European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00164.24X.0920.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Zivilverfahrensrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung aus anderen Gründen
Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die Parteien haben die Kosten ihrer Rechtsmittelschriften selbst zu tragen.
Begründung:
[1] Die Kläger begehrten im Verfahren des Landesgerichts Feldkirch zu AZ 9 Cg 34/22t die Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung eines Lichtbilds sowie die Entfernung und endgültige Löschung dieses Lichtbilds durch den Beklagten. Die Kläger seien dadurch, dass der Beklagte das Gruppenfoto ohne ihre Zustimmung als Titelbild auf seinem privaten und für jeden zugänglichen Facebook-Account eingestellt habe, in ihrem Recht am eigenen Bild nach § 78 UrhG, in ihren in § 16 ABGB normierten Persönlichkeitsrechten und in ihrem Grundrecht auf Datenschutz nach § 1 DSG verletzt. Sie hätten ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse an der Aufklärung der Facebook‑Nutzer – sohin auch der Öffentlichkeit – darüber, dass sie zum Beklagten in keinem politischen Naheverhältnis mehr stünden und sie sich von dessen Politik ausdrücklich distanzierten.
[2] Das Landesgericht Feldkirch gab dem Klagebegehren statt.
[3] Gegen dieses Urteil erhob der Beklagte Berufung. Der nach der Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts Innsbruck zuständige Rechtsmittelsenat gab der Berufung nicht Folge. Er sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands im Berufungsverfahren hinsichtlich eines jeden Klägers nicht 5.000 EUR übersteige und die Revision jedenfalls unzulässig sei. Begründend wurde ausgeführt, das Erstgericht habe zu Recht ein berechtigtes Interesse der Kläger daran angenommen, dass das – für einen außenstehenden Betrachter jedenfalls Einigkeit und Einvernehmen der auf dem Lichtbild abgebildeten Personen suggerierende – Lichtbild nicht mehr veröffentlicht werde;es sei auch die für die Berechtigung des Unterlassungsbegehrens erforderliche Wiederholungsgefahr gegeben. Die Zulässigkeit der Revision sei im Fall der Geltendmachung mehrerer Ansprüche (hier Unterlassung und Veröffentlichung) in einer Klage nach § 55 Abs 1 JN zu lösen, weshalb eine gesonderte Bewertung des Unterlassungs- sowie des Veröffentlichungsbegehrens nicht zu erfolgen habe und ausgehend von der Bewertung der Kläger, gegen welche keine Bedenken bestünden, ein Gesamtstreitwert von 23.200 EUR zugrundezulegen sei. Da die Begehren von sechs Klägern, welche nach Ansicht des Berufungsgerichts keine materielle Streitgenossenschaft bildeten, erhoben worden seien, falle ein Sechstel dieses Streitwerts auf jeden der Kläger, weshalb die Revision hinsichtlich jedes Klägers nach § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig sei.
[4] Bezugnehmend auf diese, dem Beklagten am 19. 6. 2024 zugestellte Entscheidung des Oberlandesgerichts Innsbruck stellte der Beklagte am 3. 7. 2024 einen Ablehnungsantrag gegen die Mitglieder des Rechtsmittelsenats sowie einen „Erneuerungsantrag“ iSd § 363a StPO an den Obersten Gerichtshof. Diesen „Erneuerungsantrag“ wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 25. 7. 2024, 2 Nc 39/24v, als unzulässig zurück.
[5] Mit dem nun angefochtenen Beschluss wies der Ablehnungssenat des Oberlandesgerichts Innsbruck (Erstgericht) den Ablehnungsantrag als unberechtigt zurück. Das Rechtsmittelgericht habe seine Entscheidung unter Anführung der jeweiligen Gesetzesstellen sowie Verweis auf Rechtsprechung und Literatur ausführlich begründet, sodass – entgegen der Ansicht des Ablehnungswerbers – keine Willkür oder denkunmögliche Rechtsansicht zu erkennen sei. Selbst wenn die Entscheidung unrichtig wäre oder die Rechtsansicht von der herrschenden Rechtsprechung abgelehnt würde, seien derartige Meinungsverschiedenheiten in Rechtsfragen nicht im Ablehnungsverfahren auszutragen. Eine Unsachlichkeit im Sinne einer Befangenheit lasse sich daraus nicht erkennen.
Rechtliche Beurteilung
[6] Der dagegen gerichtete, am 19. 8. 2024 eingebrachte Rekurs des Ablehnungswerbers ist nicht zulässig.
[7] 1. Der (nicht bindende [RS0042424]) Ausspruch des Rechtsmittelsenats des Oberlandesgerichts Innsbruck, wonach die Revision jedenfalls unzulässig sei, traf nicht zu, weil die Kläger ihre Ansprüche auch auf eine Verletzung des Datenschutzgesetzes gestützt hatten. Solche Ansprüche sind nicht zu bewerten (6 Ob 236/23h [ErwGr 2.]).
[8] 2. Der Beklagte hat gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts kein (zulässiges) Rechtsmittel erhoben. Mit dem ungenutzten Verstreichen der bis zum 20. 8. 2024 laufenden Rechtsmittelfrist wurde das Verfahren in der Hauptsache nach Erhebung des gegenständlichen Rekurses rechtskräftig beendet. Selbst eine stattgebende Entscheidung im Ablehnungsverfahren könnte keinen Einfluss mehr auf die rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache haben (vgl 1 Ob 141/19w; RS0045978 [insb T3, T7]; RS0046032; RS0041933 [T15, T23, T24, T35]).
[9] 3. Der Rekurs ist demnach mangels Beschwer zurückzuweisen (1 Ob 141/19w [ErwGr 2.]).
[10] 4. Die Kostenentscheidung im hier vorliegenden Zwischenstreit über die Ablehnung (RS0126588) gründet auf § 50 Abs 2 ZPO. Wer – wie hier die Rechtsmittelwerberin durch Unterlassung der Anfechtung in der Hauptsache – den Wegfall des Rechtsschutzinteresses (der Beschwer) selbst zu vertreten hat, hat keinen Kostenersatzanspruch für das unzulässige Rechtsmittel (vgl 6 Ob 21/22i; 6 Ob 302/00f; RS0114749). Die Kläger wiederum haben auf die Unzulässigkeit des Rekurses wegen des rechtskräftig abgeschlossenen Hauptverfahrens in ihrerRekursbeantwortung nicht hingewiesen. Ihr Schriftsatz war daher nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig.
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