VwGH 92/02/0192

VwGH92/02/019221.10.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 10. April 1991, Zl. UVS-03/20/00014/91, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2a litb;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §51e;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2a litb;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §51e;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich am 28. Dezember 1990 um 15.56 Uhr in Wien 10, Wachzimmer Patrubangasse 9 als Lenker eines Kraftfahrzeuges geweigert, seine Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Alkohol messen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, daß er sein Fahrzeug am 28. Dezember 1990 um 15.40 Uhr in Wien 10, Kennergasse in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 und 2a lit. b StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 22 Tage) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer behauptet, die Bestrafung gründe sich im angefochtenen Bescheid auf einen Tatort Kennergasse zu einer Tatzeit 15.40 Uhr; insoweit sei keine rechtzeitige Verfolgungshandlung gesetzt worden, sodaß Verfolgungsverjährung eingetreten sei.

Dem ist entgegenzuhalten, daß es hinsichtlich Tatort und Tatzeit beim in Rede stehenden Delikt auf Ort und Zeit der Verweigerung der Atemluftprobe, nicht auf Ort und Zeit des vorangegangenen Lenkens ankommt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. Jänner 1991, Zl. 90/02/0181, und vom 15. Februar 1991, Zl. 90/18/0259). Dem Spruch des angefochtenen Bescheides ist unschwer zu entnehmen, daß die Verweigerung um 15.56 Uhr in der Patrubangasse 9 erfolgt ist. Dieser Tatort und diese Tatzeit scheinen aber bereits im Straferkenntnis vom 18. Jänner 1991 auf, welches eine fristgerechte Verfolgungshandlung darstellt.

Auch der vom Beschwerdeführer behauptete Widerspruch zwischen Spruch und Begründung liegt nicht vor, weil im Spruch die Tatzeit sehr wohl mit 15.56 Uhr angegeben wird. Von einer Aktenwidrigkeit kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein.

Der Beschwerdeführer vermißt weiters eine Verfolgungshandlung hinsichtlich des seiner Darstellung nach erstmals im angefochtenen Bescheid erfolgten Vorwurfes der "Übertretung des § 5 Abs. 2a lit. b StVO". Dieser Vorwurf ist schon deshalb unbegründet, weil es für eine Verfolgungshandlung nicht erforderlich ist, dem Beschuldigten die Subsumtion der ihm angelasteten Übertretung in einer dem § 44a Z. 2 VStG entsprechenden Weise zur Kenntnis zu bringen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. August 1990, Zl. 90/02/0025). Im übrigen hat die belangte Behörde als übertretene Norm zutreffend § 99 Abs. 1 lit. b StVO angeführt; die lediglich der Spezifizierung des im vorliegenden Fall angewendeten Teiles dieser Bestimmung dienende Beifügung von Absätzen des § 5 StVO war nicht rechtswidrig (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. Juni 1991, Zl. 91/03/0100, und vom 30. April 1992, Zl. 91/02/0154).

Einen Spruchmangel erblickt der Beschwerdeführer darin, daß nicht entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes angeführt wurde, es habe vermutet werden können, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand "befunden" habe, sondern daß der Ausdruck "gelenkt" verwendet wurde. Daß jemand, der ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand lenkt, sich in eben diesem Zustand "befindet", versteht sich für einen verständigen Leser von selbst. Das bisher behandelte Beschwerdevorbringen erweist sich als nahezu mutwillig.

Was die Funktionstüchtigkeit des verwendeten Alkomaten anlangt, so ergibt sich aus dem zwischenzeitigen Austausch keineswegs eine Fehlfunktion zur Tatzeit. Konkrete Umstände, die dafür sprechen könnten, daß das Scheitern der Atemalkoholuntersuchung nicht auf das Verhalten des Beschwerdeführers (ungenügende Beatmung), sondern auf eine Störung des Gerätes zurückzuführen wäre, hat der Beschwerdeführer nicht nennen können. Zur Aufnahme von Erkundungsbeweisen war die belangte Behörde nicht verpflichtet. Ein Zweifelsfall, in dem der Grundsatz "in dubio pro reo" Anwendung finden könnte, lag nicht vor.

Als Verfahrensmangel macht der Beschwerdeführer geltend, daß die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht vertagt wurde, obwohl in der Belehrung des Ladungsbescheides auf das Ausbleiben ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes abgestellt werde und er sich mit einer dringenden Reise zu seiner kranken Mutter habe entschuldigen lassen.

