European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00106.24K.0704.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Antragsteller begehrten als (Mit‑)Eigentümer mehrerer Liegenschaften die Einverleibung von näher bezeichneten Grundstücksveränderungen durch Ab- und Zuschreibung gemäß einem von ihnen vorgelegten Teilungsplan samt Trennstücktabelle, die Eröffnung einer neuen Einlage, die Übertragung von abgeschriebenen Grundstücken samt einer darauf lastenden Dienstbarkeit und die Einverleibung des (Mit‑)Eigentums daran für die Zweit- bis Viertantragsteller.
[2] Das Erstgericht wies den Grundbuchsantrag ab. Hinsichtlich der Trennstücke 6, 7 und 8, die mit Straßengrundstücken der Neuntantragstellerin vereinigt werden sollten, fehle der Nachweis der Kundmachung des Verwaltungsakts, mit dem Gemeingebrauch daran begründet wurde.
[3] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ den Revisionsrekurs zu, weil eindeutige Rechtsprechung des Höchstgerichts zur Frage fehle, ob im Fall der Zuschreibung von Trennstücken zu einem dem Gemeingebrauch gewidmeten Grundstück die von der Rechtsprechung geforderte Widmung dieser Trennstücke als öffentliches Gut nicht nur durch Gesetz, Verordnung oder einen individuellen Verwaltungsakt, sondern auch durch Vorlage eines diese Widmung bejahenden Gemeinderatsbeschlusses bzw einer diesen enthaltenden Niederschrift gemäß § 45 K‑AGO nachgewiesen werden könne.
[4] In ihrem ordentlichen Revisionsrekurs streben die Antragsteller die Abänderung im Sinn einer Bewilligung ihres Grundbuchsantrags an und stellen hilfsweise einen Aufhebungsantrag.
Rechtliche Beurteilung
[5] Der Revisionsrekurs ist – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) – Ausspruchs des Rekursgerichts nicht zulässig, er kann keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG aufzeigen. Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG).
[6] 1. Gemäß § 94 Abs 1 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen. Es darf eine grundbücherliche Eintragung unter anderem nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG). Dabei ist es dem Grundbuchsgericht nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats (RS0060573) verwehrt, eine undeutliche und zu begründetem Zweifel Anlass gebende Urkunde auszulegen. Ob die dem Grundbuchsgesuch angeschlossenen Urkunden im Sinn des § 94 Abs 1 Z 3 GBG zu Zweifeln Anlass geben, ist eine Frage des Einzelfalls, die nur dann eine erhebliche Rechtsfrage aufwerfen könnte, wenn dem Rekursgericht eine aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen ist (RS0060573 [T18]; RS0060878 [T55]; 5 Ob 205/23t). Dies ist hier nicht der Fall.
[7] 2. Die Antragsteller begehren (unter anderem) die Abschreibung von Trennstücken dreier Grundstücke ihrer Liegenschaften und deren Zuschreibung zu als öffentliches Gut gewidmeten Grundstücken einer Liegenschaft der Neuntantragstellerin. Dass dies im Sinn des § 94 Abs 1 Z 3 GBG den urkundlichen Nachweis gegenüber dem Grundbuchsgericht voraussetzt, dass diese Trennstücke – nunmehr – dem Gemeingebrauch gewidmet sind, entspricht der Rechtsprechung des Fachsenats (5 Ob 44/03m; 5 Ob 283/05m [ebenso Zuschreibung eines Grundstücks zu einer Liegenschaft, bei der die Eigenschaft als „öffentliches Gut“ bereits im Sinn des § 8 Z 3 GBG ersichtlich gemacht worden war]). In der Entscheidung 5 Ob 283/05m stellte der Fachsenat zu der von der Revisionsrekurswerberin als erheblich in den Raum gestellten Rechtsfrage der Auswirkung des § 25 Abs 2 LiegTeilG auch bereits klar, dass es sich dabei lediglich um eine Bestimmung für das Eintragungsverfahren nach einer Liegenschaftsteilung handelt, die aber keine generelle materiell‑rechtliche Eintragungsgrundlage etwa im Sinn eines Widmungsakts für den Gemeingebrauch schaffen kann. Auch dass die Antragstellerin den Abtretungsvertrag „als Verwalterin öffentlichen Gutes“ abgeschlossen hatte, besagte nur, dass sie beim Ankauf des Grundstücks privatrechtliche Agenden im Sinn des § 290 ABGB wahrgenommen hat. Die Beschlussfassung des Gemeinderats laut Vertrag reichtenicht aus, um die begehrte Ersichtlichmachung der Zugehörigkeit des abzutretenden Grundstücks zum öffentlichen Gut als urkundlich nachgewiesen anzusehen. (Nur) dem Argument, ein urkundlicher Nachweis des Widmungsakts sei nicht möglich, hielt der Senat entgegen, dass § 45 Abs 1 K‑AGO vorsieht, dass über die Verhandlungen des Gemeinderats unter der Verantwortung des Leiters des Inneren Dienstes eine Niederschrift zu führen ist, die nach § 45 Abs 2 K‑AGO unter anderem insbesondere die im Verlauf der Sitzung gestellten Anträge, die Art ihrer Erledigung, die vom Gemeinderat gefassten Beschlüsse nach ihrem genauen Wortlaut und das Ergebnis der Abstimmung zu enthalten hat.
