OGH 15Os100/24f

OGH15Os100/24f13.11.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. November 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Sadoghi und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Wachter in der Strafsache gegen * K* wegen des Verbrechens der nationalsozialistischen Wiederbetätigung nach § 3g Abs 1 und 2 VerbotsG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Geschworenengericht vom 21. Juni 2024, GZ 71 Hv 2/24i‑48, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0150OS00100.24F.1113.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * K* des Verbrechens der nationalsozialistischen Wiederbetätigung nach § 3g Abs 1 und 2 VerbotsG schuldig erkannt.

[2] Danach hat er sich von 30. November 2023 bis 20. Juni 2024 in I* auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VerbotsG bezeichnete und in einer solchen Weise, dass die Tat vielen Menschen zugänglich wurde, im nationalsozialistischen Sinn betätigt, „indem er, als Medieninhaber, es trotz der zufolge einer ihn zum besonderen treffenden Verpflichtung durch die Rechtsordnung (vorsätzlich) unterließ, die ihm zudem mit rechtskräftigem Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck zu 27 Hv 22/23f gemäß § 33 Abs 1 MedienG angeordnete Löschung seiner öffentlich zugänglichen Internetseite https://o* – welche er am 2. Juli 2022 erstellte, seit diesem Zeitpunkt alleine betrieb, wegen deren Erstellung und fortlaufenden Betriebs er mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Geschworenengericht vom 12. Juli 2023 zu 27 Hv 22/23f wegen Verbrechens nach § 3g VerbotsG idF BGBl 1992/148 verurteilt wurde, über deren Zugangsdaten nur er verfügte, und deren Löschung/Veranlassung der Löschung ihm möglich gewesen wäre – durchzuführen, sie sohin weiterhin öffentlich zugänglich hielt, und dadurch die Wiederbelebung, Verbreitung und Aktualisierung der nationalsozialistischen Ideologie und des rechtsextremen Gedankenguts sowie den Antisemitismus förderte, indem dort [in mehreren im Urteil detailliert beschriebenen Artikeln] in deutscher sowie englischer Sprache Inhalte veröffentlicht werden, in welchen wiederholt der Nationalsozialismus sowie Adolf Hitler verherrlicht, der Holocaust verharmlost, geleugnet und als Schwindel sowie die nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen gegen die Angehörigen des jüdischen Volkes in Form der planmäßigen Vernichtung in Konzentrationslagern unter Verwendung von Giftgas geleugnet und die wissenschaftlich belegte herrschende Geschichtsauffassung in diesem Zusammenhang sowie den Nationalsozialismus betreffend in einer unsachlichen, einseitigen und propagandistisch vorteilhaften Weise dargestellt wird“.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die gegen dieses Urteil aus § 345 Abs 1 Z 8 und 11 lit a und b StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – nicht berechtigt.

[4] Die Instruktionsrüge (Z 8) leitet nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb die in § 3g Abs 2 VerbotsG idgF (BGBl I 2023/177) genannte Begehung der Tat in einer Weise, dass sie vielen Menschen zugänglich wird, nicht auf das Herbeiführen einer (darauf bezogenen) konkreten Gefahr (EBRV 2285 BlgNR 27. GP  5) – und sohin eines (dem Tatbild entsprechenden) Erfolgs (§ 3m Abs 3 VerbotsG) – gerichtet wäre und macht damit nicht deutlich, weshalb § 3g Abs 2 VerbotsG kein Erfolgsdelikt sein sollte (vgl jedoch EBRV 2285 BlgNR 27. GP  9; RIS-Justiz RS0101367; Plöchl in WK2 StGB § 283 Rz 15; Lässig in WK2 VerbotsG § 3h Rz 3).

[5] Das weitere, Erläuterungen zum „Verbot wiederholter Strafverfolgung gemäß § 17 Abs 1 StPO“ vermissende Vorbringen der Instruktionsrüge (Z 8) legt nicht dar, weshalb die den Geschworenen zu erteilende Rechtsbelehrung (zu deren Inhalt § 321 Abs 2 StPO; RIS‑Justiz RS0125434) Ausführungen zu prozessualen Verfolgungshindernissen zu enthalten hätte, deren Bestehen (nicht den Tatrichtern, sondern) der ausschließlichen Beurteilung durch den Schwurgerichtshof vorbehalten ist (§§ 311, 337 StPO; vgl RIS‑Justiz RS0100442; Lässig, WK‑StPO § 311 Rz 5 ff).

[6] Die Rechtsrüge (Z 11 lit a) macht nicht deutlich, weshalb das Herbeiführen des in Abs 2 genannten Erfolgs (vgl dazu EBRV 2285 BlgNR 27. GP  9; RIS‑Justiz RS0101367) durch das Verhalten des Angeklagten nicht nach § 3g Abs 1 und 2 VerbotsG mit Strafe bedroht wäre.

[7] Die Beschwerde (Z 11 lit b) behauptet einen Verstoß gegen das Verbot wiederholter Strafverfolgung (§ 17 Abs 1 StPO), weil der Angeklagte wegen derselben Tat mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Geschworenengericht vom 12. Juli 2023, AZ 27 Hv 22/23f, bereits wegen des Verbrechens nach § 3g VerbotsG idF BGBl 1992/148 schuldig erkannt worden sei. Dieser Einwand verfehlt die gebotene Bezugnahme auf den im Wahrspruch des hier angefochtenen Urteils festgestellten Sachverhalt (RIS‑Justiz RS0101016), nach welchem der Beschwerdeführer durch sein nun inkriminiertes Verhalten – im Sinn der Verwirklichung eines Dauerdelikts (vgl dazu RIS‑Justiz RS0131770) – den durch eine Straftat geschaffenen rechtswidrigen Zustand auch im nun gegenständlichen und bislang noch nicht abgeurteilten Tatzeitraum aufrecht erhalten hat (RIS‑Justiz RS0076137, RS0090716).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§§ 344, 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft folgt (§§ 344, 285i StPO).

[9] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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