VwGH 96/19/3069

VwGH96/19/306927.2.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1965 geborenen I M in Wien, vertreten durch Dr. Harald Wolzt, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Fischerstiege 4/III/4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Juni 1996, Zl. 119.422/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §8;
AufG 1992 §1 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2 idF 1995/351;
AufG 1992 §6 Abs2;
FrG 1993 §11 Abs1;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §54;
AsylG 1991 §8;
AufG 1992 §1 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2 idF 1995/351;
AufG 1992 §6 Abs2;
FrG 1993 §11 Abs1;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §54;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 24. Jänner 1996 beim Magistrat der Stadt Wien einen als "Erstantrag" bezeichneten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Auf dem Antragsformular gab der Beschwerdeführer an, staatenloser Palästinenser zu sein, als Aufenthaltszweck war "Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft", und zwar mit seiner Ehegattin, als Ort der Antragstellung "Wien" angeführt.

Der Landeshauptmann von Wien wies den Antrag mit Bescheid vom 11. März 1996 mangels einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab.

Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 18. Juni 1996 gemäß § 6 Abs. 2 und § 13 AufG sowie § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (im folgenden: FrG) abgewiesen. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, der Beschwerdeführer habe aufgrund seines Asylverfahrens bis zum 31. August 1992 über eine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich verfügt. Die Regelung für Verlängerungsanträge sei jedoch bei Überleitungsfällen nach § 13 Abs. 1 AufG aufgrund § 13 Abs. 2 AufG nicht für die im § 1 Abs. 3 AufG genannten Anträge heranzuziehen. Schon aus diesem Grunde sei der Antrag des Beschwerdeführers als Erstantrag zu qualifizieren gewesen. Ein solcher Antrag sei vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Eine Antragstellung aus dem Inland sei nur im Falle des Verlustes des Asyls oder in anderen gesetzlich geregelten Fällen zulässig. Von diesen Fällen sei im vorliegenden Fall keiner anwendbar. Da sich der Beschwerdeführer überdies seit dem 1. September 1992 unrechtmäßig in Österreich aufgehalten habe, sei der Sichtvermerksversagungsgrund nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG verwirklicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verletzt. Er sei staatenloser Palästinenser und sei bereits am 15. November 1989 nach Österreich gelangt. Er habe in der Folge einen Asylantrag gestellt, der rechtskräftig abgewiesen worden sei. Die dagegen erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof sei mit Erkenntnis vom 27. Juli 1995, Zl. 94/19/0632, abgewiesen worden. Mangels rechtzeitiger Asylantragstellung sei dem Beschwerdeführer während seines gesamten Asylverfahrens keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zugekommen. Der Beschwerdeführer sei als staatenloser Palästinenser nicht in der Lage, aus dem Bundesgebiet auszureisen. Er verfüge nicht über die hiefür notwendigen Personaldokumente, auch ein geeignetes Aufnahmeland fehle. Seit dem 6. Juni 1990 sei der Beschwerdeführer mit seiner Ehefrau im gemeinsamen Haushalt in Österreich wohnhaft. Die belangte Behörde verkenne, daß sehr wohl auf die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers bei ihrer