Normen
AlVG 1977 §123 Abs1 Z1;
AlVG 1977 §123 Abs9;
ASVG §122;
ASVG §123 Abs1 Z1;
ASVG §123 Abs9;
ASVG §123;
ASVG §76 Abs2;
BKUVG §55 Abs1;
BKUVG §56 Abs1;
BKUVG §56 Abs2;
BKUVG §56;
BSVG §77;
BSVG §78;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
FSVG §2 Abs1;
AlVG 1977 §123 Abs1 Z1;
AlVG 1977 §123 Abs9;
ASVG §122;
ASVG §123 Abs1 Z1;
ASVG §123 Abs9;
ASVG §123;
ASVG §76 Abs2;
BKUVG §55 Abs1;
BKUVG §56 Abs1;
BKUVG §56 Abs2;
BKUVG §56;
BSVG §77;
BSVG §78;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
FSVG §2 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vorliegenden Beschwerde und der ihr beigeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Die Wiener Gebietskrankenkasse hat mit Bescheid vom 16. Dezember 1991 festgestellt, daß die Ehegattin des Beschwerdeführers gemäß § 123 Abs. 9 ASVG nicht (dessen) anspruchsberechtigte Angehörige im Sinne des zweiten Teiles des ASVG sei.
Der gegen diesen Bescheid erhobene Einspruch wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 13. Februar 1992 als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bestätigt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 29. September 1992, B 423/92, die Behandlung dieser Beschwerde abgelehnt und sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
In der vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten Beschwerdeergänzung macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde erwogen:
Den weiteren Ausführungen vorausgeschickt sei, daß der Beschwerdeführer zu Recht die Anspruchsberechtigung seiner Ehegattin als Angehörige in der Krankenversicherung nach dem ASVG als eigenes Recht geltend macht, da § 123 ASVG (ähnlich §§ 77, 78 BSVG, jedoch im Gegensatz zu § 56 Abs. 1 B-KUVG, vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. November 1992, Zl. 91/08/0091) die Rechtssphäre des Versicherten und nicht jene des Angehörigen gestaltet (vgl. in diesem Sinne auch den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 1992, G 208/91).
Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob die belangte Behörde § 123 Abs. 9 ASVG richtig angewendet hat. Diese Bestimmung lautet in der Fassung der 41. Novelle, BGBl. Nr. 111/1986, und der 49. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 294/1990, wie folgt:
"(9) Eine im Abs. 2 Z. 1 sowie Abs. 7 und 8 genannte Person gilt nur als Angehöriger, soweit es sich nicht um eine Person handelt, die
a) in § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, BGBl. Nr. 624/1978, angeführt ist, oder
b) eine Pension nach dem in lit. a genannten Bundesgesetz bezieht, oder
c) zu den in § 4 Abs. 2 Z. 6 des gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes genannten Personen gehört."
Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 30. November 1978 über die Sozialversicherung freiberuflich selbständiger Erwerbstätiger (FSVG), BGBl. Nr. 624, regelt dieses Bundesgesetz die Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung einiger Gruppen im Inland freiberuflich selbständiger Erwerbstätiger nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen.
Gemäß § 2 Abs. 1 sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständigen Erwerbstätigen (u.a.) die Mitglieder der Rechtsanwaltskammern (Z. 2) pflichtversichert.
Nach Abs. 2 der zitierten Gesetzesstelle wird die Pflichtversicherung der in Abs. 1 bezeichneten Personengruppen durch Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung (nunmehr: für Arbeit und Soziales) begründet, sofern die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Angehörigen dieser Personengruppen die Einführung eines Versicherungsschutzes rechtfertigen und für diese Personengruppe nicht bereits Versicherungsschutz in den in Betracht kommenden Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung besteht. Das Verfahren zur Erlassung der Verordnung wird auf Antrag der für das Bundesgebiet jeweils in Betracht kommenden gesetzlichen beruflichen Vertretung eingeleitet. Eine solche Pflichtversicherung kann sich auch auf einzelne Zweige der Sozialversicherung (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) erstrecken.
Hinsichtlich der Mitglieder der Rechtsanwaltskammern wurde eine Verordnung im Sinne des § 2 Abs. 2 FSVG bisher nicht erlassen.
Der Beschwerdeführer erblickt eine rechtswidrige Anwendung des § 123 Abs. 9 ASVG nun darin, daß die belangte Behörde die Ehegattin des Beschwerdeführers (eine Rechtsanwältin) dennoch als vom Ausnahmetatbestand des § 123 Abs. 9 ASVG erfaßt angesehen hat, obwohl die Mitglieder der Rechtsanwaltskammern bisher nicht in die Pflichtversicherung nach dem FSVG tatsächlich einbezogen worden seien, weshalb keine "selbständige Pflichtkrankenversicherung" seiner Ehegattin gegeben sei.
Abgesehen davon, daß schon der Wortlaut des § 123 Abs. 9 ASVG gegen die Auslegung des Beschwerdeführers spricht, verkennt er auch das Regelungskonzept des § 123 Abs. 9 ASVG:
Diese Bestimmung geht ihrem Ursprung nach auf die 36. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 282/1981, zurück. Im Zuge der angestrebten Gleichstellung der Geschlechter in bezug auf sozialversicherungsrechtliche Ansprüche (vgl. dazu die Erläuterungen zur RV 671 Blg., Sten. Prot. XV. GP., S. 7 ff) sollte einerseits - im Gegensatz zur Rechtslage vor der 36. Novelle - künftig nicht nur die EheGATTIN als Angehörige in der Krankenkversicherung gelten können, sondern eine geschlechtsneutrale Regelung erfolgen. Die Regierungsvorlage vom 29. April 1981 (671 Blg. Sten. Prot., NR XV. GP., S. 1) sah in Art. I Z. 6 eine Änderung des § 123 Abs. 2 Z. 1 ASVG dahin vor, daß "der nicht erwerbstätige Ehegatte" als Angehöriger im Sinne dieser Gesetzesstelle gelten sollte. Die Erläuterungen (aaO, S. 13) führen dazu aus, daß nur dort, wo der Ehegatte selbst erwerbstätig sei - auch wenn diese Erwerbstätigkeit keine Krankenversicherung begründe - ein über den Ehegatten abgeleiteter Leistungsanspruch nicht gerechtfertigt scheine. Diese Lösung könne dazu führen, daß die Ehegattin eines Versicherten, die derzeit als Angehörige in der Krankenversicherung gelte, künftig diese Eigenschaft verliere, wobei auf die Schutzbestimmung des Art. II Abs. 2 der RV für Übergangsfälle hingewiesen wurde. In diesen Fällen - so setzen die Erläuterungen fort - werde der zwar erwerbstätige, aber nicht pflichtversicherte Eheteil die Möglichkeit der Selbstversicherung in der Krankenversicherung gemäß § 16 ASVG haben.
Im Sozialausschuß (vgl. den Ausschußbericht 733 Blg., Sten. Prot. NR XV. GP) wurde die Regierungsvorlage insoweit verändert, als im § 123 Abs. 2 Z. 1 nur "der Ehegatte" als Angehöriger bezeichnet wurde, anstelle der Einschränkung "nicht erwerbstätig" jedoch dem § 123 ein Abs. 9 angefügt wurde, der wie folgt lautete:
"(9) Die in Abs. 2 Z. 1 wie Abs. 7 und 8 genannten Personen gelten nur als Angehörige, wenn sie kein Erwerbseinkommen bzw. keine Einkünfte aus Pensionen oder aus Ruhe(Versorgungs)genüssen einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft beziehen; Erwerbseinkommen bzw. Einkünfte unter den in § 5 Abs. 2 genannten jeweils geltenden Beträgen sowie Erwerbseinkommen aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb haben hiebei außer Betracht zu bleiben."
Erkennbares Ziel der Neuregelung der Angehörigeneigenschaft durch die 36. Novelle zum ASVG (und daran hat auch die vom Sozialausschuß beschlossene Änderung gegenüber der Regierungsvorlage nichts geändert), war somit, jene Angehörigen, die über ein ausreichendes Erwerbseinkommen verfügen, nicht in den Genuß der (unentgeltlichen) Mitversicherung in der Krankenversicherung kommen zu lassen, sondern auf die (beitragspflichtige) Selbstversicherung in der Krankenversicherung im Sinne des § 16 ASVG zu verweisen.
