VwGH 98/14/0026

VwGH98/14/002619.3.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der M U in L, vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 1. September 1997, RV/111/01-06/Lau-1997 betreffend u. a. Umsatzsteuer für die Jahre 1991 bis 1993 sowie Einkommensteuer für die Jahre 1991 und 1993, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §167 Abs2;
BAO §184 Abs1;
BAO §184;
DBAbk CSSR 1979 Art4 Abs2 lita;
DBAbk CSSR 1979 Art5 Abs4 lite;
DBAbk CSSR 1979 Art7 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
BAO §167 Abs2;
BAO §184 Abs1;
BAO §184;
DBAbk CSSR 1979 Art4 Abs2 lita;
DBAbk CSSR 1979 Art5 Abs4 lite;
DBAbk CSSR 1979 Art7 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 291 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine tschechische Staatsbürgerin mit je einem Wohnsitz in Tschechien und Österreich, erklärte aus der von ihr in Österreich betriebenen Partnervermittlung in den Streitjahren Umsätze von rund 26.000 S, 62.000 S und 2.000 S sowie Verluste von rund 77.000 S, 363.000 S und 391.000 S.

Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung stellte der Prüfer fest, die Beschwerdeführerin vermittle in Österreich nicht nur Partner, sondern auch Aupairmädchen, Haushaltshilfen sowie Altenpflegerinnen, wobei sie sowohl in Tschechien als auch in Österreich eine Betriebsstätte unterhalte. Hingegen behaupte die Beschwerdeführerin, sie vermittle in der österreichischen Betriebsstätte nur Partner, nicht jedoch Aupairmädchen, Haushaltshilfen sowie Altenpflegerinnen; vielmehr würden in der österreichischen Betriebsstätte lediglich Vorbereitungen für die tschechische Betriebsstätte getroffen, weswegen Österreich aus der Vermittlung von Aupairmädchen, Haushaltshilfen sowie Altenpflegerinnen kein Besteuerungsrecht zustehe. Im Zug einer Hausdurchsuchung in der österreichischen Betriebsstätte seien jedoch - so der Prüfer - Einrichtungsgegenstände sowie Unterlagen vorgefunden worden, die für die Vermittlung von Aupairmädchen, Haushaltshilfen sowie Altenpflegerinnen in Österreich sprächen. Die aus den Unterlagen bekannt gewordenen Kunden der Beschwerdeführerin seien daraufhin befragt worden, wobei sie durchwegs angegeben hätten, dass sämtliche Vermittlungsgespräche, die Vertragsunterzeichnung sowie die Vertragsabwicklung in der österreichischen Betriebsstätte erfolgt seien, obwohl in den Verträgen als Ort der Vertragsunterzeichnung die tschechische Betriebsstätte angeführt worden sei. Weiters seien von der Beschwerdeführerin zahlreiche Annoncen in österreichischen Zeitungen geschaltet worden, in denen sie für die Vermittlung von Partnern, Aupairmädchen, Haushaltshilfen sowie Altenpflegerinnen geworben habe, wobei als Kontaktadresse die österreichische Betriebsstätte angegeben worden sei. Aus den Angaben der befragten Kunden, denen in den Streitjahren von der Beschwerdeführerin Partner, Aupairmädchen, Haushaltshilfen oder Altenpflegerinnen vermittelt worden seien, ergäben sich von der Beschwerdeführerin nicht erklärte Vermittlungsgebühren von rund 134.000 S. Bei den beschlagnahmten Unterlagen befänden sich auch Verträge über die Vermittlung von Haushaltshilfen, in denen detaillierte Angaben über Personen, Art der Vermittlung, Fälligkeit und Höhe der jeweiligen Vermittlungsgebühr enthalten seien, woraus sich weitere von der Beschwerdeführerin nicht erklärte Vermittlungsgebühren von rund 98.000 S ergäben. Der Prüfer vertrat daher die Ansicht, die in Österreich unbeschränkt steuerpflichtige Beschwerdeführerin habe in Österreich eine Betriebsstätte iSd § 29 BAO unterhalten, aus der sie Vermittlungsgebühren erzielt habe. Da der überwiegende Teil der Kunden befragt worden sei, wobei alle befragten Kunden angegeben hätten, Vermittlungsgebühren an die Beschwerdeführerin bezahlt zu haben, könne daher davon ausgegangen werden, dass auch alle nicht befragten Kunden Vermittlungsgebühren an die Beschwerdeführerin bezahlt hätten. Zur Abdeckung dieses Unsicherheitsfaktors sei für jeden nicht befragten Kunden eine weitere Vermittlungsgebühr von rund 7.000 S zuzuschätzen. Der sich daraus ergebende Betrag von rund 643.000 S sei auf die Streitjahre im Verhältnis der bereits vorgenommenen Zuschätzungen aufzuteilen. Da im Zug der Hausdurchsuchung nicht alle Unterlagen beschlagnahmt worden seien, weil der Beschwerdeführerin ansonsten die Weiterführung ihres Betriebs nicht möglich gewesen wäre, könne davon ausgegangen werden, dass nicht alle Kunden, die Vermittlungsgebühren an die Beschwerdeführerin bezahlt hätten, erfasst worden seien, weswegen die auf Grund der Angaben der befragten Kunden und der beschlagnahmten Unterlagen errechneten Vermittlungsgebühren um einen Sicherheitszuschlag von rund 50 % zu erhöhen seien. Die bereits vom Finanzamt für das Jahr 1991 vorgenommene Schätzung wegen nicht gedeckter Lebenshaltungskosten sei zu stornieren. Unter Hinweis auf das nunmehr auch für Tschechien geltende DBA-CSSR, stellte der Prüfer fest, Österreich habe die von der Beschwerdeführerin in der Betriebsstätte in Tschechien erzielten Gewinne von der Besteuerung auszunehmen. Diese Gewinne seien jedoch bei der Ermittlung des Einkommens und damit bei der Berechnung der Einkommensteuer im Weg des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigen. Die Beschwerdeführerin habe trotz mehrmaliger Aufforderung keine Auskünfte über die von ihr in Tschechien erzielten Gewinne erteilt, weswegen deren Höhe zu schätzen sei. Laut ihren Angaben erhalte die Beschwerdeführerin aus Tschechien monatlich 30.000 S bis 40.000 S, die aus von ihr in Tschechien ausgeübten Tätigkeiten stammten. Es seien daher zur Berechnung der Einkommensteuer im Weg des Progressionsvorbehaltes 500.000 S zum Ansatz zu bringen.

