OGH 8Ob50/24x

OGH8Ob50/24x22.5.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Tarmann‑Prentner als Vorsitzende sowie die Hofräte MMag. Matzka, Dr. Stefula, Dr. Thunhart und Mag. Dr. Sengstschmid als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen I* R*, geboren am * 2016, wohnhaft bei und vertreten durch die Mutter B* R*, diese vertreten durch Ing. Mag. Peter Huber, Rechtsanwalt in Hallein (Vater: C* G*, vertreten durch Mag. Ursula Schilchegger‑Silber, Rechtsanwältin in Wels), wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 23. Jänner 2024, GZ 21 R 296/23k‑23, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hallein vom 18. September 2023, GZ 42 Pu 17/22a‑19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0080OB00050.24X.0522.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Unterhaltsrecht inkl. UVG

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden – soweit sie noch nicht in Rechtskraft erwachsen sind, somit im Umfang der Abweisung des Antrags der Minderjährigen auf Zahlung von weiteren 250 EUR an Unterhalt ab 1. Dezember 2022 – aufgehoben. Die Pflegschaftssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Die am * 2016 geborene I* R* ist das Kind des C* G* und der B* R*. Sie wird im Haushalt der Mutter versorgt, die mit der Obsorge alleine betraut ist. Der Vater ist geldunterhaltspflichtig, wobei seine Unterhaltspflicht bislang nicht titelmäßig festgesetzt wurde. Er zahlte bislang monatlich 200 EUR an Unterhalt. Er ist Betriebsführer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs und gemeinsam mit seinem Vater und zu gleichen Teilen mit diesem Eigentümer der bewirtschafteten (ihrer Größe nach nicht festgestellten) Eigenfläche. Zudem bewirtschaftet er Fremdflächen (in ebenso nicht festgestelltem Ausmaß).

[2] Die Minderjährige beantragte, die Unterhaltspflicht ihres Vaters ab 1. 12. 2022 mit monatlich 450 EUR festzusetzen und ihn für näher genannte Zeiträume davor zur Zahlung von 22.088 EUR an rückständigem Unterhalt sowie zur Zahlung eines einstweiligen Unterhalts von 370 EUR ab Antragstellung bis zur rechtskräftigen Erledigung des Unterhaltsverfahrens zu verpflichten.

[3] Der Vater trat dem Antrag entgegen.

[4] Das Erstgericht verpflichtete den Vater zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 200 EUR ab dem 1. 12. 2022. Die weiteren Begehren wies es ebenso wie den im Verfahren von der Minderjährigen gestellten Antrag auf Einholung eines Buchsachverständigengutachtens zur Eruierung des Einkommens des Vaters ab. Es traf über den eingangs genannten Sachverhalt hinausgehend folgende Feststellungen:

„Der Kindesvater hat mit Schenkungsvertrag vom 3. 3. 2015 den Hälfteanteil an einem landwirtschaftlichen Betrieb von seiner Mutter übernommen. Die Landwirtschaft war zu diesem Zeitpunkt mit einem Kredit über rund 2,2 Mio EUR belastet bzw wies dieser gesamt laut Bilanz im Jahr 2018 rund 2 Mio und im Jahr 2020 rund 2,2 Mio EUR aus. Die väterlichen Großeltern betrieben davor einen großen Gemüseanbaubetrieb. Aufgrund von witterungsbedingten Missständen und auch aufgrund des Konkurses der Firma Konsum wurde von den Eltern Minus geschrieben. Nach der Übernahme des Hälfteanteils des landwirtschaftlichen Betriebes wurde vom Kindesvater, welcher seit 2017 Betriebsführer der Landwirtschaft ist, auf reinen Ackerbau umgestellt. Die Hofübernahme erfolgte vor der Beziehung der Kindeseltern.

Im Jahr 2020 wurden Dienstbarkeitsverträge mit einer Ziegelfabrik abgeschlossen, welche diese auf dem landwirtschaftlichen Grund zum Lehmabbau für 20 Jahre berechtig[en]. Hiefür erfolgte eine Zahlung von rund 1 Mio EUR, welche in die offene Kreditlast floss, da die Bank diesen sonst fällig gestellt hätte.

Der Kindesvater pachtet für die Bewirtschaftung der Landwirtschaft Fremdflächen sowie den Hälfteanteil seines Vaters zu. Aufgrund mündlicher Vereinbarung zahlt der Kindesvater dem väterlichen Großvater eine Jahrespacht von 20.000 EUR. Meistens werden zwei Saisonarbeitskräfte für die Bewirtschaftung des Betriebes für rund 6 Monate eingestellt, wobei diese im Jahr 2022 nicht eingestellt wurden.

Die Bilanz des Betriebes weist einen Verlust von 50.700,18 EUR aus, welcher mit Verlustvortrag aus dem Vorjahr sowohl in die Jahre 2019 und 2020 übertragen wurde.

