Normen
GrEStG 1987 §1 Abs2;
GrEStG 1987 §1 Abs4;
GrEStG 1987 §1 Abs2;
GrEStG 1987 §1 Abs4;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von S 30.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die "in Gründung befindliche Lackner-Zötsch Invest Ges.m.b.H."
schloss am 4. Oktober 1995 mit dem nunmehrigen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers einen Treuhandvertrag ab, wonach letzterer als Treuhänder für die in Gründung befindliche GmbH (Treugeberin) die Liegenschaft in Leoben, Hauptplatz 21 von der K-OHG erworben habe und derzeit außerbücherlicher Eigentümer dieser Liegenschaft sei. Nach dieser Vereinbarung sollte der Treuhänder die Liegenschaft auf Rechnung der Treugeberin innehaben. Er verpflichtete sich, sämtliche mit dem Vertragsgegenstand verbundenen Rechte ausschließlich über Weisung der Treugeberin auszuüben und sämtliche wie immer geartete Erträgnisse des Vertragsgegenstandes unverzüglich und unaufgefordert an die Treugerberin herauszugeben. Die Treugeberin hatte sämtliche mit der Errichtung des Vertrages sowie mit künftigen Übertragungshandlungen des Vertragsgegenstandes verbundenen Kosten, Rechtsgeschäftsgebühren und Verkehrsteuern zu tragen. Der Vertrag enthält unmittelbar unter dem Text: "Firma Lackner-Zötsch Invest Ges. m. b. H. in Gründung" die Unterschrift des Ing. Karl Lackner, daneben befindet sich die Unterschrift des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführervertreter unterfertigte den Vertrag "als Treuhänder". Der am selben Tag zwischen der K-OHG und dem Beschwerdeführervertreter abgeschlossene Kaufvertrag, für den Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 vorgeschrieben wurde, bildet den Gegenstand des hg. Erkenntnisses von heute, Zl. 98/16/0376.
Am 10. November 1995 unterfertigte der Beschwerdeführervertreter als Käufer einen Kaufvertrag mit der St-AG betreffend die Liegenschaft in Leoben, Hauptplatz 11. Am selben Tag schloss wiederum die "in Gründung befindliche Lackner-Zötsch Invest Ges. m. b. H." mit dem Beschwerdeführervertreter einen Treuhandvertrag hinsichtlich dieser Liegenschaft ab, der auf erfolgten Erwerb dieser Liegenschaft durch den Beschwerdeführervertreter verweist und im Wesentlichen dem Treuhandvertrag vom 4. Oktober 1995 glich. Der Beschwerdeführer unterfertigte den Vertrag oberhalb des Textes: "für die Firma Lackner-Zötsch Invest Ges.m.b.H. in Gründung". Weiters enthielt der Vertrag gesondert die Unterschriften des Beschwerdeführers und des Ing. Karl Lackner sowie des Beschwerdeführervertreters "als Treuhänder".
Die Verträge wurden dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Graz (im Folgenden: Finanzamt) angezeigt.
Am 18. Februar 1997 erließ das Finanzamt (im zweiten Rechtsgang) zwei Bescheide gegen den Beschwerdeführer, mit denen diesem jeweils der im ersten Rechtsgang für ein Grundstück errechnete Steuerbetrag unter Berufung auf den "Kaufvertrag vom 4. Oktober 1995 Treuhandvertrag vom 04. 10. 1995"(Steuernummer 354/2325) einerseits, sowie unter Berufung auf den Treuhandvertrag vom 10. November 1995 (Steuernummer 354/2010) andererseits, vorgeschrieben wurde.
Der Beschwerdeführer erhob gegen die beiden ihn betreffenden Bescheide Berufung. In beiden Berufungen ließ der Beschwerdeführer das Bestehen der Treuhandverhältnisse und den tatsächlichen Erwerb der Grundstücke durch den Treuhänder unbestritten. Zum Bescheid betreffend den Treuhandvertrag vom 4. Oktober 1995 führte er aus, es sei nicht ersichtlich, welchen Tatbestand des § 1 GrEStG 1987 er verwirklicht haben sollte. Die Berufung gegen den Bescheid, der sich auf den Treuhandvertrag vom 10. November 1995 bezog, begründete der Beschwerdeführer damit, es sei mit diesem Treuhandvertrag keine Pflicht für den Treuhänder begründet worden, die Liegenschaft den Treugebern irgendwann zu übertragen. Daraus folge aber, dass der Treugeber weder aus dem Treuhandverhältnis noch aus irgendeinem Auftrag dieses Grundstück erwerbe. Das treuhänderische Verhältnis sei im konkreten Fall vor dem Erwerb dieses Grundstückes begründet worden, der Treuhandvertrag sei rechtsgültig bereits am 10. November 1995 unterfertigt worden, der Kaufvertrag (von der Verkäuferseite) hingegen erst am 19. Dezember 1995. Der Erwerb des Treuhänders unterliege der Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987. Da aber für den Treuhänder mit dem Erwerb des Grundstückes keine Verpflichtung begründet worden sei, das Grundstück dem Treugeber herauszugeben, liege kein Grundstücksbeschaffungsauftrag vor und somit könne nicht von zwei selbständig steuerpflichtigen Rechtsvorgängen ausgegangen werden. Es sei unbillig, für jeden (konstruierten) Vorgang die Grunderwerbsteuer zu erheben, da ja nur ein Umsatz des Grundstückes erfolgt sei. Sollte die Behörde weiterhin von einem steuerpflichtigen Vorgang ausgehen, so könne jedenfalls nicht nochmals der Kaufvertrag vom 19. Dezember 1995 (Unterfertigung durch die Käuferin) eine Steuerpflicht auslösen. Gemäß § 1 Abs. 4 GrEStG 1987 könnte eine Steuer vom zeitlich nachfolgenden Kaufvertrag nur dann erhoben werden, wenn bei diesem Rechtsvorgang eine Gegenleistung vereinbart worden wäre, die höher als die bisherige Bemessungsgrundlage sei.
