VwGH 96/18/0243

VwGH96/18/024318.12.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, in der Beschwerdesache der G A, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 12. Jänner 1996, Zl. SD 1529/95, betreffend Aufenthaltsverbot, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §66 Abs4;
AVG §8;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20;
FrPolG 1954 §3;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20;
FrPolG 1954 §3;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 12. Jänner 1996 wurde die von der Beschwerdeführerin eingebrachte Berufung gegen die Verhängung eines befristeten Aufenthaltsverbotes gegen ihren Ehemann A A, als unzulässig zurückgewiesen.

Das gegen den zuletzt Genannten erlassene Aufenthaltsverbot sei dessem Rechtsvertreter zugestellt worden. Der dagegen eingebrachten Berufung habe die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien mit Berufungsbescheid vom 10. Februar 1994 keine Folge gegeben. Auch dieser Bescheid sei dem genannten Rechtsvertreter zugestellt worden. Die dagegen eingebrachte Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 3. November 1994, Zl. 94/18/0585, abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin mache geltend, daß der von ihr angefochtene Bescheid auch in ihr Privat- und Familienleben eingreifen und daß ihr die Bestimmung des § 19 FrG einen Rechtsanspruch gewähren würde. Der Bescheid wäre daher auch ihr zuzustellen gewesen.

Die belangte Behörde könne diesen Standpunkt nicht teilen. Richtig sei wohl, daß ein Aufenthaltsverbot gegen einen Fremden auch die - familiären und wirtschaftlichen - Interessen anderer, insbesondere auch jener Menschen berühre, aus denen der Fremde zu seinen Gunsten ableiten könne, daß ein Aufenthaltsverbot allenfalls nicht zu erlassen sei. Bei den Rechten und Pflichten, die sich aus dem Fremdengesetz ergäben, handle es sich jedoch um höchstpersönliche Rechte und Pflichten, die nur der unmittelbar betroffene Fremde als Partei geltend zu machen und abzuklären berechtigt sei. Dies sei im vorliegenden Fall auch geschehen. Die Instanzen und der Verwaltungsgerichtshof hätten sich in den diesbezüglichen Verfahren, auch wenn die Ehegattin und nunmehrige Beschwerdeführerin keine Parteistellung gehabt habe, mit der Frage des mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriffs in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers und seiner Familie befaßt. Eine gesonderte Parteistellung, aus der sich unter Umständen sogar das Recht ableiten lassen würde, gegen den Willen des Fremden Rechtsmittel zu ergreifen, komme der Beschwerdeführerin als Ehegattin jedenfalls nicht zu.

Die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid sei aber noch aus einem anderen Grund zurückzuweisen gewesen. Die Beschwerdeführerin führe selbst aus, daß ihr der Bescheid nicht zugestellt worden sei. Die Rechtsmittelfrist würde daher nur vom Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides an ihren Ehegatten aus berechnet werden können. So gesehen sei die Berufung auch als verspätet zurückzuweisen gewesen. Soweit die Beschwerdeführerin meine, daß der an ihren Ehegatten zugestellte Bescheid für sie aber keine Wirkung haben würde, wäre die Berufung mangels anfechtbaren Prozeßgegenstandes zurückzuweisen.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 9. Mai 1996, Zl. B 771/96-5).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren machte die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend und begehrte deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

II.

Die Beschwerde ist nicht zulässig.

1. Die Beschwerde bringt gegen den angefochtenen Bescheid vor, daß sowohl § 19 als auch § 20 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr.838/1992, im Sinne des Art. 8 MRK "verfassungskonform" dahingehend auszulegen wären, daß in einem Verwaltungsverfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht nur dem betroffenen Fremden, sondern auch seinen Familienangehörigen Parteistellung zukomme; nach Art. 8 MRK sei "jedermann, also auch den Familienangehörigen eines vom Aufenthaltsverbot bedrohten Fremden", der Schutz des Privat- und Familienlebens garantiert.

2. Diese Rechtsauffassung ist verfehlt.

Nach dem Fremdengesetz kommt Dritten im Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegenüber einer anderen Person keine Parteistellung zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0421).

Im übrigen sind beim Verfassungsgerichtshof aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles Bedenken, daß §§ 19 und 20 FrG im Zusammenhang mit der Frage der Parteistellung dem im Verfassungsrang stehenden Art. 8 MRK zuwiderlaufen könnten, nicht entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat vielmehr in seinem - eine gleichgelagerte Beschwerde eines Dritten betreffenden Beschluß vom 11. Juni 1990, Zl. B 417/90 (mwH) zum Ausdruck gebracht, daß ein (zwar auf Grund des Fremdenpolizeigesetzes erlassenes, aber einem Aufenthaltsverbot nach dem Fremdengesetz insoferne gleichzuhaltendes) Aufenthaltsverbot ausschließlich die Rechte des Fremden, gegen den dieses verhängt wurde, gestaltet, wogegen in der Rechtssphäre Dritter "nur Reflexwirkungen" auftreten können.

3. Aus all dem folgt, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich gewährleisteten Recht nicht verletzt werden konnte, weshalb die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zur Erhebung ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen war.

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