European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0040OB00201.23X.1121.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
[1] Das Erstgericht gab der Klage auf Zahlung von 17.766 EUR (Rückzahlung der Kaution nach Beendigung eines Pachtverhältnisses sowie Investitionskostenersatz) teilweise statt, das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung zum Teil mittels Teilurteils ab und zum anderen Teil hob es sie auf und trug dem Erstgericht insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Die ordentliche Revision erklärte das Berufungsgericht hinsichtlich seines Teilurteils als nicht zulässig.
[2] Dagegen richtet sich die „außerordentliche“ Revision des Klägers, die das Erstgericht direkt dem Obersten Gerichtshof vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die Aktenvorlage ist verfehlt.
[4] 1. Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision – außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand zwar 5.000 EUR, nicht aber insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht (wie hier) die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen ist auch eine außerordentliche Revision nicht zulässig. Eine Partei kann dann nur gemäß § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach Zustellung des Berufungsurteils den Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde. Ein solcher Antrag muss die Gründe anführen, warum die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird. Das ordentliche Rechtsmittel ist mit demselben Schriftsatz auszuführen.
[5] 2. Gemäß § 502 Abs 5 Z 2 ZPO gilt Ab 3 nicht für die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags entschieden wird. Der wesentliche Zweck der Ausnahmeregelung besteht darin, Entscheidungen in Fällen, in denen der Verlust des Bestandobjekts droht, unabhängig von der Bewertungsfrage bekämpfbar zu machen (RS0120190). Nach ständiger Rechtsprechung fallen Streitigkeiten, bei denen über die in § 502 Abs 5 Z 2 ZPO genannten Fragen nur im Rahmen der Vorfragenbeurteilung und nicht als Hauptfrage zu entscheiden ist, nicht unter diesen Ausnahmetatbestand (RS0042950; RS0043006).
[6] 3. Hier liegt kein Fall des § 502 Abs 5 Z 2 ZPO vor, weil die ausschließlich auf Zahlung gerichtete Klage keine gleichzeitige Entscheidung über die Kündigung, Räumung oder des Bestehens oder Nichtbestehens des Bestandvertrags begehrt (vgl RS0042922 [T5]).
[7] 4. Die Zulässigkeit der Revision richtet sich somit – da der Gegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR überstieg – nach § 502 Abs 3 ZPO. In diesem Fall wäre ein Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und dem Berufungsgericht zur Entscheidung vorzulegen gewesen (§ 507b Abs 2 ZPO). Diese Vorgangsweise ist auch dann einzuhalten, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliche“ Revision bezeichnet ist (vgl RS0109623). Ob der vorliegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (vgl 4 Ob 188/23k mwN).
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