OGH 5Ob37/24p

OGH5Ob37/24p16.5.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft EZ * KG *, vertreten durch Mag. Maximilian Kocher, Rechtsanwalt in Brunn am Gebirge, sowie der Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei 1. B* GmbH, *, 2. B*, ebenda, beide vertreten durch Lattenmayer, Luks & Enzinger Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei M*, vertreten durch Anwalt GmbH Rinner Teuchtmann, Linz, wegen 11.193,80 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 30. November 2023, GZ 64 R 96/23z‑32, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Hernals vom 26. Juni 2023, GZ 7 C 212/22p‑19, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00037.24P.0516.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Wohnungseigentumsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.032,90 EUR (darin 172,15 EUR USt) und den Nebenintervenientinnen die mit 1.135,88 EUR (darin 189,31 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortungen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der Beklagte ist grundbücherlicher (Mit‑)Eigentümer eines Objekts, das er am 23. 12. 2009 an eine GmbH verkaufte, deren Gesellschafter und handelsrechtlicher Geschäftsführer er ist. Aufgrund einer Mitteilung des Beklagten über den Verkauf schrieb die Hausverwaltung dieser GmbH wunschgemäß die monatlichen Wohnbeiträge vor, die diese nur teilweise bezahlte. Aufgrund von Feuchtigkeitsschäden im Objekt kam es zu Streitigkeiten zwischen dem Beklagten und der Klägerin und einem wohnrechtlichen Außerstreitverfahren beim Erstgericht. Die Folge waren Zahlungsrückstände des Beklagten bzw der GmbH, die sein Objekt gekauft hatte.

[2] Die klagende Eigentümergemeinschaft begehrte zuletzt 11.193,80 EUR an Rückständen aus Vorschreibungen für den Zeitraum 2010 bis 2023 vom Beklagten, der nach wie vor grundbücherlich Mit‑ und Wohnungseigentümer sei. In der Aufschlüsselung des Klagebetrags finden sich jeweils die monatlichen Vorschreibungen, gutgeschriebene Zahlungen und die von der Klägerin abgezogenen Guthaben aus den jährlichen Betriebskostenabrechnungen.

[3] Der Beklagte bestritt seine passive Klagelegitimation wegender mit der Klägerin vereinbarten Schuldübernahme durch die kaufende GmbH. Mangels Vorschreibung an den Beklagten sei die Klägerin nicht aktiv klagelegitimiert. Die Zusammensetzung des Klagebetrags sei nicht nachvollziehbar, die Klage unschlüssig. Vor 2019 fällig gewordene Forderungen seien verjährt. Außerdem wendete der Beklagte eine Gegenforderung von 36.000 EUR wegen „schikanöser Prozessführung der Mehrheit der Eigentümergemeinschaft durch die Hausverwaltung“ ein; da diese die sofortige Behebung eines Feuchtigkeitsschadens verweigert habe, sei der kaufenden GmbH ein monatlicher Schaden von 400 EUR über 90 Monate entstanden, der der Klägerin zuzurechnen sei. Die GmbH habe den Anspruch an den Beklagten abgetreten.

[4] Die Hausverwalterin und deren Geschäftsführerin traten dem Verfahren als Nebenintervenientinnen auf Seiten der Klägerin bei.

[5] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

[6] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass es aussprach, dass die Klageforderung mit 11.193,80 EUR sA zu Recht bestehe, während es die Einrede der Gegenforderung abwies, woraus unverändert die vollinhaltliche Klagestattgebung resultierte. Auch das Berufungsgericht bejahte die aktive Klagelegitimation der Klägerin und die Passivlegitimation des Beklagten. Es hielt das Klagebegehren für schlüssig. Einer Aufschlüsselung der monatlichen Wohnbeiträge bedürfe es nur, wenn die einzelnen Bestandteile unterschiedlich verjähren, was nicht der Fall sei. Zu 5 Ob 162/19p habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass die Beitragsforderungen der Eigentümergemeinschaft iSd §§ 31, 32 WEG der Regelverjährungszeit des § 1479 ABGB unterliegen. Zur Gegenforderung verwies es auf den Zweck des Wohnungseigentumsvertrags, aus dem sich ein Aufrechnungsverzicht gegen Akontovorschreibungen ergebe, überdies könne mit Schadenersatzansprüchen des beklagten Wohnungseigentümers gegen den Verwalter wegen pflichtwidriger Hausverwaltertätigkeit nicht gegen die Forderung der Eigentümergemeinschaft aufgerechnet werden.

[7] Die Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob sämtliche Forderungen der Eigentümergemeinschaft auf liegenschaftsbezogene Aufwendungen nach § 32 Abs 1 WEG 2002 in 30 Jahren verjähren. 5 Ob 29/82 habe dies nur für Beiträge zur Rücklage ausgesprochen, während Ansprüche des Hausverwalters gegen Wohnungseigentümer aus rückständigen Betriebskosten, öffentlichen Abgaben und Hausverwalterhonorar der kurzen Verjährung des § 1486 Z 1 ABGB unterlägen. 5 Ob 162/19p sei von einer 30jährigen Verjährungsfrist für Beitragsforderungen der Eigentümergemeinschaft ausgegangen. 5 Ob 99/21a habe die unterschiedliche Rechtsprechung dargestellt, die Verjährung der Akontovorschreibungen wegen eines anders gelagerten Sachverhalts aber offengelassen.

[8] Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten, in der er die Abänderung im Sinn einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens, hilfsweise eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen anstrebt.

[9] Die Klägerin und die Nebenintervenientinnen beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen, die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

[10] Die Revision ist – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruchs des Berufungsgerichts nicht zulässig, sie kann keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen.

Rechtliche Beurteilung

[11] 1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und Aktenwidrigkeit wurden geprüft, sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[12] 2. Soweit der Revisionswerber für den Fall, dass sich „das Berufungsgericht mit dem Akteninhalt auseinandergesetzt und nicht als Folge vorgreifender unrichtiger rechtlicher Beurteilung ignoriert hätte“, Feststellungen anstrebt, versucht er die Sachverhaltsgrundlage anzugreifen, übersieht dabei aber, dass der Oberste Gerichtshof grundsätzlich nicht als Tatsacheninstanz, sondern ausschließlich als Rechtsinstanz zur Überprüfung von Rechtsfragen tätig ist (RS0123663), und das Berufungsgericht nicht verpflichtet ist, sich im Rahmen der Überprüfung der vom Erstgericht getroffenen Sachverhaltsfeststellungen mit jedem einzelnen Beweisergebnis oder jedem einzelnen Argument des Berufungswerbers auseinanderzusetzen (RS0043162).

[13] 3. Da gemäß § 2 Abs 5 Satz 2 WEG 2002 alle Wohnungseigentümer zur Verwaltung der Liegenschaft die Eigentümergemeinschaft als juristische Person mit Rechtsfähigkeit in dem durch § 18 Abs 1 und 2 WEG umschriebenen Umfang bilden, diese daher Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden kann, entspricht es der Rechtsprechung (5 Ob 28/12x; Painsi in GeKo Wohnrecht II § 18 WEG Rz 34), dass die Eigentümergemeinschaft zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen einen mit seinen Beitragszahlungen säumigen Wohnungseigentümer aktiv legitimiert ist. Für die Auffassung des Revisionswerbers, die Klägerin sei – wenn nicht durch den Verwalter vertreten – nicht „für sich allein aktiv klagelegitimiert“, fehlt es an einer Grundlage. Der Rechtssatz RS0083442 befasste sich mit der durch das 3. WÄG eingeführten (Wohnungs‑)Eigentümergemeinschaft und deren Vertretung nach außen durch den gemeinsamen Verwalter und sprach aus, dass zur Durchsetzung von Ansprüchen der (Wohnungs‑)Eigentümergemeinschaft gegen einen Wohnungseigentümer die Klage vom Verwalter nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter der (Wohnungs‑)Eigentümergemeinschaft einzubringen ist (RS0083442 [T3]). Nur wenn der Verwalter aus eigenem Vermögen in Vorlage getreten wäre, steht ihm eine materiell eigene Forderung zu (RS0083442 [T5]). Der Rechtssatz diente der Abgrenzung zur Rechtslage vor dem 3. WÄG, wonach der Verwalter einzelne Mitglieder der Gemeinschaft (wegen rückständiger Beiträge) im eigenen Namen in Anspruch zu nehmen hatte. Warum daraus abzuleiten sein sollte, die Eigentümergemeinschaft sei für die Klage auf rückständige Bewirtschaftungskosten nicht aktiv legitimiert, ist nicht ersichtlich.

[14] 4. Auch zur passiven Klagelegitimation kann der Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigen. Nach dem unmissverständlichen Gesetzeswortlaut des § 32 Abs 1 WEG sind die Aufwendungen für die Liegenschaft einschließlich der Beiträge zur Rücklage von den Wohnungseigentümern nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen. Maßgeblich für die Aufteilung ist daher der Grundbuchstand (RS0106059 [T1]). Beitragsschuldner ist immer derjenige Wohnungseigentümer, der zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Beitragsschuld im Grundbuch als Eigentümer des entsprechenden Anteils eingetragen ist oder war (RS0013566 [T6]; 5 Ob 158/16w). Auf die Argumentation der Vorinstanzen, weshalb aus dem Umstand allein, dass die Hausverwalterin in Entsprechung des Ersuchens des Beklagten Vorschreibungen an dessen Käuferin direkt übermittelte, keine privative Schuldübernahme abzuleiten ist, geht die Revision nicht näher ein. Warum „aufrechter Schutz nach § 27 WEG“ ein Zustimmungserfordernis aller Wohnungseigentümer zu einer befreienden Schuldübernahme obsolet machen sollte, ist nicht nachvollziehbar.

[15] 5. Die Frage der Schlüssigkeit eines Klagebegehrens ist grundsätzlich eine solche des Einzelfalls, der im Regelfall keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt (RS0037780). Da der Fachsenat aus dem Umstand, dass seit der Neufassung des § 16 Abs 1 WEG (1975) durch das 3. WÄG keine ausdrückliche Zweckwidmung der Rücklage mehr besteht (RS0108664), ableitet, dass bei der Vorschreibung von Akontobeträgen gegenüber den Wohnungseigentümern eine Aufschlüsselung der Bewirtschaftungs‑ und Erhaltungskosten nicht mehr erforderlich ist (RS0108664 [T6]), ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Aufschlüsselung des Klagebetrags nach monatlichen Vorschreibungen unter Berücksichtigung von Zahlungen und Betriebskostenabrechnungsguthaben sei ausreichend, jedenfalls keine grobe Fehlbeurteilung, die ein Eingreifen des Obersten Gerichtshofs erforderte.

[16] 6.1. Die Frage der Verjährung der Forderungen der Eigentümergemeinschaft nach § 32 Abs 1 WEG 2002 ist durch die – vom Berufungsgericht bereits zitierte – höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt. Der Revisionswerber übersieht, dass die Eigentümergemeinschaft nicht monatliche Betriebskosten mit jährlicher Abrechnung (wie eine Vermieterin) vorschreibt, sondern der Verpflichtung aller Wohnungseigentümer nach § 32 Abs 1 WEG 2002, die Aufwendungen für die Liegenschaft einschließlich der Beiträge zur Rücklage nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile bei Ende der Abrechnungsperiode zu tragen, naturgemäß ein entsprechender Anspruch der Eigentümergemeinschaft gegenübersteht (5 Ob 162/19p). Der Begriff der „Rücklage“ wird dabei für verschiedene Inhalte verwendet; bei weitem Begriffsverständnis bezeichnet er sämtliche Gelder, die die Wohnungseigentümer an die Eigentümergemeinschaft für Aufwendungen iSd §§ 31, 32 WEG zu zahlen haben, bei engerem Verständnis iSd §§ 20 Abs 2 und 18 Abs 4 WEG nur jene Vorschreibungen, die als eine Art Zwangsansparsystem für künftige Aufwendungen auf die Liegenschaft, also neben den laufenden Betriebskosten, vorgeschrieben werden (5 Ob 80/18b; 5 Ob 162/19p).

[17] 6.2. Sonderregelungen betreffend die Verjährung der Ansprüche der Eigentümergemeinschaft auf Aufwendungen nach §§ 31, 32 WEG fehlen im Gesetz. Die lange Verjährungszeit gemäß § 1479 ABGB ist die Regel (RS0086687 [T6]). Zu Beitragsrückständen zur Rücklage (im engeren Sinn) sprach 5 Ob 29/82 aus, dass diese mangels Anwendbarkeit des § 1480 und des § 1486 Z 1 ABGB in 30 Jahren verjähren (RS0034299). 5 Ob 165/00a sprach aus, dass ausdrücklich nach § 1042 ABGB erhobene Ansprüche der Wohnungseigentümer auf rückständige Betriebskosten in 30 Jahren verjähren. Zu 5 Ob 162/19p ging der Fachsenat– ohne zu unterscheiden – zu Beitragsforderungen der Eigentümergemeinschaft iSd §§ 31 und 32 WEG 2002 davon aus, dass diese der Regelverjährungszeit des § 1479 ABGB unterliegen. Aus der Änderung der Rechtsprechung zur Verjährung des Verwendungsanspruchs des § 1042 ABGB war für den Beklagten dort nichts zu gewinnen. 5 Ob 99/21a hatte die Frage, ob sämtliche Forderungen der Eigentümergemeinschaft auf Beiträge zu liegenschaftsbezogenen Aufwendungen iSd § 32 Abs 1 WEG 2002 in 30 Jahren verjähren, mangels Präjudizialität nicht zu beantworten.

[18] 6.3. Die Literatur (Pichlkastner in ecolex 2021, 1002 [Glosse zu 5 Ob 99/21a]) leitete aus dieser Entscheidung ab, hinsichtlich der Bewirtschaftungskosten sei an der Regelverjährungszeit des § 1479 ABGB von 30 Jahren festzuhalten, zumal den Miteigentümern die Verlängerung der Verjährungsfrist eher zuzumuten sei als der Gemeinschaft die Nichtabdeckung offener Verbindlichkeiten. Schatzl/Spruzina in GeKo Wohnrecht2 § 20 WEG Rz 111 (in Druck) gehen davon aus, dass Ansprüche der Eigentümergemeinschaft gegen einzelne Miteigentümer auf Rückersatz vorschussweise beglichener Aufwendungen der 30jährigen Verjährungsfrist unterliegen, selbst wenn sie sich auf bevorschusste Betriebskosten beziehen. Ebenso argumentieren Kothbauer in GeKo Wohnrecht2 § 32 WEG Rz 8 (in Druck) und E. M. Hausmann (in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht5 § 31 WEG Rz 51).

[19] 6.4. Der behauptete Widerspruch der Lösung des Berufungsgerichts zur Rechtslage nach §§ 1480 und 1486 Z 1 ABGB und zur Judikatur liegt daher nicht vor, zumal sich die vom Revisionswerber zitierten Literaturmeinungen und Rechtssätze mit der Frage befassen, ob Ansprüche des Verwalters auf Auslagenersatz für wiederkehrende Leistungen iSd § 1486 Z 1 ABGB in drei Jahren verjähren (vgl RS0034238; Dehn in KBB7 § 1486 Rz 3 mwN). Hier geht es aber nicht um einen Anspruch des Hausverwalters, der mit Zahlungen in Vorlage getreten ist, sondern um einen Anspruch der klagenden Eigentümergemeinschaft, den diese auf die Verpflichtung des beklagten Wohnungseigentümers nach §§ 31, 32 WEG gestützt hat. Ob einem auf § 1042 ABGB gestützten Anspruch der Eigentümergemeinschaft wirksam entgegengehalten werden könnte, dass im Sinn der zitierten neueren Rechtsprechung ein solcher Ersatzanspruch keiner längeren Verjährung als die ihm zugrunde liegende Forderung unterliegt (vgl RS0119861; 5 Ob 69/19m) und die klagende Eigentümergemeinschaft daher verpflichtet sein könnte, ihre Forderung weiter aufzuschlüsseln, bedarf auch hier daher keiner weiteren Erörterung.

[20] 6.5. Das Berufungsgericht hat die von ihm als erheblich angesprochene Rechtsfrage daher auf Basis bereits vorliegender höchstgerichtlicher Rechtsprechung, die von der jüngeren Lehre einhellig gebilligt wird, gelöst.

[21] 7. Die Abweisung der Aufrechnungseinrede stützte das Berufungsgericht einerseits auf den in ständiger Rechtsprechung (RS0109647) vertretenen schlüssigen Verzicht der Wohnungseigentümer darauf, gegen Akontovorschreibungen zur Abdeckung der in § 32 Abs 1 WEG genannten Ausgaben mit eigenen Ansprüchen gegenüber der Eigentümergemeinschaft aufzurechnen. Andererseits begründete es dies (unter Hinweis auf RS0019877 [T8]) auch damit, der beklagte Wohnungseigentümer könne gegen die Forderung der Eigentümergemeinschaft gar nicht mit Schadenersatzansprüchen gegen den Verwalter wegen pflichtwidriger Hausverwaltertätigkeit aufrechnen. In seiner Revision hält der Beklagte dem nur entgegen, es sei fraglich, ob der schlüssige Aufrechnungsverzicht auch dann gelte, wenn „Schikane vorliege, weil die Mehrheitseigentümer zusammen mit der Hausverwalterin den Minderheitseigentümer dadurch schädigen, dass sie über Jahre in Kenntnis der Unbenützbarkeit der Wohnung wegen aufsteigender Feuchtigkeitsschäden sind, aber nichts dagegen unternehmen“. Die von ihm – ohne nähere Ausführungen dazu – zitierte Entscheidung 5 Ob 41/00s betraf die Rechtsposition des dort als Kläger auftretenden Verwalters (vor Inkrafttreten des WEG 2002) und sprach aus, dass es von dieser Rechtsposition abhängt, mit welchen Forderungen ein säumiger Eigentümer aufrechnen kann. Auch diese Entscheidung ging aber davon aus, dass der säumige Eigentümer mit Forderungen, für die den Hausverwalter eine materiell‑rechtlich eigene Leistungspflicht trifft (wie Schadenersatzansprüche des belangten Wohnungseigentümers gegen den Verwalter wegen pflichtwidriger Hausverwaltertätigkeit), nicht aufrechnen kann. Dies sprach auch das Berufungsgericht ohnehin aus. Warum aus dieser Entscheidung eine Zulässigkeit des Aufrechnungseinwands im konkreten Fall abzuleiten wäre, lässt sich den Ausführungen der Revision nicht entnehmen, zumal für die behauptete Schikane jede Grundlage im Sachverhalt fehlt. Dass von einem Verzicht aller Wohnungseigentümer (bei Abschluss des Wohnungseigentumsvertrags), mit eigenen Forderungen gegen Akontovorschreibungen aufzurechnen, auszugehen und dieser Grundsatz an sich auch auf die hier gegenständlichen Beitragsvorschreibungen anzuwenden ist, zieht der Revisionswerber nicht substanziiert in Zweifel. Dass überhaupt und aus welchen Gründen – abgesehen vom angeblich bewusst schädigenden Verhalten des Hausverwalters – der schlüssige Aufrechnungsverzicht hier nicht anzuwenden wäre, führt die Revision nicht aus. Ein kollusives Zusammenwirken von Mehrheitseigentümern mit dem Hausverwalter behauptete der Beklagte im Verfahren erster Instanz im Übrigen auch gar nicht.

[22] 8. Damit war die Revision zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 ZPO).

[23] 9. Gemäß §§ 41, 50 ZPO hat der Beklagte der Klägerin und den Nebenintervenientinnen die Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen zu ersetzen, in denen sie auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen haben.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte