VfGH G4/04 ua - B456/03 ua

VfGHG4/04 ua - B456/03 ua16.6.2004

Verfassungswidrigkeit der Ermächtigung staatlicher Organe (Landeshauptmann und Landesumweltanwaltschaft) zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung von Interessen des Umweltschutzes oder sonstiger von ihnen wahrzunehmender öffentlicher Interessen wegen Verletzung des verfassungsrechtlichen Rechtsschutzsystems; Verletzung subjektiver Rechte als Voraussetzung einer Beschwerdelegitimation vor dem Verfassungsgerichtshof; Amtsbeschwerde wegen objektiver Rechtsverletzung nur vor dem Verwaltungsgerichtshof; Parteistellung einer bestimmten Interessentengruppe auch gemeinschaftsrechtlich nicht geboten

Normen

B-VG Art131 Abs1 Z2 und Z3, Abs2
B-VG Art140 Abs1 / Allg
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
B-VG Art140 Abs7
B-VG Art144 Abs1 / Allg
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Richtlinie des Rates vom 27.06.85. 85/337/EWG, über die Umweltverträglichkeitsprüfung
Sbg LandesumweltanwaltschaftsG §1, §2, §7, §8
UVP-G 2000 §19 Abs3, §24 Abs3
B-VG Art131 Abs1 Z2 und Z3, Abs2
B-VG Art140 Abs1 / Allg
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
B-VG Art140 Abs7
B-VG Art144 Abs1 / Allg
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Richtlinie des Rates vom 27.06.85. 85/337/EWG, über die Umweltverträglichkeitsprüfung
Sbg LandesumweltanwaltschaftsG §1, §2, §7, §8
UVP-G 2000 §19 Abs3, §24 Abs3

 

Spruch:

Die Wortfolge "mit den Rechten nach §19 Abs3 zweiter Satz" in §24 Abs3 zweiter Satz des Bundesgesetzes über die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 - UVP-G 2000), BGBl. Nr. 697/1993, idF BGBl. I Nr. 89/2000 wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. Juni 2005 in Kraft.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zZ B456, 457/03 eine auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde des Landeshauptmannes von Salzburg gegen zwei Bescheide des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie anhängig, mit denen jeweils auf Grund von Anträgen zweier "Standortgemeinden", der "mitwirkenden Behörden" (Landesregierung Salzburg, Landeshauptmann von Salzburg und Bezirkshauptmannschaft Tamsweg) und der "Umweltanwaltschaft Salzburg" gemäß §24 Abs3 des Umweltweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G 2000), BGBl. 697/1993, idF BGBl. I 89/2000 festgestellt wurde, dass für das Vorhaben "Katschberg-Tunnel (2. Röhre)" bzw. das Vorhaben "Tauern-Tunnel (2. Röhre)" im Zuge der A 10 Tauern Autobahn keine Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß §23a UVP-G 2000 durchzuführen sei. Anträge anderer Gemeinden wurden (weil nicht Standortgemeinden) unter einem mangels Parteistellung zurückgewiesen.

Gegen den das Vorhaben "Katschberg-Tunnel (2. Röhre)" betreffenden Bescheid richtet sich weiters die hg. zZ B462/03 protokollierte Beschwerde der Sbg. Landesumweltanwaltschaft.

1.2. Der Landeshauptmann von Salzburg erachtet sich ebenso wie die Sbg. Landesumweltanwaltschaft durch den jeweils angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt; die Landesumweltanwaltschaft darüber hinaus auch in jenem auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des §40 Abs1 UVP-G 2000.

Ihre Beschwerdelegitimation gründen beide Einschreiter auf §24 Abs3 (iVm §19 Abs3) UVP-G 2000.

2. Bei Behandlung dieser Beschwerden sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "mit den Rechten nach §19 Abs3 zweiter Satz" in §24 Abs3 zweiter Satz UVP-G 2000 idF BGBl. I 89/2000 entstanden. Der Gerichtshof hat daher mit Beschluss vom 27. November 2003 von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren eingeleitet.

3.1. Die Bundesregierung hat in der Sache selbst von einer Äußerung abgesehen, aber für den Fall der Aufhebung die Setzung einer 18-monatigen Frist für das Außer-Kraft-Treten begehrt, weil durch die Aufhebung der Worte "mit den Rechten nach §19 Abs3 zweiter Satz" auch die - "verfassungskonforme" - Beschwerdelegitimation gemäß Art131 Abs2 B-VG der in §19 Abs3 erster Satz UVP-G 2000 genannten Parteien vor dem Verwaltungsgerichtshof beseitigt würde, sodass die Frist für die Erhaltung derselben erforderlich sei.

3.2. Der Landeshauptmann von Salzburg und die Sbg. Landesumweltanwaltschaft erstatteten Äußerungen, in denen sie den vom Verfassungsgerichtshof im Einleitungsbeschluss geäußerten Bedenken entgegentreten. In prozessualer Hinsicht vertreten sie die Auffassung, dass Sitz des vom Gerichtshof geäußerten Bedenkens nicht die in Prüfung gezogene, sondern vielmehr die von ihr verwiesene Bestimmung sei.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die für die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1.1. Das UVP-G 2000 enthält in seinem 3. Abschnitt Sonderregelungen über die Umweltverträglichkeitsprüfung für Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken. §23a UVP-G 2000 (idF BGBl. I 50/2002) zufolge ist vor Erlassung einer Verordnung gemäß §4 Abs1 oder 6 des Bundesstraßengesetzes 1971 bei im Gesetz näher umschriebenen Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung (allenfalls in einem vereinfachten Verfahren) nach den Bestimmungen der §§24 bis 24h leg.cit. durchzuführen.

§24 UVP-G 2000 lautet - auszugsweise - wie folgt (die in Prüfung gezogene Gesetzesstelle ist hervorgehoben):

"Verfahren, Behörde

§24. (1) Im Verfahren zur Erlassung einer Verordnung, für die gemäß §23a oder §23b eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, sind die für die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendigen Ermittlungen durchzuführen; es findet jedoch kein konzentriertes Genehmigungsverfahren statt. ...

(2) Die Umweltverträglichkeitsprüfung und das Feststellungsverfahren gemäß Abs3 sind vom Bundesminister/von der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie durchzuführen. ...

(3) Von geplanten Vorhaben nach §23a und §23b hat die Behörde die mitwirkenden Behörden, den Umweltanwalt und die Standortgemeinde unter Anschluss von Unterlagen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Auswirkungen gemäß §23a Abs2 und 3 oder §23b Abs2 und 3 ausreichen, zu informieren. Sie können innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung die Feststellung beantragen, ob für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, und haben Parteistellung mit den Rechten nach §19 Abs3 zweiter Satz. Parteistellung hat auch der Projektwerber/die Projektwerberin. Über diesen Antrag ist innerhalb von acht Wochen mit Bescheid zu entscheiden. Der wesentliche Inhalt der Entscheidung sowie die wesentlichen Entscheidungsgründe sind in geeigneter Form kundzumachen oder zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen. Dieser Absatz ist nicht anzuwenden, wenn für das Vorhaben jedenfalls eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird.

...

(8) Für diesen Abschnitt gelten abweichend und ergänzend zu §2 folgende Begriffsbestimmungen:

1. Mitwirkende Behörden sind jene Behörden, die neben der die Trassenverordnung erlassenden Behörde nach den Verwaltungsvorschriften für die Genehmigungen eines gemäß §23a oder §23b UVP-pflichtigen Vorhabens zuständig sind oder an den jeweiligen Verfahren zu beteiligen sind.

...

(11) (Verfassungsbestimmung) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen gemäß Abs1 auf Antrag der im §19 Abs3 und 4 genannten Parteien."

[§24 Abs2 bis 10 idF BGBl. I 89/2000, Abs1 idF BGBl. I 151/2001; der Wortlaut des Abs11 geht auf die Stammfassung, BGBl. 697/1993, zurück, die Absatzbezeichnung auf die Novelle BGBl. 773/1996.]

1.2. §19, auf dessen Abs3 Satz 2 sich die in Prüfung stehende Wortfolge für Belange eines Feststellungsverfahrens nach §24 Abs3 bezieht, regelt indes die "Partei- und Beteiligtenstellung" sowie die "Rechtsmittelbefugnis" einschließlich der Beschwerdelegitimation vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts im konzentrierten Genehmigungsverfahren nach dem 2. Abschnitt; er lautet (auszugsweise) wie folgt:

"§19. (1) Parteistellung haben

1. Nachbarn/Nachbarinnen: Als Nachbarn/Nachbarinnen gelten Personen, die durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet oder belästigt oder deren dingliche Rechte im In- oder Ausland gefährdet werden könnten, sowie die Inhaber/Inhaberinnen von Einrichtungen, in denen sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen; ...

2. die nach den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehenen Parteien, soweit ihnen nicht bereits nach Z1 Parteistellung zukommt;

3. der Umweltanwalt gemäß Abs3;

4. das wasserwirtschaftliche Planungsorgan gemäß Abs3;

5. Gemeinden gemäß Abs3 und

6. Bürgerinitiativen gemäß Abs4, ausgenommen im vereinfachten Verfahren (Abs2).

(2) ...

(3) Der Umweltanwalt, das wasserwirtschaftliche Planungsorgan sowie die Standortgemeinde und die an diese unmittelbar angrenzenden österreichischen Gemeinden, die von wesentlichen negativen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt betroffen sein können, haben im Genehmigungsverfahren und im Verfahren nach §20 Parteistellung. Sie sind berechtigt, die Einhaltung von Rechtsvorschriften, die dem Schutz der Umwelt oder der von ihnen wahrzunehmenden öffentlichen Interessen dienen, als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen, Rechtsmittel zu ergreifen und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Parteistellung und Beschwerdebefugnis des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans dient der Wahrnehmung wasserwirtschaftlicher Interessen.

(4) ..."

1.3. Zur Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung ist zu vermerken, dass in der Regierungsvorlage zum UVP-G (269 BlgNR 18. GP) für die Legalparteien im Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren lediglich die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vorgesehen war (§15 Abs1) und in den Erläuterungen dazu von einem "subjektive[n] Recht auf Berücksichtigung der UVP und auf eine gesetzmäßige Entscheidung" die Rede ist (S. 23). Erst im Umweltausschuss (1179 BlgNR 18. GP) wurde im §19 Abs3 der Wortlaut der heute noch geltenden Bestimmung einschließlich der Beschwerdebefugnis an den Verfassungsgerichtshof geschaffen und dazu folgende Erläuterung angebracht:

"Als Rechtsvorschriften zum Schutz der Umwelt gelten in einem weiten Sinne alle jene Rechtsvorschriften, die direkt oder indirekt dem Schutz des Menschen und der Umwelt vor schädlichen Aus- oder Einwirkungen dienen, wie etwa das Betriebsanlagenrecht der Gewerbeordnung, das Wasserrecht, Naturschutzrecht, Luftreinhalterecht, Bergrecht, Luftfahrtsrecht, Rohrleitungsrecht und anderes."

