putzerei" bei modernster Ausstattung Immissionen für die unmittelbare und mittelbare Anrainerschaft zu erwarten seien und welcher Art diese seien. Dazu äußerte sich der Sachverständige zusammenfassend wie folgt:

"Chemische Putzereien, die in einem eigenen Haus untergebracht sind, stellen für benachbarte Liegenschaften und den darauf befindlichen Wohnhäusern, soferne sie nicht direkt an die Chem. Putzerei (geschlossenes System) anschließen, in der Regel kein Problem dar. Aus diesem Grunde gibt es in Österreich zahlreiche Chem. Putzereibetriebe, die etwa gleich dem gegenständlichen Betrieb situiert sind. In den Kernzonen der großen Städte schließen die Nachbarhäuser oft direkt an den Chem. Putzereibetrieb an. Hier muss durch Messungen der Tetrachlorethenbelastung in der Raumluft der Wohnungen und eventueller technischer Maßnahmen die Nachbarschaftssituation bereinigt werden.

Hinsichtlich der Tetrachlorethenimmissionen von Chem. Putzereien, die in einem eigenen Haus mit Eigengrund untergebracht sind, sodass die benachbarten Häuser nicht direkt anschließen, kann aufgrund durchgeführter Messungen bei Vergleichsbetrieben ausgesagt werden, dass die Tetrachlorethenbelastung an der Grundgrenze beträchtlich unter 0,1 mg/m3 liegen.

Als Beispiel seien Messungen des Magistrates Villach - techn. Umweltschutz - an der Grundgrenze (Balkone angrenzendes Wohngebiet) des Chem. Putzereibetriebes "Sauberland" Ossiacherzeile, Villach angeführt, welche Immissionskonzentration an Tetrachlorethen, die mit OSRA-5-Röhrchen der Firma Dräger durchgeführt worden sind, von 0.012 (Probe Nr. 1) sowie <0.01 (Probe Nr. 2) - (Untersuchungsbericht Nr. 5129 des Laboratoriums Engel, A-6840 Götzis) ergaben.

Dazu ist anzumerken, dass der Betrieb Sauberland eine Reinigungsmaschine der 5. Generation betreibt, wogegen der Betrieb Zwick bereits einen Maschinentyp der 6. Generation verwendet."

Die Frage, in welchem Ausmaß unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten durch den Typus "Chemische Putzerei" Immissionen für die Nachbarschaft zu gewärtigen seien, beantwortete der Sachverständige wie folgt:

"Die Chem. Putzerei Zwick hat seit etwa 2 Jahren eine neue Chem. Reinigungsmaschine der 6. Generation in Verwendung. Damit ist hier die neueste Technologie am Maschinensektor (siehe Befund) installiert. Die Maschine weist keinen direkten Abluftstrom mehr auf. Lediglich bei Reparatur- und Servicearbeiten treten größere Emissionen an Tetrachlorethen auf, welche abgesaugt und über eine Aktivkohleanlage geleitet werden. Diffuse Emissionen an Tetrachlorethen können im Maschinenbereich, der gelagerten Wäsche sowie im Bügelbereich entstehen. Sie werden über eine Absaugung an der Ostseite des Hauses ins Freie abgeleitet. Zu ihrer Verminderung ist auch eine laufende und sachgemäße Wartung der Maschine erforderlich, wozu Prüfbücher entsprechend ÖNORM M 9400 eingeführt wurden. Insgesamt ist festzustellen, dass Maschinen mit dem höchsten technischen Niveau auch die niedrigsten Emissionen aufweisen.

Was die Immissionen an Tetrachlorethen an der Grundgrenze zum Haus St.-Johanner-Str. 4 betrifft, wurden seitens des Magistrates Villach - techn. Umweltschutz - auch hier Messungen mittels Orsa-5- Messröhrchen durchgeführt. Dabei wurden Konzentrationen an Tetrachlorethen von 0.018 mg/m3 (Probe 1) und 0.016 mg/m3 (Probe 2) gemessen. (Siehe Untersuchungsbericht Nr. 5072 des Laboratoriums Engel, A-6840 Götzis). Diese Werte entsprechen größenordnungsmäßig jenen an der Grundgrenze der Chem. Putzerei Sauberland gemessenen Immissionskonzentrationen. Hinzuzufügen ist noch, dass diese Werte nahe der Bestimmungsgrenze des Messverfahrens liegen dürften.

