Spruch:
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
Begründung
Begründung
1. Die von der Geschäftsführerin der einschreitenden Gesellschaft selbst verfasste Beschwerde richtete sich gegen einen Bescheid des Umweltsenates vom 23. April 2004, mit dem der Berufung gegen einen als unzulässig zurückgewiesenen Wiedereinsetzungsantrages nicht Folge gegeben wurde.
Mit Schreiben vom 9. Juni 2004 forderte der Verfassungsgerichtshof die Antragstellerin gemäß §18 VfGG unter Hinweis auf die Säumnisfolgen auf, die Beschwerde innerhalb von vier Wochen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen oder - falls die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhaltes nicht bestritten werden können - innerhalb derselben Frist unter Vorlage eines nicht mehr als vier Wochen alten Vermögensbekenntnisses die Bewilligung der Verfahrenshilfe, insbesondere die Beigebung eines Rechtsanwaltes als Vertreter, zu beantragen. In diesem Schreiben wurde auch aufgetragen auszuführen, ob der Rechtsanwalt für die Einbringung der Beschwerde allein oder für das gesamte Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beigegeben werden soll.
Die Geschäftsführerin der Einschreiterin hat daraufhin einen - am 9. Juli 2004 zur Post gegebenen - Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gestellt, ist dem Mängelbehebungsauftrag im Übrigen aber insoweit nicht nachgekommen, als nicht ausgeführt wurde, ob der Rechtsanwalt für die Einbringung der Beschwerde allein oder für das gesamte Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beigegeben werden soll.
Die Beschwerde wurde folglich mit Beschluss vom 6. Oktober 2004 wegen des nicht behobenen Mangels formeller Erfordernisse als unzulässig zurückgewiesen. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wurde als unbegründet abgewiesen.
2. Die Geschäftsführerin der Einschreiterin begehrt nunmehr mit dem am 29. Dezember 2004 zur Post gegebenen, beim Verfassungsgerichtshof zu B731/04 protokollierten Schriftsatz die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der genannten Frist.
Zur Begründung des Antrages wird wie folgt ausgeführt:
"Uns war aber bis zu Ihrer Belehrung im Abweisungsbeschluß nicht bewußt, dass offenkundig die präzise Unterscheidung im geforderten Sinne ausschlaggebend für die Zuerkennung/Abweisung der Verfahrenshilfe ist. Aus unserer Sicht haben wir den Verfahrenshilfeantrag vollständig und fristgerecht an Sie übermittelt.
Dazu verweisen wir darauf, daß wir - aus unserer Sicht auftragsgemäß und fristgerecht - zur Erlangung der Verfahrenshilfe den Formularvordruck 'Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe/Vermögensbekenntnis zur Erlangung der Verfahrenshilfe' vorgelegt haben. Der Formulartext lautet im hier relevanten Bereich wie folgt:
Ich beantrage, mir in der Rechtssache .... wegen .... die Verfahrenshilfe im vollen Umfang - für folgende Begünstigungen - zu bewilligen (siehe Gesetzestext auf der letzten Seite dieses Formblatts).
Dabei ist die oben angeführte Formulierung 'für folgende Begünstigungen' dahingehend markiert, daß im Kleindruck am linken unteren Rand des Formulars vermerkt ist, daß das Nichtzutreffende zu streichen wäre.
Diesen vorformulierten Text hat unsere Geschäftsführerin in dieser Form - sohin ohne Streichung - zur Grundlage unseres Antrages gemacht. Aus unserer Sicht kann uns dies allerdings nicht zum Vorwurf gemacht werden und kann dieses Unterlassen der 'Streichung' nicht zum Nachteil der Beschwerdeführerin ausgelegt werden.
Einerseits ist anzuführen, daß unsere Geschäftsführerin in Polen geboren bin (gemeint: ist) und ihre Muttersprache daher Polnisch ist. Wenngleich sie seit Jahrzehnten in Österreich lebt, ist ihr (und damit uns zurechenbar) nicht aufgefallen, daß nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes offensichtlich eine Streichung bzw. nähere Präzisierung in welchem Umfang ein Verfahrenshilfeanwalt beantragt wird, vorgenommen hätte werden müssen. Im übrigen wäre aber im Antrag - im Zweifel wohl zu unseren Gunsten - von einer Verfahrenshilfe im vollen Umfang (entsprechend daher die Beigebung eines Rechtsanwaltes voll umfänglich für das gesamte Verfassungsgerichtshofverfahren) zuzuerkennen gewesen.
Das von uns unterlassene Streichen des 'Nichtzutreffenden', wodurch klar gewesen wäre, daß Verfahrenshilfe im vollen Umfang begehrt wird bzw. das Fehlen einer konkreten schriftlichen Ergänzung, daß Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Rechtsanwaltes für die Einbringung der Beschwerde bzw. das gesamte Verfassungsgerichtshofverfahren begehrt wird, stellt kein grobes Verschulden dar, sondern hätte dies auch einen sorgfältig agierenden Rechtsunterworfenen passieren können.
Dadurch, daß wir als Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin innerhalb der auferlegten Frist keine korrekte Verbesserung vorgenommen habe(n), ist der Beschwerdeführerin ein erheblicher Nachteil entstanden, weil damit ja die Fristen zur Erhebung der Beschwerde abgelaufen sind.
Kenntnis von dem Mißgeschick bzw. Versehen haben wir erstmals durch die Belehrung im Ab- bzw. Zurückweisungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 6.10.2004, zugestellt mit 16.12.2004, erhalten."
3. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Antrag erwogen:
3.1. Da das VfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. Nr. 135/1983, sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. z.B. VfSlg. 9817/1983, 11.706/1988, 14.157/1995).
3.2. Im vorliegenden Fall kann von einem minderen Grad des Versehens jedoch nicht gesprochen werden. Im Zusammenhang mit der Einhaltung von Fristen und Terminen bedarf es eines Mindestmaßes an Sorgfalt sowie der Einrichtung einer möglichst effizienten Organisation, welche geeignet ist, Fristversäumungen zu verhindern (vgl. z.B. VfSlg. 14.929/1997).
Die Einschreiterin behauptete in ihrem Wiedereinsetzungsantrag, dass ihr bis zur Belehrung im Abweisungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Oktober 2004 nicht bewusst war, "dass offenkundig die präzise Unterscheidung im geforderten Sinne ausschlaggebend für die Zuerkennung/Abweisung der Verfahrenshilfe ist". Der Verfassungsgerichtshof hat die Einschreiterin aber bereits mit Schreiben vom 9. Juni 2004 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in einem Verfahrenshilfeantrag auszuführen ist, ob der Rechtsanwalt für die Einbringung der Beschwerde allein oder für das gesamte Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beigegeben werden soll. Beim mangelhaften Ausfüllen des Verfahrenshilfe-Formulars, trotz ausdrücklichen Hinweises des Verfassungsgerichtshofes, handelt es sich nicht mehr um einen minderen Grad des Versehens.
Es lag auch kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vor, das die Einschreiterin an der ordnungsgemäßen Einbringung eines Verfahrenshilfeantrages gehindert hätte.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.
4. Dieser Beschluss konnte gemäß §33 zweiter Satz VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.
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