VwGH 94/07/0062

VwGH94/07/006224.10.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde

1. des S, 2. der M, beide in T, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 22. März 1994, Zl. 3-30 T 151-94/4, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, (mitbeteiligte Partei: Gemeinde T, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42 Abs1;
AVG §8;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §103 litb;
WRG 1959 §105;
WRG 1959 §107 Abs2;
WRG 1959 §60;
WRG 1959 §63 litb;
WRG 1959 §63 litc;
WRG 1959 §63;
AVG §42 Abs1;
AVG §8;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §103 litb;
WRG 1959 §105;
WRG 1959 §107 Abs2;
WRG 1959 §60;
WRG 1959 §63 litb;
WRG 1959 §63 litc;
WRG 1959 §63;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 27. März 1992 beantragte die mitbeteiligte Partei die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung der Abwasseranlage T. Mit diesem Projekt ist die abwassertechnische Entsorgung der Ortschaft T. sowie der sogenannten "K.-Siedlung", ca. 1 km westlich von T., vorgesehen. Für den Ort T. sind durch seine Lage und Entwicklung des Siedlungsgebietes nach Norden und Süden zwei voneinander getrennte Anlagen vorgesehen, wobei die Landesstraße L 619 die Wasserscheide bildet. Der nördliche Teil (KG T.) liegt entwässerungsmäßig im Einzugsgebiet der Laßnitz, der südliche Teil (KG K.) liegt im Einzug des Rohstockbaches bzw. der Stuhlegg. Der Kanal wird - soweit möglich - auf öffentlichem Grund errichtet. Um lange Strangführungen zu vermeiden, ist die Inanspruchnahme von Privatgrundstücken vorgesehen. Die getrennte Entsorgung aller drei Siedlungsgebiete ist die kostengünstigste Lösung. Durch die Aufteilung der anfallenden Abwässer auf drei Kläranlagen wird die Folgebelastung auf einen einzigen Vorfluter ausgeschaltet. Durch die Errichtung des Kanals für die Kanalisations- und Kläranlage "T.-Nord" werden u. a. Grundstücke der Beschwerdeführer beansprucht.

In der am 15. November 1993 durchgeführten wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlung führte der Vertreter der Zweitbeschwerdeführerin aus, daß der antragstellende Bürgermeister der mitbeteiligten Partei nur auf Grund eines entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses zur Antragstellung legitimiert gewesen wäre. Für das gegenständliche Kanalprojekt bestehe keinerlei öffentliches Interesse, sondern nur das Interesse der Kanalbauer und Projektanten. Auf Grund eines Erlasses der Rechtsabteilung 3 der Steiermärkischen Landesregierung über die Abwässerentsorgung im ländlichen Raum vom 17. Mai 1993 seien Kanalanlagen nur in einem zusammenhängenden Siedlungsgebiet sinnvoll. Außerhalb eines solchen Gebietes seien Einzelkläranlagen oder sonstige geeignete dezentrale Kläranlagen zu errichten. In T. bestehe kein zusammenhängendes Siedlungsgebiet. Im Streusiedlungsbereich sei hinreichend Platz für die Errichtung der notwendigen Biotopflächen zum Betrieb der Pflanzenkläranlagen; ein besonderer Vorteil läge darin, daß das geklärte Wasser dieser Kläranlage wieder verwendet werden könne; dies sei in Zeiten der Wasserknappheit sehr wesentlich, weil dadurch wertvolles Trinkwasser gespart werden könne. Demgegenüber benötige die projektierte Anlage einen Vorfluter, wobei drei Quellen von der Liegenschaft der Zweitbeschwerdeführerin gleichsam "als Klospülung der Kläranlage" verwendet werden sollen. Eine solche Wasserverschwendung bzw. die damit verbundene Entziehung des Wassers aus dem örtlichen Wasserkreislauf und die damit verbundene Beeinträchtigung des Grundwasserspiegels sei unverantwortlich und widerspreche dem Wasserrechtsgesetz. Es sei eine Kostenvergleichsrechnung darüber anzustellen, in welcher die Kosten des gegenständlichen Projektes den Kosten einer Abwasserentsorgung durch Pflanzenkläranlagen gegenüberzustellen seien. Das Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen sei mangelhaft, weil das aus dem Jahre 1989 stammende Abwasserkonzept durch die geänderte Rechtslage (Erlaß der Rechtsabteilung 3 vom 17. Mai 1993) überholt sei. Der Amtssachverständige habe die Auswirkung auf das Grundwasser nicht hinreichend berücksichtigt. Es werde die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen beantragt sowie die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiete der Ökologie und aus dem Siedlungswasserbauwesen.