Die Privatentnahme-Konten des Kindesvater s in der Bilanz zeigen folgendes Bild:

 

Konto

Jahr 2020

Jahr 2019

Jahr 2018

9403 Privatentnahmen C.G.

68,19

-3832,55

30002,38

9418 Bareinlage C.G.

27000

0

0

9600 Privat

70,46

-6230,55

0

    

 

Bei Summierung dieser Beträge würde sich insgesamt ein Privat-Einlage-Betrag von 47.077,93 EUR ergeben, was einer durchschnittlichen Einlage pro Monat von 1.307,72 EUR entsprechen würde.

Bei Außerachtlassung der Privat-Einlagen von 30.002,38 EUR im Jahr 2018, welche laut Vorbringen des Kindesvaters aus Ersparnissen für die Anschaffung eines betrieblichen Traktors vorgenommen und im Jahr 2022 wieder 'zurückbezahlt' und für die Anschaffung des gebrauchten PKWs verwendet wurde, sowie jener über 27.000 EUR – welches laut Vorbringen des Kindesvaters ein privates Darlehen der vGM für Saatgutrefinanzierung darstellte –, würden sich Privatentnahmen von 9.924,45 EUR ergeben, was einem monatlichen Betrag von 275,68 EUR entspricht.

Der Kindesvater wird weiters von seiner Mutter durch Essenskonsumation unterstützt.

Der Kindesvater lebt nicht in Lebensverhältnissen, welche auf ein höheres Einkommen oder Privatentnahmen, als aus den Bilanzen ersichtlich, schließen lassen.

Der Kindesvater verfügt über kein nennenswertes Vermögen.“

 

[5] Rechtlich begründete das Erstgericht seine Entscheidung damit, dass hier kein positiver Bilanzgewinn erwirtschaftet werde und ebenfalls die Privatentnahmen der abgeschlossenen Wirtschaftsjahre 2018 bis 2020 keine Entnahme, vielmehr eine Einlage ergäben. Es ergäben sich Entnahmen des Vaters von monatlich 275 EUR. Ergänze man diese um die von seinen Eltern erhaltene Essenskonsumation und berücksichtige man, dass er mit ihnen auf dem Hof wohne und einen privaten PKW fahre, so lasse dies „insgesamt eine Bemessungsgrundlage hinsichtlich Lebenszuschnitt von rund 1.100 bis 1.150 EUR zu“. Der bis zur Antragstellung geleistete Unterhaltsbetrag von 200 EUR sei damit im Hinblick auf die Lebensverhältnisse des Vaters und auch unter Berücksichtigung des Unterhaltsexistenzminimums von derzeit 970 EUR gerechtfertigt. Ihn auf eine unselbständige Erwerbstätigkeit anzuspannen sei im Hinblick darauf, dass er im Familienverband auf dem Hof lebe und bei Aufgabe der Bewirtschaftung zumindest mittelfristig mit dem Verlust der Lebensgrundlage bzw des Wohnsitzes seiner Eltern zu rechnen wäre, nicht möglich. Dieser Umstand sei beim Vergleich mit einer fiktiven intakten Familie zu berücksichtigen, da die Übernahme der Landwirtschaft vor Kenntnis der Sorgepflicht gegenüber dem Kind stattgefunden habe.

[6] Das Rekursgericht bestätigte, sich der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts anschließend, diese Entscheidung. Das Erstgericht habe die Einkommens- und Vermögenslage des Vaters „umfassend erhoben und dabei auch die aus den Finanzübersichten, Kontoauszügen und Kontenregisterausdrucken ersichtlichen Zahlungsein- und ‑ausgänge berücksichtigt“. Es habe von der Einholung des von der Minderjährigen beantragten Gutachtens auch wegen § 34 AußStrG Abstand nehmen können, „weil mit der gutachterlichen ex-ante Beurteilung eine weitwendige, arbeitsintensive und kostenaufwändige Beweisaufnahme verbunden war, von der nur ein fraglicher Erfolg zu erwarten war“.

[7] In ihrem vom Rekursgericht nachträglich zugelassenen, wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens erhobenen Revisionsrekurs beantragt die Minderjährige allein eine Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen dahin, dass ihrem Antrag auf Leistung eines väterlichen Unterhalts ab 1. 12. 2022 in Höhe von 450 EUR stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungs‑ und Zurückverweisungsantrag gestellt.

[8] Das Vater beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung die Abweisung des Revisionsrekurses.

