VwGH 96/16/0046

VwGH96/16/004622.5.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der H-Handelsaktiengesellschaft in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16. Jänner 1996, Zl. GA 9-124/95, betreffend Rechtsgebühr und Börsenumsatzsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

GebG 1957 §33 TP16 Abs1 Z1 litc;
GebG 1957 §33 TP17 Abs1 Z2;
GebG 1957 §33 TP17 Abs1 Z4;
GebG 1957 §33 TP21 Abs1 Z2 idF 1989/660;
GebG 1957 §33 TP21 Abs1 Z2;
GebG 1957 §33 TP9;
GmbHG §76;
KVG 1934 §21 Z1;
GebG 1957 §33 TP16 Abs1 Z1 litc;
GebG 1957 §33 TP17 Abs1 Z2;
GebG 1957 §33 TP17 Abs1 Z4;
GebG 1957 §33 TP21 Abs1 Z2 idF 1989/660;
GebG 1957 §33 TP21 Abs1 Z2;
GebG 1957 §33 TP9;
GmbHG §76;
KVG 1934 §21 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit "Abtretungsvertrag" vom 5. Dezember 1991 erwarb die Beschwerdeführerin ("Übernehmer") von der S GmbH ("Übergeber") sämtliche Geschäftsanteile an der S GmbH ("Gesellschaft") in Höhe einer bar eingezahlten Stammeinlage von S 1,000.000,-- um den Abtretungspreis von S 48,348.000,--. Punkt Sechstens der Vertragsurkunde lautet auszugsweise:

"Konzernverrechnung

6.1. Gesellschafterdarlehen:

Der Übernehmer garantiert, daß die Gesellschaft das ihr vom Übergeber gewährte unverzinsliche Gesellschafterdarlehen in Höhe von S 29,000.000,-- (neunundzwanzig Millionen) binnen vierzehn Tagen ab Rechtswirksamkeit dieser Vereinbarung rückgeführt. Bis zu diesem Zeitpunkt stundet der Übergeber der Gesellschaft dieses Darlehen.

6.2. ..."

Das Finanzamt schrieb daraufhin von einer Bemessungsgrundlage von S 77,348.000,-- Rechtsgebühr und Börsenumsatzsteuer vor.

In der gegen den Bescheid über Rechtsgebühr und Börsenumsatzsteuer erhobenen Berufung wurde vorgebracht, Bemessungsgrundlage beider Abgaben sei der jeweils vereinbarte Preis. Eine Haftungsübernahme zähle nicht zur Bemessungsgrundlage. Bei der Garantieerklärung handle es sich um eine Art "Patronatserklärung" der Muttergesellschaft, dafür Sorge zu tragen, daß die Tochtergesellschaft ihren Verpflichtungen nachkommen werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Da nach § 26 GebG bedingte Leistungen als unbedingte zu behandeln seien, sei die Zusage einer bedingten Leistung in Höhe von S 29,000.000,-- der Bemessungsgrundlage der Rechtsgebühr zuzurechnen. Da auch bedingte Anschaffungsgeschäfte börsenumsatzsteuerpflichtig seien, sei auch ein bedingt zu leistender Kaufpreis der Börsenumsatzsteuer zu unterziehen.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, "nur die im Gesetz vorgeschriebene Rechtsgebühr und Börsenumsatzsteuer zu bezahlen", verletzt.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift und die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend.

Nach § 33 TP 21 Abs. 1 Z. 2 GebG in der auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 629/1994 unterlagen Zessionen von Anteilen an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung einer Gebühr in Höhe von 2 v.H. vom Entgelt, mindestens aber vom Wert der Anteile.

Gemäß § 21 Z. 1 KVG wird die Börsenumsatzsteuer regelmäßig von dem vereinbarten Preis berechnet.

Nach ständiger Rechtsprechung sind in die Bemessungsgrundlage sowohl der Rechtsgebühr als auch der Börsenumsatzsteuer neben dem vereinbarten Abtretungspreis auch übernommene Verbindlichkeiten einzubeziehen, wenn dies zu einer Entlastung (=Vermehrung) des Vermögens des Verkäufers führt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 16. November 1995, Zlen. 95/16/0111, 0112, 0113 m.w.H.). Zum Entgelt gehören alle jene Leistungen, die der Erwerber der Anteile dafür zu erbringen hat - gleichgültig, an wen auch immer -, um diese zu erhalten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob und in welchem Ausmaß dem Abtretenden bzw. einem Dritten die vereinbarten Leistungen tatsächlich zukommen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 24. März 1994, Zl. 92/16/0130). Somit stellen sich auch Verpflichtungen zur Leistung aus Haftungsübernahmen als Teil des Entgeltes iSd § 21 Abs. 1 Z. 2 der bezeichneten Fassung dar (vgl. neuerlich das Erkenntnis vom 24. März 1994, Zl. 92/16/0130). Ebenso ist eine ziffernmäßig bestimmte Geldleistung durch Übernahme einer entsprechenden Haftung zum vereinbarten Preis i.S.d. § 33 TP 21 Z. 1 KVG zu zählen (vgl. das Erkenntnis vom 16. November 1995, Zlen. 95/16/0111, 0112, 0113).

Nach dem deutlichen und nicht weiter auslegbaren Inhalt des Punktes 6.1. der dem Beschwerdefall zugrunde liegenden Vertragsurkunde hat die Beschwerdeführerin die Garantie für die Leistung eines Betrages von S 29,000.000,-- übernommen. Die Übernahme der Haftung mit diesem Betrag stellt damit eine Leistung dar, die der Bemessungsgrundlage der in Rede stehenden Abgaben zuzurechnen ist.

Soweit sich die Beschwerdeführerin gegenüber zunächst auf mündliche Vereinbarungen zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer des (Gesellschafter-)Darlehens beruft, so widerspricht dieses Vorbringen dem Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.

Wenn die Beschwerdeführerin meint, die angeführte Vereinbarung stelle weder eine Bürgschaftserklärung noch eine Garantieerklärung, sondern vielmehr eine Patronatserklärung dar, ist ihr entgegenzuhalten, daß der Begriff der Patronatserklärung nur eine Sammelbezeichnung für eine Vielzahl von Erklärungen einer vom Schuldner verschiedenen Person, dem Patron, ist, die einen ganz unterschiedlichen Inhalt haben können. Je nach ihrem Inhalt reichen sie von völlig unverbindlichen Erklärungen bis zum Garantievertrag (vgl. die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 11. Juli 1985, 7 Ob 572/85, SZ 58/127). Auch wenn der angeführte Vertragspunkt

6.1. im Sinne des erstmals in der Beschwerde erhobenen Vorbringens dem Typus einer Patronatserklärung zuzuordnen wäre, änderte dies nichts daran, daß mit dieser Erklärung - im Sinne eines Garantievertrages (vgl. dazu z.B. die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 14. Juli 1992, 1 Ob 595/92, EvBl 31/1993, und das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1991, Zl. 90/15/0142) - die Haftung für den dort genannten Betrag übernommen worden ist.

Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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