Entscheidung abzustellen gewesen wäre. Sie habe auch nicht beachtet, daß dem Beschwerdeführer ein anderes Verhalten, als trotz der erfolgten Ablehnung seines Asylantrages in Österreich zu verbleiben, weder zumutbar noch faktisch möglich gewesen wäre. Aufgrund seiner Ehe mit einer in Österreich aufhältigen Fremden stelle der angefochtene Bescheid im Hinblick auf Art. 8 MRK eine unangemessene und schikanöse Beschränkungsmaßnahme gegenüber seinen berücksichtigungswürdigen privaten und familiären Interessen dar. Die von der Behörde vorgenommene restriktive Auslegung des § 6 Abs. 2 AufG führe überdies dazu, daß aufgrund der Versagung einer Aufenthaltsbewilligung wegen unzulässiger Inlandsantragstellung in Fällen wie dem des Beschwerdeführers beinahe regelmäßig ein weiterer unrechtmäßiger Aufenthalt anschließen müsse, weil dem Betreffenden von vornherein die Möglichkeit nicht offen stehe, das Bundesgebiet zu verlassen (oder die Ausreise nur unter Inkaufnahme von unverhältnismäßigen Nachteilen möglich wäre). In Analogie zu der vom Verwaltungsgerichtshof in bezug auf die Ungültigerklärung von Sichtvermerken entwickelte Judikatur müsse daher auf die vom Gesetzgeber im Hinblick auf das unter verfassungsgesetzlichem Schutz stehende Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens vorgenommene Gewichtung dieser Interessen Bedacht genommen werden. Wenn der Gesetzgeber bei Vorliegen der in den §§ 19 und 20 FrG normierten Hinderungsgründe für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes - diese seien im Falle des Beschwerdeführers gegeben - den privaten Interessen des Betroffenen und seiner Familie an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet jedenfalls den Vorzug geben wolle, so müsse dies auch bereits für die Versagung eines Aufenthaltstitels gelten, insbesondere wenn hiefür nur ein für den Betroffenen nicht erfüllbares Formalkriterium, nämlich die Auslandsantragstellung, ausschlaggebend wäre. In einem solchen Fall müsse eine vorzunehmende Interessensabwägung zugunsten des Fremden ausgehen, weil dem Fremdengesetz 1992 nicht der Inhalt unterstellt werden könne, die in den §§ 19 und 20 FrG normierte Schranke für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes könne anläßlich der Versagung einer Aufenthaltsbewilligung, wodurch jedoch der Aufenthalt erst recht unrechtmäßig bleiben müsse und der Anstoß für ein fremdenpolizeiliches Einschreiten erst begründet werde, übergangen werden. Auch der Verfassungsgerichtshof habe wiederholt betont, daß es eine verfassungskonforme Interpretation des § 6 Abs. 2 AufG gebiete, private und familiäre Interessen des Antragstellers zu berücksichtigen, widrigenfalls die Aufenthaltsversagung alleine aus dem Grund, daß eine Bewilligung nicht vor einer neuerlichen Einreise vom Ausland aus beantragt worden sei, dann in das gemäß Art. 8 MRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens eingriffe, wenn sich im Bundesgebiet im Zuge eines länger dauernden Aufenthaltes bereits berücksichtigungswürdige Interessen privater und familiärer Natur etabliert hätten, die durch die Aufenthaltsversagung in schikanöser Weise beeinträchtigt würden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 4. Juli 1996) sind für die Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof die §§ 1 Abs. 3 Z. 6, 6 Abs. 2 sowie 13 Abs. 1 und 2 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 maßgeblich (die genannten Bestimmungen wurden durch die Novelle zum AufG BGBl. Nr. 201/1996 nicht berührt).

Die §§ 1 Abs. 3 Z. 6, 6 Abs. 2 sowie 13 Abs. 1 und 2 AufG lauteten in der Fassung dieser Novelle:

"§ 1.

...

(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie

...

6. aufgrund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind.

§ 6.

...

(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: Im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z 1; weiters in den Fällen des § 7 Abs. 2, des § 12 Abs. 4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichten Antragstellung nach Einreise; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden.

§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen.

(2) Abs. 1 findet auf die in § 1 Abs. 3 genannten Fremden keine Anwendung. Für diese kommt eine Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung nur nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 in Betracht."

§ 4 Z. 4 der am 22. Dezember 1995 im Bundesgesetzblatt kundgemachten Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, lautete:

"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von

...

4. Personen, für eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."

Da der Beschwerdeführer weder nach seinem Vorbringen noch nach der Aktenlage jemals über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte, wertete die belangte Behörde seinen Antrag zu Recht nicht als Verlängerungsantrag.

Auch die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften im Sinne des § 13 AufG schied für den Beschwerdeführer jedoch aus. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer - wie es der angefochtene Bescheid feststellt - bis zum 31. August 1992 zum Aufenthalt in Österreich berechtigt war oder - wie es der Beschwerdeführer vorbringt - während seines Asylverfahrens über keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung verfügte. In beiden Fällen stünde einer Anwendung des § 13 Abs. 1 AufG schon der Umstand entgegen, daß der Beschwerdeführer sich am 1. Juli 1993, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes, nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hätte.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht § 6 Abs. 2 AufG angewendet.

Sollte das Beschwerdevorbringen durch den Hinweis auf Art. 8 MRK dahin gehen zu zeigen, daß (auch) die Neufassung des § 6 Abs. 2 AufG durch die Novelle BGBl. Nr. 351/1995 eine echte Regelungslücke aufweise, die durch eine systemkonforme - auf Art. 8 MRK Bedacht nehmende - Analogie zu schließen sei, weshalb im Falle des Beschwerdeführers eine Gleichbehandlung seines Falles mit denjenigen Fällen zum Tragen kommen müsse, in denen eine Antragstellung im Inland zulässig sei, würde der Beschwerdeführer den Inhalt des § 6 Abs. 2 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 verkennen. Da § 6 Abs. 2 AufG nach seinem klaren Wortlaut keine Ausnahmebestimmung für Fremde enthält, die nach § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG aufgrund des Asylgesetzes 1991 zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind, sind im Inland gestellte Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung selbst in denjenigen Fällen abzuweisen, in denen zunächst eine Berechtigung zum vorläufigen Aufenthalt im Sinne des § 7 des Asylgesetzes 1991 vorgelegen ist. Da § 6 Abs. 2 AufG den "Verlust des Asyls" ausdrücklich als Ausnahmetatbestand anführt, fehlt ein Indiz für eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes schon hinsichtlich der nach § 7 des Asylgesetzes 1991 vorläufig aufenthaltsberechtigten Personen. Eine Regelungslücke liegt daher umso weniger für diejenigen Fälle vor, in denen gar keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 erworben wurde.

Da der Beschwerdeführer aber seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unbestrittenermaßen aus dem Inland gestellt hat und das in § 6 Abs. 2 AufG normierte Erfordernis, einen Antrag vom Ausland aus zu stellen, nicht als bloße Formvorschrift zu werten ist, sondern als Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010 sowie Zl. 95/19/0895), wäre die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde nur dann zu Unrecht erfolgt, wenn jener zu dem Personenkreis zählte, der aufgrund § 6 Abs. 3 dritter Satz oder einer darauf beruhenden Verordnung der Bundesregierung ausnahmsweise zur Antragstellung im Inland berechtigt gewesen wäre. Weder das Beschwerdevorbringen noch die Aktenlage bieten allerdings Hinweise darauf, daß der Beschwerdeführer zu diesem begünstigten Personenkreis zählt. Die Antragstellungsmöglichkeit im Inland ergab sich für den Beschwerdeführer auch nicht dadurch, daß nach seinem Vorbringen seine Ehefrau über eine Arbeitserlaubnis verfügt, weil gemäß § 4 Z. 4 der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gültigen Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, nur solche Personen zur Antragstellung im Inland berechtigt waren, die bereits eine Aufenthaltsbewilligung hatten.