Bezüglich des Bügel- und Lagerbereiches des gegenständlichen Chem.-Putzerei-Betriebes ist anzumerken, dass 1 Bügelraum mit 3 Bügeltischen, 1 Bügelpuppe sowie 1 Lagerraum für gereinigte Ware vorhanden ist. Jeder Bügeltisch ist mit einer Absaugung versehen, welche über eine Hauptleitung nach Osten ins Freie entlüftet. Der beschriebene Lagerraum ist ebenfalls an diese Hauptleitung lüftungsmäßig angeschlossen, sodass auch aus diesem Bereich kommende Raumluft nach Osten ins Freie entlüftet. Erste Kurzzeitmessungen mit dem Drägerröhrchen 2.0.. an der Austrittsöffnung der Hauptleistung nach Osten ergaben keine Verfärbung des Messröhrcheninhaltes. Damit konnte auf diese Weise kein Tetrachlorethen nachgewiesen werden. (Messbereich 2 bis 300 ppm).

Aus Sicht des Amtssachverständigen für Luftreinhaltung lässt sich zusammenfassend feststellen, dass eine Betriebstype "Chem. Putzerei" der heutigen Generation in vorbeschriebener Form bereits mit geringen Emissionen arbeitet und ebenfalls von der Immissionssituation her allgemein und gerade in gegenständlicher Bauangelegenheit (Maschinentypus der 6. Generation) unter besonderer Bedachtnahme auf die örtlichen Verhältnisse an den Grundgrenzen nur mehr minimale Immissionen auftreten die, wie bereits erwähnt, nahe der Bestimmungsgrenze liegen dürften."

Der der Verhandlung beigezogene Amtssachverständige für Boden- und Gewässerschutz verwies darauf, dass Bodenbelastungen durch Tetrachlorethen in der Vergangenheit aufgrund nunmehriger Sicherheitseinrichtungen der heutigen Maschinentypen nicht mehr stattfänden. Bei ordnungsgemäßem Betrieb würde eine typische "Chem. Reinigung" unter Beachtung aller gesetzlichen Anforderungen der CKW-Anlagenverordnung nicht geeignet sein, eine Boden- oder Grundwasserverunreinigung herbeizuführen. Daher könne auch eine Kontaminierung von Nachbargrundstücken nicht mehr eintreten.

Der medizinische Amtssachverständige stellte fest, dass für den vorbeugenden Gesundheitsschutz insbesondere wegen der noch in Diskussion befindlichen möglichen Kanzerogenität von Per ein Grenzwert in der Wohnraumluft von nicht mehr als 0,1 mg Per/m3 einzuhalten sei. Dieser Wert werde auch deswegen angegeben, da für die Bewertung im gegenständlichen Verfahren nicht die Gesundheitsgefährdung, sondern aus ärztlicher Sicht ein möglichst den vorbeugenden Gesundheitsschutz beinhaltender Grenzwert erstellt werden müsse. Eine Genehmigung könne nur bei sicherer Einhaltung dieses Grenzwertes von 0,1 mg/m3 Raumluft erfolgen.

Der Beschwerdeführer erklärte in der Verhandlung, dass die Anlage damals gesetzwidrig genehmigt worden und auch heute gesetzwidrig sei. Er erklärte, auf der antragsgemäßen Behandlung der Einwendungen, die rechtzeitig eingebracht wurden, zu bestehen und verwies darauf, dass er "praktisch" keine Parteistellung gehabt habe. Nach der Kärntner Bauordnung müsse jede Gefährdung ausgeschlossen sein. Darauf verlas der Beschwerdeführer in der Verhandlung seine Einwendungen.

Mit Bescheid vom 23. November 1994 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde entsprechend dem Ansuchen des Rechtsvorgängers der Erstmitbeteiligten vom 17. Juli 1970 nach Maßgabe der damals eingereichten Pläne, Baubeschreibungen und Berechnungen, in Anwendung der §§ 4 lit. b, c und d, 15 und 16 der Kärntner Bauordnung, LGBl. Nr. 64/1992, in Verbindung mit den Kärntner Bauvorschriften die begehrte Baubewilligung. Aufgetragen wurde die Erfüllung mehrerer Auflagen. Die Einwendungen des Beschwerdeführers und seine Anträge, weitere Sachverständigengutachten einzuholen, die Baubewilligung zu versagen, sowie auf Rückversetzung der Bausubstanz in den ursprünglichen Zustand und Setzung baupolizeilicher Notstandsmaßnahmen, wurden abgewiesen. Jener Bauplan, der den Genehmigungsvermerk vom 16. Juli 1970 aufweist, erhielt einen neuerlichen Genehmigungsvermerk.

In ihrer umfangreichen Bescheidbegründung verwies die Baubehörde erster Instanz auf die eingeholten, als schlüssig und widerspruchsfrei erkannten Gutachten, wonach die Widmungsverträglichkeit und damit die Zulässigkeit eines Chem. Putzereibetriebes im "Bauland-Wohngebiet" zu bejahen sei. In Anbetracht der bezüglich Kleiderreinigung sowohl nach wirtschaftlichen als auch nach sozialen Gesichtspunkten bestehenden Bedürfnisse der Einwohner eines Wohngebietes könne eine Chem. Putzerei nicht als von vornherein unüblicher Betrieb angesehen werden. Durch die verfahrensgegenständlichen Baumaßnahmen würden subjektiv-öffentliche Anrainerinteressen nicht verletzt werden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Es sei weit über die Bauanträge aus 1970 hinausgehend eine Entscheidung getroffen worden, weil die chemischen Amtssachverständigen Gutachten über die Betriebssicherheit und den Stand der Technik einer Chemisch-Reinigungsmaschine abgegeben hätten, ohne als Chemiker dazu befähigt zu sein, und ohne dass ein Antrag bzw. Unterlagen über die Maschine zur Verhandlung vorgelegen wären. Der auf chemischer Basis kleiderreinigende Betrieb erfülle überörtliche Versorgungsaufgaben und gehöre aufgrund seiner chemischen Geruchs- und der Schallemissionen in ein Gewerbe- oder Leichtindustriegebiet.

Mit Bescheid vom 15. Februar 1995 gab der Stadtsenat der mitbeteiligten Stadtgemeinde dieser Berufung keine Folge. In seiner dagegen erhobenen Vorstellung machte der Beschwerdeführer u.a. geltend, dass das seinerzeitige Bauansuchen nicht auf die Genehmigung einer Chemisch-Reinigungsmaschine ausgerichtet gewesen sei, trotzdem aber im Baubewilligungsbescheid über eine derartige - gemäß § 4 lit. i der Kärntner Bauordnung bewilligungspflichtige - Maschine abgesprochen worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. Das vorliegende Bauansuchen umfasse nicht nur Umbaumassnahmen am verfahrensgegenständlichen Gebäude, sondern auch die Änderung des Verwendungszweckes der vom Umbau betroffenen Räumlichkeiten. Das durch den Vorstellungswerber vorgelegte Privatgutachten betreffend die "toxikologische Abschätzung des Gesundheitsrisikos für Anwohner einer chemischen Reinigungsanlage in Villach" widerspreche nicht den auf Gemeindeebene eingeholten Gutachten, sondern es werde darin in Übereinstimmung mit dem medizinischen Gutachten ein Grenzwert von nicht mehr als 1,0 mg Per/m3 für Wohnraumluft gefordert. Dieser Grenzwert werde aufgrund durchgeführter Messungen bei Vergleichsbetrieben erheblich unterschritten. Zusammenfassend stellte auch die belangte Behörde fest, dass der Vorstellungswerber durch den Berufungsbescheid in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten nicht verletzt wurde.

In seiner dagegen erstatteten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen in der Kärntner Bauordnung 1992 begründeten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt, weil die belangte Behörde wesentliche Mängel des Verfahrens vor den Gemeindebehörden nicht wahrgenommen habe und daher der Vorstellungsbescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet sei. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die Erstmitbeteiligte, eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 21 Abs. 5 der im Beschwerdefall anzuwendenden Kärntner Bauordnung 1992, LGBl. Nr. 64 (in der Folge: BO), sind öffentlich-rechtliche Einwendungen der Parteien (Abs. 4) im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf die Bestimmungen des Baurechtes oder der Bebauungspläne stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bebauungsweise, die Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Grundstücksgrenzen und von Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen auf Nachbargrundstücken, die Gebäudehöhe sowie jene Bestimmungen, die dem Schutz der Nachbarschaft in gesundheitlichen Belangen, im Interesse der Brandsicherheit oder gegen Immissionen dienen. Die BO kennt keinen allgemeinen Immissionsschutz (hg. Erkenntnis vom 27. August 1996, Zl. 96/05/0204). Sofern allerdings die im Gemeindeplanungsgestz vorgesehenen Widmungskategorien einen Immissionsschutz vorsehen, steht dem Nachbarn im Falle einer solchen Widmung ein Recht auf Einhaltung dieser Widmungskategorie in Bezug auf den vorgesehenen Immissionsschutz zu (hg. Erkenntnis vom 15. Februar 1994, Zl. 93/05/0294).