Der Erstbeschwerdeführer wendete ein:

"Ich kann am heutigen Tage hinsichtlich der Grundinanspruchnahme für die Kanalführung im Abschnitt T.-Nord keine Zustimmung geben, weil ich vorher noch mit der Landesregierung Rücksprache halten möchte."

Zu dem von der Wasserrechtsbehörde erster Instanz eingeholten Sachverständigengutachten zur Ermittlung der Entschädigung für die Zwangsrechtseinräumung vom 6. Dezember 1993 führte der Erstbeschwerdeführer u.a. ergänzend aus:

"Ich erkläre mich mit der Benutzung des Grundstückes 275/1 Wiese für einen Kanalstrang und die Errichtung eines Schachtes als nicht einverstanden, da mit der Grabung für den Sammelstrang und den Schacht auf den Weg, der unmittelbar daneben verläuft, ausgewichen werden kann."

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 17. Dezember 1993 wurde der mitbeteiligten Partei antragsgemäß die wasserrechtliche Bewilligung unter Auflagen erteilt (Spruchpunkt I Spruchabschnitt a). Die Einwendung des Vertreters der Zweitbeschwerdeführerin, daß "für das Vorhaben keinerlei öffentliches Interesse bestehe, da die abwassermäßige Entsorgung außerhalb eines zusammenhängenden Siedlungsgebietes kostengünstig durch Einzelanlagen oder dezentrale Anlagen sicherzustellen sei, das Abwasserkonzept durch die mittlerweile geänderte Rechtslage (Erlaß der Rechtsabteilung 3 vom 17. Mai 1993) überholt sei, Auswirkungen der Maßnahmen auf das Grundwasser vom Amtssachverständigen nicht berücksichtigt seien, keine Kostenvergleichsrechnungen Projekt:

Pflanzenkläranlagen vorliegen, einschließlich gestellten Beweisanträge (SV für Ökologie und für den Siedlungswasserbau)", wurde als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt I, Spruchabschnitt b.2). Unter Spruchpunkt II dieses Bescheides wurden gemäß den §§ 60, 63 lit. b und c, 98, 117 und 118 WRG 1959 u.a. den Beschwerdeführern "zum Zwecke der Errichtung und des Betriebes der Ortskanalisation "T.-Nord" ... einschließlich der Kläranlagen und Zufahrten, folgende im Lageplan M 1:1000 gezeichnete Teilflächen von Grundstücken zugunsten der (mitbeteiligten Partei) als Eigentümer des Grundstückes Nr. 294/2 (Gemeindehaus), KG T. (herrschendes Gut), und Konsenswerberin enteignet und verpflichtet, diese Teilflächen dauernd und lastenfrei in das Eigentum der Gemeinde T. gegen nachstehende Entschädigung zu übertragen und werden weiters zu Lasten der Eigentümer der angeführten Liegenschaften Dienstbarkeiten zwangsweise zugunsten der Gemeinde T., gegen nachstehende Entschädigungen eingeräumt". (In der Folge werden die Grundstücke umfangsmäßig näher aufgezählt und die Entschädigungssummen angeführt).

In der Begründung führte die Wasserrechtsbehörde erster Instanz u.a. aus, die Bemessungswassermenge für den Schmutzwasserabfluß der aus drei biologischen Kläranlagen bestehenden Ortskanalisation umfasse insgesamt 600 EGW/EAW. Die im Norden der Gemeinde zu errichtende Kläranlage soll an der nord-östlichen Grenze des Grundstückes Nr. 287/1 KG T. errichtet werden (Grundstückseigentümer Zweitbeschwerdeführerin). (Die übrigen Teile der Kläranlage sind nicht entscheidungsrelevant.) Die Kläranlagen würden auf Grund des Gutachtens des wasserbautechnischen Sachverständigen nach dem System "Dr. Renner" errichtet. Bei der Abwasserentsorgung handle es sich für den Ortsteil T. um ein zusammenhängendes Siedlungsgebiet einer Fremdenverkehrsgemeinde. Mit der Anlage würden nach ihrer Fertigstellung ca. 154 Wohneinheiten wassertechnisch entsorgt. Die Kanalisationsanlage sei entsprechend den "vorläufigen Richtlinien zur Abwasserentsorgung im ländlichen Raum (1988)" projektiert worden. Das Ziel dieser Richtlinien sei eine kostensparende Methode zur Entsorgung dünn besiedelter Gebiete. Die projektierten Kläranlagen seien für die Reinigung kommunaler Abwässer bestens geeignet. Mit der Errichtung einer Fäkalienübernahmestation sei auch eine Abwasserentsorgung jener Objekte möglich, die nicht an die Kanalisation angeschlossen werden könnten. Die Kanalisationsanlage sowie die drei Kläranlagen mit "nachgeschaltetem Sandbeet" entsprächen dem heutigen Stand der Technik. Eine Sammlung und Reinigung von Abwässern in Gruppenkläranlagen - biologische Anlagen - seien erfahrungsgemäß wirtschaftlicher als eine Abwasserentsorgung über Einzelanlagen. Durch die Realisierung der projektsgemäßen Maßnahmen sei eine Entsorgung von im Bauland gelegenen Liegenschaften unter Bedachtnahme auf künftige Siedlungsentwicklung sichergestellt.

In der rechtlichen Beurteilung wies die Wasserrechtsbehörde darauf hin, daß die öffentlichen Interessen der Erteilung der beantragten wasserrechtlichen Bewilligung nicht entgegenstünden. Im Gegenteil erheischten die von der Wasserrechtsbehörde zu wahrenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 105 Abs. 1 lit. a, e und m WRG 1959 eine ordnungsgemäße Abwasserentsorgung einer Fremdenverkehrsgemeinde. Die derzeitige Abwasserentsorgung erfolge über Abwasserreinigungsanlagen, die weder bewilligt, noch Stand der Technik seien; zum Teil würden Fäkalien auf landwirtschaftlich genutzten Grundstücken aufgebracht. Diese unzureichende Abwasserentsorgung sei für die Wasserrechtsbehörde schon vor mehr als 15 Jahren der Anlaß gewesen, eine ordnungsgemäße Abwasserentsorgung sicherzustellen. Die bestehenden, nicht konzentrierten Abwassereinleitungen (Verrieselungen) hätten zu jenen nachteiligen Einwirkungen auf das Grundwasser geführt, wie sie aus hygienischen Belangen und zur Wahrung des Grundwasserschutzes durch die Wasserrechtsbehörde nicht hingenommen werden könnten. Das gegenständliche Projekt bedeute eine Beseitigung dieser abwassermäßigen Mißstände. Alternativen seien geprüft worden. Ohne Inanspruchnahme von Grundstücken könne aber das Vorhaben nicht verwirklicht und die abwassermäßige Entsorgung der mitbeteiligten Partei nicht sichergestellt werden. Die nunmehr gewählte Lösung sei im Vergleich zum steiermärkischen Landesdurchschnitt besonders kostengünstig. Das öffentliche Interesse an einer geordneten Abwasserbeseitigung - wobei im Sinne der zitierten Allgemeinen Emissionsverordnung auch auf die künftige Entwicklung Bedacht zu nehmen sei - sei höher zu qualifizieren als die den Eigentümern der Grundstücke zugefügten Nachteile durch Einräumung der Dienstbarkeiten für den Hauptkanal und für die Zufahrt zu den Kläranlagen. Eine Enteignung von Teilen von Liegenschaften zum Zwecke der Errichtung der Kläranlage sei deshalb erforderlich, da ohne diese eine Reinigung von Abwässern mit deren Einleitung in den Vorfluter nicht erfolgen könne und andere Alternativen bei den gegebenen Verhältnissen nicht vorhanden seien. Die Höhe der Entschädigung gründe sich auf das großzügig bemessene Gutachten des landwirtschaftlichen Sachverständigen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 22. März 1994 wurde den dagegen erhobenen Berufungen der Beschwerdeführer keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid der BH Deutschlandsberg bestätigt. In der Begründung führt die belangte Behörde hiezu aus, die Wasserrechtsbehörde erster Instanz habe sich ausführlich mit allen Fragen des hier zu beurteilenden Projektes auseinandergesetzt. Schon auf Grund des Lageplanes sei für jedermann deutlich zu erkennen, daß es sich bei dem zu entsorgenden Bereich um aneinandergrenzende Bauparzellen handle, sodaß rein optisch der Eindruck eines geschlossenen Siedlungsgebietes bestehe, das gemeinschaftlich im Sinne des § 3 der Allgemeinen Emissionsverordnung zu entsorgen sei. Auf Grund der Anforderungen des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes und der Notwendigkeit zur Erstellung eines Abwasserentsorgungsnachweises sei Dipl.-Ing. B mit der Erstellung eines Abwasserentsorgungskonzeptes beauftragt worden. Dieses bilde auch die Grundlage des verfahrensgegenständlichen Kanalprojektes, das eine zentrale Abwasserentsorgung auf Grund des geschlossenen Siedlungsgebietes vorsehe. Auch die Fachabteilung IIIa/Wasserwirtschaft gehe in ihrer Betrachtungsweise im gegenständlichen Fall vom Vorliegen eines geschlossenen Siedlungsgebietes im Hinblick auf die Notwendigkeit einer zentralen Abwasserentsorgung aus. Sowohl aus raumordnerischer, baurechtlicher als auch wasserwirtschaftlicher Sicht sei von einem zusammenhängenden Siedlungsgebiet auszugehen, das einer zentralen Abwasserentsorgung bedürfe. Das eminente öffentliche Interesse an einer ordnungsgemäßen Abwasserentsorgung sei unbestritten. Die Notwendigkeit der geplanten Grundinanspruchnahmen sei vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen hinlänglich dargelegt worden; dessen Ausführungen seien die Voraussetzung für die Einräumung von Zwangsrechten im Sinne der §§ 60 und 63 lit. b WRG 1959 gewesen. Der Erstbeschwerdeführer sei mit seiner Einwendung bezüglich des Ausweichens von der geplanten Kanaltrasse auf den Weg gemäß § 42 AVG präkludiert. Der Verhandlungsleiter der Wasserrechtsbehörde erster Instanz sei nicht befangen. Die Wahrung des öffentlichen Interesses komme ausschließlich den damit befaßten Behörden zu, welche diese Aufgaben von Amts wegen zu besorgen hätten. Diesbezüglich komme den Beschwerdeführern Parteistellung im Sinne des § 102 lit. b WRG 1959 nicht zu. Das Verfahren habe keine Einschränkung der Nutzungsbefugnisse der Zweitbeschwerdeführerin bezüglich § 5 Abs. 2 WRG 1959 ergeben. Die Frage des Standes der Technik der geplanten Abwasseranlage sei vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen in seinem Gutachten hinreichend und schlüssig dargelegt worden. Seinen Feststellungen sei in keiner Weise auf derselben fachlichen Ebene widersprochen worden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid dem gesamten Vorbringen zufolge in dem Recht auf Nichtbewilligung des verfahrensgegenständlichen Abwasserprojektes verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer bemängeln die Feststellung der Wasserrechtsbehörden, das Gebiet der Gemeinde "T." liege in einem "geschlossenen Siedlungsgebiet", und der daraus gezogenen rechtlichen Schlußfolgerung, die Bewilligung des gegenständlichen Projektes widerspreche keinen öffentlichen Interessen. Bezüglich dieser Feststellung hätte es weiterer Erhebungen bedurft. Das im Jahre 1989 von Dipl.-Ing. B entwickelte Abwasserkonzept sei auf Grund der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung aus dem Jahre 1991 und des Erlasses der Steiermärkischen Landesregierung vom 17. Mai 1993 überholt. Die Wasserrechtsbehörden hätten die Tatsache übergangen, daß im verfahrensgegenständlichen Bereich weit auseinanderliegende Häuser errichtet seien und ein äußerst dünn besiedeltes Gebiet vorläge, wobei die Häuser zum größten Teil nur zeitweise bewohnt würden. Bei einem derartigen Sachverhalt wäre es zweckmäßiger, kleinräumige Entsorgungsanlagen zu errichten, zumal auch ein unzureichender Vorfluter vorliege. Die Bewilligung des gegenständlichen Projektes widerspreche § 105 WRG 1959. Der Erstbeschwerdeführer sei mit seinem Vorbringen auch nicht präkludiert, da sich dieser grundsätzlich gegen die Inanspruchnahme von Grundflächen ausgesprochen habe. Die Wasserrechtsbehörden hätten auch keine Alternativen zu den nunmehr gewählten Grundinanspruchnahmen geprüft, obwohl die Vertreter der mitbeteiligten Partei bei der Verhandlung am 15. November 1993 andere Grundinanspruchnahmen als möglich angesehen hätten. Eine Einräumung von Zwangsrechten bzw. Enteignung wäre nur nach einer derartigen Prüfung zulässig gewesen.

