OGH 5Ob29/24m

OGH5Ob29/24m12.3.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. Ing. M*, 2. M*, beide *, vertreten durch Mag. Stefan Lichtenegger, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Ö*aktiengesellschaft, *, vertreten durch KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen § 22 Abs 1 Z 2a iVm § 15c WGG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 6. November 2023, GZ 40 R 196/23d‑20, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00029.24M.0312.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Bestandrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wirdmangels der Voraussetzungen des § 22 Abs 4 WGG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Antragsgegnerin ist eine gemeinnützige Bauvereinigung. Die Antragsteller sind Mieter einer Wohnung in einer von ihr errichteten Baulichkeit.

[2] Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts, mit der es das als „Antrag auf Fixpreisfestsetzung nach dem WGG“ bezeichnete Begehren der Antragsteller auf nachträgliche Übertragung der Wohnung in ihr Eigentum abgewiesen hatte, weil kein gesetzlicher Anspruch nach §§ 15b und 15c WGG in der Fassung vor der WGG-Novelle 2019 bestehe und die Tatbestände des Verzichts oder der Täuschung im Verfahren außer Streitsachen nicht zu prüfen seien.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller, in dem sie keine Rechtsfrage von der Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG ansprechen:

[4] 1. Nach § 22 Abs 1 Z 2 lit a iVm Abs 4 leg cit WGG entscheidet unter anderem über Anträge auf Festsetzung des Preises gemäß §§ 15b und 15c WGG das für Zivilrechtssachen zuständige Bezirksgericht in einem Verfahren nach den allgemeinen Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen mit den in §§ 37 ff MRG und § 22 Abs 4 WEG genannten Besonderheiten. Ausgehend davon wurde bereits rechtskräftig entschieden, dass hier eine Angelegenheit des außerstreitigen Verfahrens vorliegt (siehe dazu 5 Ob 24/23z).

[5] 1.1 Der gesetzliche Anspruch nach § 15b und § 15c WGG lässt die auf einer anderen Rechtsgrundlage beruhenden Ansprüche auf Erwerb von Wohnungseigentum grundsätzlich unberührt (5 Ob 269/00w). Der Fachsenat hat daher bereits wiederholt ausgesprochen, dass nur die auf §§ 15b, 15c WGG gestützten Ansprüche im außerstreitigen Verfahren nach § 22 Abs 1 Z 2a WGG zu prüfen sind. Vertragliche Ansprüche sind demgegenüber auf dem streitigen Rechtsweg durchzusetzen (RS0113518; vgl auch RS0114513 [T2]).

[6] 1.2. Macht der Antragsteller nach seinen Behauptungen einen Anspruch an sich mit Recht im Außerstreitverfahren geltend, stellt sich aber heraus, dass die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch fehlen, ist das Begehren im Außerstreitverfahren, wenn auch abschlägig, zu erledigen (RS0005861; RS0013639 [T8, T10]).

[7] 2. Das wohnrechtliche Außerstreitverfahren ist von der – eingeschränkten – Amtswegigkeit getragen (RS0070480; RS0070415; RS0069653; RS0029344). Die Verpflichtung zur amtswegigen Prüfung des Sachverhalts endet dort, wo ein Vorbringen der Parteien nicht vorliegt (RS0083783). Grundsätzlich zutreffend halten die Antragsteller dazu fest, dass in außerstreitigen Verfahren, in denen sich die Parteien – wie hier – in gegenläufigen Rollen gegenüberstehen, die Parteien auch Behauptungs- und Beweislasten treffen. Demnach trägt jede Partei die Beweislast für das Vorliegen aller tatsächlichen Voraussetzungen der ihr günstigen Rechtsnorm (RS0124141). Daraus folgt aber nur, dass das Gericht schon über ihren Antrag zu prüfen hatte, ob alle vom Gesetz geforderten tatsächlichen Voraussetzungen für die von ihnen begehrte nachträgliche Übertragung der Wohnung in ihr Eigentum erfüllt sind.

[8] 3. Eine aufrechte Förderung war nach § 15c WGG in der hier noch anzuwendenden Fassung nach BGBl I 2001/162 gesetzliche Voraussetzung für eine nachträgliche Übertragung der Wohnung in das Eigentum. Das Bestehen einer Förderung war daher vom Gericht schon aufgrund des Begehrens der Antragsteller und losgelöst von einem Vorbringen der Antragsgegnerin zu prüfen. Dass diese Voraussetzung bereits bei ihrer Anrufung der Schlichtungsstelle nicht erfüllt war, haben die Antragsteller schon im Rekursverfahren zu Recht nicht mehr in Frage gestellt. Damit können sie mit ihrem Verweis darauf, die Vorinstanzen hätten sich mit ihrer Behauptung, die Antragsgegnerin habe den Einwand (dass die Förderung vorzeitig getilgt worden sei) in Schikaneabsicht und damit rechtsmissbräuchlich erhoben, weil sie darauf verzichtet bzw „diese Möglichkeit aufgrund einer Täuschung verloren“ habe, weder eine sekundäre Mangelhaftigkeit des Verfahrens, noch eine im Einzelfall aufzugreifende unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache aufzeigen.

[9] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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