Normen
AVG §62 Abs4;
AVG §66 Abs4;
StVO 1960 §5 Abs1;
VStG §24;
AVG §62 Abs4;
AVG §66 Abs4;
StVO 1960 §5 Abs1;
VStG §24;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und von S 2.300,--, sohin zusammen von S 5.060,--, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Vom Wachzimmer Innere Stadt der Bundespolizeidirektion Innsbruck wurde der Beschwerdeführer angezeigt, weil er am 12. Februar 1988 um 08.55 Uhr in Innsbruck den Innrain in südlicher Richtung mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der Höhe des Hauses Nr. 79 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befahren habe. In dem Formular über die Durchführung der ärztlichen Untersuchung, bei der sich der Beschwerdeführer Blut abnehmen ließ, ist der Zeitpunkt des Deliktes mit "12.2.1988, 08.55 Uhr" angegeben. Aus dem eingeholten Blutalkoholgutachten des Institutes für gerichtliche Medizin der Universität Innsbruck vom 15. März 1988 ergibt sich, daß in der Blutprobe des Beschwerdeführers ein Blutalkoholgehalt von 1,7 %o zum Blutabnahmezeitpunkt habe ermittelt werden können.
Mit Ladung vom 30. Mai 1988 wurde der Beschwerdeführer zur Behörde für den 14. Juni 1988 vorgeladen, wobei in der Ladung die von der Behörde zu bearbeitende Angelegenheit mit "Vorfall vom 12. Februar 1988" angegeben ist. In der mit dem Vertreters des Beschwerdeführers am 14. Juni 1988 aufgenommenen Niederschrift ist unter der Rubrik "Gegenstand der Vernehmung (genaue Beschreibung der Tat)" festgehalten, dem Beschwerdeführer werde vorgeworfen, daß er "am 12.2.1988 um 08,50 Uhr" in Innsbruck, Innrain auf Höhe des Hauses Nr. 79 einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in südlicher Richtung fahrend in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers unterblieb.
Mit Straferkenntnis vom 24. Oktober 1988 sprach die Bundespolizeidirektion Innsbruck den Beschwerdeführer schuldig, er habe am 12. Februar 1988 um 08,50 Uhr in Innsbruck, Innrain, auf Höhe des Hauses Nr. 79 den dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in südlicher Richtung fahrend in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. a leg. cit. wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er ausführte, er habe sich am Tattage um 08.50 Uhr noch gar nicht in seinem Pkw befunden. Diesen habe er erst wenige 100 m vor seiner Anhaltung um 08.55 Uhr in Betrieb genommen.
Mit Bescheid vom 4. November 1988 berichtigte die Bundespolizeidirektion Innsbruck ihr Straferkenntnis vom 24. Oktober 1988 gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 dahin, daß die Tatzeit nicht "12.2.1988 um 08,50 Uhr", sondern "12.2.1988 um 08,55 Uhr" zu lauten habe. Die gegen den Berichtigungsbescheid vom Beschwerdeführer eingebrachte Berufung wies die Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 17. Jänner 1989, Zl. IIb2-V-7325/2-1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ab. Zur Begründung führte die Berufungsbehörde aus, die Anwendung der Vorschrift über die Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG 1950 setze einen fehlerhaften Verwaltungsakt mit der Maßgabe voraus, daß eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie deren Offenkundigkeit gegeben sei. Beide Voraussetzungen für die Berichtigung lägen vor. Dem Beschwerdeführer sei die gegenständliche Übertretung unter Anführung des genauen Tatortes und des Tattages sowie der Stunde der Übertretung am 14. Juni 1988 vorgehalten worden. Für ihn sei erkennbar gewesen, daß er die Übertretung am 12. Februar 1988 um 08.55 Uhr und nicht um 08.50 Uhr begangen habe. Diese Unrichtigkeit hätte von der Behörde erster Instanz bei entsprechender Aufmerksamkeit bereits bei der Erlassung des Straferkenntnisses vermieden werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu hg.
Zl. 89/03/0074 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Mit dem weiteren Bescheid vom 17. Jänner 1989, Zl. IIb2-V-7325/1-1988, wies die Tiroler Landesregierung die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 24. Oktober 1988 mit einer für das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht maßgeblichen Änderung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 ab. In der Begründung dieses Bescheides nahm sie in Erwiderung auf das Berufungsvorbringen auf die Bescheidberichtigung Bezug, die bewirke, daß der berichtigte Bescheid rückwirkend auf den Zeitpunkt der Erlassung geändert werde, sodaß der Übertretungszeitpunkt 12. Februar 1988 um 08.55 Uhr sei und die Berufung daher als unbegründet abzuweisen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu hg.
Zl. 89/03/0073 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und erstattete zu den Beschwerden je eine Gegenschrift, in der sie jeweils den Ersatz des Vorlageaufwandes und des Schriftsatzaufwandes begehrte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über sie erwogen:
1. ZUR BESCHWERDE BETREFFEND DIE BESCHEIDBERICHTIGUNG:
Gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen. Die Anwendung der Vorschrift über die Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG 1950 setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1974, Slg. Nr. 8554/A) einen fehlerhaften Verwaltungsakt mit der Maßgabe voraus, daß eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie deren Offenkundigkeit gegeben ist. Die Berichtigung ist auf jene Fälle der Fehlerhaftigkeit von Bescheiden eingeschränkt, in denen die Unrichtigkeit eine offenkundige ist, wobei es allerdings ausreichend ist, wenn die Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, die Unrichtigkeit des Bescheides erkennen können, und die Unrichtigkeit ferner von der Behörde - bei entsprechender Aufmerksamkeit - bereits bei der Erlassung des Bescheides hätte vermieden werden können (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1985, Zl. 85/02/0248, und die dort zitierte Vorjudikatur). In diesem Sinne können auch Tatort und Tatzeit Gegenstand der Berichtigung sein (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1982, Zlen. 82/03/0184, 0194).
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, und zwar auch nicht im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen, von dieser Rechtsansicht abzugehen. Wohl kann eine "flüchtige Arbeitsweise" der Behörde nicht zu Lasten der Partei(en) gehen, doch kann die Behörde gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 Unrichtigkeiten in Bescheiden, die offenbar auf einem Versehen beruhen, jederzeit berichtigen. Angesichts dieser Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid nicht als rechtswidrig zu erkennen. Zu Recht wird in der Begründung des von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten Berichtigungsbescheides der Erstinstanz vom 4. November 1988 darauf hingewiesen, daß sowohl in der Überschrift der Anzeige als auch im Text der Anzeige selbst und in dem vom Beamten ausgefüllten Teil des amtsärztlichen Gutachtens die Tatzeit mit 08,55 Uhr angegeben ist. Dazu kommt, daß in der Ladung vom 30. Mai 1988 ausdrücklich auf den "Vorfall vom 12.2.1988" Bezug genommen wurde. Erst in der mit dem Beschwerdeführervertreter am 14. Juni 1988 aufgenommenen Niederschrift über die Vernehmung des Beschuldigten ist die Tatzeit offenbar aus einem Versehen mit 08.50 Uhr angegeben. Daß dieses Protokoll "von allen an der Amtshandlung beteiligten Personen gelesen und unterschrieben" wurde, steht nicht entgegen, daß die darin unrichtig angegebene Tatzeit offenbar auf einem Versehen beruhte. Ausgehend von dieser Niederschrift wurde in den Spruch des Straferkenntnisses die Tatzeit mit 08,50 Uhr übernommen. Wenn die belangte Behörde bei diesem Sachverhalt gleich der Vorinstanz annahm, daß für den Beschwerdeführer die unrichtige Anführung der Tatzeit im Spruch des Straferkenntnisses erkennbar und sohin offenkundig im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung war, vermag ihr der Verwaltungsgerichtshof nicht entgegenzutreten. Nach der Aktenlage, sieht man von der angeführten Niederschrift über die Vernehmung des Beschwerdeführers ab, bestand für die belangte Behörde auch kein Anhaltspunkt dafür, daß der Beschwerdeführer die Tat um 08.50 Uhr begangen habe. Solcherart aber kann der belangten Behörde auch nicht unterstellt werden, daß sie dem Beschwerdeführer eine Tat anlasten wollte, die er zu der im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Zeit mangels - wie gesagt - jeglicher dafür im Verwaltungsstrafakt enthaltener Anhaltspunkte nicht begangen hat. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß das Straferkenntnis dem Willen der Behörde nicht entsprach und daher mit einer offenbar auf einem Versehen beruhenden Unrichtigkeit behaftet war, weshalb es zu Recht berichtigt werden durfte.
Die unter der hg. Zl. 89/03/0074 protokollierte Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
2. ZUR BESCHWERDE BETREFFEND DIE ÜBERTRETUNG DES § 5 Abs. 1 StVO:
Die Rechtswidrigkeit des Bescheides der Tiroler Landesregierung vom 17. Jänner 1989, Zl. IIb2-V-7375/1-1988, mit dem der Beschwerdeführer wegen der Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO bestraft wurde, wird in der vorliegenden Beschwerde lediglich damit begründet, daß das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 24. Oktober 1988 nicht berichtigt hätte werden dürfen. Bei Zutreffen dieser Rechtsansicht sei auch der mit der vorliegenden Beschwerde bekämpfte Bescheid rechtswidrig.
Wie sich aus den vorstehenden Darlegungen ergibt, ist die Ansicht des Beschwerdeführers, daß das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 24. Oktober 1988 nicht berichtigt hätte werden dürfen, unzutreffend. Die belangte Behörde hatte demnach bei ihrer Entscheidung von dem Straferkenntnis vom 24. Oktober 1988 in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 4. November 1988 auszugehen.
Weitere Rechtswidrigkeiten wurden vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht und vermag auch der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.
Die zu hg. Zl. 89/03/0073 protokollierte Beschwerde erweist sich demnach ebenfalls als unbegründet, weshalb auch sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Der Vorlageaufwand war der belangten Behörde nur einmal zuzusprechen, weil ihr dieser Aufwand nur einmal erwachsen ist. Das Mehrbegehren war daher gemäß § 58 VwGG abzuweisen.
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