Diese am 1. Juni 1981 in Kraft getreten Regelung wurde bereits durch die 38. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 647/1982, mit Wirkung vom 1. Jänner 1983 - soweit es den Beschwerdesachverhalt betrifft -im wesentlichen im Sinne der nunmehr geltenden Regelung verändert. Nach der Regierungsvorlage vom 23. November 1982 (1310 Blg., Sten. Prot. NR. XV. GP) sollte noch in § 123 Abs. 9 ASVG der Begriff des Erwerbseinkommens umschrieben und als Geringfügigkeitsgrenze der jeweilige Richtsatz des Ausgleichszulagenrechtes herangezogen werden. Die Erläuterungen, (aaO, S. 12 f) betonen zunächst das Anliegen der 36. Novelle zum ASVG, nur jenen Angehörigen die - unentgeltliche - Mitversicherung in der Krankenversicherung zukommen zu lassen, die "sich nicht aufgrund eigener Einkünfte den Krankenversicherungsschutz verschaffen können". Bei der praktischen Anwendung des § 123 Abs. 9 ASVG in der Fassung der 36. Novelle zum ASVG hätten sich allerdings Probleme ergeben, die eine Neuregelung des Begriffes Erwerbseinkommens erforderlich machen. Auch in diesem Fall hat der Sozialausschuß in der Folge eine neue Formulierung gefunden, die - nach dem Ausschußbericht (vgl. 1344 Blg., Sten. Prot. XV. GP., S. 2f) - "alle bisherigen administrativen Schwierigkeiten mit einem Schlag" beseitigen sollte, in dem sie die beitragsfreie Angehörigeneigenschaft nur in jenen Fällen ausschließt, in denen der Angehörige zum Personenkreis, der unter das FSVG fällt, zählt, und zwar ohne Rücksicht auf die Höhe des Erwerbseinkommens der Betroffenen. Die Überlegungen, die zu der bisherigen Regelung des § 123 Abs. 9 ASVG geführt haben, sollten dabei voll aufrecht bleiben. Der Gesetzestext des § 123 Abs. 9 in der Fassung des Art. II Z. 1 der 38. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 647/1982, lautete:
"(9) Die im Abs. 2 Z. 1 ... genannten Personen gelten nur als Angehörige, soweit es sich nicht um Personen handelt, die in § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, BGBl. Nr. 624/1978, angeführt sind."
Die Entstehungsgeschichte dieser - von aus dem Blickwinkel des Beschwerdefalles unwesentlichen Änderungen abgesehen - bis heute noch inhaltlich unveränderten Bestimmung zeigt somit, daß es dem Gesetzgeber nicht etwa darauf angekommen ist, jene Personen von der Angehörigeneigenschaft des § 123 Abs. 1 Z. 1 ASVG auszuschließen, die in die gesetzliche Krankenversicherung nach dem FSVG tatsächlich einbezogen sind, sondern, daß der Gesetzgeber mit der Verweisung auf den in § 2 Abs. 1 FSVG genannten Personenkreis unabhängig davon jene Gruppe von freiberuflich, selbständig Erwerbstätigen umschreiben wollte, von denen er mit Grund meinte annehmen zu können, daß sie in ihrer Erwerbstätigkeit über ein ausreichendes Einkommen verfügen, das es - auch unter den sozialpolitischen Zielsetzungen des § 123 Abs. 1 ASVG - als zumutbar erscheinen läßt, eine eigene Selbstversicherung in der Krankenversicherung (mit der dort ohnehin vorgesehenen Möglichkeit der Beitragsherabsetzung bei geringem Einommen im Sinne des § 76 Abs. 2 ASVG) einzugehen.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht den oben wiedergegebenen Wortlaut des § 123 Abs. 9 ASVG nicht in der Weise (einschränkend) ausgelegt, daß unter den in § 2 Abs. 1 FSVG angeführten Personen etwa nur jene zu verstehen seien, die in die Krankenversicherung nach dem FSVG einbezogen sind, wie dies in der vorliegenden Beschwerde vertreten wird (ebenso das hg. Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zl. 90/08/0013, zur entsprechenden Bestimmung des § 56 Abs. 9 B-KUVG).
Es trifft zwar zu, daß damit zwischen den in § 2 Abs. 1 FSVG genannten und anderen, dort nicht genannten, im Inland freiberuflich selbständig Erwerbstätigen in der Weise differenziert wird, daß die nicht im FSVG genannten freiberuflich Erwerbstätigen im Sinne des § 123 Abs. 1 Z. 1 ASVG als Ehegatten Angehörige in der Krankenversicherung des andern Ehegatten sein können. Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch in seinem Erkenntnis vom 2. Oktober 1987, Slg. Nr. 11469, diese Differenzierung in der - im wesentlichen gleichartigen - Bestimmung des § 56 B-KUVG mit der Begründung für verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet, daß der Gesetzgeber nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung dem Umstand Bedeutung beimessen dürfe, daß eine Berufsgruppe bisher eine Einbeziehung in die Pflichtversicherung abgelehnt hat (vgl. die in VfSlg. 11469, Seite 233, wiedergegebene Begründung). Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich - jedenfalls aus dem Blickwinkel des vorliegenden Beschwerdefalles - dieser Auffassung an und sieht daher - und nicht nur im Hinblick auf den vorerwähnten Ablehnungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes in dieser Beschwerdesache - keine Veranlassung, beim Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren anhängig zu machen.
Da somit bereits die vorliegende Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die vom Verfassungsgerichtshof abgetretene Beschwerde nach Beschwerdeergänzung, jedoch ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
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