European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0030OB00137.23B.1113.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und deren Nebenintervenientin die mit jeweils 1.000,75 EUR (hierin enthalten 166,79 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Der Beklagte ist Eigentümer der – seinem landwirtschaftlichen Betrieb dienenden – Liegenschaften EZ 133 und EZ 1055 Grundbuch S*. Die EZ 1055 besteht aus dem Grundstück Nr 1231/10 mit einer Fläche von 264 m², das im Jahr 2009 durch Abschreibung eines Teilstücks des zur EZ 133 gehörenden Grundstücks Nr 1231/1 gebildet wurde.
[2] Der kinderlose Beklagte führte die Landwirtschaft zunächst allein. Auf seinen Liegenschaften befand sich insbesondere ein Austraghaus, in dem seine Schwester (die Mutter des Klägers) wohnte. Im Jahr 2006 beabsichtigte der Kläger mit seiner Frau eine Familie zu gründen und war deshalb auf der Suche nach einer Wohnmöglichkeit. Er wandte sich an den Beklagten, der ihm vorschlug, dass der Kläger mit seiner Familie das bestehende Austraghaus umbaue und dort einziehe. Eine Gegenleistung forderte der Beklagte dafür nicht, er ersuchte lediglich um Unterstützung in der Landwirtschaft für die Zeit seines eigenen Urlaubs. Damit war der Kläger einverstanden. Er ließ daher im Jahr 2007 Pläne für den Umbau und die Erweiterung des Austraghauses anfertigen. In der Folge suchte der Beklagte als Bauwerber bei der Baubehörde um Baubewilligung für den „Um‑ bzw Anbau beim im Hofverband bestehenden Austraghaus“ an, die auch erteilt wurde. Ende 2008 zog der Kläger mit seiner Familie in das umgebaute Austraghaus ein. Den Umbau finanzierte er aus Eigenmitteln.
[3] Im Jahr 2009 stellte sich heraus, dass der Kläger und seine Familie noch weiteren Raumbedarf hatten, weshalb eine zweite Erweiterung des Austraghauses angedacht wurde. Der Beklagte war damit einverstanden. Der Kläger benötigte für die weiteren Arbeiten jedoch Fremdmittel, und die Bank verlangte für die Kreditgewährung eine grundbücherliche Sicherheit. Zu dieser Zeit äußerte der Beklagte auch den Wunsch, dass der Kläger die Landwirtschaft übernehmen solle. Nach anwaltlicher Beratung, wie die Vorgabe der Bank hinsichtlich der Sicherheit erfüllbar sei, einigten sich die Parteien auf einen Baurechtsvertrag für die Dauer von 50 Jahren. Da das dem Kläger eingeräumte Baurecht nur das Austraghaus und nicht auch die restlichen Grundstücksflächen des Beklagten betreffen sollte, vereinbarten sie, dass für die Begründung des Baurechts das Grundstück Nr 1231/10 vom Grundstück Nr 1231/1 abgeschrieben werde. Das Bezirksgericht Salzburg als Grundsbuchgericht vollzog diese Grundstücksabschreibung samt Einverleibung des Baurechts am 9. September 2009.
[4] In dem am 22. April 2009 unterfertigten Baurechtsvertrag wurde unter anderem Folgendes festgehalten:
„[…] 2. Aufgrund der Vermessungsurkunde […] vom 13.3.2009 […] wird das Grundstück Nr. 1231/1 geteilt in dieses mit einem verbleibenden Flächenausmaß von 34.378 m² und das Grundstück Nr. 1231/10 mit einem Flächenausmaß von 264 m². Gegenstand des Baurechtsvertrages ist das neu gebildete Grundstück Nr. 1231/10 [...], welches vom Gutsbestand der Liegenschaft EZ 133 […] abgeschrieben und hiefür eine neue Einlagezahl […] eröffnet wurde.
