Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art140 Abs5
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
MRK Art6 Abs1 / Allg
MRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
MRK Art6 Abs1 / Gesetz
StVO 1960 §5 Abs2a lita u litb idF BGBl 105/1986
StVO 1960 §5 Abs4a idF BGBl 105/1986
StVO 1960 §5 Abs4a u Abs4b idF BGBl 105/1986
StVO 1960 §5 Abs6 idF BGBl 105/1986
VStG §24
AVG §45 Abs2
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art140 Abs5
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
MRK Art6 Abs1 / Allg
MRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
MRK Art6 Abs1 / Gesetz
StVO 1960 §5 Abs2a lita u litb idF BGBl 105/1986
StVO 1960 §5 Abs4a idF BGBl 105/1986
StVO 1960 §5 Abs4a u Abs4b idF BGBl 105/1986
StVO 1960 §5 Abs6 idF BGBl 105/1986
VStG §24
AVG §45 Abs2
Spruch:
Der zweite Satz des Absatzes 4 a ("Im Falle einer Untersuchung der Atemluft nach Abs2 a litb hat eine Vorführung nach Abs4 zu unterbleiben.") sowie die Wortfolge "von 0,4 bis 0,5 mg/l" in Absatz 4 b des §5 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, in der Fassung der 13. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 105/1986, werden als verfassungswidrig aufgehoben.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
Die aufgehobenen Bestimmungen sind auch in jenen Rechtssachen nicht mehr anzuwenden, in denen vor dem 27. Februar 1991,
10.30 Uhr, Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht wurde.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.
Im übrigen wird das Gesetzesprüfungsverfahren eingestellt sowie der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung der Absätze 4 a und 4 b des §5 der Straßenverkehrsordnung 1960 in der zitierten Fassung, soweit diese nicht aufgehoben wurden, zurückgewiesen.
Der Antrag des R M auf Zuspruch eines Kostenersatzes wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu B1155/89, B1402/89, B1422/89, B1538/89, B1583/89, B182/90, B333/90, B358/90, B518/90 und B585/90 Beschwerden nach Art144 B-VG anhängig, die sich gegen im Instanzenzug ergangene Bescheide der Tiroler, der Oberösterreichischen, der Salzburger, der Steiermärkischen und der Wiener Landesregierung richten, durch die gegen die Beschwerdeführer gerichtete Straferkenntnisse bestätigt wurden, mit denen diese nach durchgeführter - positiver - Atemalkoholmessung gemäß §5 Abs1 StVO 1960 in Verbindung mit §99 Abs1 lita StVO 1960 bestraft worden waren, weil sie ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hatten.
2. Aus Anlaß dieser Beschwerden beschloß der Verfassungsgerichtshof, gemäß Art140 Abs1 B-VG die Verfassungsmäßigkeit der Absätze 4 a und 4 b des §5 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. 159, in der Fassung der 13. StVO-Novelle, BGBl. 105/1986, von Amts wegen zu prüfen.
a. §5 StVO 1960 regelt in der Fassung der 13. StVO- Novelle, BGBl. 105/1986, "Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol" folgendermaßen:
"(1) Wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.
(2) Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden.
(2a) Die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt ist entweder
a) mit einem Gerät, das nur den Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol ergibt, oder
b) mit einem Gerät, das den Alkoholgehalt der Atemluft mißt und entsprechend anzeigt,
vorzunehmen.
(3) . . .
(4) Die Organe der Straßenaufsicht sind weiters berechtigt, einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung vorzuführen:
a) Personen, bei denen eine Untersuchung nach Abs2a lita den Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol ergeben hat, es sei denn, daß sie das Fahrzeug noch nicht in Betrieb genommen und in Kenntnis des Untersuchungsergebnisses von der Inbetriebnahme Abstand genommen haben,
b) Personen, die ein Fahrzeug lenken oder in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen und sich offenbar in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, wenn eine Untersuchung nach Abs2a nicht möglich ist,
c) Lenker von Fahrzeugen oder Fußgänger, die verdächtig sind, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, wenn nicht eine Untersuchung nach Abs2a litb vorgenommen wird.
(4a) Wird eine Untersuchung der Atemluft nach Abs2a litb vorgenommen, so gilt deren Ergebnis als Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung, es sei denn, daß eine Bestimmung des Blutalkoholgehaltes (Abs4b, 6, 7 oder 7a) etwas anderes ergibt. Im Falle einer Untersuchung der Atemluft nach Abs2a litb hat eine Vorführung nach Abs4 zu unterbleiben.
(4b) Wenn eine Untersuchung der Atemluft nach Abs2a litb einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 bis 0,5 mg/l ergeben hat, haben die Organe der Straßenaufsicht auf Verlangen des Untersuchten eine Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zu veranlassen.
(5) Wer einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung vorgeführt worden ist (Abs4), hat sich dieser Untersuchung zu unterziehen.
(6) (Verfassungsbestimmung.) Steht der Vorgeführte im Verdacht, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, bei dem eine Person getötet oder erheblich verletzt worden ist, so hat die Untersuchung, wenn dies erforderlich und ärztlich unbedenklich ist, eine Blutabnahme zu umfassen.
(7) Ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender oder bei einer Bundespolizeibehörde tätiger Arzt hat eine Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes auch vorzunehmen, wenn sie ein Vorgeführter verlangt oder ihr zustimmt, oder
a) wenn eine Person, bei der eine Untersuchung der Atemluft nach Abs2a litb vorgenommen worden ist, oder
b) wenn sonst eine Person, die im Verdacht steht, eine Verwaltungsübertretung gemäß §99 Abs1 lita begangen zu haben, oder
c) wenn ein Fußgänger, der im Verdacht steht, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,
eine solche Blutabnahme verlangt.
(7a) Zum Zwecke einer Blutabnahme sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die im Abs4 genannten Personen erforderlichenfalls auch einem diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt vorzuführen. Desgleichen können die Organe der Straßenaufsicht auch eine Blutabnahme nach Abs4b bei einem diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt veranlassen. Dieser hat in den Fällen der Abs4b, 6 und 7 eine Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen.
(7b) . . .
(8) . . .
(9) . . .
(10) . . .
(11) Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr hat unter Bedachtnahme auf den Zweck der Untersuchung nach Abs2 und 2a und zur Gewährleistung ihrer zweckmäßigen Durchführung den Kreis der hiefür zu ermächtigenden Organe der Straßenaufsicht und die Art ihrer Schulung sowie unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technik die für eine Untersuchung der Atemluft geeigneten Geräte durch Verordnung zu bestimmen."
b. Der Verfassungsgerichtshof äußerte vorerst das Bedenken, daß die Absätze 4 a und 4 b des §5 StVO 1960 in sachlich nicht gerechtfertigter Weise Personen, die wegen eines Verdachts auf Alkoholisierung mittels eines Atemalkoholmeßgerätes gemäß §5 Abs2 a litb StVO 1960 untersucht werden, im Vergleich zu Personen begünstigen, deren vermutete Alkoholisierung durch andere Beweismittel festgestellt wird. Er vermochte vorerst keinen sachlichen Grund dafür zu finden, daß zwar eine auf die Einwirkung durch Alkohol zurückzuführende Fahruntüchtigkeit ohne Rücksicht auf den Alkoholgehalt des Blutes oder der Atemluft eine Übertretung des §5 Abs1 StVO 1960 bewirken kann, daß gleichwohl
"bei Personen, deren Atemluft gemäß §5 Abs2 a litb StVO 1960 untersucht wurde, das Ergebnis der Atemluftkontrolle als Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung schlechthin "gilt" und eine Vorführung zur ärztlichen Untersuchung ausgeschlossen ist (so aber Abs4 a des §5 StVO 1960), während Personen, bei denen der gleiche Grad der Alkoholeinwirkung auf andere Art und Weise festgestellt wurde, dennoch mit Hilfe anderer Beweismittel wegen Alkoholisierung als fahruntauglich qualifiziert werden können."
Zusätzlich zu dieser, dem Gleichheitssatz widerstreitenden unsachlichen Begünstigung vermeinte der Verfassungsgerichtshof, daß die Absätze 4 a und 4 b des §5 StVO 1960 Personen, bei denen ein Atemalkoholmeßgerät angewendet wurde, gegenüber Personen, bei denen die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt auf andere Weise vorgenommen wird, dann ohne sachlichen Grund benachteiligen, wenn die Alkomatmessung einen Alkoholgehalt der Atemluft von mehr als 0,5 mg/l ergeben hat: In diesem Fall hat nämlich nicht nur die ärztliche Untersuchung gemäß §5 Abs4 a letzter Satz StVO 1960 zu unterbleiben, sondern dürfen gemäß §5 Abs4 b StVO 1960 die Organe der Straßenaufsicht nicht einmal auf Verlangen des Untersuchten eine Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes veranlassen. Der Verfassungsgerichtshof hegte sohin das Bedenken, daß die angeführten Bestimmungen dem Gleichheitssatz widersprechen,
"weil sie in sachlich nicht gerechtfertigter Weise die Beweislage der Personen verschlechtern, bei denen eine Alkoholisierung ausschließlich mit Hilfe von Atemluftalkoholmeßgeräten gemäß §5 Abs2 a litb StVO 1960 festgestellt wurde".
Schließlich äußerte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, daß die in Prüfung gezogenen Absätze 4 a und 4 b des §5 StVO 1960 dem Grundsatz eines fairen Verfahrens nach Art6 Abs1 MRK widersprechen, weil die Behörde durch die starre Beweisregelung, wonach das Ergebnis der Atemluftuntersuchung als Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung gilt, gehindert sein dürfte, den Anforderungen eines fairen Verfahrens, das die Möglichkeit eines Gegenbeweises durch eine Blutalkoholkontrolle in sich schließt, zu genügen.
3.a. Beim Verwaltungsgerichtshof ist zur Zahl 90/02/0180 ebenfalls ein Verfahren über eine Beschwerde anhängig, mit dem ein Bescheid der Vorarlberger Landesregierung bekämpft wird, durch den der Beschwerdeführer nach einer gemäß §5 Abs2 a litb StVO 1960 vorgenommenen Atemluftkontrolle wegen Übertretung nach §5 Abs1 StVO 1960 bestraft wurde. Aus Anlaß dieser Beschwerde stellte der Verwaltungsgerichtshof, der gegen die Abs4 a und 4 b des §5 StVO 1960 die gleichen Bedenken wie der Verfassungsgerichtshof hegt, gemäß Art140 Abs1 B-VG den Antrag, diese Bestimmungen als verfassungswidrig aufzuheben.
b. Der Verwaltungsgerichtshof stellte ferner aus Anlaß seiner Beschwerden Zl. 90/03/0102, 90/03/0040, 90/03/0232, 90/03/0235, 90/03/0163 und 90/03/0224 weitere Anträge auf Aufhebung der Abs4 a und 4 b des §5 StVO 1960, die beim Verfassungsgerichtshof zu den Zl. G46-51/91 protokolliert sind. Eine formelle Einbeziehung dieser Prüfungsanträge in das vorliegende Gesetzesprüfungsverfahren war im Hinblick auf das fortgeschrittene Prozeßgeschehen nicht mehr möglich.
4.a. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie begehrt, die Abs4 a und 4 b des §5 StVO 1960 nicht als verfassungwidrig aufzuheben, für den Fall der Aufhebung jedoch für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr gemäß Art140 Abs5 B-VG zu bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.
Die Bundesregierung verneint vorerst eine unsachliche Begünstigung der mittels Atemalkoholmeßgerät untersuchten Personen gegenüber jenen Personen, deren Atemluft gemäß §5 Abs2 litb StVO 1960 untersucht wurde,
"weil auch eine mittels 'Röhrchentest' untersuchte Person bei negativem Testergebnis gemäß §5 Abs4 lita leg.cit. einem Arzt nicht vorgeführt werden darf (siehe dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.1.1978, 1190/77, ZfVB 1978/3/1085)."
In ihren weiteren Ausführungen geht die Bundesregierung grundsätzlich davon aus, daß sich aus §5 Abs1 und Abs4 a StVO 1960 ergebe,
"daß der Gesetzgeber von der Gleichwertigkeit der Beweiskraft des Ergebnisses einer Messung des Blutalkoholgehaltes einerseits und des Atemalkoholgehaltes andererseits ausgegangen ist. Für beide Fälle normiert nämlich §5 Abs1 StVO 1960 eine unwiderlegliche Rechtsvermutung einer Beeinträchtigung durch Alkohol, wenn die in dieser Bestimmung genannten Grenzwerte erreicht sind."
Aus dem Zusammenhalt der einzelnen Absätze des §5 StVO 1960 könne nach Meinung der Bundesregierung allenfalls bloß geschlossen werden, daß der Gesetzgeber für den Fall des Vorliegens beider Beweismittel, also sowohl einer Bestimmung des Atemalkoholgehaltes als auch einer Blutalkoholbestimmung, eine Kollisionsnorm dahingehend geschaffen habe, daß in diesem Fall die Blutalkoholkonzentration maßgeblich sei.
Mit den Regelungen der Abs6 und 7 des §5 StVO 1960 über die verpflichtende Blutalkoholbestimmung sollte, "da der Gesetzgeber jedoch bestrebt war, für die Atemalkoholtestung in der Bevölkerung Akzeptanz zu schaffen", ... "dem Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt (werden), das 'neue Beweismittel', die Atemalkoholmessung, durch Rückgriff auf das 'bewährte Beweismittel', die Blutalkoholuntersuchung, zu verifizieren". Aus diesen Bestimmungen dürfe jedoch nach Auffassung der Bundesregierung nicht geschlossen werden, "der Gesetzgeber wäre von der Verläßlichkeit der Atemalkoholtestung nicht überzeugt gewesen". Auch das im Erlaßwege getroffene Verbot für die Organe der Straßenaufsicht, bei bestimmten Verkehrsunfällen das Atemalkoholmeßgerät einzusetzen, erkläre sich nicht aus Zweifeln an der Verläßlichkeit der Atemluftuntersuchung, sondern solle lediglich sicherstellen, daß im Rahmen gerichtlicher Strafverfahren, die etwa wegen des Verdachts des Vorliegens der Voraussetzungen des §81 Z2 StGB geführt werden, und bei denen es keine unwiderlegliche Rechtsvermutung einer Beeinträchtigung durch Alkohol, wie das bei Erreichen der Grenzwerte des §5 Abs1 StVO 1960 der Fall sei, gebe, auf die Wahrnehmungen des Amtsarztes als sachverständiger Zeuge im Rahmen des gerichtlichen Beweisverfahrens zurückgegriffen werden könne.
Angesichts der Gleichwertigkeit der Methoden der Feststellung des Alkoholisierungsgrades mittels Blutalkoholmessung und Atemalkoholmessung sei es nicht gleichheitswidrig, wenn der Gesetzgeber in §5 Abs4 a zweiter Satz StVO 1960 angeordnet habe, daß im Falle einer Atemalkoholmessung mittels Alkomat die Vorführung zu einer ärztlichen Untersuchung unterbleiben solle, weil gerade diese ärztliche Untersuchung durch die Alkomatmessung ersetzt werden solle. Damit sei kein Nachteil für die untersuchten Personen verbunden, weil der Alkomat sowohl eine höhere Meßgenauigkeit als auch eine höhere Verläßlichkeit gebracht habe. Hingegen sei es in den Fällen einer ärztlichen Feststellung gemäß §5 Abs5 StVO 1960 immer wieder zu "Außerungen des Zweifels über die Sachgerechtheit der ärztlichen Feststellung gekommen".
Auch unter dem Gesichtpunkt des Gleichheitssatzes sei der Gesetzgeber bei Einführung einer neuen Beweismethode, "die im Hinblick auf ihre Verläßlichkeit und Genauigkeit der bisherigen Beweismethode gleichwertig ist", nicht verpflichtet, "in allen Fällen auch die bisherige Beweismethode zur Verfügung zu stellen". Vielmehr sei es im Sinne der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung gelegen, sich nur für die Anwendung einer der - gleichwertigen - Beweismethoden zu entscheiden.
Auch §5 Abs4 b StVO 1960 ist nach Meinung der Bundesregierung nicht gleichheitswidrig, "weil sich die Situation eines Probanden, dessen Atemluft auf Alkoholgehalt gemessen wurde, völlig anders darstellt, je nachdem, ob der Wert unter 0,5 mg/l (aber über 0,4 mg/l) oder darüber liegt". Da eine Abweichung von wenigen hundertstel Milligramm im Bereich zwischen 0,4 und 0,5 mg/l Atemalkohol für eine Bestrafung entscheidend sein könne, hat sich der Gesetzgeber in diesem Grenzbereich dafür entschieden, "dem Betroffenen auch die Erlangung eines Beweismittels durch Messung des Blutalkoholgehaltes zu ermöglichen und die Organe der Straßenaufsicht in diesem Fall in besonderem Maße zur Mitwirkung verpflichtet". Wiederum sei es dem Gesetzgeber dabei nach Meinung der Bundesregierung darum gegangen, für das neue Beweismittel der Atemalkoholmessung "die notwendige Akzeptanz zu schaffen".
Zu den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, es sei gleichheitswidrig, daß sich der Untersuchte gemäß §5 Abs7 StVO 1960 um die Blutabnahme selbst zu bemühen habe und daß die Behörde nicht dazu verhalten wäre, an der Beschaffung dieses Beweismittels gehörig mitzuwirken, weist die Bundesregierung darauf hin, daß sich "§5 Abs4 b StVO 1960 ... von §5 Abs7 leg.cit. nur insoferne (unterscheidet), als sich derjenige, der den Beweis führen will, zum Organwalter begeben muß, um dessen Beweisermittlungspflicht auszulösen".
Den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes im Hinblick auf Art6 Abs1 MRK hält die Bundesregierung entgegen, daß dem Gesetzgeber nach dieser Verfassungsbestimmung nicht verwehrt sei, "zur Ermittlung eines bestimmten verwaltungsstrafrechtlich relevanten Sachverhaltes eine bestimmte Beweismethode festzulegen". Gehe man davon aus, daß es verfassungsrechtlich zulässig ist, daß der Gesetzgeber unwiderlegbar die Fahruntüchtigkeit einer Person annimmt, bei der mittels Blutalkoholmessung ein entsprechender Alkoholisierungsgrad festgestellt wurde, so widerspräche eine solche Festlegung bezüglich der Messung des Alkoholisierungsgrades mittels Atemluftmessung ebenfalls Art6 Abs1 MRK nicht. "Dies deswegen, weil - wie oben ausgeführt - die beiden Methoden als gleichwertig anzusehen sind."
b. Die Tiroler Landesregierung hält in einer schriftlichen Äußerung ebenso wie die Vertreter der Oberösterreichischen und der Wiener Landesregierung in der mündlichen Verhandlung mit ähnlichen Argumenten wie die Bundesregierung die Absätze 4 a und 4 b des §5 StVO 1960 nicht für verfassungwidrig.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1.a. Die den Anlaß dieses Gesetzesprüfungsverfahrens bildenden Beschwerden sind zulässig. Der Verfassungsgerichtshof hat bei Überprüfung der angefochtenen Bescheide §5 Abs4 a StVO 1960 nicht nur insofern anzuwenden, als die den Bescheiden zugrundeliegende Annahme einer Alkoholbeeinträchtigung der Beschwerdeführer jeweils von einer Untersuchung ihrer Atemluft nach §5 Abs2 a litb StVO 1960 hergeleitet wird, "deren Ergebnis als Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung" gemäß §5 Abs4 a StVO 1960 gilt. Mit Rücksicht auf das Ergebnis der jeweiligen Untersuchung der Atemluft war es den Beschwerdeführern (mit Ausnahme des Beschwerdeführers zu B585/90) im Beweisverfahren, das letztlich zu ihrer Bestrafung führte, gemäß dem zweiten Satz des Abs4 a des §5 StVO 1960 sowie gemäß dessen Abs4 b auch verwehrt, von den Organen der Straßenaufsicht zu erwirken, daß diese eine Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes veranlassen, durch welche die auf der Atemluftuntersuchung beruhende Feststellung des von Alkohol beeinträchtigten Zustandes möglicherweise im Sinne des §5 Abs4 a erster Satz, zweiter Halbsatz StVO 1960 korrigiert hätte werden können.
Da sich die geschilderten verfassungsrechtlichen Bedenken lediglich auf den zweiten Satz des Absatzes 4 a sowie auf die Wortfolge "von 0,4 bis 0,5 mg/l" im Absatz 4 b des §5 StVO 1960 beziehen, waren insoweit die von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Abs4 a und 4 b des §5 StVO 1960 zulässig. Im übrigen war das Verfahren einzustellen.
b. Es ist ferner offenkundig, daß der Verwaltungsgerichtshof bei der Entscheidung über den Beschwerdefall, der Anlaß zur Antragstellung und dadurch bewirkten Einleitung des unter G322/90 protokollierten Gesetzesprüfungsverfahrens ist, in gleicher Weise die Abs4 a und 4 b des §5 StVO 1960 anzuwenden hat.
Auch das auf Antrag des Verwaltungsgerichtshofes eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren ist daher nach Maßgabe der Ausführungen unter a. zulässig; im übrigen ist der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.
2.a. Der Verfassungsgerichtshof stimmt der Bundesregierung zu, wenn sie eine unsachliche Begünstigung jener Personen, deren Atemluft gemäß §5 Abs2 a litb StVO 1960 mittels Atemalkoholmeßgerät untersucht wurde, gegenüber Personen verneint, deren Atemluft nach §5 Abs2 a lita StVO 1960 auf andere Weise untersucht wurde. Wenn mittels "Röhrchentest" untersuchte Personen bei negativem Testergebnis ebensowenig verpflichtet sind, sich einer ärztlichen Untersuchung gemäß §5 Abs4 StVO 1960 zu unterziehen (so der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.1.1978, Zl. 1190/77) wie Personen, deren Atemluft nach §5 Abs2 a litb StVO 1960 durch Atemalkoholmeßgeräte untersucht wurde (§5 Abs4 a StVO 1960), so fehlt es an einer Bevorzugung dieser Personengruppe. Insofern verletzt die in Prüfung gezogene Bestimmung des §5 Abs4 a StVO 1960 den Gleichheitssatz nicht.
Dadurch wird keineswegs ausgeschlossen, im Sinne des Erkenntnisses des VwGH vom 18.3.1988, Zl. 87/18/0129, eine Übertretung des §5 Abs1 StVO 1960 wegen einer auf die Einwirkung durch Alkohol zurückzuführenden Fahruntüchtigkeit ohne Rücksicht auf den Alkoholgehalt des Blutes oder auf den Alkoholgehalt der Atemluft anzunehmen. Auch Personen, deren Atemluft einen Atemalkoholgehalt von weniger als 0,4 mg/l aufweist, müssen sohin wegen Übertretung des §5 Abs1 StVO 1960 bestraft werden, wenn sie erwiesenermaßen - und ungeachtet des unter 0,4 mg/l liegenden Atemalkoholgehaltes - in einem von Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenken oder in Betrieb nehmen.
b. Hingegen trifft es zu, daß Personen, bei denen eine Atemluftuntersuchung nach §5 Abs2 a litb StVO 1960 vorgenommen wurde, durch den zweiten Satz des Abs4 a und durch Abs4 b des §5 StVO 1960 gegenüber Personen, bei denen die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt auf andere Weise vorgenommen wird, ohne zureichenden sachlichen Grund vom Gesetzgeber schlechtergestellt sind, wenn die Alkomatmessung einen Alkoholgehalt der Atemluft von mehr als 0,5 mg/l ergeben hat: In diesem Fall hat nämlich nicht nur die ärztliche Untersuchung gemäß §5 Abs4 a letzter Satz StVO 1960 zu unterbleiben, sondern haben gemäß §5 Abs4 b StVO 1960 die Organe der Straßenaufsicht nicht einmal auf Verlangen des Untersuchten eine Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zu veranlassen, sodaß gemäß dem ersten Satz des Abs4 a des §5 StVO 1960 die Atemalkoholmessung allein als Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung zu gelten hat.
Anders als bei einem (- nicht mittels Alkomat erhärteten, sondern etwa aus einem "Röhrchentest" gemäß §5 Abs2 a lita StVO 1960 resultierenden -) Verdacht der Alkoholbeeinträchtigung, als dessen Konsequenz ein weiteres Beweisverfahren (- durch Vorführung vor den Amtsarzt gemäß §5 Abs4 StVO 1960, von dem der Verdächtige dann gemäß §5 Abs7 StVO 1960 eine Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes verlangen kann -) durchzuführen ist, wird bei dem mittels eines Atemalkoholmeßgerätes gemäß §5 Abs2 a litb StVO 1960 Untersuchten ab einem Untersuchungsergebnis von 0,5 mg/l Alkoholgehalt der Atemluft die behördliche Mitwirkung zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes durch Vorführung vor einen Amtsarzt verwehrt. Dagegen verhilft es nichts, daß sich ein derart (gemäß §5 Abs2 a litb StVO 1960) Untersuchter gemäß §5 Abs7 StVO 1960 um eine Blutabnahme bemühen kann, weil die praktischen Schwierigkeiten, eine derartige Untersuchung zu erwirken, diese Möglichkeit als keinen gleichwertigen Ersatz für die von Organen der Straßenaufsicht durch Vorführung veranlaßte Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes erscheinen lassen (vgl. den der Bestrafung des Beschwerdeführers zu B1155/89 zugrundeliegenden Sachverhalt, bei dem Zeit und Ort die vom Beschwerdeführer gewünschte Blutabnahme durch einen Arzt verhinderten). Die Möglichkeit, gemäß §5 Abs7 StVO 1960 eine Blutabnahme zu verlangen, reicht nicht aus, den durch eine Untersuchung der Atemluft mittels Atemalkoholmeßgerät bewirkten Beweisnachteil, der darin liegt, daß das Ergebnis der Untersuchung gemäß §5 Abs4 a StVO 1960 "als Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung" schlechthin "gilt", auszugleichen, weil die Organe der Straßenaufsicht bei einem Meßergebnis über 0,5 mg/l Alkoholgehalt der Atemluft gesetzlich nicht verhalten sind, an der Beschaffung dieses Beweismittels gehörig mitzuwirken.
Der Verzicht des Gesetzgebers auf eine unter Mitwirkung der Organe der Straßenaufsicht zustandegekommene ärztliche Blutabnahme zwecks Blutalkoholbestimmung wäre im Falle der Atemalkoholmessung gemäß §5 Abs2 a litb StVO 1960 nur dann sachlich zu rechtfertigen, wenn beide Arten der Feststellung einer Alkoholisierung einander gleichwertige Beweisalternativen bildeten. Dies ist aber schon nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur 13. StVO-Novelle (467 BlgNR 16. GP, S. 4), denen der Verfassungsgerichtshof insoweit durchaus folgt, nicht der Fall. Der Verfassungsgerichtshof teilt sohin die Grundthese der Bundesregierung, "daß der Gesetzgeber von der Gleichwertigkeit der Beweiskraft des Ergebnisses einer Messung des Blutalkoholgehaltes einerseits und des Atemalkoholgehaltes andererseits ausgegangen ist", nicht. Gerade der von der Bundesregierung für ihre Auffassung ins Treffen geführte Abs4 a des §5 StVO 1960 zeigt mit unüberbietbarer Deutlichkeit, daß der Gesetzgeber selbst der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes den Vorrang bei der behördlichen Feststellung einer Alkoholisierung eingeräumt hat, weil nämlich danach das Ergebnis der Atemluftkontrolle nur unter der Voraussetzung als Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung gilt, daß eine Bestimmung des Blutalkoholgehaltes nicht etwas anderes ergeben hat. Gerade dadurch, daß der Gesetzgeber - mit den Worten der Bundesregierung - in §5 Abs4 a StVO 1960 "eine Kollisionsnorm dahingehend geschaffen hat, daß im Falle von Meßergebnissen nach beiden Methoden die Blutalkoholkonzentration maßgeblich ist", hat er in sachlich einsichtiger Weise der Blutalkoholbestimmung den Rang des maßgeblichen Beweismittels zum Nachweis der vorhandenen oder fehlenden Alkoholisierung eines Fahrzeuglenkers eingeräumt. Dies erscheint schon deswegen plausibel, weil vom Blutalkoholgehalt die Beeinflußung des zentralen Nervensystems mit entsprechender Schädigung seiner Funktionen abhängt (vgl Herbich, Der "Alkomat", Österreichische Richterzeitung 1989, 50). Dies wird letztlich auch von den Gesetzesmaterialien bestätigt, wenn es in den von der Bundesregierung zitierten Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu
13. StVO-Novelle (467 BlgNR 16.GP, S 4) zwar vorerst heißt, daß "beide Meßverfahren als gleichwertig zu bezeichnen sind", dann jedoch ausgeführt wird, daß "die neuen Prüfgeräte ... geeignet (sind), aufgrund der Prüfung der Atemluft zufolge des engen Zusammenhanges zwischen Blut- und Atemalkoholkonzentration exakte Rückschlüsse auf die Blutalkoholkonzentration anzuzeigen."
(Hervorhebung vom Verfassungsgerichtshof.)
Vom Vorrang der Blutalkoholbestimmung als Beweismittel zur Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung geht schließlich sogar der Verfassungsgesetzgeber in §5 Abs6 StVO 1960 aus. §5 Abs6 StVO 1960 ebenso wie die "Allgemeine Information" des Bundesministers für Inneres über den Einsatz der Atemalkoholanalysegeräte, Zl. 35050/113-III/1/87, vom 28.12.1987 lassen erkennen, daß von der Verwendung des Atemalkoholanalysegerätes bei bestimmten Verkehrsunfällen Abstand zu nehmen und mittels Blutabnahme vorzugehen ist, wenn der Verursacher des Verkehrsunfalles im Verdacht steht, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu sein. Damit wird offenkundig dargetan, daß nur die Blutuntersuchung den Anforderungen entspricht, die an ein forensisch brauchbares Beweismittel zu stellen sind (so auch Bauer, Alkomatbefund als Beweismittel, ÖJZ 1989, 561; Heifer,
Atemalkoholkonzentration/BlutalkoholkonzentratioN: Utopie eines forensisch brauchbaren Beweismittels, Blutalkohol, Jg 1986, 237; Staak/Berghaus, Systematischer Vergleich der Verfahren zur Blut- und Atemalkoholbestimmung, Blutalkohol, Jg 1986, 431).
Die Bundesregierung verkehrt sohin den Sinn des §5 Abs6 StVO 1960 geradezu in sein Gegenteil, wenn sie darin lediglich eine Bestimmung sieht, die gewährleisten soll, "daß es bei Unterlassung einer Alkomatmessung jedenfalls zu einer dieser gleichwertigen Messung kommt". Richtig ist vielmehr, daß unter den Voraussetzungen des §5 Abs6 StVO 1960 eine Alkomatmessung jedenfalls auszuschließen und lediglich mittels Blutalkoholbestimmung vorzugehen ist.
Auch die von der Bundesregierung zur sachlichen Rechtfertigung des §5 Abs4 b StVO 1960 herangezogene Überlegung, "für das zum Zeitpunkt der Erlassung der 13. StVO-Novelle neue Beweismittel der Messung des Alkoholisierungsgrades an der Atemluft die notwendige Akzeptanz zu schaffen", überzeugt nicht. Geht der Gesetzgeber selbst davon aus, daß bei einem Atemalkoholwert zwischen 0,4 und 0,5 mg/l über Verlangen des Untersuchten die Organe der Straßenaufsicht eine Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zu veranlassen haben, so erkennt er insoweit Zweifel des Untersuchten am Meßergebnis als berechtigt an. Wenn aber entsprechende Zweifel am Beweismittel der Atemalkoholmessung durch eine Blutalkoholbestimmung beseitigt werden können, ist es sachlich nicht einsehbar, warum die - in vielen Fällen notwendige - Mitwirkung der Organe der Straßenaufsicht an der Blutabnahme zum Zwecke der Blutalkoholbestimmung nur im Grenzbereich einer Atemalkoholfeststellung zwischen 0,4 und 0,5 mg/l zulässig bzw. geboten sein soll.
Der letzte Satz des Absatzes 4 a und die Worte "von 0,4 bis 0,5 mg/l" im Absatz 4 b des §5 StVO 1960 sind sohin wegen Widerspruchs zum Gleichheitssatz als verfassungswidrig aufzuheben, weil sie in sachlich nicht gerechtfertigter Weise die Beweislage von Personen verschlechtern, bei denen mit Hilfe von Atemluftalkoholmeßgeräten gemäß §5 Abs2 a litb StVO 1960 ein Alkoholgehalt der Atemluft von über 0,5 mg/l festgestellt wurde.
Der Verfassungsgerichtshof hält es für sinnvoll, darauf hinzuweisen, daß dieses Ergebnis des Gesetzesprüfungsverfahrens keineswegs die im Interesse der Verkehrssicherheit durch den Einsatz von Atemalkoholmeßgeräten angestrebte, erleichterte Beweisführung einer Alkoholisierung von Verkehrsteilnehmern zu beeinträchtigen geeignet ist. Die von der Bundesregierung in ihrer Äußerung sowie vom Vertreter der Oberösterreichischen Landesregierung in der mündlichen Verhandlung geschilderte Bewährung des Gerätes "im täglichen Einsatz" wird durch die Aufhebung der - wie dargetan gleichheitwidrigen - Bestimmungen in den Absätzen 4 a und 4 b des §5 StVO 1960 nicht hintangehalten. Lediglich in jenen Fällen, in denen Probanden subjektiv von der Unrichtigkeit eines mit einem Atemalkoholmeßgerät genommenen positiven Testergebnisses überzeugt und von sich aus trotz Kostenrisiko bereit sind, den - wie die Bundesregierung richtig sieht - mit einer ärztlichen Blutabnahme verbundenen "Eingriff in ihre körperliche Integrität" in Kauf zu nehmen, werden - nach Aufhebung des letzten Satzes des Absatzes 4 a und der Wortfolge "von 0,4 bis 0,5 mg/l" im Absatz 4 b des §5 StVO 1960 - die Organe der Straßenaufsicht über entsprechendes Verlangen verhalten sein, eine derartige Blutabnahme gemäß §5 Abs4 b StVO 1960 in seiner bereinigten Fassung zu veranlassen.
c. Die in den angeführten Bestimmungen der Absätze 4 a und 4 b des §5 StVO 1960 gelegene Beschränkung des behördlichen Beweisverfahrens im Zuge der Ahndung der Verwaltungsübertretung nach §99 Abs1 lita StVO 1960 (Lenken oder Inbetriebnahme eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand) widerspricht aber auch dem verfassungsrechtlichen Grundsatz eines fairen Verfahrens nach Art6 Abs1 MRK. Dieser Grundsatz verlangt, daß dem Beschuldigten im Verhältnis zur Behörde "im Strafverfahren ausreichende, angemessene und gleiche Gelegenheit zur Stellungnahme in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gegeben wird" (Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, RdNr 55 zu Art6) und daß ihm Waffen- und Chancengleichheit im Beweisverfahren zukommt (so etwa - im Hinblick auf sogenannte "Anzeigegutachter" EuGH v. 6.5.1985, Z6/1984/78/122, - Fall Bönisch -; sowie VfSlg. 10.701/1985).