Im Zusammenhang mit der am 31. Dezember 1994, also hier vor Erlassung des Berufungsbescheides, in Kraft getretenen Novelle LGBl Nr. 104/1995 zum (Kärntner) Gemeindeplanungsgesetz 1982 ist darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich die Zulässigkeit von Bauvorhaben anhand der Bestimmung jenes Gemeindeplanungsgesetzes zu beurteilen ist, das im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Flächenwidmungsplanes durch den Gemeinderat in Geltung stand (hg. Erkenntnis vom 24. November 1998, Zl. 98/05/0170, m.w.N.). Der hier vorliegenden Flächenwidmungsplan würde - wie sich aus dem Akt unzweifelhaft ergibt - vor dem 31. Dezember 1994 erlassen. Im Beschwerdefall ist daher § 2 Abs. 4 des (Kärntner) Gemeindeplanungsgesetzes 1982 in der Stammfassung LGBl. Nr. 51 (im Folgenden: GemPlG) maßgeblich. Gemäß dieser Bestimmung sind als Wohngebiete jene Flächen festzulegen, die vornehmlich für Wohngebäude, im Übrigen aber für Gebäude bestimmt sind, die überwiegend den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Einwohner des Wohngebietes dienen, wie Geschäftshäuser, Sammelgaragen für Personenkraftwagen, Sanatorien, Kirchen, Schulgebäude, Kindergärten, und die unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten und den Charakter als Wohngebiet keine örtlich unzumutbare Umweltbelastung mit sich bringen.

An dem aus § 2 GemPlG ("Bauland") abzuleitenden Gebot, dass das Bauvorhaben keine unzumutbare Umweltbelastung mit sich bringen dürfe, hat die Novelle LGBl. Nr. 105/1994 nichts geändert (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 27. August 1996). Die Widmung Wohngebiet nach § 2 Abs. 4 GemPlG gibt daher den Nachbarn gemäß § 21 Abs. 5 BO, da damit ein Immissionsschutz verbunden ist, ein subjektives Recht auf Einhaltung der Flächenwidmung, also darauf, dass nur Betriebe bewilligt werden, die im Hinblick auf ihre Immissionen in der entsprechenden Widmungskategorie zulässig sind (hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1999, Zl. 97/05/0269, m.w.N., ergangen zu § 3 Abs. 5 lit. b des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1995). Die Immissionen, die sich im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, müssen von den Nachbarn hingenommen werden (siehe das zitierte hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1999).

Maßstab für die Lösung der Frage nach der Zulässigkeit eines Betriebes unter dem Blickwinkel der Flächenwidmung ist für die Baubehörde - anders als für die Gewerbebehörde - nicht ein in seinen Betriebsmitteln und Anlagen bis ins Einzelne fest umrissener Betrieb. Als dieser Maßstab hat vielmehr eine nach Art der dort üblicherweise und nach dem jeweiligen Stand der Technik verwendeten Anlagen und Einrichtungen einschließlich der zum Schutz vor Belästigungen typisch getroffenen Maßnahmen sowie nach Art der dort entsprechend diesen Merkmalen herkömmlicherweise entfalteten Tätigkeit auf das Ausmaß und die Intensität der dadurch verursachten Immissionen zu beurteilende Betriebstype zu dienen (Hauer, Der Nachbar im Baurecht5, 262, mit einem weiteren Nachweis). Dies erfordert eine Prüfung, ob eine solche Eignung für den mit dem Projekt vorgesehenen Betriebstyp gegeben ist oder nicht (hg. Erkenntnis vom 11. September 1997, Zl. 97/06/0008). Ob eine solche Immission in Betracht kommt, ist im Zweifelsfall durch entsprechende Messungen bei "Vergleichsbetrieben" festzustellen (siehe die zitierten hg. Erkenntnisse vom 11. September 1997 und vom 23. Februar 1999, letzteres mit einem weiteren Nachweis). Bei der anhand der Auswirkungen bestehender Vergleichsbetriebe vorzunehmenden Beurteilung, ob eine bestimmte Betriebstype wegen ihrer Emissionswirkungen als zulässig anzusehen ist, hat der technische Sachverständige - unter Verwendung der Hilfsmittel, die seine Wissenschaft entwickelt hat, um ein verlässliches Gutachten abgeben zu können - Ausmaß und Art der Immissionen, der medizinische Sachverständige aber deren Wirkungen auf den menschlichen Organismus zu beurteilen (siehe das zitierte hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1999).

Ausgehend davon, dass für den Betriebstypenvergleich als Maßstab Anlagen und Einrichtungen nach dem Stand der Technik heranzuziehen sind, gelangten die Gutachter zum Ergebnis, dass eine unzumutbare Umweltbelastung nicht gegeben sein werde. Bezüglich der Immissionen an Tetrachlorethen wurden an der Grundgrenze zum Haus des Beschwerdeführers Messungen durchgeführt, die Konzentrationen von 0,018 mg/m3 und 0,016 mg/m3 ergeben hätten. Diese Werte entsprechen größenordnungsmäßig jenen an der Grundgrenze des Vergleichsbetriebes. Damit war den Anforderungen des medizinischen Sachverständigen, der keine höhere Konzentration als 0,1 mg/m3 fordert, jedenfalls Rechnung getragen.

Wohl hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 19. November 1996, Zl. 94/05/0154, bei Beurteilung von Lärmemissionen einer Hackschnitzelanlage ausgeführt, dass die Gegebenheiten der damals 25 m von der Lärmquelle entfernten Grundgrenze nichts darüber aussagen, ob ein Betrieb typenmäßig mit der gegebenen Widmung in Einklang steht. Da damals nicht geklärt wurde, welcher Schalldruck vom Betrieb selbst ausgeht, sondern bloß Werte an der Grundgrenze festgestellt wurden, wurde der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Im vorliegenden Fall wurden zwar auch Werte an der Grundgrenze ermittelt; zu bedenken ist aber, dass, wie sich aus dem Lageplan ergibt, das Gebäude, in dem die Putzerei untergebracht ist, von der Grundgrenze 2,5 m bis 3,0 m entfernt ist. Wenn also in einer derartigen Entfernung von der Quelle Werte festgestellt werden, die weniger als ein Fünftel des vom medizinischen Sachverständigen empfohlenen Wertes (0,018 mg/m3 zu 0,01 mg/m3) ausmachen, dann kann nicht gesagt werden, dass die Vereinbarkeit der Betriebstype mit der Flächenwidmung aufgrund unzureichender Tatsachenfeststellungen angenommen worden wäre.

Beim gegenständlichen Projektgenehmigungsverfahren kam es nur auf die Zulässigkeit der Betriebstype, nicht aber auf die Zulässigkeit eines in seinen Betriebsmitteln und Anlagen bis ins Einzelne fest umrissenen Betriebes an. Wenn die Zulässigkeit der Type aufgrund schlüssiger und widerspruchsfreier Gutachten zu bejahen war, dann kommt dem konkret behaupteten Umstand, eine Milchmargarineprobe vom Dezember 1993 hätte eine vielfache Überschreitung der Richtwerte für Perchlorethen erbracht, keine Bedeutung zu.

Was das in diesem Zusammenhang gerügte Fehlen von Unterlagen über die aufzustellende Maschine betrifft, ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass eine Bewilligung gemäß § 4 lit. b (Änderung von Gebäuden), lit. c (Änderung der Verwendung von Gebäuden) und lit d (Änderung von Gebäuden, sofern sich die Änderung nur auf das Innere bezieht) antragsgemäß erteilt wurde. Eine Genehmigung nach § 4 lit. i BO (Aufstellen von Maschinen in Gebäuden, wenn durch sie die Sicherheit oder Gesundheit von Menschen beeinträchtigt werden könnte) wurde weder beantragt noch erteilt. Daher war auch nicht die vom Beschwerdeführer geforderte genaue Beurteilung des verwendeten Maschinentyps durch einen Sachverständigen erforderlich.

Im Gegensatz zu den Beschwerdeausführungen enthält § 2 Abs. 4 GemPlG nicht die Voraussetzung, dass ein Betrieb nur zulässig wäre, wenn er für die tägliche Versorgung der Bevölkerung dient. Dass eine Kleiderreinigung der gegebenen Größenordnung den sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnissen der Einwohner eines Wohngebietes dient, kann aber nicht in Abrede gestellt werden; Anhaltspunkte dafür, dass überwiegend nicht die Einwohner des Wohngebietes versorgt würden, liegen nicht vor und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet.

Die Beschwerde erwies sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. November 1999

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