Mit den Berufungsvorentscheidungen vom 30. April 1997 wies das Finanzamt beide Berufungen als unbegründet ab.
Der Beschwerdeführer beantragte ohne weitere Begründung die Vorlage der Berufungen an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit den angefochtenen Bescheiden setzte die belangte Behörde die Grunderwerbsteuer für die beiden Grundstücke neu fest und wies im Übrigen die Berufungen als unbegründet ab. Die belangte Behörde berief sich auf § 1 Abs. 2 GrEStG 1987 und stellte klar, dass Steuergegenstand alleine die Erwerbe aus den Treuhandverträgen seien. Die Steuerpflicht nach dieser Bestimmung entstehe unter anderem bei Treuhandverhältnissen. Bei der Treuhand erhalte der Treuhänder Rechte übertragen, die er im eigenen Namen, aber auf Grund einer besonderen obligatorischen Bindung zum Treugeber nur in einer bestimmten Weise ausüben solle. Im Fall der fiduziarischen Treuhand werde dem Treuhänder das dingliche oder obligatorische Vollrecht an dem Treugut übertragen. Der Treuhänder übe das Recht im eigenen Namen, aber - in der Regel - im fremden Interesse und für fremde Rechnung aus. Nach außen hin sei er vollberechtigter Eigentümer des Treugutes. Durch ein vom Treuhänder mit einem Dritten geschlossenes Rechtsgeschäft würden dingliche oder obligatorische Rechte zunächst nur zwischen diesen beiden Vertragskotrahenten begründet. Der Treuhänder sei im Innenverhältnis lediglich dem Treugeber verpflichtet. Die Steuerschuld nach § 1 Abs. 2 GrEStG 1987 entstehe gleichzeitig mit der Begründung des Übereignungsanspruches für den Treuhänder. Eine Verwertungsmöglichkeit sei jedenfalls dann gegeben, wenn der Treugeber den Kapitalwert der vom Treuhänder erworbenen Liegenschaft realisieren könne. Es sei für den Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG 1987 nicht erforderlich, bürgerlich-rechtlicher Eigentümer zu sein. Es sei daher entscheidend, ob der Beschwerdeführer mit dem Erwerb der Liegenschaft durch den Treuhänder die wirtschaftliche Verfügungsmacht und somit eine Verwertungsbefugnis hinsichtlich der Liegenschaften erlangt habe. Bedeutungslos sei, auf welche Weise diese Verwertungsmöglichkeit realisiert werden sollte. In den Berufungen gegen die Bescheide vom 9. Jänner 1996 bzw. vom 21. Juni 1996 sei vom Beschwerdeführer ausgeführt worden, dass der Ankauf der gegenständlichen Grundstücke durch den Treugeber finanziert wurde und dem Treuhänder insgesamt die tatsächliche Verwertungsbefugnis fehlen würde. Daraus ergebe sich, dass durch den Erwerb dieser Grundstücke und die in den Treuhandverträgen gegenüber dem Beschwerdeführer übernommenen Verpflichtungen der Treuhänder dem Beschwerdeführer auch gleichzeitig die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Grundstück verschafft habe, mit den Worten des Gesetzes also einen Rechtsvorgang gesetzt habe, der es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglicht, eine inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.
§ 1 Abs. 4 GrEStG 1987 komme nicht zur Anwendung, weil damit nur eine doppelte Versteuerung zwischen denselben Vertragspartnern vermieden werden solle.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Grunderwerbsteuerfreiheit verletzt erachtet.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die Gegenschriften der belangten Behörde vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
Da der Beschwerdeführer offenkundig keinen der Tatbestände des § 1 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (GrEStG 1987) erfüllt hat, kommt, wie die belangte Behörde zutreffend angenommen hat, nur der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG 1987 in Betracht. Nach dieser Bestimmung unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (s. etwa die Erkenntnisse vom 15. Jänner 1958, Zl. 1776/57, vom 22. Oktober 1976, Zl. 1995/75 und vom 25. Juni 1992, Zlen. 91/16/0049, 0050) die Auffassung vertreten, dass der Treugeber mit dem Erwerb des Grundstückes durch den Treuhänder - dabei kommt es auf den Beweggrund des Erwerbsvorganges nicht an - zugleich die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das betreffende Grundstück im Sinne des § 1 Abs 2 GrEStG 1987 erwirbt (s. auch Doralt/Ruppe, Steuerrecht II4 (2001), Rz. 160).
Die Kürzungsvorschrift des § 1 Abs. 4 GrEStG 1987 kommt beim Erwerb der Verwertungsbefugnis durch den Treugeber nicht zur Anwendung, weil Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung ein mehrmaliger Erwerb zwischen denselben Personen ist (also beispielsweise der zivilrechtliche Erwerb des Treugebers vom Treuhänder; Doralt/Ruppe, aaO, Rz. 162).
Die Treuhandverträge wurden auf Treugeberseite jedoch nicht vom Beschwerdeführer, sondern von einer in Gründung befindlichen GmbH abgeschlossen; der Beschwerdeführer hat in einem Fall den Treuhandvertrag "für" diese in Gründung befindliche Gesellschaft unterfertigt; in welcher Eigenschaft seine anderen Fertigungen erfolgten, lässt sich aus den Urkunden nicht entnehmen. Aus dem vorgelegten Akt ergibt sich - entsprechende Feststellungen wurden von der belangten Behörde nicht getroffen -, dass es offenbar in Folge zur Eintragung der Gesellschaft, wenn auch mit geändertem Firmenwortlaut ("Lackner-Zötsch Privatstiftungen Immobilieninvestmentges. m. b. H."), gekommen ist, wobei Gesellschafter die Günther Zötsch-Privatstiftung sowie die Karl Lackner- Privatstiftung waren. Der Gesellschaftsvertrag der Lackner-Zötsch Privatstiftungen Immobilieninvestmentges. m. b. H. stammt vom 29. November 1995, die Eintragung beim Handelsgericht Wien erfolgte am 19. April 1996. Unter diesem Namen wurde die Gesellschaft beim Finanzamt für Körperschaften Wien (als zuständigem Körperschaftsteuerfinanzamt) geführt. Im Jahresabschluss der Gesellschaft zum 31. Dezember 1995 wurden die beiden gegenständlichen Liegenschaften im Anlagevermögen aktiviert.
Als die Treuhandverträge abgeschlossen wurden, existierte also hinsichtlich der offenbar in Aussicht genommenen Gesellschaft noch kein Gesellschaftsvertrag, es bestand zu diesen Zeitpunkten somit eine bloße Vorgründungsgesellschaft (und entgegen den Ausführungen der belangten Behörde in den Gegenschriften noch keine Vorgesellschaft, hg. Erk. vom 3. Juli 1991, Zl. 91/14/0062, mit weiteren Nachweisen). Der Beschwerdeführer hat (auch) im Namen dieser Gesellschaft einen Treuhandvertrag unterzeichnet.
Die angefochtenen Bescheide begründen mit keinem Wort, warum der Beschwerdeführer als Steuerschuldner herangezogen wurde. Erst in der Gegenschrift wird offen gelegt, der Beschwerdeführer sei als "Repräsentant des Rechtsgebildes der Vorgesellschaft" zur Abgabenentrichtung herangezogen worden. Warum der Beschwerdeführer auf Grund seines Handelns für die Vorgründungs-GmbH selbst Verwertungsbefugnis erlangt haben soll, bleibt offen. Auch aus der Tatsache, dass er in einem Fall den Treuhandvertrag noch einmal unterzeichnet hat, ergibt sich dies nicht ohne weiteres, da der Beschwerdeführer ebenso als Vertretungsbefugter der späteren Gesellschafterin "Günther Zötsch-Privatstiftung" tätig geworden sein könnte. Der angefochtene Bescheid lässt mangels Bezugnahme auf irgendeine Haftungsvorschrift auch nicht erkennen, dass der Beschwerdeführer als Haftungspflichtiger herangezogen worden wäre, darüber hinaus gilt nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 21. April 1998, 2 Ob 2254/96a, EvBl. 1998/168, im Stadium der Vorgründungsgesellschaft keine Handelndenhaftung iSd § 2 Abs. 1 GmbHG.
Das Wesen einer bloß nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof setzt das Vorliegen eines Bescheides voraus, in dessen Begründung (§ 93 Abs. 3 lit. a BAO) die Ergebnisse eines Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst werden. Die gesetzmäßige Begründung eines Bescheides erfordert somit in einem ersten Schritt die Feststellung jenes, in einem nach Maßgabe der Verfahrensgesetze amtswegig geführten Ermittlungsverfahren erhobenen Sachverhaltes, welchen die Behörde ihrer rechtlichen Beurteilung zugrunde legt, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche sie im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung von Recht und Pflicht dazu bewogen hat, gerade jenen Sachverhalt festzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1998, Zl. 98/16/0146). Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid schon deshalb nicht, weil er keine Sachverhaltsfeststellungen enthält, aus denen sich letztlich eine eindeutige Abgabenpflicht des Beschwerdeführers in Folge eines Rechtsvorganges nach § 1 Abs. 1 oder 2 GrEStG 1987 ergeben könnte.
Weil der Sachverhalt somit in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. August 2001
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