VwGH 90/02/0181

VwGH90/02/018123.1.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. August 1990, Zl. VerkR-12.088/7-1990-II/Aum, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2a litb;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §19;
VStG §25;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2a litb;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §19;
VStG §25;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 25. Oktober 1989 wurde vor der Bundespolizeidirektion Linz gegenüber dem Beschwerdeführer ein Straferkenntnis mündlich erlassen, dessen Schuldspruch wie folgt lautete:

"Sie haben am 16.10.1989 um ca. 17.48 Uhr in Linz, Landwiedstraße Nr. 82, über die Laskahofstraße - Dauphinestraße bis nächst Hirtstraße Nr. 13 den Pkw X nn trotz vermuteter Alkoholbeeinträchtigung wie leichte Rötung der Augenbindehäute, leichter Geruch der Atemluft nach Alkohol etc., die von einem geschulten und von der Behörde hiezu bes. ermächtigten Wachebeamten geforderte Alkomatuntersuchung am 16.10.1989 am Orte der Anhaltung verweigert."

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt.

Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 23. August 1990 mit der Maßgabe keine Folge, daß der Spruch (die Tatanlastung) wie folgt zu lauten habe:

"Sie haben am 16.10.1989 um ca. 17.48 Uhr in Linz, Landwiedstraße Nr. 82 über die Laskahofstraße - Dauphinestraße bis nächst Hirtstraße Nr. 13 den PKW X nn gelenkt, und haben trotz vermuteter Alkoholbeeinträchtigung, wie leichte Rötung der Augenbindehäute und leichter Geruch der Atemluft nach Alkohol, die von einem geschulten und von der Behörde hiezu besonders ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geforderte Alkomatuntersuchung in der Folge gegen 18.15 Uhr am Orte der Anhaltung (Hirtstraße Nr. 13) verweigert."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers vermag der Verwaltungsgerichtshof die Abänderung des erstinstanzlichen Spruches durch die belangte Behörde nicht als rechtswidrig zu erkennen: Was zunächst den Tatort anlangt, so ist dieser dort gelegen, wo die Verweigerung des Alkotestes erfolgte (vgl. das Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. Nr. 11 466/A). Daß dieser Ort mit dem Ort der "Anhaltung" (des Beschwerdeführers als Lenker des erwähnten Pkw's) ident ist, wird auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Daß dieser Ort aber "Hirtenstraße Nr. 13" war, ergibt sich nicht nur aus der Aktenlage, sondern wurde vom Beschwerdeführer in seiner Berufung vom 2. November 1989 selbst angegeben. Das davon abweichende Vorbringen in der Beschwerde ist daher geradezu mutwillig. Im übrigen ist dieser Tatort schon deshalb Gegenstand einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung gewesen, weil er aus dem Straferkenntnis zweifelsfrei entnehmbar ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1990, Zl. 89/18/0166).

Es trifft nicht zu, daß der Zeitpunkt, welcher dem Beschwerdeführer als Tatzeit der Verweigerung des Alkotestes (vgl. auch dazu das Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. Nr. 11 466/A) angelastet wurde, von der belangten Behörde mit dem Zeitpunkt der Anhaltung des Beschwerdeführers gleichgesetzt wurde. Vielmehr läßt sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides unschwer entnehmen, daß die belangte Behörde als Tatzeitpunkt den Zeitpunkt des "Verschwindens" des Beschwerdeführers vom Anhalteort - welches als das die Verweigerung des Alkotestes darstellende Verhalten gewertet wurde - angenommen hat. Auch dieser Tatzeitpunkt war aber schon deshalb Gegenstand einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung, weil er aus der Anzeige vom 16. Oktober 1989 hervorgeht, die Gegenstand der mündlichen Strafverhandlung vom 25. Oktober 1989 war (vgl. das Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11 525/A).

Sohin kann von einem "vollständig neuen Tatvorwurf" der belangten Behörde durch die Neufassung des Spruches keine Rede sein. Vielmehr war die belangte Behörde hiezu gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 berechtigt und verpflichtet. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf die Vorschrift des § 62 (Absatz 4) AVG 1950 Bezug nimmt, war darauf nicht näher einzugehen, da die belangte Behörde diese nicht angewendet hat.

Die Ansicht des Beschwerdeführers, ein "leichter" Alkoholgeruch aus dem Munde könne nicht die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung begründen, entspricht nicht der Rechtslage, da es gleichgültig ist, ob sich diese Vermutung auf einen leichten oder starken Alkoholgeruch stützt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. November 1975, Zl. 192/75). Allein dieser Alkoholgeruch rechtfertigte aber bereits die erwähnte Vermutung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. November 1990, Zl. 90/03/0238). Wie dieser Alkoholgeruch durch den Meldungsleger anläßlich der Amtshandlung festgestellt worden ist, brauchte nicht näher dargelegt werden, liegt dies doch für jedermann einsichtig auf der Hand.

Die belangte Behörde stützte ihre Annahme, daß der Beschwerdeführer die Verweigerung des Alkotestes durch sein "Verschwinden" vom "Anhalteort" begangen habe, auf die Zeugenaussagen der einschreitenden Polizeibeamten und nahm sonach als erwiesen an, daß, nachdem die Amtshandlung gegen eine andere Person (die Zulassungsbesitzerin des vom Beschwerdeführer gelenkten Pkw's, Erika M.) um 18.03 Uhr beendet gewesen sei, der im Verdacht einer Alkoholbeeinträchtigung stehende Beschwerdeführer zum Alkotest aufgefordert worden sei; zu dessen Ablegung mittels Alkomat habe sich der Beschwerdeführer (zunächst) bereit erklärt und auch, zu diesem Zweck zum "Stützpunkt der Funkstreife" mitzukommen. Da der vom Beschwerdeführer gelenkte Pkw andere Fahrzeuge am Vorbeifahren gehindert habe, sei - da die Zulassungsbesitzerin unter Mitnahme der Fahrzeugschlüssel fortgegangen sei - der Abschleppdienst verständigt worden. Während der Wartezeit auf diesen habe der Beschwerdeführer ersucht, nächst dem Fahrbahnrand die kleine Notdurft verrichten zu dürfen, was ihm auch gestattet worden sei. Er sei hiezu hinter nahegelegene Sträucher gegangen und in der Folge verschwunden. Da der Beschwerdeführer nach etwa einer Viertelstunde noch immer nicht zurückgekommen und eine Nachschau durch die Polizeibeamten ohne Erfolg geblieben sei, hätten diese in der Folge den Ort der Anhaltung verlassen.

Was zunächst den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt anlangt, so vermag der Verwaltungsgerichtshof die diesbezügliche Beweiswürdigung - soweit sie wesentliche Tatumstände betrifft - im Rahmen der ihm zustehenden Kontrollbefugnis (vgl. dazu das Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht als rechtswidrig zu erkennen. Im Rahmen dieser Beweiswürdigung konnte die belangte Behörde zu Recht auf das zunächst bei der erwähnten Strafverhandlung am 25. Oktober 1989 abgelegte Geständnis Bedacht nehmen, vermochte der Beschwerdeführer doch den gegen die Richtigkeit der bezüglichen Niederschrift in bezug auf den darin bezeugten Vorgang zulässigen Gegenbeweis (vgl. § 15 AVG 1950) nicht anzutreten. Die Nichtberücksichtigung des Geständnisses als Milderungsgrund durch die Erstbehörde in derselben - die mündliche Erlassung des Straferkenntnisses enthaltenden - Niederschrift führt keineswegs zwingend zu dem vom Beschwerdeführer behaupteten Ergebnis, daß er kein Geständnis abgelegt habe. Daß aber die belangte Behörde infolge Widerrufes des Geständnisses durch den Beschwerdeführer zur Anerkennung dieses Geständnisses als Milderungsgrund nicht verpflichtet war, entspricht der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 12. September 1986, Zl. 85/18/0053); die Nichtberücksichtigung dieses Milderungsgrundes hat daher in bezug auf die hier zu lösende Frage, ob der Beschwerdeführer tatsächlich ein Geständnis abgelegt hat, nichts zu besagen. Gleiches gilt hinsichtlich des Umstandes, daß der Beschwerdeführer unmittelbar nach der Erlassung des Straferkenntnisses die Einbringung einer Berufung in Aussicht gestellt hat, kann doch das Motiv hiefür durchaus ein anderes - etwa die Höhe der verhängten Strafe - gewesen sein. Da der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. September 1990, Zl. 90/03/0158) ausgesprochen hat, daß kurz nach der Tat gemachte Angaben eher der Wahrheit entsprechen als ein späteres Leugnen des dann rechtsfreundlich vertretenen Beschuldigten, konnte die belangte Behörde das ursprüngliche Geständnis in unbedenklicher Weise in ihre Überlegungen miteinbeziehen. Dazu kommt, daß die belangte Behörde durchaus den Angaben der einschreitenden Polizeibeamten mehr Glauben schenken durfte als der nunmehr leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers, sind doch jene im Falle einer falschen Zeugenaussage besonderen dienst- und strafrechtlichen Sanktionen ausgesetzt und war auch kein Grund zu finden, warum sie den ihnen unbekannten Beschwerdeführer wahrheitswidrig belasten sollten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1990, Zl. 90/03/0230). Demgegenüber sind die von den Angaben der beiden Polizeibeamten abweichenden, in der Folge aufgestellten Behauptungen des Beschwerdeführers keineswegs geeignet, eine Glaubwürdigkeit für sich zu beanspruchen. So hat der Beschwerdeführer behauptet, er habe nie darum ersucht, in der Nähe (des Anhalteortes) seine Notdurft verrichten zu dürfen, es seien aber bei ihm "gesundheitliche Probleme aufgetaucht", er habe daher lediglich gefragt, ob er sich entfernen könne, um aus diesem Grund das WC eines nächstgelegenen Gasthauses aufzusuchen. Eine nähere Konkretisierung dieses Vorbringens hat der Beschwerdeführer unterlassen; selbst die Frage, ob er überhaupt tatsächlich ein solches Lokal (und welches) aufgesucht hat, hat er offen gelassen. Vielmehr ging aus seinem Vorbringen in der Berufung vom 2. November 1989 zunächst nur hervor, er habe sich "dann nach Hause begeben". Erst in der Folge führte der Beschwerdeführer aus, er habe sich "nach einer Abwesenheit von maximal 10 bis 15 Minuten" erneut zur "Vorfallstelle" begeben und feststellen müssen, daß die Polizeibeamten "entgegen ihrer Zusage" weggefahren seien. Welche "Zusage" die Beamten gemacht haben sollten, hatte der Beschwerdeführer nicht angegeben.