Gemäß § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 sind diejenigen Parteien, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103.

Demnach haben Personen, die als Betroffene eines - projektsgemäß erforderlichen - Zwangsrechtes in Aussicht genommen wurden (vgl. § 103 lit. b WRG 1959), Parteistellung im Sinne des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959.

Die Parteistellung der Beschwerdeführer in dem der gegenständlichen Beschwerde zugrundeliegenden wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren gemäß § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 steht nicht in Streit. Aus der Umschreibung jener Tatsachen, welche die Parteistellung im Sinn des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren begründen, ergibt sich der Rahmen jener Einwendungen, die in einem solchen Verfahren von diesen Parteien mit Erfolg geltend gemacht werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. April 1994, Zl. 93/07/0174). Solche Einwendungen haben sich bei sonstiger Präklusion auf eine Verletzung jenes Rechtes zu beziehen, aus welchem die Parteistellung abgeleitet wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1994, Zl. 91/07/0139).

Der zur Verhandlung vor der Wasserrechtsbehörde erster Instanz am 15. November 1993 persönlich erschienene Erstbeschwerdeführer hat dort kein Vorbringen erstattet, das die Behauptung der Verletzung eines subjektiven Rechts durch das den Gegenstand des Verfahrens bildende Vorhaben zum Inhalt hat. Er ist daher als dem Vorhaben zustimmend im Sinne des § 42 AVG anzusehen. Sein erstmals in der Stellungnahme vom 6. Dezember 1993 zum Bewertungsgutachten des land- und forstwirtschaftlichen Sachverständigen erstattetes Vorbringen, mit der Benutzung seines Grundstückes Nr. 275/1 zwecks Errichtung eines Schachtes und eines Kanalstranges nicht einverstanden zu sein, da auf öffentliches Gut ausgewichen werden könne, ist verspätet und vermag die bereits eingetretene Präklusion nicht zu beseitigen, da dieser Einwand bereits in der mündlichen Verhandlung erhoben hätte werden können. Der Erstbeschwerdeführer vermag daher schon aus diesem Grunde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, mit welchem seine Berufung gegen den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid der Wasserrechtsbehörde erster Instanz abgewiesen wurde, nicht aufzuzeigen.

Auch der Beschwerde der zweitbeschwerdeführenden Partei bleibt ein Erfolg versagt.

Gemäß § 60 Abs. 1 lit. c WRG 1959 sind Zwangsrechte im Sinne des 6. Abschnittes dieses Gesetzes u.a. die Enteignung (Hinweis auf §§ 63 bis 70 WRG 1959).

Gemäß § 63 leg. cit. kann die Wasserrechtsbehörde, um die nutzbringende Verwendung der Gewässer zu fördern, um ihren schädlichen Wirkungen zu begegnen, zur geordneten Beseitigung von Abwässern und Abfällen und zum Schutz der Gewässer, in dem Maß als erforderlich

...

b) für Wasserbauvorhaben, deren Errichtung, Erhaltung oder Betrieb im Vergleich zu den Nachteilen von Zwangsrechten überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten läßt, die notwendigen Dienstbarkeiten einräumen oder entgegenstehende dingliche Rechte einschließlich Nutzungsrechte im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, einschränken oder aufheben, damit die genehmigte Anlage mit den zu ihr gehörigen Werken und Vorrichtungen hergestellt, betrieben und erhalten sowie der Vorschreibung sonstiger Maßnahmen entsprochen werden kann;

c) Liegenschaften und Bauwerke, ferner Werke, Leitungen und Anlagen aller Art ganz oder teilweise enteignen, wenn in den Fällen der unter lit b bezeichneten Art die Einräumung einer Dienstbarkeit nicht ausreichen würde;

...

§ 63 lit. c WRG 1959 erfordert ebenso wie lit. b dieser Gesetzesstelle eine Interessensabwägung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 12. März 1993, Zl. 92/07/0060). Der Bestand überwiegender Vorteile im allgemeinen Interesse (d.i. nichts anderes als das öffentliche Interesse schlechthin; vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1992, Zl. 89/07/0143) muß sorgfältig geprüft werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. April 1994, Zl. 91/07/0135). Die Zweitbeschwerdeführerin als vom Zwangsrecht betroffene Partei hat demnach ein subjektives Recht darauf, daß Zwangsrechte zu ihren Lasten nicht ohne eine die Maßnahme betreffende Interessensabwägung im Sinne des Gesetzes begründet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1995, Zlen. 94/07/0051, 94/07/0056), weshalb ihre Einwendung, das gegenständliche Projekt liege nicht im öffentlichen Interesse, zulässig ist.

Im gegenständlichen Fall ging jedoch die belangte Behörde ohne Rechtsirrtum davon aus, daß die hier zu beurteilende Abwasserbeseitigungsanlage im öffentlichen Interesse geboten ist und dieses das entgegenstehende Interesse der mit dem Zwangsrecht belasteten Zweitbeschwerdeführerin überwiegt. Grundsätzlich bringt die Gewässerreinhaltung Vorteile im allgemeinen Interesse mit sich, welche die Nachteile von Leitungsdienstbarkeiten erheblich überragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Februar 1990, Zl. 89/07/0066 bis 0068).

Der Teil der Abwasserbeseitigungsanlage "T.-Nord", wofür Zwangsrechte auf Grundstücken der Zweitbeschwerdeführerin begründet worden sind, umfaßt - wie den vorgelegten Verwaltungsakten entnommen werden kann - projektsgemäß 200 EGW/EAW. Dem liegt ein Einzugsgebiet von 44 ständigen Bewohnern, 26 Wochenendbewohnern, ein Betrieb mit

