Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Feststellung einer am 9. Juni 1986 bestehenden Versicherungspflicht wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Begehren auf Ersatz von Stempelgebühren wird abgewiesen.
Begründung
Hinsichtlich der Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 1990, Zl. 88/08/0199, verwiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Einspruchsbescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. Jänner 1988 gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte diesen Bescheid, mit dem festgestellt worden war, daß die Erstmitbeteiligte zur Beschwerdeführerin in der Zeit vom 9. Juni 1986 bis 30. Juni 1986 und vom 18. August 1986 bis 30. August 1986 in einem die Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG begründenden Beschäftigungsverhältnis gestanden sei.
In der Bescheidbegründung gibt die belangte Behörde nach einer zusammenfassenden Darstellung des bisherigen Ganges des Verwaltungsverfahrens vollinhaltlich die Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes im obgenannten Erkenntnis wieder, trifft sodann - nach Zitierung des § 63 Abs. 1 VwGG, des § 4 Abs. 2 ASVG und des § 1 Abs. 1 lit. a AlVG - dieselben Feststellungen wie in dem mit dem genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes aufgehobenen Bescheid vom 27. Mai 1988 und führt abschließend zur rechtlichen Beurteilung dieses festgestellten Sachverhaltes aus:
Für den Eintritt der Pflichtversicherung nach dem ASVG sei nach den oben dargelegten gesetzlichen Bestimmungen eine Beschäftigung in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt Voraussetzung. In dem gegenständlich zu beurteilenden Fall stünden die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit sowie die Entgeltlichkeit des Arbeitsverhältnisses außer Streit. Strittig sei daher lediglich, für welche Zeiträume für die Erstmitbeteiligte Versicherungspflicht bestanden habe. Im Hinblick auf die oben wiedergegebene Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes gelange die belangte Behörde zur Auffassung, daß im vorliegenden Fall ein durchgehendes Beschäftigungsverhältnis für die Zeit vom 9. Juni 1986 bis 30. Juni 1986 und vom 18. August 1986 bis 30. August 1986 anzunehmen sei; dies deshalb, weil für die Erstmitbeteiligte innerhalb dieser Zeiträume eine periodisch wiederkehrende Leistungspflicht - unter Umständen an acht aufeinanderfolgenden Tagen - auf Grund des zwischen ihr und der Beschwerdeführerin am 7. Mai 1986 geschlossenen Arbeitsvertrages bestanden habe. Das für die Dauer der Beschäftigung vereinbarte Entgelt sei ebenfalls deutlich über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG gelegen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Wiener Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der angefochtene Bescheid ist - wie die Beschwerdeführerin insofern zutreffend ausführt - unter Bedachtnahme auf die Darlegungen des Verwaltungsgerichtshofes im Vorerkenntnis vom 19. Juni 1990 zwar deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, weil die belangte Behörde auch die Versicherungspflicht der Erstmitbeteiligten am 9. Juni 1986 festgestellt hat, obwohl ihre Beschäftigung im Sinne des § 10 Abs. 1 ASVG unbestritten erst am 10. Juni 1986 begonnen hat; im übrigen ist die Beschwerde aber unbegründet.
Gegen die Annahme eines durchgehenden Beschäftigungsverhältnisses während der beiden restlichen im Spruch des Einspruchsbescheides genannten Zeiträume mit Ausnahme der tatsächlichen Beschäftigungstage wendet die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes lediglich ein, sie habe mit der Erstmitbeteiligten am 7. Mai 1986 einen Vorvertrag abgeschlossen, in dem festgelegt worden sei, daß sie in der Zeit vom 9. Juni bis 30. Juni 1986 und vom 18. August bis 30. August 1986 an höchstens acht Tagen ausschließlich zur Verfügung zu stehen habe. Die Vereinbarung einer periodisch wiederkehrenden Leistungspflicht sei nie ins Auge gefaßt worden. Eine solche Vereinbarung wäre auch deshalb nicht sinnvoll gewesen, weil an den übrigen Drehtagen ja Terminvereinbarungen mit anderen Filmdarstellern getroffen worden seien und die vorgesehenen Dreharbeiten in der auf Grund des Drehplanes festgelegten Reihenfolge hätten durchgeführt werden müssen. Eine Abänderung eines solchen Drehplanes stoße ja vielfach schon deshalb auf große Schwierigkeiten, weil Filmdarsteller häufig auch andere Auftrittsverpflichtungen hätten. Auf Grund dieser Sach- und Rechtslage seien daher zweifellos nur die reinen Beschäftigungstage als Beschäftigungsverhältnisse im Sinne des ASVG bzw. AlVG anzusehen. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt die Beschwerdeführerin darin, daß die belangte Behörde kein Verfahren darüber durchgeführt habe, ob tatsächlich ein durchlaufendes Beschäftigungsverhältnis in den beiden angegebenen Zeiträumen vorgelegen habe. Dies sei zweifellos nicht der Fall, weil die Erstmitbeteiligte im ersten Zeitraum lediglich an sechs Tagen, im zweiten Rahmenzeitraum lediglich an einem Tag beschäftigt gewesen sei. Folgte man der Ansicht der belangten Behörde, so läge es im Belieben der Vertragspartner, durch Festlegung entsprechend langer Zeiträume die rechnerisch festzulegende Tagesbeitragsgrundlage soweit zu senken, daß die betroffenen Darsteller nicht mehr der Vollversicherung nach § 4 ASVG unterlägen.
Diese Einwände sind - vor dem Hintergrund der im Vorerkenntnis dargelegten und seither präzisierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum "durchgehenden Beschäftigungsverhältnis" (vgl. außer den Judikaturhinweisen im Vorerkenntnis die Erkenntnisse vom 25. September 1990, Zl. 89/08/0119 und Zl. 89/08/0334, sowie vom 30. April 1991, Zl. 90/08/0134) und unter Bedachtnahme auf § 63 Abs. 1 VwGG - nicht geeignet, eine weitere Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Denn die belangte Behörde gelangte im Hinblick auf die im Vorerkenntnis dargelegte Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes zur Annahme eines durchgehenden Beschäftigungsverhältnisses im Sinne der zitierten Rechtsprechung deshalb, weil für die Mitbeteiligte auf Grund des abgeschlossenen Vertrages zwischen ihr und der Beschwerdeführerin vom 7. Mai 1986 innerhalb der beiden Zeiträume eine periodisch wiederkehrende Leistungspflicht - unter Umständen an acht aufeinanderfolgenden Tagen - bestanden habe. Dies läßt erkennen, daß sie sich - in der gebotenen Auseinandersetzung mit den insofern kontroversen Standpunkten der Parteien des Verfahrens - der Version anschloß, nach der aus dem genannten Arbeitsvertrag vom 7. Mai 1986 in Verbindung mit § 9 Z. 1 des (zumindest als lex contractus anwendbaren) Kollektivvertrages für Film- und Videoschaffende eine Verpflichtung der Erstmitbeteiligten abzuleiten gewesen sei, der Beschwerdeführerin gegen eine Pauschalgage von S 72.000,-- brutto (fällig mit je S 30.000,-- am 25. Juni und 30. August 1986 sowie mit S 12.000,-- am Tag der Synchronisation) während der beiden Zeiträume an acht festzulegenden (und daher möglicherweise auch hintereinander liegen) Drehtagen sowie an weiteren Terminen zwecks Kostüm- und Dialogprobe zur Verfügung zu stehen. Unter Zugrundelegung einer so gedeuteten Arbeitsverpflichtung der Erstmitbeteiligten (die demnach mit den festgestellten tatsächlichen Beschäftigungstagen nicht abgeschlossen war) und der Verpflichtung der Beschwerdeführerin, hiefür eine auch bei Unterschreitung der festgelegten Höchstzahl an Drehtagen zu leistende Pauschalgage zu bezahlen, ist es - sieht man vom 9. Juni 1986 ab - nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde ein durchgehendes Beschäftigungsverhältnis während der beiden restlichen Zeiträume bejaht hat. Die Beschwerdeführerin vermißt demgegenüber zwar ein ergänzendes Verfahren darüber, "ob tatsächlich ein durchlaufendes Beschäftigungsverhältnis in den beiden angegebenen Zeiträumen vorgelegen hat"; die Bejahung oder Verneinung des Bestehens eines durchgehenden Beschäftigungsverhältnisses stellt aber bereits eine rechtliche Bewertung von Tatsachen dar; welche (anderen) tatsächlichen Feststellungen als diejenigen, von denen die belangte Behörde - vor dem Hintergrund des bisherigen Verwaltungsgeschehens - ausgegangen ist, zu treffen gewesen sein sollten, legt die Beschwerdeführerin aber nicht dar. Aus der unbestritten nur an sechs Tagen im ersten und an einem Tag im zweiten Zeitraum erfolgten Beschäftigung der Erstmitbeteiligten läßt sich jedenfalls im Lichte der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Verneinung eines durchgehenden Beschäftigungsverhältnisses nicht ableiten. Die unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobenen Einwände der Beschwerdeführerin gehen aber nicht von den der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde zugrunde gelegten Feststellungen zur Arbeitsverpflichtung der Erstmitbeteiligten aus.
Der angefochtene Bescheid war daher zwar in bezug auf die Feststellung der Versicherungspflicht der Erstmitbeteiligten für den 9. Juni 1986 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; im übrigen war die Beschwerde aber gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991. Das Begehren auf Ersatz von Stempelgebühren war im Hinblick auf die bestehende sachliche Abgabenfreiheit (§ 110 ASVG) abzuweisen.
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