3. Der Bauberechtigte hat mit Wissen und Zustimmung des Baurechtsbestellers bereits ein Wohnhaus auf diesem neu gebildeten Grundstück Nr. 1231/10 errichtet.
Der Baurechtsbesteller bestellt hiermit zugunsten des [Klägers] zum Zwecke der Errichtung eines Wohnhauses auf der oben bezeichneten Liegenschaft […], bestehend aus Grundstück Nr. 1231/10, ein Baurecht gemäß dem Baurechtsgesetz […] und nimmt der Bauberechtigte […] diese Bestellung hiermit an. [...]“
[5] Nach Erteilung der Baubewilligung für den (zweiten) Um‑ und Zubau des bestehenden Austraghauses am 19. Oktober 2011 wurde die zweite Erweiterung noch im Jahr 2011 umgesetzt.
[6] Das Austraghaus befindet sich teilweise auf dem Grundstück 1231/1 und teilweise auf dem Grundstück 1231/10. Ein Teil des Hauses wird von der Mutter des Klägers bewohnt, ein Teil vom Kläger und seiner Familie. Zum Haus bestehen zwei getrennte Eingänge. Das Austraghaus verfügt über eine Heizanlage, einen Wasser‑ und einen Stromanschluss.
[7] Ab dem Einzug in das Austraghaus im Jahr 2008 half der Kläger in der Landwirtschaft des Beklagten mit. Als der Beklagte ihm im Jahr 2009 die Übergabe des Hofes in Aussicht stellte, begann der Kläger, der bis dahin als Volksschullehrer tätig war, mit einer landwirtschaftlichen Ausbildung und arbeitete immer intensiver in der Landwirtschaft mit. Ab dem Jahr 2012 wurden die Gespräche zwischen den Streitteilen über die Hofübernahme durch den Kläger konkreter. Sie ließen Betriebskonzepte ausarbeiten. Im Jahr 2017 plante der Beklagte als Landwirt in Pension zu gehen, und ließ Entwürfe für einen Übergabsvertrag vorbereiten. Die Parteien konnten jedoch keine Einigung über die Vertragsbedingungen erzielen. Im Jahr 2019 waren die Gespräche hinsichtlich der Hofübergabe endgültig gescheitert.
[8] Über Vermittlung einer Verwandten einigten sich die Streitteile nach dem Scheitern der Hofübernahme darauf, dass dem Kläger für seine erbrachten Arbeiten und Investitionen in die Landwirtschaft das Baurecht bis zum 31. Oktober 2107 verlängert werde. Sie schlossen dazu am 30. Juli 2017 eine Vereinbarung, in der insbesondere festgehalten wurde, dass damit sämtliche wechselseitigen Forderungen der Parteien bereinigt und verglichen seien, sodass keiner gegenüber dem anderen eine Forderung erheben könne.
[9] Am selben Tag schlossen die Parteien einen Nachtrag zum Baurechtsvertrag, wonach das ursprünglich bis 31. Oktober 2058 eingeräumte Baurecht bis 31. Oktober 2107 verlängert werde.
[10] Nach dem Zerwürfnis mit dem Beklagten aufgrund der gescheiterten Hofübernahme beabsichtigte der Kläger, vom Hof wegzuziehen. Mit Beschluss vom 5. Dezember 2020 wurde über Antrag der Stadt Salzburg vom Grundbuchsgericht in der Stammeinlage der Baurechtseinlage EZ 1058 die Anmerkung des Teilungs‑, Vereinigungs‑ und Abschreibungsverbots hinsichtlich des Grundstücks Nr. 1231/10 gemäß § 1 Abs 3 Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz (Sbg BGG) angeordnet und im Grundbuch vollzogen.