Zählte der Beschwerdeführer aber nach dem bisher Gesagten nicht zu dem Personenkreis, für den ausnahmsweise eine Antragstellung aus dem Inland zulässig war, kann die Abweisung seines Antrages durch die belangte Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Dieses Ergebnis erweist sich entgegen dem Beschwerdevorbringen auch im Hinblick auf Art. 8 MRK nicht als rechtswidrig. Der Gesetzgeber der Novelle zum AufG BGBl. Nr. 351/1995 hat in § 6 Abs. 2 AufG bereits auf die während eines berechtigten Aufenthaltes nach dem Asylgesetz 1991 begründeten privaten und familiären Interessen eines Fremden im Inland Bedacht genommen und sich dafür entschieden, die Antragstellung vom Inland aus nur im Falle des Verlustes des Asyls zu erlauben. Eine weitere Bedachtnahme auf Art. 8 MRK durch die belangte Behörde kommt daher nicht in Betracht. Verfassungsmäßige Bedenken dagegen, daß der Gesetzgeber die Antragstellung vom Inland aus auf Fälle des Verlustes von Asyl beschränkt hat, sind beim Verwaltungsgerichtshof auch aus Anlaß des vorliegenden Falles nicht entstanden. Die in den Erläuterungen zum Aufenthaltsgesetz (vgl. die RV, 525 BlgNR 18. GP) zum Ausdruck kommende Zielvorstellung des Gesetzes, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch die Stellung von Asylanträgen zu verhindern, welche zum Schutz der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erscheint, verbietet es, abgewiesene Asylwerber in Ansehung ihrer privaten und familiären Interessen im Inland besser zu stellen als Fremde, die erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/0371). Eine Einschränkung des durch Art. 8 Abs. 1 MRK allenfalls geschützten Rechtes auf Neuzuwanderung zur Wahrung der durch einen Voraufenthalt begründeten persönlichen oder familiären Interessen durch § 6 Abs. 2 AufG ist - aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung - durch Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt.

Soweit sich der Beschwerdeführer auf die zur Ungültigerklärung von Sichtvermerken entwickelte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beruft, ist ihm entgegenzuhalten, daß aus dieser Judikatur für seinen Fall nichts zu gewinnen ist. In dem in der Beschwerde erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. März 1996, Zl. 95/21/1120, vertrat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dem Fremdengesetz 1992 könne nicht der Inhalt unterstellt werden, die in seinem § 20 Abs. 2 normierte absolute Schranke für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes könne durch die Aberkennung eines Sichtvermerks, wodurch der Aufenthalt des Fremden unrechtmäßig wird, und die darauf folgende Erlassung einer Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG umgangen werden. Diese Rechtsprechung kann auf den Fall des Beschwerdeführers nicht übertragen werden, weil er sich nach seinem eigenen Vorbringen ohne eine Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet aufgehalten hat, als die Abweisung seines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung erfolgte. Die Abweisung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung beendet nicht wie die Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes die bis dahin bestehende Rechtmäßigkeit eines Aufenthaltes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1998, Zl. 96/19/1049). Der Fall des Beschwerdeführers ist aber entgegen seinem Vorbringen auch nicht mit jenen Konstellationen vergleichbar, die den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, B 1611-1614/94 (Slg. Nr. 14.148), vom 25. September 1995, B 2529, 2530/94 (Slg. Nr. 14.222) und vom 10. Oktober 1995, B 1722/94 (Slg. Nr. 14.300) zugrunde lagen. In sämtlichen der den genannten Erkenntnissen zugrundeliegenden Fälle wurden Anträge auf Verlängerungen von Aufenthaltsbewilligungen solchen Personen versagt, die sich bereits über längere Zeit rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten. Nach dem bisher Gesagten treffen diese Voraussetzungen für den Beschwerdeführer jedoch nicht zu.

Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, daß er als staatenloser Palästinenser aus Österreich nicht ausreisen könne, ist er darauf zu verweisen, daß seine Interessen an einem weiteren Aufenthalt in Österreich bei der Prüfung der Frage, ob eine Entscheidung nach § 8 des Asylgesetzes 1991 zu ergehen hatte, zu berücksichtigen waren. Die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung hängt hingegen nur davon ab, ob die dafür im Aufenthaltsgesetz normierten Voraussetzungen erfüllt sind. Auf die Frage, ob einem Fremden die Ausreise möglich ist, kommt es nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 1997, Zlen. 96/19/1860 bis 1862). Ob ein Antragsteller im Falle der Abweisung seines Antrages dazu verhalten werden darf, Österreich wieder zu verlassen, ist ausschließlich in einem Verfahren nach dem FrG, nicht aber für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, von Belang.

Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorlag, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1997.

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