Es ist zwar richtig, daß die belangte Behörde davon auszugehen hatte, der Beschwerdeführer habe sich mit Zustimmung des den Beschwerdeführer zum Alkotest auffordernden Polizeibeamten vom "Anhalteort" entfernt. Daß aber damit lediglich eine kurzzeitige Abwesenheit zwecks Verrichtung der kleinen Notdurft in einer Entfernung von etwa 10 m samt der Bedingung der unverzüglichen Rückkehr gemeint war, ergibt sich aus den Angaben der beiden Gendarmeriebeamten. Einer neuerlichen Erwähnung des noch durchzuführenden Alkotests gegenüber dem Beschwerdeführer bedurfte es aus diesem Anlaß nicht. Von einer Abstandnahme vom Alkotest durch den Meldungsleger kann keine Rede sein.

Auch die rechtliche Wertung des von ihr festgestellten Sachverhaltes hat die belangte Behörde richtig vorgenommen. Es entspricht nämlich der hg. Rechtsprechung, daß als Weigerung, sich dem Alkotest zu unterziehen, auch ein Verhalten des Untersuchten gilt, das das Zustandekommen des vorgesehenen Tests verhindert, was auch für jene Fälle gilt, in denen die Untersuchung nach § 5 Abs. 2a lit. b StVO durchgeführt werden soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1989, Zl. 89/02/0022). Ein solches Verhalten hat der Beschwerdeführer durch das ihm vorgeworfene gesetzt. In diesem Zusammenhang sei vermerkt, daß es dem Beschwerdeführer jedenfalls zumutbar war, die geringe Zeitspanne vom Ende der erwähnten Amtshandlung gegen die Zulassungsbesitzerin bis zum zu erwartenden Eintreffen des Abschleppfahrzeuges zuzuwarten. Einen Anspruch, mit einem bestimmten Polizeifahrzeug zum Alkotest verbracht zu werden, hatte der Beschwerdeführer nicht. Weiters ist es rechtlich unerheblich - es bedurfte daher auch keiner Durchführung eines Ortsaugenscheines in dieser Hinsicht -, ob sich im Bereich des "Anhalteortes" tatsächlich Sträucher befunden haben und ob ein Beobachten des Beschwerdeführers durch den Meldungsleger möglich war, ist doch allein entscheidend, ob der Beschwerdeführer ein Verhalten gesetzt hat, das als Verweigerung des Alkotestes gewertet werden konnte. Da der Beschwerdeführer im übrigen im Hinblick auf die schlüssige Beweiswürdigung der belangten Behörde den Grundsatz "in dubio pro reo" nicht mit Erfolg geltend machen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 1990, Zl. 90/03/0134), ist der Schuldspruch frei von Rechtsirrtum.

Aber auch die Strafbemessung ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers wurden ebenso berücksichtigt wie die einschlägige Vorstrafe. Daß das widerrufene Geständnis nicht als mildernd zu werten war, wurde oben aufgezeigt. Ein Ermessensfehler ist nicht zu erkennen.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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