Da wohl definitionsgemäß von allen Staatsorganen öffentliche Interessen wahrzunehmen sind, bedeutet die Regelung des §19 Abs3 zweiter Satz UVP-G, dass die danach berechtigten Staatsorgane zur Durchsetzung der umweltschützenden Rechtsvorschriften schlechthin, darüber hinaus aber auch sonstiger von ihnen wahrzunehmender, im öffentlichen Interesse gelegener Aufgaben im Zuge von Feststellungsverfahren nach dem UVP-G die Beschwerdelegitimation vor dem Verfassungsgerichtshof besitzen.

2. Zur Zulässigkeit:

2.1.1. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem Einleitungsbeschluss vorläufig davon aus, dass er die in Prüfung gezogene Wortfolge bei Beurteilung der Zulässigkeit der Beschwerden, und zwar insbesondere zur Klärung der Frage, ob der einschreitende Landeshauptmann von Salzburg und die beschwerdeführende Landesumweltanwaltschaft zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof legitimiert sind, selbst anzuwenden habe und diese Bestimmung daher in den vorliegenden Beschwerdesachen präjudiziell iSd Art140 Abs1 Satz 1 B-VG sei.

2.1.2. Dieser Annahme ist keine der Parteien dieses verfassungsgerichtlichen Verfahrens entgegengetreten.

2.2.1. Unter Zugrundelegung seiner ständigen Rechtsprechung zur Abgrenzung des Umfangs der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmung(en) (vgl. VfSlg. 7376/1974, 11.506/1987 und 14.805/1997) ging der Verfassungsgerichtshof weiters vorläufig davon aus, dass Sitz seines Bedenkens die Wortfolge "mit den Rechten nach §19 Abs3 zweiter Satz" im zweiten Satz des §24 Abs3 UVP-G 2000 sei, und führte dazu aus:

"Diese Bestimmung scheint nämlich, wenngleich durch Verweis auf §19 Abs3, die Rechtsstellung von 'mitwirkenden Behörden' und des Umweltanwalts im - hier gegebenen - Feststellungsverfahren nach §24 Abs3 UVP-G 2000 abschließend zu regeln und deren Beschwerdelegitimation nach Art144 B-VG festzulegen."

2.2.2. Der Landeshauptmann von Salzburg führte in seiner Äußerung vom 14. März 2004 dazu aus:

"1. Der Gerichtshof vermutet den Sitz seiner verfassungsrechtlichen Bedenken in der ... in Prüfung gezogenen Bestimmung. Eine Aufhebung dieser Bestimmung würde bewirken, dass die im §24 Abs3 UVP-G 2000 näher bezeichneten Organparteien zwar weiterhin Parteistellung im Verfahren zur Feststellung der UVP-Pflicht von Bundesstraßen- und Hochleistungsstreckenprojekten hätten, ihnen aber abgesehen von der allein durch Art131 Abs1 Z1 B-VG gedeckten Durchsetzung prozessualer Rechte ... keine Möglichkeit mehr zukäme, den VwGH zur umfassenden Prüfung der Einhaltung der von ihnen wahrzunehmenden öffentlichen Interessen anzurufen; dies deshalb, weil für eine solche Amtsbeschwerde nach den Ausführungen im Prüfungsbeschluss des Gerichtshofes auf Grund von Art131 Abs2 B-VG eine gesetzliche Grundlage erforderlich ist, welche nach einer Aufhebung wegfiele.

Angesichts dieser Überlegungen zeigt sich, dass durch die Beurteilung des Sitzes der Verfassungswidrigkeit der Prüfungsgegenstand zu weit gefasst ist: Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes ist dieser nämlich so abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit unbedingt erforderlich bzw Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Text keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt (vgl zB VfSlg 8004/1977, 12.000/1989, 13.701/1994,13.721/1994, 16.562/2002).

Es steht im Widerspruch zu dieser Judikatur, wenn der Prüfungsgegenstand so gewählt wird, dass nach einer allfälligen Aufhebung eine Amtsbeschwerde von mitwirkenden Behörden, Umweltanwalt und Standortgemeinden an den VwGH in Verfahren nach §24 Abs3 UVP-G 2000 nicht mehr möglich wäre, obwohl eine solche bei Bestehen einer gesetzlichen Grundlage verfassungsrechtlich unproblematisch ist, und sich auch eine Abgrenzung des Prüfungsgegenstandes als möglich erweist, bei der verfassungskonforme Bestimmungen bzw deren Anwendungsbereich (nämlich auch in Bezug auf Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken) unangetastet bleiben. Eben eine solche Abgrenzung ist ohne Sinnstörung für den verbleibenden Text aber zweifelsfrei möglich: Es würde nämlich ausreichen, lediglich die Wortfolge 'oder den Verfassungsgerichtshof' im §19 Abs3 zweiter Satz UVP-G 2000 zu prüfen und allenfalls aufzuheben, um im präjudiziellen Ausmaß die vom Gerichtshof vermutete Verfassungswidrigkeit zu beseitigen. Da der primär maßgebliche §24 Abs3 auf §19 Abs3 zweiter Satz UVP-G 2000 verweist, ist letztere Bestimmung im gegenständlichen Verfahren jedenfalls anzuwenden, sodass die als Prüfungsgegenstand vorgeschlagene Wendung 'oder den Verfassungsgerichtshof' präjudiziell ist und zulässigerweise in Prüfung gezogen werden kann.

Eine solche Wahl des Prüfungsgegenstandes brächte auch neben der Beibehaltung der gesetzlichen Grundlage für die Amts- bzw Organbeschwerde an den VwGH zudem den Vorteil mit sich, dass auch bei UVP-Verfahren, die sich nicht auf Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken beziehen, die gesetzliche Möglichkeit der Anrufung des VfGH durch eine Organpartei ein für alle mal ausgeschaltet wäre und nicht weitere verfassungsgerichtliche Verfahren bzw legistische Sanierungsmaßnahmen erforderlich wären, zumal die vom Gerichtshof ins Treffen geführten Bedenken in diesen Fällen genauso schlagend sein dürften.

