European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00096.23H.0713.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Der Unterhaltsberechtigte kann einen Sonderbedarf für Prozesskosten als Vorschuss gemäß § 382 Z 8 lit a EO geltend machen, wenn der laufende Unterhalt zur Begleichung nicht ausreicht. Die Zuerkennung setzt eine Abwägung der beiderseitigen Interessen voraus, bei der neben der finanziellen Situation des Unterhaltsberechtigten auch zu berücksichtigen ist, inwieweit dem Unterhaltspflichtigen die zusätzliche Leistung zugemutet werden kann (RS0013486). Ob eine kostenverursachende Maßnahme notwendig ist, hängt davon ab, ob eine vernünftige und sorgfältige Person in vergleichbarer Lage ähnlich gehandelt hätte (3 Ob 152/16y; 4 Ob 106/19w), was jeweils im Einzelfall zu prüfen ist (RS0013486 [T11]).
[2] 2. Das Rekursgericht ging sowohl zum Privatgutachten vom 11. 5. 2021 als auch (erkennbar) zu jenem vom 19. 3. 2021 davon aus, dass deren Einholung nicht notwendig gewesen sei, weil eine vernünftige Partei das vom Gericht eingeholte Gutachten abgewartet hätte. Dies ist jedenfalls vertretbar. Dass der gerichtliche Sachverständige „wohl“ zu einem anderen Ergebnis als der Privatgutachter gelangt wäre, ist eine bloße Mutmaßung. Dass die Klägerin ohne die Privatgutachten ihren Unterhaltsanspruch nicht ermitteln könne, weil ihr dann Informationen zum Verkaufspreis des Unternehmens des Beklagten und den dabei ausgezahlten „thesaurierten“ Gewinnen fehlten, kann im Hinblick auf ihr dazu bereits am 13. 2. 2020 erstattetes Vorbringen nicht nachvollzogen werden. Mit ihren Ausführungen zur rechtlichen Bedeutung der Privatgutachten für die Unterhaltsbemessung spricht sie nur eine Selbstverständlichkeit an, weil für ein Gutachten zu einem rechtlich irrelevanten Thema keinesfalls ein Vorschuss zustünde. Dass eine vernünftige Partei die Gutachten ebenfalls eingeholt hätte, ergibt sich daraus noch nicht. Dass dem Beklagten der Prozesskostenvorschuss finanziell zumutbar sei, nahmen die Vorinstanzen zugunsten der Klägerin ohnehin an.
[3] 3. Die Versagung eines Prozesskostenvorschusses für die Rückzahlung eines der Klägerin zur Tilgung ihrer Kostenschuld gegenüber dem Beklagten (aus einem abgeschlossenen Verfahren) gewährten Darlehens begründete das Rekursgericht damit, dass der Vorschuss dem Unterhaltsberechtigten nur die Prozessführung ermöglichen soll. Er diene hingegen nicht dazu, dem unterhaltspflichtigen Prozessgegner zu ersetzende Prozesskosten „vorzuschießen“. Dem tritt die Klägerin nur insoweit entgegen, als sie diese Rechtsansicht pauschal als unrichtig bezeichnet. Damit zeigt sie schon mangels gesetzmäßiger Ausführung der Rechtsrüge keine Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO auf (RS0043603 [insb T4, T12]; RS0043605).
[4] 4. Der Vollständigkeit halber ist noch auf die Unschlüssigkeit des Antrags hinzuweisen: Die Klägerin behauptete in erster Instanz Kosten von insgesamt 285.300,48 EUR, die sie in einzelne Positionen aufgliederte, begehrte aber nur einen Betrag von 210.000 EUR. Da die einzelnen Kostenpositionen ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben konnten (sie wurden von den Vorinstanzen auch unterschiedlich beurteilt), hätte die Klägerin darlegen müssen, welcher Teil des Pauschalbetrags auf welchen Einzelanspruch entfällt (RS0031014). Die Aufteilung des Pauschalbetrags auf die einzelnen Teilpositionen kann nicht dem Gericht überlassen werden (RS0031014 [T16, T35, T40]). Das gilt auch beim Prozesskostenvorschuss, der bei Zweckverfehlung zurückgefordert werden kann (3 Ob 201/19h; vgl auch 4 Ob 114/06b). Ohne Aufschlüsselung, für welche Maßnahmen welcher Vorschuss begehrt wird, könnte seine zweckmäßige Verwendung nicht geprüft werden.
[5] 5. In ihrer Verfahrensrüge behauptet die Klägerin eine unzureichende Auseinandersetzung des Rekursgerichts mit ihrer Beweisrüge zu den Vermögens‑ und Einkommensverhältnissen des Beklagten. Sie vermag aber nicht darzulegen, warum die dazu getroffene und von ihr bekämpfte Negativfeststellung für die Entscheidung über den Prozesskostenvorschuss relevant sei, zumal die Vorinstanzen – wie dargelegt – ohnehin davon ausgingen, dass dieser dem Beklagten finanziell zumutbar sei.
[6] 6. Da der Revisionsrekurs insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt, ist er als unzulässig zurückzuweisen.
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