[8] 3. Entgegen der Auffassung der Revisionsrekurswerber ist daraus aber nicht ableitbar, dass die Vorlage des Protokolls über die Verhandlung des Gemeinderats allein in jedem Fall ausreichend wäre, um die (rechtswirksame) Widmung der abgetretenen Grundstücksteile zum Gemeingebrauch nachzuweisen. Gemäß § 15 Abs 1 der K‑AGO hat der Bürgermeister nämlichVerordnungen der Gemeinde, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, im elektronisch geführten Amtsblatt der Gemeinde (§ 80a) unter der Internetadresse der Gemeinde kundzumachen. Gemäß § 15 Abs 5 K‑AGO treten Verordnungen, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt oder wenn nicht ausdrücklich ein späterer Zeitpunkt festgelegt ist, erst mit Ablauf des Tages der Freigabe zur Abfrage im Internet in Kraft. Jede Nummer des elektronisch geführten Amtsblattes hat diesen Tag zu enthalten. Lassen Verordnungen ihrem Umfang oder der Art nach die Kundmachung im elektronisch geführten Amtsblatt der Gemeinde nicht zu, sind sie gemäß § 15 Abs 6 K‑AGO zur öffentlichen Einsicht im Gemeindeamt während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden aufzulegen und auf diese Weise kundzumachen. Die Auflage zur öffentlichen Einsicht ist im elektronisch geführten Amtsblatt der Gemeinde kundzumachen. Derart kundgemachte Verordnungen treten, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt oder wenn nicht ausdrücklich ein späterer Zeitpunkt festgelegt ist, mit Ablauf des Tages ihrer Auflage zur öffentlichen Einsicht in Kraft, wobei der Tag der Auflage zur öffentlichen Einsicht auf der Verordnung zu vermerken ist. Daraus ergibt sich – wie vom Erstgericht schon zutreffend hervorgehoben –, dass die Wirksamkeit der Begründung des Gemeingebrauchs an den abgetretenen Trennstücken auch eine der K‑AGO entsprechende Kundmachung des Verwaltungsakts (hier Verordnung) voraussetzt.
[9] 4. Die Auffassung, die Antragsteller seien dem diesbezüglichen Verbesserungsauftrag des Erstgerichts nach § 82a GBG nicht (ausreichend) nachgekommen, zumal sich die von ihnen vorgelegte Einreihungsverordnung (./13), die vom 25. 4. 2012 datiert und bereits am 30. 4. 2012 (!) angeschlagen wurde, die Grundstücke 1666 und 1669/1, zu denen die Trennstücke zugeschrieben werden sollen, gar nicht erwähnt, ist im Einzelfall nicht zu beanstanden. Eine Kundmachung der in der Niederschrift des Gemeinderats vom 29. 9. 2022 (./12) beschlossenen Widmung der drei an diese Grundstücke abzutretenden Trennstücke zum Gemeingebrauch lässt sich aus dieser Einreihungsverordnung schon gar nicht ableiten. Der Bescheid über die Bewilligung der Grundstücksteilung entsprechend dem Teilungsplan vom 15. 4. 2022 bezieht sich nach seiner Begründung nur auf das Grundstück 121 GB * (und ordnet nicht etwa im Sinn des § 3 Abs 1 K‑GTG Auflagen im Sinn der Verpflichtung des Grundstückseigentümers zur Übereignung von Grundflächen nach Maßgabe der Abs 2 bis 8 leg cit an die Gemeinde an).
[10] 5. Die Auffassung der Vorinstanzen, hier sei für den Nachweis einer rechtswirksamen Begründung des Gemeingebrauchs an den abzutretenden Teilstücken vom Grundstück neben der Vorlage der Niederschrift des Gemeinderats auch der Nachweis der Kundmachung des entsprechenden Verwaltungsakts erforderlich, ist daher einerseits durch bereits vorliegende höchstgerichtliche Rechtsprechung gedeckt und andererseits im Hinblick darauf, dass sich eine Kundmachung aus der vorgelegten Einreihungsverordnung nicht zweifelsfrei ableiten lässt, im Einzelfall nicht korrekturbedürftig.
[11] 6. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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