Das Finanzamt folgte der Auffassung des Prüfers und erließ u. a. entsprechende Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1991 bis 1993 sowie betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1991 und 1993.

In der Berufung führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, sie unterhalte in Österreich keine Betriebsstätte für ihr in Tschechien betriebenes Unternehmen. Vielmehr würden in der österreichischen Betriebsstätte lediglich Vorbereitungen für die tschechische Betriebsstätte getroffen, weswegen nach dem DBA-CSSR Österreich kein Besteuerungsrecht an den von ihr in Tschechien erzielten Gewinnen zustehe. Aus den beschlagnahmten Unterlagen könne nichts Gegenteiliges abgeleitet werden. Sie habe zwar in Österreich einen Wohnsitz, ihre wirtschaftlichen und familiären Interessen lägen jedoch in Tschechien, wo sie sich auch zum überwiegenden Teil des Jahres aufhalte. In Österreich betreibe sie nur eine Partnervermittlung, die sie infolge der ausländerfeindlichen Einstellung vieler Österreicher nur sehr sporadisch führen könne. Österreich sei auch nicht berechtigt, Einsicht in ihre tschechischen Geschäftsunterlagen sowie tschechischen Steuerbescheide zu begehren. Da Österreich an den von ihr in Tschechien erzielten Gewinnen kein Besteuerungsrecht zustehe, lägen die Voraussetzungen für eine Schätzung nicht vor. Die vom Prüfer angewandte Schätzungsmethode sei überdies sachlich unrichtig. Da sie aus Privatersparnissen sowie aus Zuschüssen einer politischen Organisation Geld aus Tschechien einführe, um damit den Lebensunterhalt ihrer Familie sowie die Miete für die österreichische Betriebsstätte zu finanzieren, seien ihre Lebenshaltungskosten gedeckt, weswegen auch aus diesem Grund keine Schätzungsberechtigung bestehe.

