European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00011.24X.1106.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Bei Sportwetten handelt es sich um Wetten, die aus Anlass sportlicher Veranstaltungen und damit im Zusammenhang mit einer körperlichen Betätigung im Wettkampf/Wettspiel vorgenommen werden („Sportwetten“ bzw „Buchmacher- und Totalisateurwetten“). Sie fallen, weil regelmäßig nicht vom Glücksspielmonopol erfasst, gemäß Art 15 Abs 1 B‑VG in Gesetzgebung und Vollziehung in die Kompetenz der Bundesländer (vgl 1 Ob 176/22x [ErwGr 3.3.]; 8 Ob 112/23p [ErwGr 1.]).
[2] 2. Glücksspiel ist nach § 1 Abs 1 GSpG ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt. Zufall im Sinne dieser Gesetzesstelle ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gegeben, wenn der Erfolg weder von zielbewusstem Handeln oder der Geschicklichkeit noch allein vom Belieben der beteiligten Personen abhängt, sondern wenn noch weitere Bedingungen dazu treten müssen, die außerhalb des Willens der beteiligten Personen liegen (VwGH Ro 2021/17/0013; VwGH Ra 2019/02/0079; vgl auch 5 Ob 95/21p [ErwGr 3.3.]). Auf Wetten findet das Glücksspielgesetz (das Glücksspielmonopol) – mit Ausnahme des Toto (kraft ausdrücklicher Anordnung in § 7 GSpG) – keine Anwendung (1 Ob 176/22x [ErwGr 3.2.]).
[3] 3. Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits mit Kombinationswetten auf das zukünftige Endergebnis mehrerer Sportereignisse befasst und solche Wetten als Sportwetten im Sinne der jeweiligen Landesgesetze und daher als gültige Verträge angesehen (6 Ob 45/16k [Online-Kombinationswette aus zehn Fußballspielen]; 3 Ob 58/15y [Kombinationswette aus zehn Fußballspielen]; 7 Ob 137/07h [Kombinationswette aus sechs Pferderennen]; vgl auch 2 Ob 138/22s [Online-Kombinationswette aus vier Sportereignissen]; 10 Ob 5/20p [Systemwette 8 aus 9]).
[4] Dies steht mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs im Einklang, nach der (auch) bei Kombinationssportwetten Gewinn und Verlust nicht in jedem Fall ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängen und diese daher nicht von vornherein Glücksspiele iSd § 1 Abs 1 GSpG darstellen (jüngst VwGH Ro 2021/17/0013 [Kombinationswette aus zwölf Fußballspielen]; VwGH 89/17/0258). Bei einer Kombinationssportwette aus vier Spielen wurde dementsprechend ausgesprochen, dass kein Glücksspiel iSd § 1 Abs 1 GSpG vorliegt (VwGH 89/17/0258). Auch nach § 16a lit a Wiener WettenG sind Kombinationswetten aus bis zu zehn Einzelwetten zulässige Sportwetten.
[5] 4. Nach den Feststellungen platzierte der Kläger als Verbraucher mit Wohnsitz in Wien über das von der Beklagten mit Sitz in Gibraltar betriebene Internetportal unter anderem Kombinationssportwetten. Dabei handelte es sich um Endergebniswetten, bei denen der Kläger mehrere Spiele miteinander kombinierte und nur gewann, wenn er den Spielausgang sämtlicher solcherart kombinierter künftiger Spiele richtig vorhergesagt hatte. Der Kläger platzierte dabei vor allem Fußballwetten, mitunter aber auch Wetten betreffend andere Sportarten.
[6] Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die vom Kläger abgegebenen Kombinationssportwetten seien nicht von vornherein Glücksspiele iSd § 1 Abs 1 GSpG, findet Deckung in der erörterten Rechtsprechung.
[7] 5. Mit ihrem Argument, bei der Kombination von Wetten auf die in den Spielen fallenden Tore, Eckbälle oder Torschützen komme es bereits bei der Kombination weniger Wetten zu einem Überwiegen des Zufallselements, entfernt sich die Revision von den Feststellungen, wonach der Kläger Kombinationswetten lediglich über die Endergebnisse der künftigen Spiele abgeschlossen hat.
[8] 6. Auch mit den Ausführungen zu einer mit steigender Anzahl der kombinierten Spiele sinkenden Wahrscheinlichkeit des Spielgewinns und ihrem Hinweis, dass Kombinationswetten von mehr als zehn Einzelspielen nach den Richtlinien der Finanzbehörden als Glücksspiele zu betrachten seien, vermag die Revision keine im vorliegenden Fall präjudizielle erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen, weil die Anzahl der kombinierten Einzelspiele hier weder behauptet noch festgestellt wurde.
[9] Der Revision ist entgegenzuhalten, dass der Kläger trotz diesbezüglicher Aufforderung des Erstgerichts kein Vorbringen dazu erstattet hat, aus wie vielen Spielen sich seine Kombinationswetten jeweils zusammengesetzt haben und welche Verluste er aus den Kombinationswetten jeweils erlitten habe. Der Verweis auf Urkunden konnte fehlendes Vorbringen nicht ersetzen (vgl 6 Ob 173/22t [ErwGr 2.1.]; RS0037915; RS0038037 [T19]). Selbst im Rechtsmittelverfahren erfolgten dazu keine konkreten Ausführungen. Ebenso wenig wurden im erstinstanzlichen Verfahren geeignete Beweisanbote zur Behauptung, dass die Entscheidung über die Ergebnisse der Kombinationswetten des Klägers ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig gewesen seien, gestellt.
[10] Die Auffassung des Berufungsgerichts, Feststellungen dazu seien nicht zu treffen gewesen, bedarf daher keiner Korrektur.
[11] 7. Der Oberste Gerichtshof hat der Beklagten die Beantwortung der Revision nicht freigestellt. Die dennoch eingebrachte Revisionsbeantwortung war daher nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, weshalb für sie ein Kostenersatz nicht zusteht (4 Ob 23/24x [ErwGr 4.]; vgl RS0043690 [T6, T7]; RS0113633).
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