[11] Der Kläger begehrt die Aufhebung der Teilung des Grundstücks Nr 1231/1, der Abschreibung des Grundstücks Nr 1231/10, des Baurechtsvertrags vom 22. April 2009, des Nachtrags zu diesem Vertrag vom 30. Juli 2019 und des Vergleichs vom selben Tag, sowie die Zahlung von 367.000 EUR sA. Die Baurechtsbegründung und damit auch der Nachtrag zum Baurechtsvertrag und der Vergleich vom 30. Juli 2019 seien nichtig, weil gemäß § 1 Abs 3 Sbg BGG zum Zweck der Errichtung (unter anderem) eines Austraghauses oder nach Errichtung desselben Grundstücke weder geteilt noch vereinigt noch vom Gutsbestand einer Grundbuchseinlage ab‑ und dem Gutsbestand einer anderen Grundbuchseinlage zugeschrieben werden dürften. Es handle sich dabei um ein absolut geltendes gesetzliches Verbot, das gemäß § 879 Abs 1 ABGB zur Nichtigkeit führe. Die Teilung des Grundstücks Nr 1231/1 und die Abschreibung des Grundstücks Nr 1231/10 seien zu einem Zeitpunkt bewilligt worden, als die Grundstücksfläche bereits für das Austraghaus verwendet worden sei. Da der Baurechtsvertrag, der Nachtrag zu diesem und der Vergleich vom 30. Juli 2019 auf der Grundstücksteilung aufbauten und ohne diese selbständig nicht existieren könnten, seien auch diese Vereinbarungen von der Nichtigkeit umfasst. Die Baurechtseinräumung sei überdies wegen Verstoßes gegen § 1 Abs 3 BauRG nichtig, weil es sich bei dem auf der Baurechtseinlage errichteten Hausteil um einen unselbständigen Bestandteil des Austraghauses handle. Die Vereinbarung vom 30. Juli 2019 werde wegen der Nichtigkeit der Baurechtseinräumung auch wegen laesio enormis angefochten. Dem Kläger gebühre für seine Tätigkeit im landwirtschaftlichen Betrieb, eine angemessene Entlohnung in Höhe von 367.000 EUR, weil nicht er, sondern der Beklagte die Zweckverfehlung infolge Scheiterns der Hofübergabe zu vertreten habe.
[12] Der Beklagte wendete insbesondere ein, bei Begründung des Baurechts sei weder gegen § 1 Abs 3 Sbg BGG verstoßen worden, noch würde ein solcher Verstoß zur Nichtigkeit des Baurechtsvertrags und der daran anschließenden Vereinbarungen führen. Der Wert der dem Kläger im Zuge des Vergleichs gewährten Verlängerung des Baurechts übersteige die Hälfte der ohnehin überhöhten Forderung des Klägers in Höhe von 367.000 EUR bei weitem. Dem Kläger stehe wie vereinbart das errichtete Wohngebäude zu eigenen Wohnzwecken bis zum Ablauf der Baurechtsdauer zur Verfügung. Selbst eine Nichtigkeit der Grundstücksteilung würde daran nichts ändern, die Baurechtseinräumung bliebe vielmehr wirksam.
[13] Das Erstgericht gab mit Teilurteil dem Rechtsgestaltungsbegehren statt und hob die Teilung des Grundstücks Nr 1231/1, die Abschreibung des Grundstücks Nr 1231/10, den Baurechtsvertrag vom 22. April 2009, den Nachtrag zu diesem Vertrag und den Vergleich je vom 30. Juli 2019 als nichtig auf. Sinn und Zweck der Bestimmung des § 1 Abs 3 Sbg BGG sei die Erhaltung der Einheit von Hofstelle und betriebszugehörigem Austraghaus. Es handle sich um ein absolut geltendes gesetzliches Verbot, das gemäß § 879 Abs 1 ABGB zur Nichtigkeit führe. Der dem Gesetz zu entnehmende Zweck des Verbots würde durch die Begründung eines auf ein Austraghaus eingeschränkten Baurechts unterlaufen. Die Nichtigkeit betreffe die Teilung des Grundstücks Nr 1231/1, die Abschreibung des Grundstücks Nr 1231/10, den Baurechtsvertrag, die Verlängerung des Baurechts und den Vergleich vom 30. Juli 2019, mit dem die wechselseitigen Forderungen der Parteien bereinigt und verglichen worden seien.
[14] Das Berufungsgericht gab den Berufungen des Beklagten und der Nebenintervenientin Folge und änderte das Teilurteil des Erstgerichts dahin ab, dass das Rechtsgestaltungsbegehren abgewiesen wurde. Soweit sich das Aufhebungsbegehren gegen die Grundbuchshandlungen der Teilung und Abschreibung richte, stehe ihm bereits die Rechtskraft der Grundbuchsbeschlüsse entgegen. Auch eine Löschungsklage könne nur erheben, wer durch eine (fehlerhafte) Eintragung in einem eigenen bücherlichen Recht verletzt worden sei. Der Kläger könne daher die Aufhebung der Grundstücksteilung und ‑abschreibung, die vom Grundbuchsgericht aufgrund eines Antrags (nur) des Beklagten vollzogen worden sei, nicht erreichen, weil ihm als Dritten kein solcher Anspruch zukomme. Jedenfalls im Hinblick auf die in der Baurechtseinlage eingetragenen Pfandrechte wäre mit einem Rückgängigmachen der Grundbuchseintragungen auch ein Eingriff in Rechte von nicht an diesem Verfahren Beteiligten verbunden.
[15] Hingegen unterlägen die drei Verträge, deren Aufhebung der Kläger weiters anstrebe, als solche der Inhaltskontrolle des § 879 ABGB. § 1 Abs 3 Sbg BGG enthalte nach herrschender Ansicht ein absolutes Teilungs- und Abschreibungsverbot von Grundstücksteilen. Dadurch solle ausgeschlossen werden, dass Austraghäuser, die im Grünland errichtet werden dürften, ihrer Bestimmung als Teil des bäuerlichen Betriebs entzogen oder einer gänzlich anderen Nutzung zugeführt würden. Damit das Verbot auch durchgesetzt werden könne, habe die Baubehörde dem Grundbuchsgericht die Erteilung von Bauplatzerklärungen für Austraghäuser unverzüglich bekannt zu geben, und das Grundbuchsgericht habe dann das Verbot nach § 1 Abs 3 Sbg BGG in der Grundbuchseinlage von Amts wegen anzumerken. Nicht jedes Rechtsgeschäft, das in irgendeiner Weise gegen die Rechtsordnung verstoße, sei aber gemäß § 879 Abs 1 ABGB nichtig. Eine solche Nichtigkeit sei vielmehr nur dann anzunehmen, wenn diese Rechtsfolge entweder ausdrücklich normiert sei oder der Verbotszweck die Ungültigkeit des Geschäfts notwendig verlange und sich die verletzte Norm nicht mit der Verhängung anderer Rechtsfolgen wie etwa einer Bestrafung begnüge. Absolute Nichtigkeit sei nur bei Verstößen gegen solche Gesetze anzunehmen, die dem Schutz von Allgemeininteressen, der öffentlichen Ordnung und der Sicherheit dienten. Aus § 1 Abs 3 Sbg BGG folge nicht die Nichtigkeit der drei vom Kläger angefochtenen Verträge, weil die Regelung nicht Rechtsgeschäfte verbiete, sondern nur Veränderungen im Gutsbestand eines Grundbuchskörpers. Der dargestellte Verbotszweck diene auch nicht Allgemeininteressen, sondern primär der Leistungsfähigkeit der jeweiligen Landwirtschaft, der nicht die notwendigen Bauten entzogen werden sollten. Bauten im Grünland oder Zersiedelung werde entgegen der Ansicht des Klägers dadurch nicht verhindert, weil die Errichtung solcher Gebäude ja gerade erleichtert werde; sie sollten dann aber auch der Land‑ oder Forstwirtschaft zur Verfügung stehen. Im konkreten Fall sei aber auch eine tatsächliche Trennung oder eine Entziehung der Nutzung des Austraghauses aus der Nutzung für die Landwirtschaft gar nicht beabsichtigt gewesen und sie finde sich auch nicht in der Ausgestaltung des Baurechtsvertrags. Es habe lediglich ein beschränktes Haftungsobjekt zur Sicherstellung der Kreditverbindlichkeit geschaffen werden sollen. Darüber hinaus beschränke nicht nur die in der Baubewilligung festgelegte Nutzungsart die Verwendung und Verkehrsfähigkeit, sondern auch die Vertragsbestimmungen über die Erhaltungspflicht gemeinsam mit der Verpflichtung, für sämtliche Änderungen des Objekts die Zustimmung des Beklagten einzuholen, vor allem aber der Vorbehalt der Zustimmung zur Veräußerung, Belastung oder Vermietung und das Vorkaufsrecht, sodass dem Verbotszweck durchaus Genüge getan werde. Nicht im Schutzbereich der Norm liege offensichtlich derjenige, der ein Austraghaus errichte, nutze und die Rechtsgrundlage beseitigen wolle. Die beiden Vereinbarungen vom 30. Juli 2019 beinhalteten nur eine Verlängerung des Baurechtsvertrags, nicht aber seine inhaltliche Änderung, und seien daher aus dem Verbotszweck ebenso wenig mit Nichtigkeit behaftet. Das Verbot des § 1 Abs 3 Sbg BGG bewirke auch nicht die anfängliche Unmöglichkeit iSd § 878 ABGB Zum einen entspreche die Vertragslage dem Grundbuchstand, und zum anderen erscheine die Einräumung des Baurechts nur dann und so lange als unzulässig, als es sich beim Gebäude um ein Austraghaus handle. Dass eine Änderung der Art des Verwendungszwecks nicht bewilligt worden wäre oder würde, stehe aber nicht fest.
[16] Auf Basis der getroffenen Feststellungen zum Austraghaus lasse sich nicht beurteilen, ob es sich um ein oder zwei Gebäude handle. Dies schade aber nicht, weil das Vorbringen des Klägers gar nicht auf die tatsächliche Beschaffenheit des Gebäudes oder der Gebäude abstelle, anhand derer die Beurteilung vorzunehmen wäre, sondern den Verstoß gegen § 1 Abs 3 BauRG darin sehe, dass nach den Raumordnungsbestimmungen die Errichtung mehrerer Austraghäuser nicht zulässig wäre, weshalb auch nicht zwei Gebäude vorhanden sein könnten. Aus einem Sollen auf ein Sein zu schließen, tauge aber nicht als Begründung für die behauptete Verbotswidrigkeit. Der im Jahr 2019 geschlossene Vergleich stehe auch der Geltendmachung von laesio enormis entgegen.
[17] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zur Frage zu, ob § 1 Abs 3 Sbg BGG die absolute Nichtigkeit eines Baurechtsvertrags betreffend einen Liegenschaftsanteil, auf dem sich ein Austraghaus befinde, nach sich ziehe.
[18] Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, das erstinstanzliche Teilurteil wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[19] Der Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen jeweils, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[20] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.
1. Zur behaupteten Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen § 1 Abs 3 Sbg BGG
[21] 1.1. Gemäß § 1 Abs 3 Sbg BGG dürfen zum Zweck der Errichtung von Austraghäusern oder Bauten für Nebengewerbe der Land‑ und Forstwirtschaft gemäß § 2 Abs 4 der Gewerbeordnung 1994 oder nach Errichtung derselben Grundstücke weder geteilt oder vereinigt noch vom Gutsbestand einer Grundbuchseinlage ab‑ und dem Gutsbestand einer anderen Grundbuchseinlage zugeschrieben werden. Gegen diese Vorschrift wurde im vorliegenden Fall zweifelsfrei verstoßen, indem das nunmehrige Grundstück Nr 1231/10, auf dem der (erste) Zubau zum Austraghaus errichtet worden war, vom Grundstück Nr 1231/1 abgeschrieben und das Eigentumsrecht daran an den Kläger übertragen wurde.
[22] 1.2. Gemäß § 879 Abs 1 ABGB ist ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig. Weder bei der vom Grundbuchsgericht vollzogenen Liegenschaftsteilung noch bei der Ab‑ bzw Zuschreibung des Grundstücksteils handelt es sich um einen Vertrag, sodass schon aus diesem Grund die vom Kläger erklärte Anfechtung dieser beiden Vorgänge scheitern muss. Darüber hinaus hat bereits das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass eine – prinzipiell im Fall einer gesetzwidrigen Grundbuchseintragung denkbare – Löschungsklage (§ 61 GBG) dem Kläger hier nicht offensteht, weil er durch die Einverleibung gerade nicht in einem bücherlichen Recht verletzt wurde, sondern im Gegenteil ein solches erlangt hat.
[23] 1.3. Ein Erfolg des auf den Verstoß gegen § 1 Abs 3 Sbg BGG gestützten Rechtsgestaltungsbegehrens ist daher von vornherein nur in Bezug auf die drei vom Kläger angefochtenen Verträge denkbar. Entgegen dem Wortlaut des § 879 Abs 1 ABGB führt nach ständiger Rechtsprechung aber nicht jeder Verstoß gegen eine Verbotsnorm zur Nichtigkeit des Vertrags; entscheidend ist vielmehr, ob der Verbotszweck die Ungültigkeit verlangt, wenn – wie im Fall des § 1 Abs 3 Sbg BGG – die Norm nicht ausdrücklich anordnet, dass ihr widersprechende Geschäfte nichtig sein sollen (vgl RS0016837).
[24] 1.4. § 1 Abs 3 Sbg BGG untersagt nach seinem klaren Wortlaut lediglich die Teilung bzw Vereinigung von Grundstücken sowie die Ab‑ und Zuschreibung von Grundstücksteilen, nicht aber auch die Einräumung eines Baurechts auf einem (wenn auch gesetzwidrig) geteilten und ab- bzw zugeschriebenen Grundstücksteil. Schon aus diesem Grund ist die vom Kläger behauptete Nichtigkeit des Baurechtsvertrags sowie des Nachtrags hiezu (und des mit diesem in untrennbarem Zusammenhang stehenden Vergleichs) zu verneinen.
[25] 1.5. Auf die vom Berufungsgericht weiters geprüfte (und verneinte) Frage einer anfänglichen Unmöglichkeit iSd § 878 ABGB ist nicht weiter einzugehen, weil sich der Kläger darauf in erster Instanz gar nicht berufen hat.
2. Zur behaupteten Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen § 1 Abs 3 BauRG
[26] 2.1. Gemäß § 1 Abs 3 BauRG ist die Beschränkung des Baurechts auf einen Teil eines Gebäudes, insbesondere ein Stockwerk, unzulässig. Es muss sich beim Gegenstand des Baurechts also um ein selbständiges Gebäude handeln und nicht bloß um einen durch die Verbindung mit einem bestehenden Gebäude entstandenen Gebäudeteil. Während die Bestellung des Baurechts an einem horizontalen Teil des Gebäudes jedenfalls ausgeschlossen ist, kann an einem vertikal geteilten Trennstück eines Gebäudes ein Baurecht durchaus begründet werden, sofern dieser Gebäudeteil ein selbständiges Gebäude darstellt. Bei vertikaler Trennung steht also die bauliche Verbindung der Gebäudeteile – sofern die landesgesetzlichen Bauvorschriften eingehalten werden – der Bestellung eines Baurechts grundsätzlich nicht zwingend entgegen (Dobler/Prader in Prader/Sporer/Dobler, Baurechtsgesetz § 1 Rz 41 mwN).