[9] Der Revisionsrekurs ist – wie in der Zulassungsbeschwerde zutreffend gerügt – zulässig, weil die Vorinstanzen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen sind, und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrags auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

[10] 1.1. Bemessungsgrundlage für die Unterhaltsverpflichtung ist nach einhelliger Auffassung die Summe aller tatsächlichen in Geld oder geldwerten Leistungen erzielten Einkünfte, über die der Unterhaltspflichtige verfügen kann. Das ist bei unselbständig Erwerbstätigen das Nettoeinkommen, also das Bruttogehalt einschließlich Überstundenentlohnung und Sonderzahlungen vermindert um Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge. Bei selbständig Erwerbstätigen ist dagegen nicht der steuerliche Reingewinn maßgebend, sondern der tatsächlich verbleibende, wie er sich aus den realen Einnahmen unter Abzug realer Betriebsausgaben sowie der Zahlungspflicht für einkommens- und betriebsgebundene Steuern und öffentliche Abgaben ergibt. Insgesamt ist das Gesamteinkommen des Unterhaltspflichtigen nach Abzug von Steuern und öffentlichen Abgaben vom Einkommen und die sich daraus ergebende tatsächliche wirtschaftliche Lage entscheidend, somit die Summe der dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zur Verfügung stehenden Mittel (2 Ob 115/11t = EF‑Z 2012/44 [Gitschthaler] mwN; RS0013386 [T11, T35] ua).

[11] 1.2. Nach ebenso ständiger Rechtsprechung erfolgt bei selbständig Tätigen ganz allgemein die Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage für zukünftigen Unterhalt aus dem Durchschnittseinkommen der drei letzten, der Beschlussfassung vorangehenden Wirtschaftsjahre, sofern nicht gesicherte aktuelle Daten zur Verfügung stehen. Damit sollen Einkommensschwankungen, die auf steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten zurückzuführen sind, ausgeschaltet und eine verlässliche Bemessungsgrundlage gefunden werden (RS0053251 [T5, T6, T16]). Das gilt nicht nur für „Betriebseinnahmen-Betriebsausgaben-Rechner“ gemäß § 4 Abs 3 EStG 1988, sondern auch bei der Gewinnermittlung durch Bilanzierung gemäß § 4 Abs 1 EStG 1988 (RS0053251 [T1]).

[12] 1.3. Anstelle des Betriebsergebnisses treten die Nettoprivatentnahmen (Privatentnahmen vermindert um die auf den Unternehmensgewinn entfallende Einkommenssteuer), wenn diese den Reingewinn übersteigen oder die Betriebsbilanz einen Verlust aufweist. Privatentnahmen sind alle nicht betrieblichen Bar- und Naturalentnahmen (RS0047382 [T6]; RS0013386 [T33, T49]).

[13] 1.4. Handelt es sich beim Unterhaltspflichtigen um einen selbständigen Land- und Forstwirt, so sind die diesem aus dem Betrieb zukommenden Naturalbezüge, soweit sie in Geld bewertbar sind, jedenfalls bei der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen, bietet doch hier der reine Finanzertrag des Betriebs allein kein vollständiges Bild der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebsführers (8 Ob 106/13s [Pkt 6] = EF-Z 2014/160 [Gitschthaler]; siehe auch RS0109238). Zudem sind die einem unterhaltspflichtigen Land- und Forstwirt zustehenden Förderungen Bestandteil von dessen Einkommen und damit in die Unterhalts‑bemessungsgrundlage einzubeziehen (1 Ob 180/97w; RS0107943).

[14] 1.5. Der Lebenszuschnitt kann nach der Rechtsprechung ausnahmsweise dann zur Bestimmung der Unterhaltsbemessungsgrundlage herangezogen werden, wenn das Einkommen nicht ermittelt werden kann, der Lebensaufwand des Unterhaltspflichtigen aber für ein bestimmtes Einkommen spricht (2 Ob 224/08t [Pkt 1.4.]; 3 Ob 111/13i [Pkt 1] = EF-Z 2014/80 [Gitschthaler]). Auf den Lebenszuschnitt zu rekurrieren setzt also voraus, dass hinsichtlich von Einkünften aus Arbeit und/oder Vermögen keine konkreten Feststellungen möglich sind (idS auch Gitschthaler, Unterhaltsrecht4 [2019] Rz 198 Pkt 7).

[15] 2. Die Entscheidungen der Vorinstanzen stehen in mehrerer Hinsicht mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht im Einklang:

[16] Zum Einen legten die Vorinstanzen ihren Entscheidungen hinsichtlich des zukünftigen Unterhalts nicht die drei letzten abgeschlossenen Wirtschaftsjahre vor Fassung des erstgerichtlichen Beschlusses – dies wären die Jahre 2020, 2021 und 2022 gewesen – zugrunde. Zum Anderen fehlt es an substantiellen Feststellungen zu den realen Erträgen und Aufwendungen aus dem Betrieb im Sinne der dargelegten Rechtsprechung; die Vorinstanzen begnügten sich insofern mit dem Satz „Die Bilanz des Betriebes weist einen Verlust von 50.700,18 EUR aus, welcher mit Verlustvortrag aus dem Vorjahr sowohl in die Jahre 2019 und 2020 übertragen wurde.“ Wenn die Vorinstanzen letztlich eine Bemessungsgrundlage „hinsichtlich Lebenszuschnitt“ annehmen, so übergehen sie, dass eine Bezugnahme auf den Lebenszuschnitt nur bei fehlender Feststellbarkeit des Einkommens statthaft ist. Im Übrigen ist zur von den Vorinstanzen – jeweils nur in der rechtlichen Beurteilung – angeführten Bemessungsgrundlage von 1.100 bis 1.150 EUR anzumerken, dass diese sachverhaltsmäßig nicht nachvollzogen werden kann.

[17] 3. Im Revisionsrekurs wird – wie auch bereits im Rekurs – die Abweisung des Antrags der Rechtsmittelwerberin auf Einholung des Gutachtens eines Buchsachverständigen zur Eruierung der betrieblichen Einkünfte ihres Vaters gerügt. Auch hier befindet sich die Revisionsrekurswerberin grundsätzlich im Recht:

[18] Hier hat die Minderjährige von Anfang an auf die Einholung eines Gutachtens zur Klärung des Einkommens ihres Vaters gedrängt und ist die Einholung eines solchen zur Klärung des strittigen Unterhalts auch notwendig. Dass, wie vom Rekursgericht vertreten, das Erstgericht die Einkommens- und Vermögenslage des Vaters „umfassend erhoben und dabei auch die aus den Finanzübersichten, Kontoauszügen und Kontenregisterausdrucken ersichtlichen Zahlungsein- und -ausgänge berücksichtigt [hat]“, überzeugt bereits deshalb nicht, weil es hier um einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb geht und – wie bereits in Punkt 1.4. angeführt – bei einem solchen regelmäßig betriebliche Naturalempfänge des Unterhaltspflichtigen mitzuberücksichtigen sind, welche ihrer Natur nach aber gerade nicht in den genannten Unterlagen aufscheinen. Die Einholung eines Gutachtens ist in einem solchen Fall regelmäßig – und so auch hier – notwendig (zu einem solchen Gutachten siehe auch Bochsbichler, Unterhaltsrelevantes Einkommen aus land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, SV 2014, 188).

[19] Es kann dahingestellt bleiben, ob der auf das Verfahren außer Streitsachen ausgedehnte Grundsatz, dass ein vom Gericht zweiter Instanz verneinter erstinstanzlicher Mangel in dritter Instanz nicht erfolgreich zum Gegenstand einer Verfahrensrüge gemacht werden kann, hier schlagend wird. Im Pflegschaftsverfahren wäre dieser ohnehin dann nicht anzuwenden, wenn das die Interessen des Kindeswohls erfordern (RS0050037 [T1]; RS0030748 [T2, T5, T18, T24]). In einem Unterhaltsverfahren gilt dies zumindest bei Vorliegen „besonderer Gründe“ (vgl RS0050037 [T5 und T9]; RS0030748 [T4, T7]). Hier erfordert bereits die Unvollständigkeit der Sachverhaltsgrundlage letztlich die Einholung eines Gutachtens aus dem Bereich der Land- und Forstwirtschaft bzw der Buchhaltung.

[20] Ein solches Gutachten hier einzuholen ist entgegen der Ansicht des Rekursgerichts auch nicht unverhältnismäßig iSd § 34 AußStrG. Strittig ist immerhin noch ein (weiterer) monatlicher Unterhalt von 250 EUR und weist doch der verfahrensgegenständliche Betrieb allein hinsichtlich der bewirtschafteten Eigenfläche, folgt man dem Grundbuch, immerhin eine Größe von ca 17 ha auf; hinzu kommt die mitbewirtschaftete Fremdfläche in noch nicht festgestelltem Ausmaß.

[21] 4. Es sind daher die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht ist die neuerliche Entscheidung nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Eruierung des land- und forstwirtschaftlichen Einkommens des Vaters (Ermittlung des tatsächlichen Nettoertrags des Betriebs; Ermittlung der privaten Geld- und Naturalentnahmen aus dem Betrieb) aufzuheben. Insoweit der Zeitraum, für den die Antragstellerin noch (zusätzlichen) Unterhalt begehrt („ab 1. 12. 2022“), im Zeitpunkt der Beschlussfassung erster Instanz im zweiten Rechtsgang in der Vergangenheit liegen wird, wird das Erstgericht zu berücksichtigen haben, dass es insofern auf die tatsächliche finanzielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen genau für diese Unterhaltsperioden ankommt (vgl 1 Ob 13/19x [Pkt 3.4.] mwH; RS0053251 [T3, T23]).

[22] Der Kostenvorbehalt beruht auf § 78 AußStrG.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte