European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0130OS00086.24G.1113.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Suchtgiftdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Einziehungserkenntnis aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Krems an der Donau verwiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten * S* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden * I*, * P* und * S* jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG (I) und der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz und Abs 3 SMG (II) schuldig erkannt.
[2] Danach hat – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – * S* im einverständlichen Zusammenwirken mit den beiden Mitangeklagten sowie gesondert verfolgten weiteren Personen als Mitglied einer kriminellen Vereinigung vorschriftswidrig
(I) Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 17.940 Gramm Cannabiskraut (enthaltend 177,4 Gramm Delta‑9‑THC und 2.340 Gramm THCA), erzeugt und
(II) 48 Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge an Suchtgift, nämlich Delta‑9‑THC‑ und THCA‑hältigen Cannabiskrauts, mit dem Vorsatz angebaut, dass dieses in Verkehr gesetzt werde,
indem er vom Oktober 2023 bis zum 14. Februar 2024 in H* (auf im Ersturteil beschriebene Weise) am Betrieb einer Cannabisplantage mitwirkte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten.
[4] Die Mängelrüge (Z 5) behauptet, beide Mitangeklagten hätten in der Hauptverhandlung „übereinstimmend“ angegeben, dass der Beschwerdeführer „die Plantage nie betreten hat“.
[5] Der diesbezügliche Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) geht schon deshalb ins Leere, weil sich eine solche Aussage (auch nur) eines der Mitangeklagten an keiner der im Rechtsmittel bezeichneten Stellen des Hauptverhandlungsprotokolls (ON 101.5) findet (vgl RIS‑Justiz RS0124172 [T4]).
[6] Mit dem Vorwurf, die Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Beschwerdeführers seien „durch das Beweisverfahren nicht gedeckt“, wird keine der in § 281 Abs 1 Z 5 StPO genannten Anfechtungskategorien (und auch sonst kein Nichtigkeitsgrund [vgl RIS‑Justiz RS0128874]) angesprochen.
[7] Weshalb jene Feststellungen (US 4) „den Schuldspruch […] nicht zu tragen“ vermöchten, legt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (siehe aber RIS‑Justiz RS0116565).
[8] Soweit die Rüge diese Konstatierungen (US 4) als „nicht ausreich[end]“ begründet ansieht (der Sache nach Z 5 vierter Fall), versäumt sie es prozessordnungswidrig (RIS‑Justiz RS0119370), die Gesamtheit der diesbezüglichen Entscheidungsgründe in den Blick zu nehmen.
[9] Dem Beschwerdevorwurf zuwider hat nämlich das Schöffengericht die betreffenden Feststellungen (US 4) nicht nur – ohnedies willkürfrei (vgl RIS‑Justiz RS0116882) – aus jenen zum „äußeren Tatgeschehen“ abgeleitet (US 8), sondern auch (mit Letzteren selbst) in vernetzter Betrachtung einer Mehrzahl von Verfahrensergebnissen (unter anderem der Verantwortung der beiden Mitangeklagten) und daran geknüpften Plausibilitätserwägungen erschlossen (US 7 bis 8).
[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[11] Aus ihrem Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch, dass dem angefochtenen Urteil im Einziehungserkenntnis nicht geltend gemachte, den Angeklagten zum Nachteil gereichende materielle Nichtigkeit anhaftet (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).
[12] „Gemäß § 26 Abs 1 StGB iVm § 34 SMG“ ordnete das Schöffengericht die Einziehung „d[es] sichergestellten Suchtgiftes“ und „d[es] Equipments zum Anbau der Suchtmittel“ an (US 3).
[13] Mit dem angesprochenen „Equipment“ sind – ersichtlich – jene „57 Vorschaltgeräte, 65 Lampen 400W und 59 Lampenschirme“ gemeint, die den Urteilsfeststellungen (US 5) zufolge zur Begehung der vom Schuldspruch umfassten Taten verwendet (§ 26 Abs 1 StGB) worden sind.
[14] Während § 34 SMG – soweit hier von Interesse – nur bei Suchtmitteln (§ 1 Abs 2 SMG) anwendbar ist, setzt die Einziehung nach § 26 Abs 1 StGB voraus, dass die vorbeugende Maßnahme nach der besonderen Beschaffenheit des betroffenen Gegenstands geboten ist, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen entgegenzuwirken, wobei das Wort „geboten“ die Deliktstauglichkeit des Gegenstands anspricht (RIS‑Justiz RS0121298).
[15] Vorschaltgeräte, Lampen und Lampenschirme sind – per se – keineswegs besonders deliktstauglich. Mangels Feststellungen zu besonderen Eigenschaften, die eine solche (vom Erstgericht gleichwohl in rechtlicher Hinsicht angenommene) Deliktstauglichkeit fallkonkret begründen würden, ist der Ausspruch der Einziehung dieser Gegenstände mit Nichtigkeit aus Z 11 zweiter Fall belastet (RIS‑Justiz RS0133343).
[16] Hinzugefügt sei, dass ein auf diese Gegenstände bezogenes, einer (oder mehreren) sanktionierten Person(en) konkret zuzuordnendes (vgl RIS‑Justiz RS0134391, jüngst 11 Os 45/24p [Rz 18]) Konfiskationserkenntnis (vgl Oshidari, Suchtmittelrecht7 § 34 SMG Rz 6 und 16) – im Ersturteil ebenso wenig getroffene – Feststellungen zum Eigentum (§ 19a Abs 1 StGB) sowie die Bejahung der von § 19a Abs 2 StGB verlangten Verhältnismäßigkeit erfordert hätte.
[17] In Bezug auf „das sichergestellte Suchtgift“ wiederum lässt das Ersturteil offen, ob der – durch diese Bezeichnung allein nicht hinreichend determinierte (RIS‑Justiz RS0121298 [T9]) – Gegenstand der Einziehung zu einer der festgestellten (Anlass-)Taten (vgl RIS‑Justiz RS0088115 [T3]) in dem von § 26 Abs 1 StGB (iVm § 34 SMG) geforderten Verhältnis steht (dazu Hinterhofer in Hinterhofer [Hrsg] SMG2 § 34 Rz 13 ff), was Nichtigkeit aus Z 11 erster Fall begründet (Haslwanter in WK2 StGB § 26 Rz 18).
[18] Da das Einziehungserkenntnis nicht mit Berufung bekämpft wird (RIS‑Justiz RS0119220 [T9]), war es bereits bei der nichtöffentlichen Beratung wie aus dem Spruch ersichtlich aufzuheben (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO iVm § 285e StPO).
[19] Die Entscheidung über die (gegen den Strafausspruch gerichtete) Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
[20] Der Kostenausspruch, der die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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