OGH 5Ob283/05m

OGH5Ob283/05m10.1.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Gemeinde H*****, vertreten durch Dr. Georg Scheichenbauer, öffentlicher Notar in Feldkirchen, wegen Ab- und Zuschreibung eines Grundstücks betreffend die Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** je GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 28. September 2005, AZ 3 R 273/05i, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Feldkirchen vom 27. Juli 2005, TZ 1556/05, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mag. Dr. Ingrid T***** ist bücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** GB *****, zu welcher u.a. das Grundstück Nr 510/7, Benützungsart „Sonstige" (Straßenanlage), gehört. Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** GB ***** - öffentliches Gut.

Mag. Dr. Ingrid T***** und die Antragstellerin, vertreten durch den Bürgermeister sowie je ein Mitglied des Gemeindevorstands und des Gemeinderats, schlossen am 1. 12. 2004/14. 3. 2005/15. 6. 2005 einen notariellen Abtretungsvertrag mit folgendem - auszugsweise wiedergegebenen - Inhalt:

„....

1.

Frau Mag. Dr. Ingrid T***** ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ ***** GB *****. Zu dieser Liegenschaft gehört u.a. das Grundstück 510/7 von 756 m². Es handelt sich hiebei um einen Weg, der seit geraumer Zeit wie ein öffentlicher Weg genutzt wird.

Um nunmehr den Grundbuchsstand den tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen, hat der Gemeinderat der Gemeinde H***** den Beschluß gefaßt, die vorne angeführte Wegparzelle in das öffentliche Gut der Gemeinde H***** zu übernehmen.

2.

Frau Mag. Dr. Ingrid T***** erklärt nunmehr, das vorne näher bezeichnete Grundstück 510/7 KG H***** aus der Liegenschaft EZ ***** GB H***** in das öffentliche Gut der Gemeinde H***** abzutreten.

Die Gemeinde H***** in ihrer Eigenschaft als Verwalterin des öffentlichen Gutes, erklärt, das genannte Grundstück in das öffentliche Gut der Gemeinde H***** zu übernehmen.

3.

Die Abtretung erfolgt unentgeltlich, und zwar im Hinblick darauf, daß das gegenständliche Grundstück keinen Verkehrswert hat.

4.

Die Übergabe und Übernahme des Vertragsgrundstückes in den Besitz der Erwerberin ist durch die öffentliche Nutzung bereits vor Unterfertigung dieses Vertrages erfolgt. Nutzen, Vorteil, Last und Gefahr sind daher bereits auf die Gemeinde H***** übergegangen.

....

7.

Festgehalten wird, daß die Gemeinde H***** eine inländische Körperschaft des öffentlichen Rechtes ist. Dieser Vertrag bedarf daher keiner behördlichen Genehmigung.

8.

Der Beschluß zum Abschluß des gegenständlichen Vertrages zur Übernahme des Vertragsgrundstückes in das öffentliche Gut wurde vom Gemeinderat der Gemeinde H***** am 17. 6. 2004 ordnungsgemäß gefaßt.

9.

Auf Grund dieses Vertrages bewilligen die Vertragsteile bei der Liegenschaft EZ ***** GB ***** die Abschreibung des Grundstückes 510/7, die Einverleibung des Eigentumsrechtes darauf für die Gemeinde H***** - öffentliches Gut, und die Zuschreibung dieses Grundstückes zur Liegenschaft EZ ***** GB *****.

....".

Die Antragstellerin stellte am 27. Juli 2005 zu TZ 1556/05 beim Erstgericht den Antrag, auf Grund des Abtretungsvertrags vom 15. 6. 2005 zu bewilligen, dass bei der Liegenschaft EZ ***** GB ***** - Eigentümerin Mag. Dr. Ingrid T*****, das Grundstück 510/7 lastenfrei abgeschrieben und der Liegenschaft EZ ***** GB ***** - Eigentümerin Gemeinde H***** - öffentliches Gut zugeschrieben wird.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Öffentliches Gut entstehe durch Gesetz, Verwaltungsakt (zB: Beschluss des Gemeinderats) oder stillschweigende Widmung. Auch wenn ein Grundstück zum Zweck der Widmung für das öffentliche Gut abzutreten sei, werde dieses nicht ex lege zum öffentlichen Gut, sondern es bedürfe dazu eines formgerechten Widmungsakts, welchen die Antragstellerin urkundlich hätte nachweisen müssen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Abschreibung eines Grundstücks und dessen Widmung zum Gemeingebrauch stellten zwei getrennte Akte dar, denen verschiedene rechtliche Vorgänge zugrunde lägen. Die Abtretung sei privatrechtliches Rechtsgeschäft, während öffentliches Gut durch Gesetz, Verwaltungsakt oder stillschweigende Widmung entstehe. Vorliegend komme für die Widmung nur ein Verwaltungsakt in Frage, nämlich der Gemeinderatsbeschluss, mit welchem die abgetretene Grundfläche dem Gemeingebrauch gewidmet werde. In Punkt 8. des Abtretungsvertrags werde zwar ein Beschluss des Gemeindrats vom 17. 6. 2004 zitiert, mit welchem dieser den Abschluss des Vertrags und die Übernahme des Grundstücks in das öffentliche Gut beschlossen habe, doch bleibe unklar, ob es sich hiebei um die grundsätzliche Genehmigung des Vertrags bzw um den hiefür erforderlichen Verwaltungsakt, nämlich die Widmung zu Gemeingebrauch gehandelt habe. Selbst wenn man Letzteres annehmen wollte, fehle der Nachweis der zur Wirksamkeit der Widmung notwendigen Verlautbarung des hoheitlichen Verwaltungsakts. Dem Rekurs der Antragstellerin könne daher kein Erfolg beschieden sein.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 20.000 Euro und - nach Zulassungsvorstellung - es sei der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig; es fehle nämlich an einer Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob die Bestätigung der Gemeindeorgane über den ordnungsgemäß gefassten Widmungsbeschluss als urkundlicher Nachweis für dessen Zustandekommen und Verlautbarung ausreiche.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Begehren auf Abänderung im Sinne der Bewilligung der begehrten Grundbuchshandlung. Die Antragstellerin erachtet die im Abtretungsvertrag enthaltene Bestätigung über das ordnungsgemäße Zustandekommen des Gemeinderatsbeschlusses auf Übernahme des Grundstücks in das öffentliche Gut für ausreichend. Eine Verlautbarung, wie sie das Rekursgericht zusätzlich für erforderlich erachte, sei nach der Kärtner Allgemeinen Gemeindeordnung (K-AGO, LGBl Nr 66/1998) nur in wenigen, hier nicht in Frage kommenden Ausnahmefällen geboten.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

1. § 287 ABGB unterscheidet zwischen den dem Gemeingebrauch gewidmeten Sachen des Staates und jenem Staatseigentum, das zur Bedeckung der Staatsbedürfnisse bestimmt ist; § 288 ABGB führt die gleiche Unterscheidung für das Gemeindeeigentum durch (Klang in Klang II2, 4). Eine Gebietskörperschaft kann demnach Eigentümerin von Liegenschaften sein, die dem Gemeingebrauch gewidmet und dementsprechend dem öffentlichen Gut bzw Gemeindegut zuzurechnen sind; ihr können aber auch Liegenschaften gehören, die keiner Beschränkung durch den Gemeingebrauch unterliegen (vgl 1 Ob 268/01w = immolex 2002/85; vgl auch Spielbüchler in Rummel³, § 287 ABGB Rz 1 ff). Die Begründung des Gemeingebrauchs, die einer im Eigentum einer Gebietskörperschaft stehenden Liegenschaft die Qualifikation des öffentlichen Guts verleiht, bedarf eines besonderen Widmungsakts, für den Gesetze, Verordnungen (etwa Einreihungsverordnungen) und individuelle Verwaltungsakte (Klicka in Schwimann³ § 287 ABGB Rz 7 mwN), nach Judikatur und überwiegender Lehre auch eine entsprechend langjährige Übung in Frage kommen (vgl 4 Ob 523/68 = SZ 41/48; 5 Ob 106/97t = MietSlg 49/41; 1 Ob 268/01w = immolex 2002/85).

2. Kommt es zur Übernahme einer Liegenschaft ins öffentliche Gut fordern manche Instanzgerichte (vgl etwa LG Innsbruck RPflSlgG 1990) und ein Teil der Lehre (Feil, Das öffentliche Gut und seine Verbücherung, ÖJZ 1957, 62 [64]) einen Nachweis, dass eine rechtswirksame Widmung des betreffenden Grundstücks zum Gemeingebrauch vorliegt. Der erkennende Senat hat in 5 Ob 44/03m = SZ 2003/33 = MietSlg 55/8 = NZ 2003/97 = EvBl 2003/134 ebenfalls den urkundlichen Nachweis der Widmung zum Gemeingebrauch - allerdings im dort zu beurteilenden Fall einer neu zu eröffnenden Einlage - schon deshalb für erforderlich erachtet, weil auch für Ersichtlichmachungen (Anmerkungen iSd § 8 Z 3 GBG), die einen Antrag voraussetzen, gelte, dass diese gemäß § 94 Abs 1 Z 3 und Z 4 GBG durch den Inhalt formgültiger Urkunden begründet erscheinen müssten. Demnach wäre, um dem Begehren auf Ersichtlichmachung "öffentliches Gut" im Eigentumsblatt der für ein Grundstück - neu - zu eröffnenden Einlage entsprechen zu können, der urkundliche Nachweis zu erbringen, dass das Grundstück dem Gemeingebrauch gewidmet sei. Ob dies uneingeschränkt, insbesondere auch dann gelte, wenn der bücherliche Eigentümer öffentlichen Guts - wie hier - die Zuschreibung eines Grundstücks zu seiner - bereits bestehenden - Einlage beantragt und dadurch die Rechtsfolge des § 25 Abs 2 LiegTeilG auslöst, hat der Oberste Gerichtshof in 5 Ob 44/03m ausdrücklich offen gelassen.

3. Im vorliegenden Fall ist die Antragstellerin (schon) Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** GB ***** - öffentliches Gut. Mit dem abzuschreibenden Grundstück Nr 510/7 soll hier nach dem die Eintragungsgrundlage bildenden Abtretungsvertrag - anders als in 5 Ob 44/03m - gerade keine neue Einlage gebildet, sondern es soll dieses Grundstück der bezeichneten Liegenschaft der Antragstellerin zugeschrieben werden, ob welcher die Eigenschaft als "öffentliches Gut" bereits iSd § 8 Z 3 GBG ersichtlich gemacht ist. Gemäß § 25 Abs 2 LiegTeilG erlangen zwar durch eine solche Zuschreibung alle Eintragungen, die sich auf den Grundbuchskörper beziehen, dem der Bestandteil zugeschrieben wird, auch für das zugeschriebene Grundstück Wirksamkeit (vgl 5 Ob 93/93 = NZ 1996, 143), doch ist daraus im vorliegenden Zusammenhang für die Antragstellerin nichts zu gewinnen:

4. § 25 Abs 2 LiegTeilG ist zunächst eine Bestimmung für das Eintragungsverfahren nach einer Liegenschaftsteilung (vgl 4 Ob 107/97g) und schafft jedenfalls keine generelle materiellrechtliche Eintragungsgrundlage, hier etwa im Sinn eines Widmungsakts für den Gemeingebrauch. Dass die Antragstellerin den Abtretungsvertrag „als Verwalterin des öffentlichen Gutes" abgeschlossen hat, besagt lediglich, dass sie beim Ankauf des Grundstücks privatrechtliche Agenden iSd § 290 ABGB wahrgenommen hat. Auch aus Punkt 8. des Abtretungsvertrags folgt kein ausreichender urkundlicher Beleg über eine rechtswirksame Widmung des Grundstücks für den Gemeingebrauch, ist doch die dort erwähnte Beschussfassung bereits geraume Zeit vor Abschluss des Abtretungsvertrags erfolgt, sodass allein aus diesem Vertragspassus nicht ausreichend dokumentiert erscheint, dass beim seinerzeitigen Beschluss des Gemeinderats - als dem für die Widmung zum Gemeingebrauch zuständigen Organ - eine konkrete inhaltlichen Befassung im Sinn des nunmehrigen Vertragsinhalts möglich war. Für die begehrte Ersichtlichmachung der Zugehörigkeit des abzutretenden Grundstücks zum öffentlichen Gut besteht daher das Eintragungshindernis des § 94 Abs 1 Z 3 GBG. Dass ein urkundlicher Nachweis des Widmungsakts nicht möglich sei, wie dies die Antragstellerin noch in ihrem Rekurs gegen den abweislichen Beschluss des Erstgerichts behauptete, kann schon deshalb nicht zutreffen, sieht doch § 45 Abs 1 K-AGO vor, dass über die Verhandlungen des Gemeinderats unter der Verantwortung des Leiters des inneren Dienstes eine Niederschrift zu führen ist, welche nach § 45 Abs 2 K-AGO u.a. insbesondere die im Verlauf der Sitzung gestellten Anträge, die Art ihrer Erledigung, die vom Gemeinderat gefassten Beschlüsse nach ihrem genauen Wortlaut und das Ergebnis der Abstimmung zu enthalten hat.

5. Das Eintragungshindernis des § 94 Abs 1 Z 3 GBG umfasst hier das gesamte Eintragungsgesuch, weil nach dem Inhalt des Abtretungsvertrags (Punkt 2.) nicht bloß die Grundstücksabtretung an die Antragstellerin, sondern „in das öffentliche Gut der Gemeinde Himmelberg" erfolgen soll. Es ist demnach nicht auszuschließen, dass die Zuschreibung des Grundstücks zum öffentlichen Gut als Bedingung oder Auflage gedacht war.

Dem Revisionsrekus der Antragstellerin ist daher nicht Folge zu geben.

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