OGH 3Ob133/24s

OGH3Ob133/24s11.9.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn (Vorsitzender), die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Fitz in der Rechtssache der klagenden Partei C*, vertreten durch Mag. Stephan Gappmaier, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei F*, vertreten durch Dr. Christian Schubeck, Dr. Michael Schubeck, Rechtsanwälte in Salzburg, und ihre Nebenintervenientin M* OG, *, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 367.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 4. Juni 2024, GZ 2 R 68/24v‑48, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0030OB00133.24S.0911.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die durch die materielle Rechtskraft bewirkte Maßgeblichkeit der Entscheidung äußert sich in einer inhaltlichen Bindung an diese, wenn der rechtskräftig entschiedene Anspruch Vorfrage, also bedingendes Rechtsverhältnis für den im zweiten Prozess erhobenen Anspruch ist (RS0041251). Die Bindungswirkung schließt die Verhandlung, Beweisaufnahme und neuerliche Prüfung jenes Anspruchs aus; der zweite Richter hat von dem rechtskräftig festgestellten Anspruch auszugehen und ihn ohne weiteres seiner neuen Entscheidung zugrunde zu legen (RS0041251 [T1]). Als Teil der Bindungswirkung ist die Präklusionswirkung anerkannt. Dementsprechend wird durch die Rechtskraft der Entscheidung auch das Vorbringen aller Tatsachen ausgeschlossen, die zur Begründung oder Widerlegung des entschiedenen Anspruchs rechtlich erforderlich waren und schon bei Schluss der mündlichen Verhandlung (hier: vor Fällung des Teilurteils) bestanden haben (RS0041321 [T8]).

[2] 2. Von den Grundsätzen dieser Rechtsprechung sind die Vorinstanzen nicht abgewichen:

[3] 2.1. Der Kläger begehrte ursprünglich die Aufhebung des mit dem Beklagten geschlossenen Baurechtsvertrags und des Nachtrags hiezu wegen Nichtigkeit sowie des Vergleichs vom 30. Juli 2019, in dem (unter Bezugnahme auf den Nachtrag zum Baurechtsvertrag) sämtliche wechselseitigen Forderungen der Parteien als bereinigt und verglichen erklärt wurden, wegen laesio enormis (nämlich wegen Nichtigkeit des ihm vom Beklagten eingeräumten Baurechts), sowie die Zahlung von 367.000 EUR sA aus dem Titel der Bereicherung (§ 1435 ABGB analog). Das Rechtsgestaltungsbegehren wies das Berufungsgericht mit – vom Obersten Gerichtshof zu 3 Ob 137/23b bestätigtem – Teilurteil ab, wobei es sämtliche Argumente, die der Kläger für die Nichtigkeit des Baurechtsvertrags (einschließlich des Nachtrags) und des Vergleichs (insbesondere laesio enormis wegen der behaupteten Nichtigkeit des dem Kläger eingeräumten Baurechts) ins Treffen geführt hatte, verneinte.

[4] 2.2. Im fortgesetzten Verfahren wiesen die Vorinstanzen das Zahlungsbegehren des Klägers unter Verweis auf die Bindungswirkung des Teilurteils über das Rechtsgestaltungsbegehren ab; das vom Kläger nach Rechtskraft des Teilurteils ergänzte/konkretisierte Vorbringen zur Nichtigkeit des Baurechtsvertrags wegen Verstoßes gegen § 1 Abs 3 BauRG sei präkludiert.

[5] 2.3. Es trifft zwar zu, dass sich die Rechtskraft- und Bindungswirkung auf den vom Gericht zur Abweisung herangezogenen Sachverhalt beschränkt (vgl RS0039843 [T13]), weshalb von dieser Vorentscheidung dann und soweit abgegangen werden kann, als sich der zu Grunde liegende Sachverhalt geändert hat (vgl RS0039843 [T11]). Eine solche Konstellation liegt hier entgegen der Ansicht des Klägers nicht vor, weil er sich im fortgesetzten Verfahren gerade nicht auf einen neuen Rechtsgrund für die Nichtigkeit (insbesondere) des Baurechts gestützt, sondern lediglich sein dazu bereits erstattetes Vorbringen – vor allem im Hinblick darauf, dass zu 3 Ob 137/23b sein Vorbringen zu einem Verstoß gegen § 1 Abs 3 BauRG als nicht ausreichend konkretisiert bewertet wurde – ergänzt hat.

[6] 2.4. Soweit der Kläger inhaltlich eine Überraschungsentscheidung des Berufungsgerichts im Teilurteil moniert, wonach er kein ausreichendes Vorbringen zur bautechnischen Unselbständigkeit (§ 1 Abs 3 BauRG) erstattet habe, genügt der Hinweis, dass er die damit behauptete Mangelhaftigkeit des (ersten) Berufungsverfahrens (vgl RS0037095) in seiner Revision gegen das Teilurteil des Berufungsgerichts nicht gerügt hat.

[7] 2.5. Einer Stattgebung des Zahlungsbegehrens steht damit bereits der Umstand entgegen, dass mit dem – im Hinblick auf die rechtskräftige Abweisung des Rechtsgestaltungsbegehrens nach wie vor aufrechten – Vergleich vom 30. Juli 2019 sämtliche damals bestehenden Ansprüche zwischen den Parteien, wozu insbesondere der hier eingeklagte bereicherungsrechtliche Anspruch zählt, bereinigt und verglichen wurden.

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