Wenn die Behörde bei Untersuchung der Atemluft nach Abs2 a litb gemäß Abs4 a des §5 StVO 1960 verpflichtet ist, das Ergebnis der Atemluftuntersuchung "als Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung" gelten zu lassen und gemäß dem Abs4 b des §5 StVO 1960 gehindert ist, bei Feststellung eines Alkoholgehaltes der Atemluft über 0,5 mg/l an einer - vom Untersuchten begehrten - Blutabnahme zum Zwecke der Blutalkoholbestimmung mitzuwirken, so dürfte sie durch diese - den Grundsatz der freien Beweiswürdigung gemäß §45 Abs2 AVG (der gemäß §24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist) durchbrechende - Beweisregel gehindert sein, den Anforderungen eines fairen Verfahrens zu genügen. Der mittels eines Atemalkoholmeßgerätes Untersuchte und wegen des Lenkens oder der Inbetriebnahme eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand Beschuldigte wird es nämlich trotz seines Verlangens nach Blutabnahme gemäß §5 Abs7 StVO 1960 wegen des durch §5 Abs4 a und 4 b StVO 1960 bewirkten Ausschlusses einer Mitwirkung der Organe der Straßenaufsicht von der Blutabnahme in vielen Fällen nicht in der Hand haben, einer Atemalkoholmessung ein möglicherweise widersprechendes - und gemäß §5 Abs4 a StVO 1960 vorrangiges - Beweismittel entgegenzuhalten. Die aufgehobenen Bestimmungen in §5 StVO 1960 widerstreiten sohin auch dem verfassungsrechtlichen Grundsatz eines fairen Verfahren nach Art6 Abs1 MRK.
3.a. Entgegen der Anregung der Bundesregierung hat der Verfassungsgerichtshof davon Abstand genommen, eine Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen gesetzlichen Bestimmungen gemäß Art140 Abs5 dritter und vierter Satz B-VG zu bestimmen. Dies schon deswegen, weil die in der Verletzung des Art6 Abs1 MRK gelegene Verfassungswidrigkeit schon aus Gründen der Vertragstreue möglichst rasch beseitigt werden soll (VfSlg. 11591/1987; 11646/1988). Demgegenüber fällt die etwaige Absicht, sowohl "administrative als auch legistische Vorkehrungen zu treffen", nicht ins Gewicht, zumal der Einsatz der Atemalkoholmeßgeräte gemäß §5 Abs2 a litb StVO 1960 durch die Aufhebung des letzten Satzes des Abs4 a und der Wortfolge "von 0,4 bis 0,5 mg/l im Absatz 4 b des §5 StVO 1960, wie schon oben dargetan, in keiner Weise eingeschränkt oder behindert wird und die zusätzliche Blutalkoholbestimmung von den Organen der Straßenaufsicht nur dann zu veranlassen sein wird, wenn dies vom Probanden ausdrücklich verlangt wird.
b. Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B-VG.
c. Gemäß Art140 Abs7 B-VG ist ein aufgehobenes Gesetz auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlaßfalles weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht anderes ausspricht.
Die Ausdehnung der Anlaßfallwirkung auf alle zum Zeitpunkt des Beginns der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefälle erschien dem Verfassungsgerichtshof mit Rücksicht darauf als zweckmäßig, daß bei einer Mehrzahl dieser Fälle aus verfahrensrechtlichen Gründen (noch) kein Prüfungsantrag gestellt werden konnte, der Verwaltungsgerichtshof in seinen Anträgen zu G46-51/91 selbst eine derartige Ausdehnung der Anlaßfallwirkung angeregt hat, und einzelne Gesetzesprüfungsanträge des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr in das vorliegende Gesetzesprüfungsverfahren einbezogen werden konnten. Eine weitere Erledigung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Gesetzesprüfungsanträge erübrigt sich damit.
Eine ausdrückliche Ausdehnung der Anlaßfallwirkung auf die beim Verfassungsgerichtshof zum Zeitpunkt des Beginns der mündlichen Verhandlung anhängigen Beschwerdesachen ist im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entbehrlich, derzufolge dem Anlaßfall (im engeren Sinn) jene Fälle gleichzuhalten sind, die im Zeitpunkt des Beginns der mündlichen Verhandlung über die Verfassungsmäßigkeit einer für das anhängige Verfahren präjudiziellen Gesetzesstelle bereits beim Verfassungsgerichtshof anhängig sind (vgl. zB VfSlg. 10.616/1985, 11.191/1986).
d. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung stützt sich auf Art140 Abs5 erster Satz B-VG und §64 Abs2 VerfGG 1953.
e. Der Antrag des Beschwerdeführers in dem zu Zl. 90/02/0180 protokollierten Anlaßverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, für die Teilnahme an der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof einen Kostenersatz in einem näher bezeichneten Umfang zugesprochen zu bekommen, war abzuweisen, da im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof gem. §27 VerfGG ein Kostenzuspruch nur dann stattfindet, wenn er im VerfGG ausdrücklich vorgesehen ist. Da dies hier nicht der Fall ist, ist es Aufgabe des antragstellenden Gerichts, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (vgl. etwa VfSlg. 8646/1979, 10.832/1986).
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