OGH 4Ob136/24i

OGH4Ob136/24i21.1.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schwarzenbacher als Vorsitzenden sowie den Vizepräsidenten Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Waldstätten und den Hofrat Dr. Stiefsohn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei * Limited, *, Schottland, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei *, vertreten durch Dr. Christoph Völk und Mag. Elke Novak‑Rabenseifner, Rechtsanwälte in Wien, wegen 302.041,43 EUR sA und Rechnungslegung (Streitwert: 17.518,48 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse: 141.026,54 EUR sA und Rechnungslegung [13.550,37 EUR]) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. Mai 2024, GZ 13 R 267/23i‑55.1, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 3. Oktober 2023, GZ 66 Cg 14/22x‑49, bestätigt wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0040OB00136.24I.0121.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision wird teilweise Folge gegeben, die Entscheidungen der Vorinstanzen über das Zinsenbegehren von 9,2 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 456 UGB aus

2.613,72 EUR von 7. 11. 2014 bis 3. 2. 2020,

14.967,05 EUR von 18. 4. 2014 bis 3. 2. 2020,

9.081,37 EUR von 12. 6. 2018 bis 25. 5. 2020,

13.222,63 EUR von 16. 8. 2018 bis 25. 5. 2020,

6.963,61 EUR von 17. 8. 2018 bis 25. 5. 2020,

4.949,84 EUR von 20. 3. 2015 bis 3. 2. 2020,

2.000 EUR von 27. 3. 2014 bis 3. 2. 2020,

11.035,04 EUR von 17. 5. 2016 bis 3. 2. 2020,

33.997,44 EUR von 17. 5. 2016 bis 25. 5. 2020,

3.081,65 EUR von 11. 5. 2018 bis 25. 5. 2020,

745,92 EUR von 11. 3. 2019 bis 25. 5. 2020,

2.077,61 EUR von 4. 12. 2014 bis 3. 2. 2020,

78,26 EUR von 30. 5. 2018 bis 25. 5. 2020 und

391,33 EUR von 31. 5. 2018

werden aufgehoben und die Rechtssache wird insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen (betreffend Zahlungs‑ bzw Herausgabebegehren und Kosten) werden die Entscheidungen der Vorinstanzen als Teilurteil bestätigt.

Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Der beklagte Rechtsanwalt vertrat die Klägerin in verschiedenen Zivilprozessen, denen sie jeweils als Nebenintervenientin auf Seiten der dort beklagten Bank beitrat. Sein Honorar für diese Tätigkeit sollte der Beklagte laut Mandatsvereinbarung aus dem Jahr 2011 nach Stundensatz erhalten.

[2] In der Mehrheit der Zivilprozesse obsiegte die dort beklagte Bank, sodass auch der hier klagenden Partei als ihrer Nebenintervenientin Prozesskostenersatz zugesprochen wurde. Die unterlegenen Prozessgegner überwiesen dem Beklagten bzw der von ihm später gegründeten Rechtsanwalts‑GmbH als Rechtsvertreter der Klägerin deshalb im Zeitraum von 20. 3. 2014 bis 4. 3. 2019 Prozesskostenersatz in Höhe von insgesamt 245.631,69 EUR. Der Beklagte informierte die Klägerin jedoch nicht über diese Zahlungseingänge.

[3] Das Mandatsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagtem endete im Jänner 2019. Der Beklagte überwies der Klägerin aus diesem Anlass 37.643,26 EUR.

[4] Mit Schreiben vom 26. 5. 2020 bestritt die Klägerin, dass eine von der Mandatsvereinbarung 2011 abweichende Honorarvereinbarung bestehe. Sie forderte den Beklagten zur Rechnungslegung über alle erhaltenen Kostenersatzbeträge auf. Sollte der Beklagte der Ansicht sein, dass er bei Prozesserfolg den gegnerischen Kostenersatz behalten dürfe und nur das Stundenhonorar zurückzahlen müsse, solle er auch über alle von der Klägerin bezahlten Honorarbeträge Rechnung legen.

[5] Die Klägerin begehrte die Zahlung von 302.041,43 EUR sowie die Rechnungslegung über alle Beträge, die der Beklagte von Prozessgegnern als Kostenersatz vereinnahmte.

[6] Der Beklagte bestritt und brachte – soweit im Revisionsverfahren noch relevant – vor, dass das Stundenhonorar nach einer neueren Vereinbarung aus dem Jahr 2012 nur im „Innenverhältnis“ zur Klägerin gelte, im „Außenverhältnis“ zu den Prozessgegnern habe der Beklagte jeweils nach Tarif verzeichnet. Im Fall des (teilweisen) Prozesserfolgs dürfe der Beklagte deshalb den (höheren) Kostenersatz nach Rechtsanwaltstarif behalten und müsse der Klägerin nur das bereits bezahlte (niedrigere) Stundenhonorar zurückerstatten. Die Abrechnung darüber sollte erst nach rechtskräftiger Beendigung aller Verfahren erfolgen. Bei Ende des Mandatsverhältnisses habe der Beklagte bzw die Rechtsanwalts‑GmbH bereits vollständig Rechnung gelegt und der Klägerin das sich daraus ergebene Guthaben von 37.643,26 EUR überwiesen.

[7] Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren im Umfang von 141.026,54 EUR und dem Begehren auf Rechnungslegung für Kostenersatzeingänge in neun Zivilprozessen statt. Das restliche Klagebegehren wies es unbekämpft ab, weil die Klägerin in den anderen Verfahren nicht vom Beklagten selbst, sondern von der später von ihm gegründeten Rechtsanwalts‑GmbH vertreten worden sei.

[8] Zum Vorbringen des Beklagten zur Abänderung der Honorarvereinbarung aus dem Jahr 2011 traf es folgende, in der Berufung bekämpfte Feststellung: „Zwischen den Parteien ist strittig, ob in Abänderung der bestehenden Mandatsvereinbarung eine neue getroffen wurden, wonach der Beklagte bzw die [von ihm gegründete] Rechtsanwalts GmbH im Innenverhältnis einen Stundensatz von € 250,- netto bzw Pauschalen verrechnen und im Außenverhältnis, im Fall des Obsiegens der Klägerin als Nebenintervenientin, den Kostenersatz nach Tarif behalten dürfen.“

[9] Der Beklagte begehrte in seiner Berufung statt dieser Feststellung des Erstgerichts die Ersatzfeststellung, dass er nach der geänderten Honorarvereinbarung im Innenverhältnis Pauschalen verrechnete und sich im Außenverhältnis im Fall des Obsiegens der Klägerin als Nebenintervenientin den Kostenersatz nach Tarif behalten durfte.

[10] Das Berufungsgericht setzte sich mit dieser Beweisrüge aus rechtlichen Gründen nicht auseinander und bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts: Selbst falls die Honorarvereinbarung laut begehrter Ersatzfeststellung modifiziert worden sei, träfe den Beklagten gemäß § 19 RAO die Pflicht, bei Bestreitung seiner Honorarforderung die von Dritten überwiesenen Beträge entweder gerichtlich zu erlegen oder seiner Mandantin auszufolgen. Komme er dieser Pflicht nicht rechtzeitig nach, könne er dem Anspruch der Klägerin auf Ausfolgung seine Honorarforderung nicht mehr entgegenhalten.

[11] Die Revision des Beklagten strebt eine gänzliche Klagsabweisung an.

Rechtliche Beurteilung

[12] Die Revision ist zur Korrektur im Einzelfall zulässig und teilweise berechtigt.

[13] 1. Der Beklagte meint, dass § 19 RAO hier nicht zur Anwendung komme, weil die Zahlungen der Prozessgegner aufgrund der Honorarvereinbarung 2012 gar keine „für seine Partei an ihn eingegangene Barschaften“ iSd § 19 Abs 1 RAO seien.

[14] 1.1. Der Rechtsanwalt ist als Gewalthaber des mit seiner Mandantin begründeten Vollmachts‑ und Auftragsverhältnisses schon nach der allgemeinen Regel des § 1009 ABGB grundsätzlich zur Herausgabe aller aus dem Geschäft erhaltenen Vorteile an den Machtgeber verpflichtet (9 Ob 2/17k [Pkt I.1]).

[15] Die speziellere Norm des § 19 RAO verpflichtet den Rechtsanwalt, sogleich die für seine Partei an ihn eingegangenen Barschaften mit dieser zu verrechnen, wobei er aber berechtigt ist, davon seinen noch offenen Verdienst in Abzug zu bringen (Abs 1); weiters ist er verpflichtet, im Fall der Bestreitung die Höhe seiner Forderung nachzuweisen (Abs 3).

[16] Der erste Absatz ist somit eine Ausnahmeregel, die dem Rechtsanwalt – anders als anderen Gewalthabern – bei unverzüglicher Abrechnung die Aufrechnung mit seinem unstrittigen Honorar gestattet (so bereits 7 Ob 124/19i [Pkt 2.1]; 4 Ob 9/07p [Pkt 2.1]; 1 Ob 55/98i [Pkt b]; 8 Ob 194/01i mwN).

[17] Aus § 19 Abs 3 RAO leitet der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung ab, dass ein Rechtsanwalt bei Bestreitung der Richtigkeit und Höhe seiner Honorarforderung entweder den bei ihm eingegangenen Betrag dem Klienten auszufolgen oder bei Gericht gemäß § 1425 ABGB zu erlegen hat (RS0033851). Hat der Anwalt nicht ordnungsgemäß bei Gericht erlegt, muss er die gesamten Barerläge herausgeben, ohne dass er dieser Herausgabeverpflichtung seinen Kostenanspruch entgegensetzen könnte (RS0072014).

[18] 1.2. „Für seine Partei an ihn eingegangene Barschaften“ iSd § 19 Abs 1 RAO sind Geldbeträge, die von einem Dritten, also nicht vom Mandanten (und Machtgeber) dem Rechtsanwalt übergeben werden, und seinem Mandanten zugedacht sind (RS0110833 [T3]). Nicht darunter fallen also Honorarvorschüsse (RS0130856; RS0033851 [T12]).

[19] Gemäß § 19a Abs 4 RAO kann eine zum Kostenersatz verpflichtete Verfahrenspartei diesen zwar auch schuldbefreiend an den Rechtsanwalt ihrer Prozessgegnerin leisten. Gläubigerin des Prozesskostenersatzanspruchs bleibt dennoch immer die Verfahrenspartei und nicht ihr Rechtsvertreter (RS0038757).

[20] Diese auch schon vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht zweifelt der Beklagte gar nicht an. Er verwechselt in seiner Revision vielmehr die Fragen, 1.) ob Zahlungen der Prozessgegner – zumindest aus ihrer Sicht – für die Klägerin bestimmt waren (Anwendbarkeit des § 19 Abs 1 RAO), und 2.) wie hoch sein Verdienst war, den er von diesen Barschaften sogleich in Abzug bringen durfte, solange er unstrittig war.

[21] 1.3. Tatsachenbehauptungen, dass die Prozess‑gegner ihre Zahlungen als Honorarzahlungen oder ‑vorschüsse im Namen der Klägerin gewidmet hätten, oder, dass Klägerin und Beklagter vereinbart hätten, er dürfe Fremdgeld auch mit strittigen Honorarforderungen aufrechnen (vgl 9 Ob 2/17k [Pkt I.4] mwN), hat der Beklagte nie erstattet. Die dazu in der Revision angestellten rechtlichen Überlegungen können daher dahinstehen.

[22] 1.4. Richtig zeigt der Beklagte zwar auf, dass § 19 RAO dispositiv ist und daher von den Parteien eine abweichende Regelung getroffen werden kann (RS0131443). Daraus ist jedoch für die Frage der Auszahlungs‑ oder Hinterlegungspflicht des Beklagten im konkreten Fall nichts abzuleiten.

[23] Dispositives oder nachgiebiges Recht gilt, soweit die Parteien keine davon abweichenden Regelungen treffen. Der Beklagte hat nur vorgebracht, dass nach der Honorarvereinbarung 2012 die Abrechnung über einlangenden Kostenersatz und Rechtsanwaltshonorar erst nach Ende sämtlicher Verfahren erfolgen solle. Damit wird jedoch nicht geregelt, welche Pflichten den Beklagten bei Bestreitung seines Honoraranspruchs treffen. Die gesetzliche Auszahlungs- und Hinterlegungspflicht des Beklagten würde damit auch von der Honorarvereinbarung 2012 nicht berührt (vgl 11 Bkd 1/09 = AnwBl 2010/8223, wonach die Gegenverrechnungsbefugnis des Rechtsanwalts nicht die Pflicht zur Hinterlegung oder Ausfolgung der Barschaften im Fall der Bestreitung entfallen lässt; so auch Thiele, Anwaltskosten4 [2023] Rz 51).

[24] 2. Der Beklagte rügt das Fehlen der schon in der Berufung begehrten Ersatzfeststellung zur Änderung der Honorarvereinbarung als sekundären Feststellungsmangel und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens.

[25] 2.1. Sekundäre Feststellungsmängel liegen nur dann vor, wenn Tatsachen fehlen, die für die Beurteilung wesentlich sind, und diese nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren (RS0053317).

[26] 2.2. Wie bereits oben dargestellt, kann der Rechtsanwalt der Herausgabepflicht seinen Honoraranspruch nicht mehr entgegensetzen, wenn er bei Bestreitung seiner Honorarforderung die Barschaften nicht ordnungsgemäß bei Gericht erlegt hat. In diesem Fall muss er die gesamten Barerläge herausgeben (RS0072014).

[27] Die Vorinstanzen haben deshalb die Spruchreife (zu Kapital und Verzugszinsen seit Bestreitung der Honorarforderung) angenommen.

[28] 2.3. Der Beklagte hält dem entgegen, dass der Grundsatz derProzessökonomie eine Feststellung zur abgeänderten Honorarvereinbarung gebiete. Andernfalls müsse er seine Honoraransprüche gegen die Klägerin in einem weiteren Prozess mit vertauschten Parteirollen durchsetzen.

[29] Der verfahrensrechtliche Grundsatz der Prozessökonomie vermag jedoch ein materiell‑rechtliches Aufrechnungsverbot wie das nach § 19 RAO, das nur über Einrede zu berücksichtigen ist, nicht auszuhebeln (vgl RS0033798).

[30] Gegenteiliges lässt sich auch aus der vom Beklagten ins Treffen geführten Entscheidung 6 Ob 312/04g nicht ableiten, weil der sechste Senat die Richtigkeit der Honoraransprüche in einem Verfahren über eine Klage auf Zustimmung des beklagten Rechtsanwalts zur Ausfolgung des von ihm bereits gerichtlich hinterlegten Betrags prüfte – also nachdem der Rechtsanwalt seine Pflicht nach § 19 Abs 3 RAO bereits erfüllt hatte.

[31] Noch weniger erkennbar ist, welche Bedeutung das Urteil 1 Ob 218/19v im vorliegenden Zusammenhang haben soll. Die dort zu lösende Rechtsfrage war die Verwertbarkeit von Beweisergebnissen aus einem Außerstreitverfahren in einem nachfolgenden Zivilprozess, wenn ersteres wegen Wahl der falschen Verfahrensart für nichtig erklärt werden musste.

[32] 2.4. Der Beklagte rügt auch, dass das Erstgericht nicht alle Beweismittel zur begehrten Ersatzfeststellung aufnahm. Dies kann als vom Berufungsgericht verneinter Verfahrensmangel erster Instanz vom Obersten Gerichtshof nicht mehr geprüft werden (RS0042963).

[33] 3. Der Beklage argumentiert schließlich, dass die Fälligkeit der Rückforderungsansprüche der Klägerin erst mit ihrer Bestreitung der späteren Honorarvereinbarung am 26. 5. 2020 eingetreten sei.

[34] 3.1. Die Klägerinbegehrt Zinsen nach § 456 UGB jeweils ab eine Woche nach Einlangen des Kostenersatzes der Prozessgegner beim Beklagten.

[35] Solche Verzugszinsen stehen aber nur bei der Verzögerung der Zahlung von Geldforderungen zu. Wann von einer solchen Verzögerung auszugehen ist, ergibt sich aus § 1334 ABGB. Sie liegt vor, wenn der Schuldner den Zahlungstag (Fälligkeit) nicht einhält. Die Fälligkeit ergibt sich primär aus zwingendem Recht, sofern solches nicht existiert, aus einer Parteienvereinbarung oder aus dispositiven gesetzlichen Bestimmungen. Nur wenn die Fälligkeit auch so nicht ermittelt werden kann, wird die Leistung erst durch Mahnung fällig (Abazagic in Zib/Dellinger, UGB IV [2019] § 456 UGB Rz 6 mwN).

[36] 3.2. Wie bereits oben dargelegt, hat die Abrechnung von einlangenden Barschaften nach § 19 Abs 1 RAO grundsätzlich unverzüglich zu erfolgen.

[37] Nach dem Gesetz wäre der Beklagte also verpflichtet, jede Zahlung von Kostenersatz unverzüglich nach deren Einlangen auszufolgen oder (teilweise) mit seiner Honorarforderung zu verrechnen.

[38] 3.3. Abweichend von dieser nachgiebigen Norm können der Rechtsanwalt und seine Mandantin zur Vermeidung laufender Geldtransaktionen aber auch vereinbaren, dass der Anwalt bei ihm einlangende Zahlungen zur Verrechnung mit seinen Honorarforderungen einbehält und in größeren Abständen abrechnet (vgl 1 Ob 4/07f).

[39] Der Beklagte brachte im konkreten Fall auch vor, dass eine Abrechnung vereinbarungsgemäß erst nach Abschluss aller Prozesse erfolgen sollte. Die Klägerin bestritt dies. Die Vorinstanzen trafen dennoch keine Feststellung zum Bestehen oder Nichtbestehen der vom Beklagten behaupteten Vereinbarung zum Abrechnungszeitpunkt.

[40] Ohne diese Feststellung kann aber nicht beurteilt werden, wann der Beklagte mit der Herausgabe der Kostenersatzzahlungen in Verzug geriet und ob Verzugszinsen im begehrten Umfang zustehen. In diesem Punkt ist damit tatsächlich von einem sekundären Feststellungsmangel auszugehen.

[41] 3.4. Spätestens mit der am 26. 5. 2020 erfolgten Bestreitung der Abrechnung des Beklagten zum Ende des Mandatsverhältnisses war der Beklagte zur gerichtlichen Hinterlegung oder Ausfolgung sämtlicher bisher einbehaltener Barschaften verpflichtet.

[42] Verzugszinsen ab diesem Zeitpunkt stehen der Klägerin – wie auch der Beklagte selbst einräumt – jedenfalls zu und konnten daher mit Teilurteil bestätigt werden.

[43] Für die davor geltend gemachten Zeiträume wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren – allenfalls nach Ergänzung seines Beweisverfahrens – Feststellungen zu möglichen Vereinbarungen zwischen Klägerin und Beklagtem zu treffen haben, wann der Beklagte einlangende Barschaften abzurechnen und/oder herauszugeben hatte.

[44] 3.5. Der Revision des Beklagten ist daher teilweise Folge zu geben und die Entscheidungen der Vorinstanzen hinsichtlich des Zinsenbegehrens sind somit aufzuheben und die Rechtssache ist insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Im Übrigen sind die Urteile der Vorinstanzen zu bestätigen.

[45] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Das auf das Zinsenbegehren, also eine Nebenforderung beschränkte Unterliegen der Klägerin ist nicht kostenrelevant (8 ObA 70/18d mwNuH), sodass die Kosten für das bisherige Verfahren bereits bestimmt werden können. Im Revisionsverfahren hat die Klägerin keine Revisionsbeantwortung erstattet und somit keine Kosten verzeichnet.

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