Normen
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
VStG §51e Abs1;
VStG §51i;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
VStG §51e Abs1;
VStG §51i;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. Jänner 1997 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als "Geschäftsführer" (gemeint: handelsrechtlicher) der A-P I Gesellschaft mbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft als Arbeitgeberin drei namentlich genannte ungarische Staatsangehörige am 3. März 1994 auf einer Baustelle in Enzesfeld beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer weder Beschäftigungsbewilligungen erteilt noch Arbeitserlaubnisse oder Befreiungsscheine ausgestellt worden seien. Wegen dieser als (drei) Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) qualifizierten Taten wurden über den Beschwerdeführer in Stattgebung seiner Berufung gegen die Strafhöhe die von der Strafbehörde erster Instanz festgesetzten drei Geldstrafen auf jeweils S 10 000,-- (die drei Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 10 Tage) und der erstinstanzliche Kostenbeitrag auf S 3 000,-- herabgesetzt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nach dem AuslBG schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß die belangte Behörde die Einvernahme des (von ihm beantragten) Zeugen W E zu Unrecht unterlassen habe. Die belangte Behörde werfe ihm vor, keine geeigneten Beweise zu seiner Entlastung vorgelegt zu haben, sie habe jedoch den angebotenen Zeugen E nicht einvernommen. Er habe sowohl in seiner Vernehmung (vom 13. September 1994) als auch in seiner Berufung vorgebracht, daß der genannte Zeuge E ohne sein Wissen und Wollen die Ausländer beschäftigt habe; hingegen habe er darüber, daß er eine ihn treffende Verantwortung auf eine andere Person übertragen hätte, keine Aussage gemacht.
Schon mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer einen wesentlichen Verfahrensmangel auf.
Gemäß § 51 e Abs. 1 VStG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) ist vor dem unabhängigen Verwaltungssenat dann, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder wenn nicht bereits aus der Aktenlage oder aufgrund ergänzender Erhebungen ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zu dieser sind die Parteien und die zu hörenden Personen, insbesondere Zeugen und Sachverständige, zu laden.
Wenn in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder wenn im bekämpften Bescheid eine 3.000,-- S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, dann kann nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle eine Verhandlung unterbleiben, es sei denn, daß eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt. Den Parteien ist eine von einer anderen Partei erhobene Berufung unter Hinweis auf diese Rechtsfolge mitzuteilen. Vor Erlassung des Bescheides ist den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu geben.
Nach Abs. 3 leg. cit. kann von der Verhandlung abgesehen werden, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der Verhandlung erfolgen. Wenn die Verhandlung wegen einer noch ausstehenden Beweiserhebung vertagt wird, dann kann der Verzicht bis zum Beginn der fortgesetzten Verhandlung erklärt werden. Dem Beschuldigten ist vor der Fällung des Straferkenntnisses Gelegenheit zu geben, sich zum Ergebnis der vorgenommenen Erhebungen zu äußern. Trotz des Verzichts der Parteien kann der Unabhängige Verwaltungssenat die Verhandlung durchführen, wenn er es für erforderlich erachtet.
Gemäß § 51 i VStG ist dann, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet, oder als es sich um Beweiserhebungen handelt, deren Erörterung infolge des Verzichts auf eine fortgesetzte Verhandlung gemäß § 51 e Abs. 3 dritter Satz entfallen ist.
Die belangte Behörde hat außer acht gelassen, daß im Beschwerdefall zunächst die wesentliche, jedoch strittige Tatfrage zu klären war, ob die vom Beschwerdeführer (als handelsrechtlicher Geschäftsführer) vertretene Gesellschaft mbH am 3. März 1994 die Ausländer als Arbeitgeber (im Sinn des § 3 Abs. 1 AuslBG) beschäftigt hat, oder ob diese Ausländer - wie der Beschwerdeführer behauptete - nicht von dieser Gesellschaft mbH beschäftigt bzw. im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG verwendet wurde. Diese Tatfrage wurde von der belangten Behörde nicht in einem gesetzmäßig durchgeführten Verfahren geklärt. Die belangte Behörde hätte nämlich diese Tatfrage im Hinblick auf § 51 e VStG (Unmittelbarkeit des Verfahrens) und unter Bedachtnahme darauf, daß dem Beschwerdeführer als Beschuldigten im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren nach dem AuslBG die durch Art. 6 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. Nr. 210/1958) festgelegten Verfahrensgarantien zu gewährleisten waren, nur durch Verwertung von in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gewonnenen Beweisergebnisse beantworten dürfen. Die belangte Behörde wäre somit aufgrund des genannten bestrittenen Sachverhaltes verpflichtet gewesen, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen ( vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 9. September 1997, Zl. 96/09/0200, vom 24. November 1997, Zl. 96/09/0028, und vom 18. März 1998, Zl. 95/09/0227, und die jeweils darin angegebene Vorjudikatur). Steht im Beschwerdefall demnach aber schon in sachverhaltsmäßiger Hinsicht nicht fest, wer die inkriminierte Beschäftigung der drei ungarischen Staatsangehörigen zu verantworten hat (vgl. insoweit auch das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/09/0232), dann fehlt den (gestützt auf § 5 Abs. 1 VStG) zur subjektiven Tatseite angestellten rechtlichen Erwägungen der belangten Behörde schon die erforderliche Grundlage, daß dem Beschwerdeführer der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes zuzurechnen bzw. anzulasten sei.
Gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG ist vom Verwaltungsgerichtshof der vor ihm angefochtene Bescheid aufzuheben, wenn Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Im vorliegenden Fall läßt sich nicht ausschließen, daß die belangte Behörde bei Beachtung der Bestimmungen der §§ 51 e und 51 i VStG und unter Wahrung der dem Beschwerdeführer in der Verhandlung zukommenden Mitwirkungsbefugnisse zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 12. Jänner 1999
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