In einer Berufungsergänzung führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, ihr Ehemann, ein österreichischer Staatsbürger, sei ehrenamtliches Mitglied ihrer tschechischen Stiftungen und verfasse für diese Stiftungen Unterlagen, die in Österreich wegen der zu erzielenden Qualität kopiert und in der österreichischen Betriebsstätte zwischengelagert würden. Je nach Bedarf würden diese Unterlagen von ihr nach Tschechien mitgenommen und ihren Mitarbeitern übergeben. Einige ältere Leute hätten sie in ihrer österreichischen Betriebsstätte aufgesucht, wobei sie ihnen beim Ausfüllen von Unterlagen geholfen hätte. Diese Unterlagen seien jedoch von diesen Kunden nach Tschechien gesandt worden. Sie sei daher in Österreich nicht gewerblich tätig geworden. Wenn einige der befragten Kunden Gegenteiliges ausgeführt hätten, sei dies auf mögliche Strafandrohungen seitens des Finanzamtes zurückzuführen. Überdies seien telefonische Auskünfte bzw die Beantwortung von Fragebögen keine tauglichen Beweismittel iSd BAO. Die Annoncen seien von ihren tschechischen Mitarbeitern entworfen und über einen Medienverteilerring in Prag in europäischen, darunter auch österreichischen Zeitungen geschaltet worden

In der Folge ersuchte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin, persönlich zu einer Besprechung zu erscheinen, um so ihre Argumente mündlich vorzutragen sowie etwaige Beweismittel vorzulegen und Zeugen stellig zu machen. Zur Berechnung der Einkommensteuer im Weg des Progressionsvorbehaltes seien ihre in Tschechien erzielten Einkünfte bekannt zu geben. Bezüglich der Vermittlung von Aupairmädchen, Haushaltshilfen sowie Altenpflegerinnen in der österreichischen Betriebsstätte und der daraus erzielten Einkünfte wies die belangte Behörde auf die umfangreichen Angaben der niederschriftlich befragten Kunden hin, die als tatsächlichen Ort der Vertragsunterzeichnung nicht Tschechien, sondern Österreich angegeben hätten.

In der Vorhaltsbeantwortung führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, sie sehe keine Notwendigkeit, persönlich bei der belangten Behörde vorzusprechen. Der Prüfer habe die von ihr in Tschechien erzielten Einkünfte völlig unrichtig geschätzt. Vielmehr habe sie in den Streitjahren in Tschechien einen Verlust von rund 70.000 S sowie Gewinne von rund 166.000 S und 44.000 S erzielt, die in Tschechien besteuert worden seien. Ihre Einkünfte aus der Vermittlung von Aupairmädchen, Haushaltshilfen sowie Altenpflegerinnen unterlägen mangels einer diesbezüglichen Betriebsstätte in Österreich iSd DBA-CSSR in Österreich nicht der Besteuerung. In der österreichischen Betriebsstätte, in der ausschließlich die Partnervermittlung betrieben werde, würden im Hinblick auf die Vermittlung von Aupairmädchen, Haushaltshilfen sowie Altenpflegerinnen lediglich Vorbereitungen für die tschechische Betriebsstätte getroffen und Hilfstätigkeiten ausgeführt. Die sich aus der österreichischen Betriebsstätte in den Streitjahren erwirtschafteten Verluste habe sie ordnungsgemäß erklärt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde unter grundsätzlicher Beibehaltung der vom Prüfer angewandten Schätzungsmethode die Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1991 bis 1993 sowie betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1991 und 1993 insofern ab, als sie die vom Prüfer geschätzten Beträge geringfügig reduzierte und überdies mit den für die Jahre 1994 und 1995 bereits geschätzten Beträgen abglich (vgl das hg Erkenntnis vom heutigen Tag, 98/14/0064). Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe bereits anlässlich der abgabenbehördlichen Prüfung weder an der Sachverhaltsermittlung mitgewirkt noch an der Schlussbesprechung teilgenommen. Trotz mehrmaliger Aufforderung habe die Beschwerdeführerin die Höhe der von ihr in Tschechien erzielten Gewinne bzw Einkünfte nicht nachgewiesen, obwohl bei Auslandssachverhalten eine erhöhte Mitwirkungspflicht bestehe. Die Beschwerdeführerin habe sich trotz Aufforderung geweigert, persönlich zu einer Besprechung zu erscheinen, um so ihre Argumente mündlich vorzutragen und Beweismittel vorzulegen. Die Beschwerdeführerin habe trotz Vorhalte und Bekanntgabe der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens keine konkreten Einwendungen gegen die vom Prüfer vorgenommene Schätzung erhoben. Die Beschwerdeführerin habe somit ihre Offenlegungs- und Wahrheitspflicht verletzt. Die Beschwerdeführerin sei trotz einer überwältigenden Fülle von Beweismitteln nicht bereit, die offenkundige Nichtversteuerung von Einnahmen zuzugeben. Auf Grund der Angaben der befragten Kunden, denen in den Streitjahren von der Beschwerdeführerin Partner, Aupairmädchen, Haushaltshilfen oder Altenpflegerinnen vermittelt worden seien, sei als erwiesen anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin in Österreich steuerpflichtige Leistungen erbracht habe, die sie nicht aufgezeichnet habe. Unbestritten sei, dass die Beschwerdeführerin sowohl einen Wohnsitz in Tschechien als auch in Österreich habe. Bei Vorliegen eines Doppelwohnsitzes komme es für die Bestimmung der Ansässigkeit nach Art 4 Abs 2 DBA-CSSR u.a. auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen an, wobei sowohl die wirtschaftlichen als auch die persönlichen Verhältnisse ausschlagend seien. Für die Bestimmung der wirtschaftlichen Beziehungen seien insbesondere der Ort der Geschäftstätigkeit als auch der der Vermögensverwaltung ausschlaggebend. Die persönlichen Beziehungen zeigten sich insbesondere bei der Gestaltung des Familienlebens sowie bei den gesellschaftlichen, religiösen und sozialen Interessen und Aktivitäten. Im Zweifel komme den persönlichen Verhältnissen erhöhte Bedeutung zu. Aus den beschlagnahmten Unterlagen sowie den Angaben der befragten Kunden ergebe sich, dass der Mittelpunkt der wirtschaftlichen Interessen der Beschwerdeführerin in Österreich liege. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, liege jedenfalls der Mittelpunkt der persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin in Österreich, weil sie gemeinsam mit ihrem Ehemann, einem österreichischen Staatsbürger, und ihrer schulpflichtigen Tochter in der ehelichen Wohnung in Österreich wohne. Österreich sei somit im Verhältnis zu Tschechien Ansässigkeitsstaat und dürfe bis auf bestimmte in Tschechien erzielte Einkünfte alle Einkünfte der Beschwerdeführerin besteuern. Unbestritten sei weiters, dass die Beschwerdeführerin sowohl in Österreich als auch in Tschechien jeweils eine Betriebsstätte unterhalte, weswegen Österreich nach Art 7 DBA-CSSR die österreichischen Unternehmensgewinne besteuern dürfe. Allerdings stelle nach Art 5 Abs 4 lit e DBA-CSSR eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten werde, für das Unternehmen vorbereitende Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten auszuüben, keine Betriebsstätte dar. Bei einem Vermittlungsunternehmen stellten die Vermittlungsgespräche, die Vertragsunterzeichnungen sowie die Vertragsabwicklungen, die durchwegs in der österreichischen Betriebsstätte erfolgt seien, keine vorbereitenden Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten dar, sondern gehörten zu den Haupttätigkeiten eines solchen Unternehmens. Aus den beschlagnahmten Unterlagen sowie den Angaben der befragten Kunden sei ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin nicht aufgezeichnete Vermittlungsgebühren erhalten habe. Obwohl in den Vermittlungsverträgen als Ort des Vertragsabschlusses Tschechien angeben worden sei, hätten die befragten Kunden Österreich als tatsächlichen Ort des Vertragsabschlusses genannt. Für die Behauptung, die Angaben der befragten Kunden seien auf Strafandrohungen zurückzuführen, erbringe die Beschwerdeführerin keine Beweise. Es sei nicht einsichtig, aus welchen Gründen telefonische Auskünfte sowie die Beantwortung von Fragebögen keine tauglichen Beweismittel iSd BAO darstellen sollten. Die Schätzungsbefugnis bestehe daher dem Grunde nach zu Recht. Allerdings habe sich nach Befragung weiterer Kunden herausgestellt, die von der Beschwerdeführerin nicht erklärten Vermittlungsgebühren hätten in den Jahren 1991 bis 1995 rund 355.000 S betragen, wovon rund 91.000 S auf die Streitjahre entfallen seien. Die aus den beschlagnahmten Unterlagen vom Prüfer für die Streitjahre errechneten, nicht erklärten Vermittlungsgebühren blieben unverändert. Der zur Abdeckung des Unsicherheitsfaktors für jeden nicht befragten Kunden vom Prüfer angesetzte Betrag sei auf Grund der geänderten Zurechnung auf rund 6.000 S abzuändern. Der sich nunmehr für die Jahre 1991 bis 1995 ergebende Betrag von rund 512.000 S, wovon rund 201.000 S auf die Streitjahre entfielen, sei im Verhältnis der bereits vorgenommenen Zuschätzung aufzuteilen. Österreich dürfe als Ansässigkeitsstaat nach Art 23 Abs 2 lit a DBA-CSSR bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen den Steuersatz anwenden, der anzuwenden wäre, wenn die betreffenden Einkünfte nicht von der Besteuerung ausgenommen wären. Für die Berechnung der Einkommensteuer im Weg des Progressionsvorbehaltes sei somit die Bekanntgabe der von der Beschwerdeführerin in Tschechien erzielten Gewinne bzw Einkünfte erforderlich. Da die Beschwerdeführerin trotz mehrmaliger Aufforderung die Höhe der von ihr in Tschechien erzielten Gewinne bzw Einkünfte nicht nachgewiesen habe, seien diese zu Recht vom Prüfer geschätzt worden. Laut ihren Angaben beziehe die Beschwerdeführerin aus Tschechien monatlich 30.000 S bis 40.000 S, die nicht nur aus von ihr in Tschechien ausgeübten Tätigkeiten, sondern auch aus Privatersparnissen sowie aus Zuschüssen einer politischen Organisation stammten. Mangels jeglicher Aufgliederung der von der Beschwerdeführerin aus Tschechien bezogenen Beträge und der Weigerung, tschechische Steuerbescheide vorzulegen, werde davon ausgegangen, die Beschwerdeführerin habe in Tschechien Einkünfte von jährlich 360.000 S bezogen, die zur Berechnung der Einkommensteuer im Weg des Progressionsvorbehaltes zum Ansatz zu bringen seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete und von diesem nach dem ablehnenden Beschluss vom 10. Dezember 1997, B 2630/97, ihm gemäß Art 144 Abs 3 B-VG abgetretene Beschwerde erwogen:

1. Umfang der Steuerpflicht

Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin nicht nur in Tschechien, sondern auch in Österreich einen Wohnsitz hat, weswegen sie iSd § 1 Abs 2 EStG 1988 in Österreich unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländische Einkünfte.

Strittig ist zunächst, ob die Beschwerdeführerin in Tschechien oder in Österreich ansässig iSd Art 4 DBA-CSSR ist. Die eben erwähnte Bestimmung lautet folgendermaßen:

"Steuerlicher Wohnsitz

(1) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck 'eine in einem Vertragstaat ansässige Person' eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthaltes, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist.

(2) Ist nach Absatz 1 eine natürliche Person in beiden Vertragstaaten ansässig, so gilt folgendes:

a) Die Person gilt als in dem Vertragstaat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt. Verfügt sie in beiden Vertragstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Vertragstaat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

b) Kann nicht bestimmt werden, in welchem Vertragstaat die Person den Mittelpunkt der Lebensinteressen hat, oder verfügt sie in keinem der Vertragstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Vertragstaat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

c) Hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Vertragstaaten oder in keinem der Vertragstaaten, so gilt sie als in dem Vertragstaat ansässig, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt.

d) Besitzt die Person die Staatsangehörigkeit beider Vertragstaaten oder keines Vertragstaates, so werden sich die zuständigen Behörden der Vertragstaaten bemühen, die Frage in gegenseitigem Einvernehmen zu regeln.

(3) .... ."

Da die Beschwerdeführerin in beiden Vertragstaaten über eine ständige Wohnstätte verfügt, ist nach Art 4 Abs 2 lit a DBA-CSSR entscheidend, in welchem Vertragstaat der Mittelpunktes ihrer Lebensinteressen gelegen ist.

Bei Bestimmung des Mittelpunktes der Lebensinteressen kommt es auf persönliche und wirtschaftliche Beziehungen an. Die persönlichen Beziehungen schlagen sich insbesondere in der Gestaltung des Familienlebens sowie in gesellschaftlichen, religiösen und sozialen Interessen und Aktivitäten nieder. Für die Bestimmung der wirtschaftlichen Beziehungen sind insbesondere die Höhe der Einkünfte in den Vertragstaaten ausschlaggebend. Im Zweifel kommt den persönlichen Beziehungen - und dort wiederum der Gestaltung des Familienlebens - der Vorrang zu (vgl das hg Erkenntnis vom 26. Juli 2000, 95/14/0145, mwA).

Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Ehemann, einem österreichischen Staatsbürger, und ihrer schulpflichtigen Tochter in der ehelichen Wohnung in Österreich wohnt. Die belangte Behörde hat daher zu Recht die engeren persönlichen Beziehungen der Beschwerdeführerin zu Österreich angenommen, weswegen Österreich als Ansässigkeitsstaat iSd Art 4 DBA-CSSR anzusehen ist. Ob die Beschwerdeführerin engere wirtschaftliche Beziehungen zu Tschechien oder zu Österreich hat, ist für die Frage der Ansässigkeit somit nicht mehr entscheidend.

Strittig ist weiters, ob die Beschwerdeführerin Aupairmädchen, Haushaltshilfen sowie Altenpflegerinnen in der österreichischen Betriebsstätte iSd Art 7 Abs 1 iVm Art 5 Abs 4 lit e DBA-CSSR vermittelt hat. Die eben erwähnten Bestimmungen lauten folgendermaßen:

"Unternehmensgewinne

(1) Gewinne eines Unternehmens eines Vertragstaates dürfen nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Tätigkeit im anderen Vertragstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte aus. Übt das Unternehmen seine Tätigkeit auf diese Weise aus, so dürfen die Gewinne des Unternehmens im anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit als sie dieser Betriebstätte zugerechnet werden können.

(2) .... .

Betriebsstätte

(1) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck 'Betriebsstätte' eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird.

(2) und (3) .... .

(4) Ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen dieses Artikels

gelten nicht als Betriebsstätten:

a) bis d) .... ;

  1. e) eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten wird, für das Unternehmen andere Tätigkeiten auszuüben, die vorbereitender Art sind oder eine Hilfstätigkeit darstellen;

    f) .... ."

    Der belangten Behörde kann nicht mit Erfolg entgegentreten werden, wenn sie zunächst zu dem mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten im Einklang stehenden Schluss gelangt ist, bei der Vermittlung von Aupairmädchen, Haushaltshilfen sowie Altenpflegerinnen stellten die Vermittlungsgespräche, die Vertragsunterzeichnungen sowie die Vertragsabwicklungen keine vorbereitenden Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, sondern Haupttätigkeiten dar.

    Ob die Vermittlung von Aupairmädchen, Haushaltshilfen sowie Altenpflegerinnen von der Beschwerdeführerin in Österreich oder in Tschechien betrieben worden ist, war eine von der belangten Behörde auf der Tatsachenebene zu lösende Sachverhaltsfrage. Nach § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist. In den Fällen, in denen die Behörde in Ausübung der freien Beweiswürdigung zu ihrer Erledigung gelangt, obliegt dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung, ob die Tatsachenfeststellungen auf aktenwidrigen Annahmen beruhen oder in einem mangelhaften Verfahren zu Stande gekommen sind oder gegen die Denkgesetze oder das allgemeine menschliche Erfahrungsgut verstoßen (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 7. August 2001, 95/14/0041). Die belangte Behörde ist unter Berücksichtigung der Ergebnisse des umfangreichen Ermittlungsverfahrens (Angaben der befragten Kunden, denen von der Beschwerdeführerin Aupairmädchen, Haushaltshilfen sowie Altenpflegerinnenvermittelt worden sind, Auswertung beschlagnahmter Unterlagen) in freier Beweiswürdigung zu dem Schluss gelangt, die Beschwerdeführerin habe in der österreichischen Betriebsstätte Aupairmädchen, Haushaltshilfen sowie Altenpflegerinnen vermittelt. Der belangten Behörde kann keine Rechtswidrigkeit vorgeworfen werden, wenn sie den gegenteiligen Behauptungen der Beschwerdeführerin keinen Glauben geschenkt hat, zumal die Beschwerdeführerin keine ordnungsmäßigen Aufzeichnungen geführt hat, ihre Offenlegungs- und Wahrheitspflicht verletzt und ihre Behauptungen weder bewiesen noch glaubhaft gemacht hat sowie trotz Aufforderung zu keiner persönlichen Vorsprache bei der belangten Behörde bereit gewesen ist.

    Mit der bloßen Behauptung, die Befragung der Kunden sei im Wesentlichen durch Versendung tendenziös vorformulierter Fragebögen sowie telefonisch erfolgt, zeigt die Beschwerdeführerin ebenso keine Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, wie mit den nicht konkretisierten Ausführungen, der angefochtene Bescheid sei nicht ausreichend begründet, sie sei nicht gehört worden, es hätten weitere Beweise aufgenommen und Sachverhaltsklärungen herbeigeführt werden müssen.

    2. Schätzung

    Strittig ist, ob die Grundlagen für die Abgabenerhebung iSd § 184 BAO von der belangten Behörde dem Grunde und der Höhe nach zu Recht geschätzt worden sind. Die eben erwähnte Bestimmung lautet folgendermaßen:

    "Schätzung der Grundlagen für die Abgabenerhebung

(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskünfte über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs 1) wesentlich sind.

(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen."

Die belangte Behörde hat die Grundlagen für die Abgabenerhebung sowohl mangels ordnungsmäßiger Aufzeichnungen als auch wegen Verletzung der der Beschwerdeführerin obliegenden Offenlegungs- und Wahrheitspflicht geschätzt. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, die belangten Behörde wäre dabei rechtswidrig vorgegangen.

Wie bereits im Administrativverfahren tritt die Beschwerdeführerin den Feststellungen des Prüfers und diesen zum Teil folgend den der belangten Behörde mit keinen konkreten Einwendungen entgegen. Mit bloßen Behauptungen (Beweismittel seien nicht im Rahmen eines einwandfreien Verfahrens zustande gekommen, die Art der Befragung der Kunden sei unzulässig gewesen, auf die befragten Kunden sei Druck ausgeübt worden, die von der belangten Behörde herangezogenen Schätzungsgrundlagen entbehrten jedweder realen Grundlage) zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Ein Sicherheitszuschlag gehört zu den Elementen der Schätzung (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 26. November 1996, 92/14/0212), weil davon auszugehen ist, dass bei mangelhaften Aufzeichnungen nicht nur nachgewiesenermaßen nicht aufgezeichnete, sondern auch weitere Einnahmen nicht aufgezeichnet worden sind. Nach ständiger hg Rechtsprechung muss schließlich derjenige, der zu einer Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen (vgl das hg Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0032).

Gegen die Höhe der von der belangten Behörde geschätzten, in Tschechien erzielten Einkünfte, die zur Berechnung der Einkommensteuer im Weg des Progressionsvorbehaltes zum Ansatz gebracht worden sind, hat die Beschwerdeführerin ebenso wie zur Berechnung der Einkommensteuer als solche keine Einwendungen erhoben.

Hinsichtlich der behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften wird auf das unter 1. Ausgeführte verwiesen.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 501/2001.

Wien, am 19. März 2002

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