VwGH 95/09/0108

VwGH95/09/010816.11.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des B in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 21. Februar 1995, Zlen. 11/3-2/1995 und 11/4-1/1995, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §22 Abs1;
AuslBG §28 Abs1 Z1;
AuslBG §28 Abs1 Z2 litb;
VStG §51e Abs2;
AuslBG §22 Abs1;
AuslBG §28 Abs1 Z1;
AuslBG §28 Abs1 Z2 litb;
VStG §51e Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 24. November 1994 wurde der Beschwerdeführer - soweit dies für das vorliegende Beschwerdeverfahren noch relevant ist - wie folgt schuldig erkannt:

"I.

Herr B ist als Geschäftsführer und nach außen berufenes Organ der "F Ges.m.b.H." mit Sitz in S dafür verantwortlich, daß die Beschäftigung von

  1. 1) M M, in der Zeit zw. 1.6.1993 und 7.6.1993
  2. 2) W R, in der Zeit zw. 29.3.1993 und 7.6.1993

    auf der Baustelle XY in 1020 Wien, L-Straße 3, als betriebsentsandte Ausländer der Firma "I" mit Sitz in K von der "F Ges.m.b.H." mit Sitz in S nicht der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (vormals Arbeitsamt) angezeigt wurde.

    Der Beschuldigte hat dadurch 2 Verwaltungsübertretungen nach § 18 Abs. 3 i.V.m. § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. b Ausländerbeschäftigungsgesetz begangen.

    Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. b Ausländerbeschäftigungsgesetz

    werden über den Beschuldigten Geldstrafen von

    zu 1.) S 2.000,-- und

    zu 2.) S 2.000,-- verhängt.

    Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen treten an

    deren Stelle Ersatzarreststrafen in der Dauer von

    zu 1.) 1 Tag und

    zu 2.) 1 Tag.

    Der Bestrafte hat gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 v.H. der verhängten Strafe (ein Tag Arrest ist gleich S 200,--), d.s. zu

    1.) S 200,-- und zu 2.) S 200,--, zu bezahlen.

II.

Weiters ist der Beschuldigte als Geschäftsführer und nach außen berufenes Organ der "F Ges.m.b.H." mit Sitz in S dafür verantwortlich, daß von der Firma "F Ges.m.b.H." mit Sitz in S auf der Baustelle XY in 1020 Wien, L-Straße 3, die Ausländer

  1. 1) K M, in der Zeit zw. 27.4.1993 und 7.6.1993
  2. 2) N Z, in der Zeit zw. 3.5.1993 und 7.6.1993 und 3) S J, in der Zeit zw. 3.5.1993 und 7.6.1993

    ohne die erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen beschäftigt wurden und obwohl die Ausländer auch nicht über Arbeitserlaubnisse bzw. Befreiungsscheine verfügten.

    Der Beschuldigte hat dadurch 3 Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz begangen.

    Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz werden über den Beschuldigten Geldstrafen in der Höhe von

    zu 1.) S 8.000,--

    zu 2.) S 8.000,-- und

    zu 3.) S 8.000,-- verhängt.

    Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen treten an

    deren Stelle Ersatzarreststrafen in der Dauer von

    zu 1.) 4 Tagen,

    zu 2.) 4 Tagen und

    zu 3.) 4 Tagen.

    Der Bestrafte hat gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 v.H. der verhängten Strafe (ein Tag Arrest ist gleich S 200,--), d.s.

    zu 1.) S 800,--, zu 2.) S 800,-- und zu 3.) S 800,--, zu bezahlen."

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und machte darin (hinsichtlich der genannten Spruchpunkte I. und II. im wesentlichen) geltend, eine Strafe nach § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. b AuslBG hätte nicht pro Ausländer verhängt werden dürfen; hinsichtlich des Spruchpunktes I. werde daher eine Herabsetzung der Strafe begehrt. Hinsichtlich des Spruchpunktes II. werde der Schuldspruch mit der Begründung bekämpft, daß nach den Feststellungen des bekämpften erstbehördlichen Straferkenntnisses die subjektive Tatseite nicht erfüllt sei.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 21. Februar 1995 wurde über die Berufung des Beschwerdeführers - hinsichtlich der genannten Spruchpunkte I. und II. - wie folgt entschieden:

"Gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 Abs. 1 und 51e Abs. 2 VStG wird

I.

die Berufung gegen die Bestrafungen in den Punkten I. 1. und 2. und II. 1., 2. und 3. als unbegründet abgewiesen.