10 Angestellten, 46 Betten und 110 Sitzplätzen, eine Schule und eine Reserve für zukünftiges Bauland in der Größenordnung von 34 EGW/EAW zugrunde. Unter Berücksichtigung der fachkundigen Ausführungen des wasserbautechnischen Sachverständigen der Wasserrechtsbehörde erster Instanz, denen die Zweitbeschwerdeführerin auf fachkundiger Ebene nicht entgegengetreten ist, ist die projektierte Anlage für die Reinigung kommunaler Abwässer geeignet. Durch die Steuerungsmöglichkeiten im Reinigungsverfahren sind viele Eingriffe in den Reinigungsablauf möglich, Spitzenwerte beim Abwasseranfall können ausgeglichen werden, ohne daß es zu einer Reduzierung der Reinigungsleistung kommt. Auch die Entsorgung jener Objekte, die nicht an die Kanalisation angeschlossen werden können, ist durch die Errichtung einer Fäkalienübernahmestation gewährleistet und eine Entsorgung von im Bauland gelegener Liegenschaften unter Bedachtnahme auf die künftige Siedlungsentwicklung sichergestellt. Gegenüber einer Abwasserentsorgung durch Einzelanlagen ist die projektierte Anlage auch wirtschaftlicher. Abgesehen davon, daß - entgegen den Beschwerdeausführungen - das hier zu entsorgende Gebiet auf Grund der Ausführungen des wasserbautechnischen Sachverständigen - deren Richtigkeit auf Grund der vorgelegten Verwaltungsakten, insbesondere der vorgelegten Pläne, vom Verwaltungsgerichtshof nicht als unschlüssig zu erkennen sind - als zusammenhängendes Siedlungsgebiet im Sinne des § 3 Abs. 1 der Allgemeinen Emissionsverordnung anzusehen ist, kann den Rechtsausführungen der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, daß die Errichtung der gegenständlichen Abwasserbeseitigungsanlage (schon deshalb) im öffentlichen Interesse liegt, weil die derzeitige Entwässerung der Gemeinde T. über Senkgruben mit Überlauf erfolgt, die nicht dem Stand der Technik entspricht. Der Hinweis in der Beschwerde, das dem gegenständlichen Projekt zugrundeliegende Abwasserkonzept stamme aus dem Jahre 1989 und sei daher nicht mehr auf dem "letzten Stand", übersieht die begründeten Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen, daß die hier bewilligte Anlage dem Stand der Technik entspricht. Diesen Ausführungen ist die Zweitbeschwerdeführerin mit ihren allgemein gehaltenen, gegenteiligen Behauptungen nicht auf fachkundiger Ebene entgegengetreten. Auch das übrige Beschwerdevorbringen, die Kläranlage sei nur teilweise in der Lage, eine Reinigung durchzuführen, und der Vorfluter sei unzureichend, entbehrt jeder sachlichen Grundlage. Die von der Wasserrechtsbehörde bewilligte Abwasserbeseitigung begründet somit jedenfalls ein öffentliches Interesse in einem Ausmaß, welches die Einräumung von Zwangsrechten rechtfertigt.

Daß die im Spruchpunkt II des erstinstanzlichen Bescheides gegen die Zweitbeschwerdeführerin zur Erreichung des im öffentlichen Interesse gelegenen Zieles konkret angeführten Zwangsrechte nicht erforderlich wären, nach Art und Umfang unverhältnismäßig seien und das angestrebte Ziel durch andere - für die Zweitbeschwerdeführerin - gelindere Maßnahmen erreicht werden könnte, wurde von der Zweitbeschwerdeführerin im verwaltungsbehördlichen Verfahren nicht eingewendet. Auch die Beschwerdeausführungen führen solches nicht aus. Warum 600 m2 Grund der Zweitbeschwerdeführerin aus dem Grundstück Nr. 287/1 gemäß § 63 lit. c WRG 1959 enteignet werden mußte und die Begründung einer Dienstbarkeit nach lit. b dieser Gesetzesstelle nicht ausreichte, hat die Wasserrechtsbehörde erster Instanz - diesbezüglich auch nicht in der Berufung bemängelt - in nachvollziehbarer und schlüssiger Weise begründet.

Die Zweitbeschwerdeführerin vermochte somit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

Die Beschwerde war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994; die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand für die dritte (überzählige) Ausfertigung der Gegenschrift.

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