OGH 1Ob120/24i

OGH1Ob120/24i24.7.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei W*, vertreten durch Dr. Christine Kolbitsch, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei und den Gegner der gefährdeten Partei K*, vertreten durch Mag. Dr. Johannes Reisinger, Rechtsanwalt in Mureck, wegen Scheidung, hier wegen einstweiligen Unterhalts, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 2. Mai 2024, GZ 1 R 73/24y‑102, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00120.24I.0724.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Der Antragsgegner verpflichtete sich gegenüber der Antragstellerin mit gerichtlichem Vergleich vom 16. 8. 2023 zur Zahlung eines vorläufigen monatlichen Unterhalts von 330 EUR ab Juli 2023 sowie zur Weitergewährung des bisher geleisteten Naturalunterhalts.

[2] Das Erstgericht verpflichtete den Antragsgegner nach § 382 Z 8 lit a EO darüber hinaus zur Zahlung eines weiteren einstweiligen Unterhalts von 156 EUR monatlich; ein Mehrbegehren der Antragstellerin von 859 EUR monatlich wies es ab. Außerdem trug es dem Antragsgegner einen Prozesskostenvorschuss von 2.000 EUR auf.

[3] Gegen diese Entscheidung erhoben beide Parteien Rekurs. Der Antragsgegner wandte sich gegen den Zuspruch eines vorläufigen Unterhalts von weiteren 156 EUR monatlich sowie den auferlegten Prozesskostenvorschuss. Die Antragstellerin strebte im Rekursverfahren (statt der zuerkannten 156 EUR) einen zusätzlichen vorläufigen Geldunterhalt von 680 EUR monatlich an.

[4] Das Rekursgericht gab beiden Rekursen teilweise Folge und änderte den erstinstanzlichen Beschluss dahin ab, dass es den Antragsgegner (zusätzlich zu seinen mit Vergleich übernommenen Verpflichtungen) zu einem weiteren vorläufigen monatlichen Unterhalt von 376 EUR verpflichtete. Das Mehrbegehren der Antragstellerin von insgesamt 639 EUR wies es ab. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es hinsichtlich des bestätigenden und abändernden Teils nicht zu. Im Übrigen hob es den Zuspruch des Prozesskostenvorschusses unter Zurückverweisung der Rechtssache an die erste Instanz zur neuerlichen Entscheidung auf.

[5] Gegen die Verpflichtung zur Zahlung eines weiteren einstweiligen Unterhalts von 376 EUR monatlich erhob der Antragsgegner einen „außerordentlichen“ Revisionsrekurs, den das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorlegte.

Die Vorlage ist verfrüht.

Rechtliche Beurteilung

[6] 1. Nach den § 402 Abs 4 iVm § 78 EO sind auf Revisionsrekurse im Provisorialverfahren grundsätzlich die Vorschriften der Zivilprozessordnung anzuwenden.

[7] 2. Die Ermittlung des Werts des Entscheidungsgegenstands hat sich nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften der JN zu richten (§ 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 3 ZPO) und bestimmt sich beim Unterhalt nach § 58 Abs 1 JN mit dem 36‑fachen des im Rekursverfahren strittigen (RS0122735 [T1, T2]) monatlichen Erhöhungs- oder Herabsetzungsbegehrens (RS0046543). Sowohl der Anspruch auf laufenden monatlichen Unterhalt als auch derjenige auf Deckung notwendiger Prozess- und Anwaltskosten sind „Unterhalt“ im Sinne des § 94 ABGB und daher gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN für die Ermittlung der Revisionsrekurszulässigkeit zusammenzurechnen (RS0013486 [T3]).

[8] 3. Strittig war hier im Rekursverfahren abgesehen vom Prozesskostenvorschuss nur mehr ein laufender vorläufiger Unterhalt von 680 EUR monatlich.

[9] Der Wert des Entscheidungsgegenstands vor dem Rekursgericht betrug daher insofern 24.480 EUR. Auch bei Zusammenrechnung mit dem vor dem Rekursgericht ebenfalls strittigen Prozesskostenvorschuss von 2.000 EUR wird daher die Betragsgrenze von 30.000 EUR nicht überschritten

[10] 4. In Unterhaltssachen ist bei einem Wert des Entscheidungsgegenstands bis 30.000 EUR kein außerordentlicher Revisionsrekurs zulässig (§§ 505 Abs 4, 528 Abs 3 ZPO), sondern im Weg des Abänderungsantrags gemäß § 528 Abs 2a ZPO (hier iVm § 78 und § 402 Abs 4 EO) unter sinngemäßer Anwendung des § 508a ZPO sowie eines damit verbundenen ordentlichen Revisionsrekurses Abhilfe beim Rekursgericht zu suchen (2 Ob 18/10a mwN; 1 Ob 262/05v).

[11] Die Vorlage des „außerordentlichen“ Revisionsrekurses direkt an den Obersten Gerichtshof ist daher verfehlt. Inwieweit das Rechtsmittel einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen überlassen.

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