VwGH 98/09/0358

VwGH98/09/035828.9.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des EH in, vertreten durch Dr. Karl Heinz Fibrich und Dr. Hermann Rathschüler, Rechtsanwälte in 8600 Bruck an der Mur, Schiffgasse 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 27. Oktober 1998, Zl. UVS 30.11-43/98-24, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §49 Abs1 Z1;
EMRK Art6 Abs1;
EMRK Art6 Abs3 litd;
EMRK Art6;
VStG §24;
VStG §38;
VStG §51g Abs1;
VStG §51g Abs2;
VStG §51g Abs3;
VStG §51i;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §49 Abs1 Z1;
EMRK Art6 Abs1;
EMRK Art6 Abs3 litd;
EMRK Art6;
VStG §24;
VStG §38;
VStG §51g Abs1;
VStG §51g Abs2;
VStG §51g Abs3;
VStG §51i;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Oktober 1998 wurde der Beschwerdeführer der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a (in Verbindung mit § 3 Abs. 1) Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, er habe vom 1. Oktober 1997 bis zumindestens 2. Oktober 1997 den albanischen Staatsangehörigen Almant Xheka ohne die erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Genehmigungen für Hilfsarbeiten (Dachbodenentrümpelung) in Bruck an der Mur, Friedrichsallee beschäftigt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) und Kostenbeiträge von S 1.000,-- für das erstinstanzliche Verfahren und S 2.000,-- für das Berufungsverfahren verhängt.

In der Begründung führte die belangte Behörde - unter anderem - aus, der Beschwerdeführer und sein Neffe (MH) seien übereingekommen, dass bei der Dachbodenentrümpelung Familienmitglieder, Bekannte und Ausländer helfen sollten. MH habe den Kontrollorganen gegenüber erklärt, sein Onkel wisse davon, dass AX mit auf der Baustelle sei und dieser sich damit einverstanden erklärt habe. Im Zuge der Kontrolle seien Aufzeichnungen über die Sachaufwendungen und die Arbeitsstunden vorgefunden worden. "Auf Grund dessen" habe festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer mit seinem Neffen vereinbart habe, dass dieser zusammen mit Familienangehörigen, Bekannten und Ausländern die Entrümpelungsarbeiten durchführen, die dabei entstandenen Kosten aufzeichnen und dem Beschwerdeführer in Rechnung stellen werde. Zur Beweiswürdigung führte die belangte Behörde - unter anderem - aus, sie schenke "in diesem Zusammenhang den im Protokoll des Arbeitsinspektors Mag. S vom 6.10.1997 enthaltenen Aussagen von MH, die dieser gegenüber den Kontrollorganen gemacht hat mehr Glauben, nämlich, dass der Berufungswerber wusste, dass MH X mit auf die Baustelle genommen habe und dass sich der Berufungswerber damit auch einverstanden erklärt hat; die gegenteiligen Angaben des Berufungswerbers werden als Schutzbehauptung qualifiziert".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht der ihm nach dem AuslBG zur Last gelegten Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid allenfalls nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; BGBl. Nr. 210/1958) hat jedermann Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder über die Stichhaltigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden, jedoch kann die Presse und die Öffentlichkeit während der gesamten Verhandlung oder eines Teiles derselben im Interesse der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einem demokratischen Staat ausgeschlossen werden oder wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen, oder, und zwar unter besonderen Umständen, wenn die öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde, in diesem Fall jedoch nur in dem nach Auffassung des Gerichts erforderlichen Umfang.

Bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld wird nach dem Absatz 2 des genannten Artikels vermutet, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist.

Nach Art. 6 Abs. 3 EMRK hat jeder Angeklagte zumindestens (englischer Text) insbesondere (französischer Text) die folgenden Rechte:

a) in möglichst kurzer Zeit in einer für ihn verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über die Art und den Grund der gegen ihn erhobenen Beschuldigung in Kenntnis gesetzt zu werden;

b) über ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung zu verfügen;

c) sich selbst zu verteidigen oder den Beistand eines Verteidigers seiner Wahl zu erhalten und, falls er nicht über die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers verfügt, unentgeltlich den Beistand eines Pflichtverteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;

d) Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung der Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen wie die der Belastungszeugen zu erwirken;

e) die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers zu verlangen, wenn der Angeklagte die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder sich nicht darin ausdrücken kann.

Gemäß § 51e Abs. 1 VStG hat der unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, dann ist zufolge § 51i VStG bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet, oder als es sich um Beweiserhebungen handelt, deren Erörterung infolge des Verzichts auf eine fortgesetzte Verhandlung gemäß § 51e Abs. 5 entfallen ist.

Gemäß § 51g Abs. 1 VStG hat der unabhängige Verwaltungssenat die zur Entscheidung der Sache erforderlichen Beweise aufzunehmen.

Nach Abs.2 leg. cit. sind außer dem Verhandlungsleiter die Parteien und ihre Vertreter, insbesondere der Beschuldigte, im Verfahren vor einer Kammer auch die übrigen Mitglieder berechtigt, an jede Person, die vernommen wird, Fragen zu stellen. Der Verhandlungsleiter erteilt ihnen hiezu das Wort. Er kann Fragen, die nicht der Aufklärung des Sachverhaltes dienen, zurückweisen.

Nach Abs. 3 leg. cit. dürfen Niederschriften über die Vernehmung des Beschuldigten oder von Zeugen sowie die Gutachten der Sachverständigen nur verlesen werden, wenn

1. die Vernommenen in der Zwischenzeit gestorben sind, ihr Aufenthalt unbekannt ist oder ihr persönliches Erscheinen wegen ihres Alters, wegen Krankheit oder Gebrechlichkeit oder wegen entfernten Aufenthaltes oder aus anderen erheblichen Gründen nicht verlangt werden kann oder

2. die in der mündlichen Verhandlung Vernommenen in wesentlichen Punkten von ihren früheren Aussagen abweichen oder

3. Zeugen, ohne dazu berechtigt zu sein, oder Beschuldigte, die Aussage verweigern oder

4. alle anwesenden Parteien zustimmen.

Sonstige Beweismittel, wie Augenscheinsaufnahmen, Fotos oder Urkunden müssen dem Beschuldigten nach Abs. 4 leg. cit. vorgehalten werden. Es ist ihm Gelegenheit zu geben, sich dazu zu äußern.

Gemäß § 38 VStG sind die Verwandten und Verschwägerten des Beschuldigten in auf- und absteigender Linie, seine Geschwisterkinder und Personen, die mit ihm noch näher verwandt sind oder im gleichen Grad verschwägert sind, sein Ehegatte, Wahl- und Pflegeeltern, Wahl- und Pflegekinder, sein Vormund und die Pflegebefohlenen von der Verbindlichkeit zur Ablegung eines Zeugnisses auch dann befreit, wenn die in § 49 Abs. 1 Z. 1 AVG vorgesehenen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Gemäß § 49 Abs. 1 Z. 1AVG darf die Aussage von einem Zeugen verweigert werden über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen, seinem Ehegatten, seinem Verwandten oder Verschwägerten in auf- oder absteigender Linie, seinem Geschwisterkind oder einer Person, die mit ihm noch näher verwandt oder im gleichen Grad verschwägert ist, ferner seinen Wahl- oder Pflegeeltern, Wahl- oder Pflegekindern, seinem Vormund oder Pflegebefohlenen, einen unmittelbaren bedeutenden Vermögensnachteil oder die Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung zuziehen oder zur Schande gereichen würde.

Der Beschwerdeführer rügt in seiner Beschwerde unter anderem die Verwertung der Aussage seines Neffen MH. In der Verhandlung vor der belangten Behörde habe MH von seinem Entschlagungsrecht Gebrauch gemacht. Obwohl er darauf nicht aufmerksam gemacht worden sei, sei MH dieses Entschlagungsrecht während des gesamten Verfahrens ab Kenntnis durch das Arbeitsinspektorat zugekommen. Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.

Im Beschwerdefall hängt die Bestrafung des Beschwerdeführers entscheidend davon ab, ob ihm eine Beschäftigung des Ausländers AX als Verwaltungsübertretung nach dem AuslBG deshalb angelastet werden kann, weil er im Sinne der von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Vereinbarung mit seinem Neffen MH davon gewusst bzw. es geduldet hat, dass auch Ausländer für die Dachbodenentrümpelung verwendet (beschäftigt) werden. Wäre die Beschäftigung des genannten Ausländers ohne sein Wissen und ohne seine Zustimmung erfolgt, hätte der Beschwerdeführer hingegen keine Verwaltungsübertretung nach dem AuslBG zu verantworten (vgl. hiezu etwa auch das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/09/0232).

Die für den Schuldspruch im Beschwerdefall somit entscheidende Feststellung wurde nach der Begründung des angefochtenen Bescheides jedoch ausschließlich darauf gestützt, dass die belangte Behörde der im Protokoll des Arbeitsinspektors festgehaltenen Aussage des Neffen des Beschwerdeführers Glauben schenkte und die vor ihr in der mündlichen Verhandlung abgelegte Aussage des Beschwerdeführers lediglich als "Schutzbehauptung" qualifizierte.

Bei der Verwertung des belastenden Protokolls des Arbeitsinspektors über die Aussage des Neffen MH hat die belangte Behörde die Rechtslage wie folgt verkannt:

Der Zeuge MH hat sich berechtigterweise gemäß § 38 VStG vor der belangten Behörde der Aussage entschlagen. Demnach stand einer Verlesung und Verwertung außerhalb dieser Verhandlung abgelegter (früherer) Aussagen dieses Zeugen die Bestimmung des § 51g Abs. 1 in Verbindung mit § 51i VStG entgegen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. März 1994, Zl. 94/09/0047, und die darin angegebene Literatur).

Abgesehen davon, dass die in der Verhandlungsschrift vom 28. Mai 1998 gewählte Protokollierung "dem Beweisverfahren zugrundegelegt wird der erstinstanzliche Akt. Auf die Verlesung wird verzichtet" nicht hinreichend erkennen lässt, ob das belastende Protokoll des Arbeitsinspektors damit als verlesen anzusehen ist, liegt die Problematik im Beschwerdefall nicht in der Verlesung des Protokolls, sondern in der Verwertung dieses mittelbaren Beweismittels eines "Zeugen vom Hörensagen". Das verwertete belastende Protokoll wurde nicht im Rahmen des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens aufgenommen, sondern vom Arbeitsinspektor im Vorfeld des eigentlichen Strafverfahrens. Für die Heranziehung eines derartigen Vernehmungsprotokolls, welches außerhalb des konkreten Strafverfahrens aufgenommen wurde, ist § 51g Abs. 3 VStG sinngemäß anzuwenden (vgl. hiezu auch Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate, 2. Auflage 1992, Seite 315). Dazu kommt, dass auch im verwerteten Protokoll des Arbeitsinspektors keine förmliche Vernehmung des MH erfolgte, sondern seine Aussage in der Form dort festgehalten wurde, dass der Arbeitsinspektor darüber berichtet, welche Erklärung MH angeblich ihm gegenüber abgegeben habe. Dass dabei das Entschlagungsrecht des Zeugen MH erörtert worden wäre, lässt sich dem Protokoll des Arbeitsinspektors nicht entnehmen.

Art. 6 EMRK gebietet bei der Verwertung eines derartigen Beweismittels, wie es von der belangten Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung herangezogen wurde, die Anforderungen eines fairen Verfahrens zu beachten.

Alle Beweise müssen normalerweise in Anwesenheit des Angeklagten in einer öffentlichen Verhandlung mit dem Ziel einer kontradiktorischen Erörterung vorgebracht werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Aussagen eines Zeugen, wenn sie als Beweismittel zugelassen werden, stets vor Gericht und öffentlich zu erfolgen haben; insbesondere kann dies in gewissen Fällen unmöglich sein. Daher ist die Verwendung von Aussagen, die im Vorverfahren gemacht worden sind, nicht als solche unvereinbar mit den Absätzen 3 lit. d und 1 des Art. 6 EMRK, sofern nur die Rechte der Verteidigung respektiert worden sind. In der Regel erfordern diese Rechte, dass der Angeklagte eine angemessene und ausreichende Gelegenheit zur Widerlegung und Befragung eines Belastungszeugen entweder zu dem Zeitpunkt, zu dem dieser seine Aussage macht, oder in einem späteren Verfahrensstadium erhält (vgl. hiezu etwa die Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 24. November 1986 im Fall Unterpertinger gegen Österreich, vom 20. November 1989 im Fall Kostovski gegen Niederlande, vom 27. September 1990 im Fall Windisch gegen Österreich, vom 19. Dezember 1990 im Fall Delta gegen Frankreich, und vom 26. April 1991 im Fall Asch gegen Österreich).

Für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass der Beschwerdeführer durch die in Rede stehende Verwertung des Protokolls des Arbeitsinspektors in seinen Verteidigungsrechten erheblich beeinträchtigt wurde, weil er in keinem Stadium des Verfahrens an den Zeugen MH Fragen stellen konnte. Das verwertete Protokoll hat die belangte Behörde nach Ausweis der vorgelegten Akten des Berufungsverfahrens mit dem Beschwerdeführer nicht erörtert und der Beschwerdeführer konnte daher auch keine Gegenbeweise gegen das (im angefochtenen Bescheid) verwertete Protokoll anbieten. Dazu kommt, dass die vor der belangten Behörde abgelegte Aussage des Zeugen Mag. CS zu der belastenden Äußerung des MH keine Angaben enthält und somit dieser Umstand im Beweisverfahren vor der belangten Behörde offenkundig nicht ausreichend erörtert wurde. Dass neben dem in Rede stehenden belastenden Protokoll des Arbeitsinspektors ein anderer Beweis für die angenommene Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Neffen bestünde, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht dargetan. Im vorliegenden Fall ergeben sich zudem auch (außer dem genannten Protokoll), keine Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer damit rechnen musste, sein Neffe würde für die Dachbodenentrümpelung Ausländer heranziehen. Daher war er nicht gehalten, auf die Einhaltung des AuslBG hinzuwirken.

Der Nachweis der angelasteten Verwaltungsübertretung und die Bestrafung des Beschwerdeführers ist somit ausschließlich auf die Beweisgrundlage des belastenden Protokolls des Arbeitsinspektors gestützt. Von einem ergänzenden Beweismittel von untergeordnetem Beweiswert bzw. einer bloß ergänzenden Verwertung dieses Beweismittels im Zusammenhalt mit unmittelbaren Beweisen, kann im Beschwerdefall keine Rede sein, konnte die angelastete Verwaltungsübertretung dem Beschwerdeführer doch anders nicht nachgewiesen werden (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 18. November 1998, Zl. 96/09/0366, und Thienel, a.a.O., Seite 314f). Angesichts des Inhaltes der niederschriftlich festgehaltenen Aussage des Zeugen MH vor der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag und des Inhaltes der vor der belangten Behörde abgelegten Aussage des Arbeitsinspektors Mag. Stigler bleibt zudem zweifelhaft, ob das belastende Protokoll im angefochtenen Bescheid sorgfältig gewürdigt wurde, weil die belangte Behörde sich damit, ob die im Protokoll des Arbeitsinspektors festgehaltene Äußerung des MH vor dem Hintergrund, dass dieser in weiterer Folge jede Beschäftigung und Entlohnung des betretenen Ausländers massiv bestritten hat, inhaltlich richtig wiedergegeben wurde, nicht auseinandergesetzt hat.

Die belangte Behörde hat somit insgesamt betrachtet bei der Verwertung des Protokolls des Arbeitsinspektors den Anforderungen des Artikels 6 EMRK nicht hinreichend Rechnung getragen (vgl. hiezu auch Frowein-Peukert EMRK-Kommentar, 2. Auflage 1996, Seite 231, Rzen. 100ff; sowie Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage 1999, Rz. 932/15, mwN.).

Der angefochtene Bescheid war daher aus den dargelegten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z.4 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben der verzeichneten Pauschalgebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG gesonderte Gebühren insbesondere für Beilagen nicht zu entrichten waren.

Wien, am 28. September 2000

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte