OGH 5Ob177/23z

OGH5Ob177/23z24.10.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Erlagssache der Antragstellerin B*, gegen die Erlagsgegner 1. DI *, vertreten durch Fink und Partner, Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, 2. D*, verteten durch Mag. Hannes Mautz, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, wegen Erlags von 1.332 EUR „ab März 2023“ über den „außerordentlichen Revisionsrekurs“ des Erstantragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 13. Juli 2023, GZ 3 R 129/23i‑11, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 11. April 2023, GZ 1 Nc 15/23w‑4, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00177.23Z.1024.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Akt wird an das Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Die Antragstellerin ist Pächterin eines Cafehausbetriebs auf einer Liegenschaft, die im Hälfteeigentum der Zweitantragsgegnerin steht. Der Erstantragsgegner gab als Hausverwalter der Antragstellerin eine geänderte Kontoverbindung zur Überweisung des Pachtzinses bekannt. Die Zweitantragsgegnerin zieht die Berechtigung des Erstantragsgegners hiezu in Zweifel.

[2] Die Antragstellerin beantragte unter Anschluss der diesen Sachverhalt belegenden Urkunden den Erlag des Pachtzinses für März 2023 in Höhe von 1.332 EUR unter Hinweis auf § 1425 ABGB.

[3] Das Erstgericht nahm diesen von der Erlegerin bei der Verwahrungsabteilung erlegten Betrag „und die weiteren dasselbe Objekt und den gleichen Erlagsgrund betreffenden monatlichen Mietzinse bzw Betriebskosten“ nach § 1425 ABGB zu Gericht an. Es traf die Anordnung, dass eine Ausfolgung entweder aufgrund der Vorlage einer gerichtlichen Entscheidung oder durch einen gemeinsamen Antrag der Erlagsgegner erfolgen werde. Die behauptete Mehrheit von Forderungsprätendenten und die dadurch bewirkte Rechtsunsicherheit, wem die monatlichen Pachtbeträge geschuldet werden, sei ein tauglicher Erlagsgrund.

[4] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Erstantragsgegners mit der Maßgabe nicht Folge, dass die im Spruchteil I eingeklammerte Textpassage „Pachtzins und Betriebskosten“ um die Wortfolge „für den Monat März 2023“ ergänzt werde. Es teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Im Fall des Miteigentums an einer Bestandsache handle es sich bei der Bestandzinsforderung der Gemeinschaft gemäß § 848 ABGB um eine solche zur gesamten Hand, sodass mehrere Miteigentümer den Zins nur gemeinsam einfordern könnten. Bestehe Uneinigkeit über die Zahlstelle, bewirke dies für die Pächterin eine unklare und zur Hinterlegung des Pachtzinses Anlass gebende Rechtslage. Diesen Erlagsgrund habe die Pächterin schlüssig behauptet. Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand nicht. Den Revisionsrekurs ließ es mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zu.

[5] Dagegen richtet sich der „außerordentliche Revisionsrekurs“ des Erstantragsgegners mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Antrag auf Annahme des Erlags von 1.323 EUR abgewiesen werde. Hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

[6] Der Oberste Gerichtshof kann über das Rechtsmittel – jedenfalls derzeit – nicht entscheiden.

[7] 1. Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 2 AußStrG – bei einem vermögensrechtlichen Streitgegenstand jedenfalls unzulässig, wenn der rekursgerichtliche Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG nicht für zulässig erklärt hat. Für die Qualifikation des Entscheidungsgegenstands als von rein vermögensrechtlicher Natur ist auf den Hauptgegenstand des Verfahrens abzustellen (8 Ob 31/11h). Liegt ein vermögensrechtlicher Gegenstand, aber kein Geldanspruch vor, hat das Rechtsmittelgericht einen Bewertungsausspruch zu treffen (§ 59 AußStrG).

[8] 2. Im Erlagsverfahren nach § 1425 ABGB ist im Gegensatz zur Auffassung des Revisionsrekurswerbers von einem in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstand auszugehen (6 Ob 9/03x; 8 Ob 31/11h; 1 Ob 178/11z; RIS‑Justiz RS0033575 [T3]). Der Wert des Entscheidungsgegenstands, über den das Rekursgericht entschieden hat, ergibt sich daher grundsätzlich aus dem strittigen Erlagsbetrag. Dass es von einem Bewertungsausspruch absah, entspricht demnach der Rechtslage (8 Ob 31/11h; 1 Ob 178/11z).

[9] 3. Hier bezog sich der Erlagsantrag der Antragstellerin auf den Pachtzins für März 2023 in Höhe von 1.332 EUR, den sie bei Antragstellung bei der Verwahrungsabteilung erlegte. Auch wenn man die bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Rekursgerichts aktenkundigen weiteren Erläge von 1.332 EUR am 13. 4. 2023 und 1.692 EUR am 22. 5. 2023 aufgrund der diese Annahme ankündigenden erstgerichtlichen Entscheidung (vgl hiezu aber RS0033629) berücksichtigt, ergäbe dies einen strittigen Erlagsbetrag von insgesamt 4.356 EUR. Selbst die Erläge erst nach der Entscheidung des Rekursgerichts von jeweils 1.692 EUR am 20. 7. 2023 und am 28. 8. 2023 erhöhen diesen Betrag nur um 3.384 EUR, der sich dann mit insgesamt 7.740 EUR (vgl ON 15) – als bisher tatsächlich hinterlegt –ergibt.

[10] 4. Damit übersteigt der Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichts jedenfalls nicht den Betrag von 30.000 EUR. In diesem Fall kann die Partei aber nur nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung).

[11] 5. Wird gegen eine Entscheidung, die nur mit Zulassungsvorstellung angefochten werden kann, ein ordentlicher oder außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben, so hat das Erstgericht dieses Rechtsmittel – auch wenn es direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist – dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge im Sinn des § 63 AußStrG zu werten sind (RS0109623 [T13]). Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht, oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109623 [T14]).

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