Das Straferkenntnis wird in den Spruchteilen zu I. und II. dahingehend verbessert, daß der Beschuldigte diese Übertretungen als "handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß § 9 Abs. 1 VStG der ..." zu vertreten hat.

Zu Punkt I. werden zwei Übertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. b i.V.m. § 18 Abs. 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Punkt II. werden drei Übertretungen nach § 28 Abs. 1 lit. a i. V.m. § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz vorgeworfen.

Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG wird die Beitragspflicht zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu Punkt I. mit 2 x S 400,--, somit S 800,-- und zu Punkt II. mit 3 x S 1.600,--, zusammen somit S 4.800,--, bestimmt. Insgesamt hat der Berufungswerber somit als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens S 5.600,-- zu leisten."

Nach Darlegung des Verfahrensverlaufes und der Rechtslage begründete die belangte Behörde - soweit dies für das Beschwerdeverfahren noch relevant ist - ihren Schuldspruch hinsichtlich des Spruchpunktes II. damit, der zum unstrittig feststehenden objektiven Tatbestand der Verwaltungsübertretungen vorgebrachte Rechtfertigungsgrund, daß Ing. J die Meldung für die von der Baustelle in Polen geholten Arbeitskräfte unterlassen habe, sei nicht geeignet, den Beschwerdeführer vom Verschuldenvorwurf zu entlasten, weil er eine die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG gewährleistende innerbetriebliche Organisation nicht habe aufzeigen können.

Gegen diesen Bescheid - jedoch nur, soweit der Beschwerdeführer damit bestraft wurde - richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich zunächst in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen des Tatbestandes nach § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. a (richtig wohl und erkennbar gemeint: lit. b) AuslBG mit einer einheitlichen Strafe bestraft zu werden. In Ausführung dieses nur gegen die Strafhöhe gerichteten ersten Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer vor, die in Rede stehende Norm lasse - anders als die Bestimmung des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG - eine Bestrafung für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer nicht zu.

Dieser Rechtsansicht ist nicht zuzustimmen.

Die Bestimmung des § 28 Abs. 1 AuslBG hatte - soweit dies für den Beschwerdefall von Bedeutung ist - sowohl im Tatzeitpunkt als auch im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides (vgl. § 1 Abs. 2 VStG 1991) den folgenden Wortlaut:

"Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1. wer

  1. a) ...,
  2. b) ..., oder
  3. c) ...,

    bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 5.000,-- bis zu S 60.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 10.000,-- bis zu

    S 120.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 20.000,-- bis zu S 240.000,--;

    2. wer

  1. a) ...,
  2. b) entgegen dem § 18 Abs. 3, 5 und 6 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne die Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice rechtzeitig anzuzeigen,
  3. c) ...,
  4. d) ...,
  5. e) ..., oder
  6. f) ...,

    mit Geldstrafe von S 2.000,-- bis zu S 30.000,--; ..."

Die in der Beschwerde vertretene Rechtsansicht kann sich jedenfalls nicht auf den Wortlaut der genannten Bestimmung stützen, weil der Gesetzgeber die Tatbestände sowohl der Z. 1 als auch den in Rede stehenden der Z. 2 lit. b gleichlautend unter Verwendung der Einzahl "einen bzw. eines Ausländer(s)" umschrieben hat. Dazu kommt, daß dieser schon seit der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 (abgesehen von für den Beschwerdefall unerheblichen späteren Änderungen) gegebene Wortlaut des § 28 AuslBG - wie den Gesetzesmaterialien (vgl. die EB zur RV 449 Blg. NR XVII. GP, S. 15 f zu Art. I. Z. 26) insoweit deutlich zu entnehmen ist - die als zu milde erachtete bisherige Strafpraxis - nämlich auch die Beschäftigung ganzer Partien ausländischer Arbeitskräfte als lediglich ein einziges Delikt zu werten - beenden sollte. Durch diese geänderte Textierung hat der Novellengesetzgeber im Zusammenhalt mit den genannten Gesetzesmaterialien zur GESAMTEN Bestimmung des § 28 AuslBG deutlich zum Ausdruck gebracht, daß eine Verwaltungsübertretung je unerlaubt beschäftigten Ausländer begangen wird, für die jeweils gesondert eine Strafe festzusetzen ist und demnach im Falle der ungenehmigten Beschäftigung mehrerer ausländischer Arbeitskräfte nicht bloß eine Verwaltungsübertretung verwirklicht wird.

Der belangten Behörde kann daher - ausgehend vom dargelegten normativen Gehalt des § 28 AuslBG - nicht entgegengetreten werden, wenn sie zufolge § 22 VStG 1991 für jede der in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen eine Strafe verhängt hat (vgl. auch das in diese Richtung weisende hg. Erkenntnis vom 17. November 1994, Zl. 94/09/0151).

Der Beschwerdeführer erachtet sich (hinsichtlich der Bestrafung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG) in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der Tätigkeit der auf der Baustelle XY in 1020 Wien angetroffenen Ausländer schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung dieses zweiten Beschwerdepunktes legt der Beschwerdeführer dar, bereits die Strafbehörde erster Instanz habe festgestellt, daß Ing. J die polnischen Arbeitskräfte von Stettin abgezogen und auf der Baustelle in Wien zum Einsatz gebracht habe. Dadurch sei aber erwiesen, daß er von der unerlaubten Beschäftigung nichts gewußt und diese auch nicht gebilligt habe. Er habe auf das "Mindestwissen" des genannten Projektleiters - nämlich, daß ausländische Arbeitskräfte in Österreich nicht ohne eine Beschäftigungsbewilligung beschäftigt werden dürfen - vertraut. Aus diesen Gründen sei dem Beschwerdeführer weder Verschulden noch Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Bei der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG handelt es sich um ein sogenanntes "Ungehorsamsdelikt", weil zu seinem Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört. Deshalb traf den Beschwerdeführer nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG die Pflicht zur Glaubhaftmachung dafür, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, daß er solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Beschuldigten nach § 5 Abs. 1 VStG obliegende Entlastungsbeweis kann außerhalb des Anwendungsbereiches des § 9 Abs. 2 leg. cit. nicht allein dadurch erbracht werden, daß die ihn treffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden ist. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, daß auch für eine GEEIGNETE KONTROLLE der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. Mai 1993, Zl. 93/09/0028, und vom 17. Juni 1993, Zl. 93/09/0102, sowie die bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II, S. 88 f, E 124 bis 145 wiedergegebene Judikatur). Demnach kann aber der belangten Behörde eine Rechtswidrigkeit nicht vorgeworfen werden, wenn sie ausgehend von der dargelegten Rechtslage und Judikatur schon das vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren erstattete Vorbringen als rechtlich nicht ausreichend erachtete, die ihm gegenüber bestehende Verschuldensvermutung zu widerlegen.

Die belangte Behörde hat die zufolge § 51e Abs. 1 VStG 1991 (hier: in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 620/1995) grundsätzlich anzuberaumende öffentliche mündliche Verhandlung nicht abgehalten. Der Beschwerdeführer hat die Abhaltung einer Verhandlung weder in seiner Berufung verlangt, noch wird in der Beschwerde gerügt, daß dies erforderlich gewesen wäre.

Gemäß § 51e Abs. 2 leg. cit. durfte die Verhandlung unter der Voraussetzung entfallen, daß in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet.

Da nach Lage des Beschwerdefalles (insbesondere im Hinblick auf das in der Berufungsschrift erstattete Vorbringen) zum einen nur die Strafhöhe bekämpft wurde und zum anderen - da in der Berufung zugestanden wird, daß die erstinstanzliche Behörde von dem vom Beschwerdeführer behaupteten Sachverhalt ausgegangen ist - keine Tatfragen zu klären waren, hat die belangte Behörde das Vorliegen eines das Absehen von der mündlichen Berufungsverhandlung rechtfertigenden Grundes rechtlich richtig beurteilt, sodaß ihr insoweit eine Verkennung der Rechtslage nicht vorgeworfen werden kann (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 21. September 1995, Zl. 95/09/0124 mwN.).

Die insgesamt sich als unbegründet erweisende Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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