Die behauptete Verletzung des Parteiengehörs liegt nicht vor, weil der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung anwaltlich vertreten war und seine Vertreterin Gelegenheit zur Äußerung (§ 51f Abs. 3 VStG), zur Befragung der vernommenen Zeugen (§ 51g Abs. 2 VStG) und zum Schlußwort (§ 51h Abs. 3 VStG) erhielt. Ob die Verhandlung aber gemäß § 51h Abs. 1 VStG zur Vernehmung des der Verhandlung ferngebliebenen Beschuldigten - insbesondere im Hinblick auf den Inhalt der Ladung und seine Entschuldigung - zu vertagen gewesen wäre (vgl. auch § 51f Abs. 2 VStG), kann im Beschwerdefall aus folgendenen Erwägungen auf sich beruhen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon mehrmals ausgesprochen, daß selbst das rechtswidrige Unterbleiben der öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht in jedem Fall die Aufhebung des Berufungsbescheides nach sich ziehen muß; maßgeblich ist die - in der Beschwerde darzustellende - Relevanz im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. September 1991, Zl. 91/03/0165). Nichts anderes gilt im Falle des Unterbleibens einer Vertagung.

Der Beschwerdeführer hat nun vorgebracht, durch seine Aussage hätte dokumentiert werden können, daß er - wie schon anläßlich der Anzeige von ihm angegeben - lediglich 2/8 Liter Wein konsumiert habe, welche Menge nicht für die Vermutung einer Alkoholisierung spreche. Bereits das damalige Zugeständnis, vor der Beanstandung Alkohol konsumiert zu haben, rechtfertigte aber - abgesehen von den vom Meldungsleger dargelegten Alkoholisierungssymptomen - das Verlangen nach Ablegung der Atemluftprobe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. September 1992, Zl. 92/02/0153). Für die Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer zur Ablegung der Atemluftprobe verpflichtet war, ist es im übrigen bedeutungslos, ob er im Zeitpunkt des Lenkens des Kraftfahrzeuges tatsächlich alkoholisiert war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 1992, Zl. 92/02/0101). Das vom Beschwerdeführer angegebene Beweisthema war demnach irrelevant.

Weiters meint der Beschwerdeführer, ihm wäre die Möglichkeit genommen worden, die Art und Weise der Bedienung des Alkomaten zu demonstrieren; eine konkrete Beschreibung dieser Bedienung enthält die Beschwerde nicht. Die Atemalkoholuntersuchung ist im Beschwerdefall an einem ungenügenden Blasvolumen (Anzeige "VOL") gescheitert. Selbst wenn der Beschwerdeführer aber anläßlich einer Demonstration vor der belangten Behörde einen Alkomaten ordnungsgemäß beatmen würde, könnte hiedurch das Ausmaß des seinerzeitigen Blasvolumens oder eine Fehlfunktion des damals verwendeten Gerätes nicht bewiesen werden. Dem Beschwerdeführer ist es somit auch mit diesem Vorbringen nicht gelungen, die Relevanz des gerügten Verfahrensmangels aufzuzeigen.

Schließlich vermißt der Beschwerdeführer die Beischaffung eines vom Meldungsleger erwähnten Dienstbefehles, weil er es nicht für glaubwürdig hält, daß ein viermaliges Scheitern von Blasversuchen nicht in der Spalte "Besondere Bemerkungen" des Protokolls zur Atemalkoholuntersuchung einzutragen gewesen wäre. Damit kann er einen wesentlichen Verfahrensmangel schon deshalb nicht dartun, weil dieses viermalige Scheitern ohnehin in der Anzeige, der das Protokoll angeschlossen war, beschrieben wurde. Es trifft auch nicht zu, daß in diesem Protokoll nur ein fehlerhaftes Meßergebnis festgehalten worden wäre; vielmehr findet sich darin der Vermerk "kein Ergebnis zustandegekommen".

Was die Strafhöhe anlangt, kann der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die einschlägige Vorstrafe des Beschwerdeführers in Höhe von S 20.000,--, die ihn nicht von der neuerlichen Begehung eines Alkoholdeliktes abhalten konnte, trotz seiner ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse nicht finden, daß der belangten Behörde ein Ermessensfehler unterlaufen wäre. Inwieweit die diesbezügliche Bescheidbegründung nicht ausreichend sein soll, stellt der Beschwerdeführer nicht dar und ist auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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