Um dem sich schon aus dem gewaltenteilenden Prinzip ergebenden Postulat Rechnung zu tragen, dass der Gerichtshof in einem Gesetzprüfungsverfahren nur soweit als negativer Gesetzgeber agieren und gesetzliche Bestimmungen aufheben bzw (wie in casu) ihren Anwendungsbereich beschränken kann, als dies zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit (im Anlassfall) bei gleichzeitiger Wahrung der Lesbarkeit bzw des Sinnzusammenhangs der übrig bleibenden Bestimmung erforderlich ist, wird angeregt, nicht die Wortfolge 'mit den Rechten nach §19 Abs3 zweiter Satz' im §24 Abs3 zweiter Satz UVP-G 2000, sondern die Wortfolge 'oder den Verfassungsgerichtshof' im §19 Abs3 zweiter Satz UVP-G 2000 in Prüfung zu ziehen."

Ähnlich argumentiert die Sbg. Umweltanwaltschaft.

2.2.3. Dieser Auffassung vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu folgen:

Es ist den beschwerdeführenden Parteien zwar zuzustimmen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 13.965/1994 mwN und 16.562/2002) der Umfang der vom Verfassungsgerichtshof zu prüfenden und im Fall ihrer Rechtswidrigkeit aufzuhebenden Bestimmung derart abzugrenzen ist, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Änderung seiner Bedeutung erfährt. Die Grenzen der Aufhebung einer in Prüfung stehenden Norm müssen so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Teil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und andererseits die mit der aufzuhebenden Stelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden. Diese Rechtsprechung beruht auf dem Grundgedanken, dass im Normprüfungsverfahren nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als zur Bereinigung der Rechtslage unbedingt notwendig ist. Es sollen keine oder möglichst wenige Regelungen aufgehoben werden, gegen die sich die vorgebrachten Bedenken nicht richten.

Zwar sind sowohl §19 Abs3 zweiter Satz als auch die in Prüfung gezogene Wortfolge in §24 Abs3 zweiter Satz UVP-G 2000 präjudiziell (vgl. VfSlg. 10.385/1985, 13.015/1992). Jedoch stellt nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes die - gedachte - Aufhebung der in Prüfung stehenden Vorschrift deshalb den geringeren Eingriff dar, weil dadurch bloß die Beschwerdelegitimation der "mitwirkenden Behörden" und des Umweltanwaltes gegen einen in einem Feststellungsverfahren gemäß §24 Abs3 UVP-G ergangenen (Feststellungs-)Bescheid über die Frage, ob ein (Bundes-)Straßen- oder Hochleistungsstreckenprojekt iSd §§23a f. UVP-G 2000 einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach den §§24a ff. leg.cit. zu unterziehen ist, beseitigt wird, nicht aber auch die dem Umweltanwalt und dem wasserwirtschaftlichen Planungsorgan nach Abschluss eines (konzentrierten) Genehmigungs- oder eines Abnahmeverfahrens nach dem

2. Abschnitt des UVP-G 2000 eingeräumte Beschwerdeberechtigung.

2.3. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig. Dass sich die Beschwerden jedenfalls insofern als unzulässig erweisen, als sie sich auch gegen jene(n) Spruchteil(e) richten, mit dem (denen) Anträge von Gemeinden als unzulässig zurückgewiesen werden, weil es den Einschreitern insofern schon aus diesem Grund an der Beschwerdelegitimation mangelt, ist für die Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens aus Anlass der zu B456, 457/03 und B462/03 protokollierten Beschwerden des Landeshauptmannes von Salzburg sowie der Sbg. Landesumweltanwaltschaft ohne Belang.

3. In der Sache hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass die durch die in Prüfung gezogene Wortfolge eingeräumte Beschwerdeberechtigung des Landeshauptmannes von Salzburg und der Sbg. Landesumweltanwaltschaft vor dem Verfassungsgerichtshof mit dem verfassungsrechtlichen Rechtsschutzsystem, insbesondere mit der Regelung des Art144 Abs1 B-VG nicht vereinbar ist.

3.1. Die Bundesregierung hat - wie bereits erwähnt - von einer meritorischen Äußerung abgesehen.

3.2. Der Landeshauptmann von Salzburg vertritt die Auffassung, dass die inkriminierte Regelung einer verfassungskonformen Interpretation zugänglich sei:

"a) Nach den insoweit unbestrittenen Ausführungen des Gerichtshofes im Prüfungsbeschluss ist für die Beschwerdelegitimation nach Art144 Abs1 B-VG nicht nur Voraussetzung, dass dem Beschwerdeführer im zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren die Stellung einer Partei zukommt, sondern dass er darüber hinaus auf Grund 'echter' subjektiver Rechte an der Sache beteiligt ist.

Dafür scheinen aber nach der Judikatur schon bestimmte Interessen einer beschwerdeführenden Amtspartei auszureichen: So hat der Gerichtshof in VfSlg 12.669/1991 bezüglich einer Gemeinde als Partei in einem Verfahren zur Genehmigung eines Rechtserwerbs durch einen Ausländer nach dem NÖ Grundverkehrsgesetz 1989 zu Recht erkannt, dass 'infolge ihrer Parteistellung [...] die Gemeinde [...] auch legitimiert [ist], den - letztinstanzlichen - Bescheid der belangten Behörde gemäß Art144 Abs1 B-VG beim Verfassungsgerichtshof anzufechten. Da die beschwerdeführende Gemeinde im erstinstanzlichen Verfahren ein kulturelles Interesse am Rechtserwerb geltend gemacht und gegen die (entgegen ihrer Stellungnahme erlassene) Entscheidung der Behörde Berufung eingebracht hat, ist die Beschwerde, soweit sie von der beschwerdeführenden Gemeinde erhoben worden ist, zulässig.'

Genügt nun schon ein kulturelles Interesse einer Gemeinde am Grunderwerb eines Ausländers - weil dieser ein bekannter Pianist ist (so der Anlassfall zu VfSlg 12.669/1991) -, um die Beschwerdelegitimation der Amtspartei Gemeinde im Verfahren nach Art144 BVG zu bejahen, so muss dies auch für die Organpartei Landeshauptmann gelten, dem die Erhaltung einer intakten Umwelt in seinem Land ein Anliegen ist. Zwar ist das kulturelle Interesse einer Gemeinde nach §5 litb NÖ GVG ausdrücklich gesetzlich verankert, doch ergibt sich auch aus der im UVP-G 2000 vorgesehenen Parteistellung der mitwirkenden Behörde Landeshauptmann, dass ihm ein rechtliches Interesse am Schutz der Umwelt im Land eingeräumt ist.

So gesehen, fußt die Beschwerdelegitimation des Landeshauptmannes schon auf der Verfassung, nämlich auf Art144 Abs1 B-VG, ohne dass es einer einfachgesetzlichen Gewährung derselben bedürfte. Geht man davon aus, dass §24 Abs3 zweiter Satz iVm §19 Abs3 zweiter Satz UVP-G 2000 nur diese Beschwerdemöglichkeit, der ein subjektives Recht zugrunde liegt, klarstellt, wird durch die geprüfte Bestimmung keine Erweiterung der bundesverfassungsrechtlich abschließend geregelten Zuständigkeiten des VfGH vorgenommen.

b) Sollte der Gerichtshof diese Auffassung nicht teilen, etwa weil er sich der Meinung anschließt, dass nur Personen im Rechtssinn subjektive Rechte haben können, der Landeshauptmann im Gegensatz zu einer Gemeinde aber kein solcher Rechtsträger ist (vgl Aichlreiter, Was ist und woran erkennt man eine Formalpartei, ZfV 1993, 337), so würde dies nichts am Ergebnis ändern, dass eine verfassungskonforme Interpretation möglich erscheint:

Außer Streit dürfte nämlich stehen, dass es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, einem Verwaltungsorgan wie dem Landeshauptmann Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren einzuräumen. Die sich aus einer ausdrücklich gewährten Parteistellung ergebenden prozessualen Rechte stellen aber subjektive öffentliche Rechte der Organpartei dar, deren Verletzung die Organpartei - unabhängig von einer einfachgesetzlichen Fundamentierung der Beschwerdemöglichkeit - gemäß Art144 Abs1 B-VG geltend machen kann. In diesem Sinn judiziert auch der VwGH, dass zur Durchsetzung dieser prozessualen Rechte bei ihm keine gesetzliche Grundlage nach Art131 Abs2 B-VG notwendig ist - eine solche würde nur die Relevierbarkeit materieller subjektiver Rechte erfordern - , sondern dass solche Beschwerden von Organparteien, mit denen eine Verletzung ihrer sich aus der Parteistellung ergebenden Rechte behauptet wird, bereits in Art131 Abs1 Z1 B-VG Deckung finden (vgl zB VwGH 23.3.1994,93/01/0542; 8.2.1995, 93/03/0093). Aufgrund der zu Art131 Abs1 Z1 B-VG analogen Formulierung in Art144 Abs1 B-VG ('in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet') muss dies auch für das Bescheidprüfungsverfahren vor dem VfGH gelten.

Dh: Die mit der Parteistellung verbundenen Rechte, wie insbesondere das Recht auf Wahrung des Parteiengehörs, kann eine Organpartei wie der Landeshauptmann nach Art144 Abs1 B-VG geltend machen. Die in Prüfung gezogene Bestimmung lässt sich nun insoweit als deklarativ-klarstellende Norm verfassungskonform interpretieren, als eine Anrufung des VfGH durch eine solche Organpartei nur zu diesem eingeschränkten Thema in Betracht kommt."

3.3. Die Sbg. Landesumweltanwaltschaft weist in ihrer Äußerung zunächst darauf hin, dass

"die europarechtlichen Vorgaben zur UVP

[= Umweltverträglichkeitsprüfung] zwingend die Einbindung der Öffentlichkeit vorschreiben und in Österreich als Ausgleich dafür, dass keine Parteistellung für Umweltorganisationen geschaffen wurde, den Umweltanwaltschaften eine solche Parteistellung eingeräumt wurde, wobei der Gesetzgeber des UVP-G ausdrücklich klarstellen wollte, dass - entgegen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs - mit dieser Parteistellung nicht nur 'Kompetenzen', sondern auch die Vertretung von subjektiven Rechten eingeräumt werden sollte".

Dies stelle - nach Auffassung der Umweltanwaltschaft - klar, dass - entgegen den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes im Prüfungsbeschluss - die "subjektiven Rechte" der Umweltanwaltschaft "nicht bloß der Wahrung öffentlicher Interessen" dienen, sondern "vom Gesetzgeber zusätzlich zum Schutz der Allgemeinheit auch private Interessen bestimmter, spezifisch betroffener Einzelner zu dienen bestimmt" seien. Vor diesem Hintergrund bleibe das vom Verfassungsgerichtshof ebenfalls aufgeworfene Argument, dass es sich bei der Umweltanwaltschaft um ein "Staatsorgan" handeln würde, ohne Bedeutung. Zudem besitze die Sbg. Landesumweltanwaltschaft eine eigene Rechtspersönlichkeit.

3.4. Der Verfassungsgerichtshof hält an seinem im Einleitungsbeschluss geäußerten Bedenken fest:

Auf Grund der oben unter Pkt. II.1. wiedergegebenen gesetzlichen Bestimmungen genießen der Landeshauptmann von Salzburg als mitwirkende Behörde sowie die Sbg. Landesumweltanwaltschaft im Feststellungsverfahren zur Frage, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (§24 Abs3 UVP-G 2000), Parteistellung "mit den Rechten", wie sie im zweiten Satz des §19 Abs3 UVP-G 2000 umschrieben sind. Dazu zählt kraft ausdrücklicher Anordnung des Gesetzgebers die Beschwerdebefugnis an den Verfassungsgerichtshof und als dessen Grundlage die ebenfalls ausdrücklich als "subjektives Recht" bezeichnete Befugnis, die Einhaltung von Rechtsvorschriften, die dem Schutz der Umwelt oder der von den betreffenden Organen "wahrzunehmenden öffentlichen Interessen dienen", geltend zu machen. Der Gesetzgeber möchte somit gleichsam den Kompetenz- und Aufgabenbereich staatlicher Organe, nämlich des Landeshauptmannes sowie der Umweltanwaltschaft (, soweit es dabei um die Einhaltung von umweltschützenden Rechtsvorschriften oder von wahrzunehmenden öffentlichen Interessen geht,) "als subjektives Recht" behandelt haben und hat dementsprechend die Beschwerdelegitimation an den Verfassungsgerichtshof eingeräumt.

Demgegenüber ist entsprechend der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes davon auszugehen, dass dessen Kontrollbefugnisse verfassungsrechtlich abschließend geregelt sind (VfSlg. 3992/1961, 7376/1974 und 8202/1977). Das bedeutet, dass auch die Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art144 Abs1 B-VG, über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden zu erkennen, schon auf Grund des verfassungsrechtlich vorgegebenen Prozessgegenstandes notwendig die Beschwerdelegitimation, also die mögliche Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid zur Voraussetzung hat. Wenn nämlich der Beschwerdeführer gemäß Art144 Abs1 B-VG behaupten muss, durch den angefochtenen Bescheid "in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht" oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen Norm "in seinen Rechten" verletzt zu sein, setzt die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes nach dieser Verfassungsvorschrift voraus, dass der angefochtene Bescheid überhaupt in subjektive Rechte des Beschwerdeführers eingreift (vgl. etwa VfSlg. 10.768/1986, 11.711/1988, 12.540/1990, 13.429/1993). Ein derartiger Eingriff in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers als Voraussetzung seiner Berechtigung zur Beschwerdeführung vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 B-VG wurde von diesem für (insbesondere staatliche) Organe eines Rechtsträgers grundsätzlich verneint (vgl. VfSlg. 13.429/1993, 13.722/1994, 14.575/1996 und 15.079/1998). Der Gerichtshof sprach aus:

"... Für ein Organ eines Rechtsträgers kann die Legitimation zur Beschwerdeführung vor dem VfGH gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde mangels Möglichkeit der Verletzung eines subjektiven Rechtes nicht aus Art144 Abs1 B-VG hergeleitet werden.

Es besteht aber auch keine sonstige Verfassungsnorm, die dem Organ eines Rechtsträgers unmittelbar die Legitimation zur Erhebung einer Beschwerde an den VfGH einräumt oder dem einfachen (Materien-)Gesetzgeber hiezu die Ermächtigung erteilt, wie dies etwa, was die Beschwerdeführung vor dem VwGH anlangt, durch Art131 Abs1 Z2 und 3 sowie Abs2 B-VG geschehen ist." (VfSlg. 15.079/1998)

Das verfassungsrechtliche Rechtsschutzsystem sieht ausdrücklich vor, dass zwar der Verwaltungsgerichtshof nicht nur gemäß Art131 Abs1 Z1 B-VG über die Verletzung subjektiver Rechte entscheidet, sondern dieser auch - davon deutlich getrennt - in den Fällen des Art131 Abs1 Z2 und 3 B-VG und darüber hinaus in den gemäß Art131 Abs2 B-VG vom Gesetzgeber ausdrücklich bezeichneten weiteren Fällen für Beschwerden zuständig ist, mit denen eine objektive Rechtsverletzung durch eine Verwaltungsbehörde geltend gemacht wird. Dieses auch als "Amts-" bzw. "Organ"beschwerde bezeichnete Rechtsschutzinstrument ist vom einfachen Gesetzgeber auf Grund der geschilderten verfassungsrechtlichen Ermächtigung bestimmten (vorwiegend staatlichen) Organen zur Sicherung der objektiven Rechtmäßigkeit der Verwaltung eingeräumt (vgl. VwSlg. 10.511 A/1981, 13.558 A/1991).

Demgegenüber ist der Verfassungsgerichtshof nach Art144 B-VG immer "nur imstande, über die Behauptung der Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers, nicht auch über eine behauptete objektive Rechtsverletzung, zu erkennen" [Ringhofer, Über verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte und die Kompetenzgrenze zwischen Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof, FS Melichar, 1983, 161 (165)]. Gemäß Art144 B-VG steht es dem einfachen Gesetzgeber - anders als nach Art131 Abs2 B-VG für den Verwaltungsgerichtshof - nicht frei, staatliche Organe mit der Prozesslegitimation auszustatten, Bescheide von Verwaltungsbehörden wegen objektiver Rechtswidrigkeit vor dem Verfassungsgerichtshof mittels Beschwerde anzufechten. Diese Überlegung wird bestärkt durch das kraft Art144 Abs1 B-VG dem Verfassungsgerichtshof vorgegebene Beschwerdethema: Wenn auf Grund des Art144 Abs1 B-VG der Verfassungsgerichtshof Bescheide lediglich daraufhin überprüfen darf, ob der Beschwerdeführer in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen Norm verletzt wurde, ist es schlechthin ausgeschlossen, auch Verletzungen objektiven Rechts im Rahmen dieser Beschwerdethemen aufzugreifen.

Die deshalb aufgehobene Wortfolge des §24 Abs3 zweiter Satz UVP-G 2000 bewirkt aber eine derartige - verfassungswidrige - Ausdehnung der Beschwerdelegitimation im Wege des einfachen Gesetzes. Durch diese Bestimmung wurde dem Landeshauptmann von Salzburg sowie der Sbg. Landesumweltanwaltschaft, also zwei staatlichen Organen, u. a. die Befugnis eingeräumt, Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben, um die Einhaltung von Rechtsvorschriften, die dem Schutz der Umwelt oder der von den Organen wahrzunehmenden öffentlichen Interessen dienen, "als subjektives Recht" geltend zu machen. Die Beschwerdelegitimation vor dem Verfassungsgerichtshof wurde damit in verfassungswidriger Weise zur Durchsetzung (von jenen Staatsorganen im Rahmen ihrer Staatsaufgaben wahrzunehmender) öffentlicher Interessen sowie zwecks Einhaltung bestimmter (nämlich umweltschutzbezogener) Rechtsvorschriften eingeräumt.

Dass der Gesetzgeber die Wahrnehmung aufgabenbezogener öffentlicher Interessen und die Einhaltung von Rechtsvorschriften, also die Gewährleistung der objektiven Rechtmäßigkeit verwaltungsbehördlicher Entscheidungen zum subjektiven Recht von Staatsorganen erklärt, beseitigt die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine diesbezügliche Beschwerdelegitimation staatlicher Organe vor dem Verfassungsgerichtshof keineswegs. Kann doch die einfachgesetzliche Anordnung, die Einhaltung von Rechtsvorschriften, also die objektive Gesetzmäßigkeit, und die im Rahmen ihrer Aufgaben wahrzunehmenden öffentlichen Interessen "als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen", nicht dazu führen, dass lediglich auf Grund dieser vom Gesetzgeber vorgenommenen Umdeutung [, die etwa von Mayer, Ein "Umweltanwalt" im österreichischen Recht, JBl. 1982, 113 (116), als "Etikettenschwindel" bezeichnet wird,] eine an sich verfassungsrechtlich unzulässige Ausweitung der Beschwerdelegitimation zulässig wird.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit Umweltanwälten mehrfach ausgesprochen hat (vgl. nur VwGH 22.3.1993, Z93/10/0033 mwH), übt auch der als Partei fungierende Landesumweltanwalt "nur formal 'Rechte' aus, inhaltlich gesehen nimmt er 'Kompetenzen' wahr", sodass die ihm vom Gesetzgeber ausdrücklich eingeräumte Beschwerdebefugnis an den Verwaltungsgerichtshof als Amtsbeschwerdeberechtigung nach Art131 Abs2 B-VG anzusehen ist. Da eine derartige Amtsbeschwerdebefugnis vor dem Verfassungsgerichtshof verfassungsrechtlich kraft Art144 Abs1 B-VG auszuschließen ist, genügt auch die ausdrückliche Bezeichnung "als subjektives Recht" durch den einfachen Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Beschwerdelegitimation nach Art144 Abs1 B-VG nicht.

Dass es sich bei den durch §19 Abs3 UVP-G 2000 vom einfachen Gesetzgeber zu subjektiven Rechten erklärten öffentlichen Interessen bestimmter Verwaltungsbehörden einschließlich des Interesses an der Einhaltung umweltschützender Rechtsvorschriften nicht um "echte" subjektive öffentliche Rechte handelt, ergibt sich schon aus dem herkömmlichen Verständnis jener Rechte: Subjektive öffentliche Rechte dienen nicht bloß der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern sind zumindest auch dem Schutz bestimmter privater Interessen zu dienen bestimmt (vgl. etwa beispielhaft VwSlg. 9151 A/1976, 10.511 A/1981;

Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 2003, 305:

"Schutznormtheorie"). Derartige - für die Annahme einer Rechtssphäre und damit für die Beschwerdelegitimation vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art131 Abs1 Z1 B-VG sowie vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 Abs1 B-VG aber verfassungsrechtlich geforderte - Regelungen, mit denen vom Gesetzgeber zusätzlich zum Schutz der Allgemeinheit auch private Interessen bestimmter, spezifisch betroffener Einzelner geschützt werden, liegen bei den durch §24 Abs3 iVm §19 Abs3 UVP-G 2000 begründeten Rechtspositionen des Landeshauptmannes von Salzburg sowie der Sbg. Landesumweltanwaltschaft aber nicht vor.

Angesichts der dargestellten Überlegungen kann dem Landeshauptmann von Salzburg nicht gefolgt werden, wenn er bereits "aus der im UVP-G 2000 vorgesehenen Parteistellung der mitwirkenden Behörde Landeshauptmann ... ein rechtliches Interesse am Schutz der Umwelt im Land eingeräumt" sieht, wenn und weil ihm "die Erhaltung einer intakten Umwelt in seinem Land ein Anliegen ist". Vielmehr handelt es sich bei den vom Landeshauptmann von Salzburg auch im Rahmen des Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens wahrzunehmenden Aufgaben gerade nicht um rechtlich geschützte (private) Interessen, sondern um öffentliche Aufgaben, also um Kompetenzen. Dies zeigt auch die Begriffsbestimmung der "mitwirkenden Behörden" in §24 Abs8 UVP-G 2000, derzufolge darunter jene Behörden zu verstehen sind, "die neben der die Trassenverordnung erlassenden Behörde nach den Verwaltungsvorschriften für die Genehmigungen eines gemäß §23a oder §23b UVP-pflichtigen Vorhabens zuständig sind oder an den jeweiligen Verfahren zu beteiligen sind".