[27] 2.2. Im Fall eines Verstoßes gegen § 1 Abs 3 BauRG ist der Baurechtsvertrag wegen rechtlicher Unmöglichkeit nichtig gemäß § 878 ABGB (vgl Spruzina in GeKo Wohnrecht II § 1 BauRG Rz 57; Dobler/Prader in Prader/Sporer/Dobler, Baurechtsgesetz § 1 Rz 47; ggt Urbanek in Rudolph/Urbanek, Baurechtsgesetz Praxiskommentar2 § 1 Rz 43). In einem solchen Fall hat, wenn das Baurecht – wie hier – bereits im Grundbuch eingetragen wurde, eine Rückabwicklung stattzufinden und das Baurecht ist auch dann, wenn Dritte daran bereits Rechte erworben haben, gemäß § 131 GBG von Amts wegen zu löschen (Dobler/Prader in Prader/Sporer/Dobler, Baurechtsgesetz § 1 Rz 106 mwN).
[28] 2.3. Der Kläger hat in erster Instanz zwar vorgebracht, bei dem von ihm errichteten Zubau handle es sich bloß um einen unselbständigen Bestandteil des Austraghauses, weshalb daran ein Baurecht nicht errichtet werden habe können. Diese Behauptung begründete er allerdings nicht etwa mit konkreten Ausführungen zum bautechnischen Zustand des Hauses, sondern lediglich damit, dass andernfalls entgegen § 48 Abs 2 Sbg ROG 2009 nicht ein (einziges) Austraghaus, sondern rechts- und bewilligungswidrig zwei Austraghäuser errichtet worden wären. Bereits das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass mit dieser Argumentation ein Verstoß gegen § 1 Abs 3 BauRG nicht hinreichend dargetan wurde. Im Übrigen würde ein solches Verständnis dem unstrittigen Inhalt des Baurechtsvertrags und des Vergleichs widersprechen, die beide auf das Gesamtobjekt abstellen.
[29] 3. Einen Verstoß gegen § 934 ABGB (Verkürzung über die Hälfte) hat der Kläger ausschließlich damit begründet, dass die Nichtigkeit des Baurechtsvertrags zur Folge habe, dass er für seine Arbeitsleistungen und Investitionen in die Landwirtschaft des Beklagten im Ergebnis keinerlei Gegenleistung erhalten habe. Mangels Wegfalls des Baurechtsvertrags liegt aber auch keine laesio enormis vor. Dazu kommt, dass ein redlich abgeschlossener Vergleich von vornherein nicht aus diesem Grund angefochten werden kann (§ 1386 ABGB). Diese Regelung ist der Schwierigkeit geschuldet, von einem zweifelhaften oder streitigen Recht einen zuverlässigen Preis anzugeben (vgl Ertl in Rummel 3 § 1386 ABGB Rz 1). Der Ausnahmefall, dass im Vergleichsweg als Entgelt eine Sache gegeben wird, die einem bestimmten Entgelt entspricht (vgl 5 Ob 325/71 = RS0018896) liegt hier gerade nicht vor, hat doch der Kläger im Gegenzug zur Verlängerung des Baurechts auf seine – jedenfalls der Höhe nach strittigen – Ansprüche aufgrund der von ihm erbrachten Arbeitsleistungen und getätigten Investitionen verzichtet.
[30] 4. Die Revision muss daher erfolglos bleiben.
[31] Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Anders als von der Nebenintervenientin verzeichnet, sind die Revisionsbeantwortungen nur auf Basis der Bewertung des Rechtsgestaltungsbegehrens durch den Kläger (10.000 EUR) zu honorieren. Der Nebenintervenientin steht auch kein Streitgenossenzuschlag zu, weil ihr weder zwei Parteien gegenüberstehen noch ihr Rechtsanwalt eine weitere Partei vertritt.
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