Der Salzburger Landesumweltanwaltschaft ist, soweit sie sich zur Ableitung ihrer Parteistellung und Beschwerdebefugnis auf die in den "europarechtlichen Vorgaben zur UVP zwingend (vorgesehene) Einbindung der Öffentlichkeit" beruft, entgegenzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur (vgl. VfSlg. 14.152/1995, 15.108/1998) ebenso wie der Verwaltungsgerichtshof (zB VwGH 1.7.1997, 96/04/0222) stets davon ausgegangen ist, dass aus europarechtlichen Vorschriften, wie insbesondere der UVP-RL 85/337/EWG , ABl. 1985 L 175, S. 40 (idF der ÄnderungsRL 97/11/EG , ABl. 1997 L 73, S 5) keinesfalls abzuleiten ist, "daß einer bestimmten Interessentengruppe in einem durchzuführenden Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren Parteistellung im verwaltungsverfahrensrechtlichen Sinn zukommt oder eingeräumt werden müßte."

Keineswegs kann ferner aus dem Salzburger Landesumweltanwaltschafts-Gesetz (LUA-G), LGBl. 67/1998 idF LGBl. 46/2001, abgeleitet werden, dass die Sbg. Landesumweltanwaltschaft "auch privaten Interessen bestimmter, spezifisch betroffener Einzelner zu dienen bestimmt" ist. Die "Bündelung" und Wahrnehmung privater Interessen ist der Sbg. Landesumweltanwaltschaft nicht aufgetragen, sodass darauf im vorliegenden Zusammenhang nicht Bedacht genommen werden musste. Sie hat vielmehr ihre in den §§7 und 8 des Gesetzes aufgezählten verfahrensrechtlichen Aufgaben an den Zielsetzungen gemäß §1 leg.cit. auszurichten. Danach obliegt ihr aber die

"1. Bewahrung der natürlichen Umwelt als Lebensgrundlage des Menschen; 2. Vermeidung von schädlichen Einwirkungen auf die Umwelt (zB durch die Beeinträchtigung der Luft, des Wassers, des Bodens oder durch Lärm) und Verminderung von bestehenden solchen Einwirkungen; 3. Vermeidung von Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes und Verbesserung bestehender Beeinträchtigungen".

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Sbg. Landesumweltanwaltschaft gemäß §2 Abs1 LUA-G eine Einrichtung "mit eigener Rechtspersönlichkeit" ist. Eine derartige Rechtspersönlichkeit ist nämlich immer nur so weit eingeräumt, als die Einrichtung Träger von Rechten und Pflichten ist. Die gesetzliche Zuweisung, also die speziell durch das öffentliche Recht bewirkte Übertragung von Aufgaben (Befugnissen, Verbandskompetenzen) begründet indes keine subjektiven Rechte.

Dass die Sbg. Landesumweltanwaltschaft ihre Funktionen in Wahrnehmung öffentlicher Interessen als Amtspartei ausübt, wird nicht zuletzt auch daraus deutlich, dass sie der Gesetzgeber mit einer Amtsbeschwerdebefugnis an den Verwaltungsgerichtshof gemäß §8 Abs4 LUA-G ausgestattet hat. Subjektive öffentliche Rechte auf eine Entscheidung bestimmten Inhalts als Voraussetzung der Beschwerdelegitimation nach Art131 Abs1 Z1 B-VG vor dem Verwaltungsgerichtshof bzw. nach Art144 Abs1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof sind ihr sohin in materieller Hinsicht nicht eingeräumt. Im Übrigen deckt der Verwaltungsgerichtshof den hier vom Gesetzgeber angestrebten Schutz öffentlicher (Umwelt)Interessen im Rahmen seiner Kompetenz nach Art131 Abs2 B-VG vollständig ab.

Der Verfassungsgerichtshof hält sohin zusammenfassend fest, dass die durch den Verweis in §24 Abs3 zweiter Satz UVP-G 2000 bewirkte rechtliche Ermächtigung staatlicher Organe, in concreto des Landeshauptmannes von Salzburg sowie der Sbg.

Landesumweltanwaltschaft, zwecks Einhaltung von Rechtsvorschriften, die dem Schutz der Umwelt oder der von ihnen wahrzunehmenden öffentlichen Interessen dienen, Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben, wegen Widerspruchs zu Art144 Abs1 B-VG verfassungswidrig ist, zumal auch keine sonstige Verfassungsnorm (wie etwa Art119a Abs9 B-VG für die Gemeinden) den genannten Organen unmittelbar die Legitimation zur Erhebung einer derartigen - der Durchsetzung objektiven Rechts dienenden - Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof einräumt oder den einfachen Gesetzgeber zur Einräumung ermächtigt. Die in Prüfung gezogene Wortfolge in §24 Abs3 zweiter Satz UVP-G 2000 war daher als verfassungswidrig aufzuheben.

4. Die Bestimmung einer Frist für das Außer-Kraft-Treten der aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art140 Abs5 dritter und vierter Satz B-VG.

Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B-VG.

Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B-VG und §64 Abs2 VfGG iVm §3 Abs1 Z3 BGBlG, BGBl. 100/2003.

III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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