European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0070OB00049.23S.0524.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Versicherungsvertragsrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
[1] Der Kläger war ursprünglich als Arzt in Wien tätig und hatte eine Kassenordination in Wien. Damit war er Mitglied der Ärztekammer für Wien und auch beim Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien versichert. Mit 1. 1. 1989 begann der Kläger am Landeskrankenhaus H* tätig zu werden; damit wurde der Kläger auch ordentliches Mitglied der Ärztekammer für Niederösterreich. Da der Kläger bereits aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Ärztekammer für Wien Beitragszahlungen zum Wohlfahrtsfonds leisten musste, stellte er beim Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich (idF auch: WFF) einen Antrag auf Befreiung von der (weiteren) Beitragspflicht. Diese Befreiung wurde dem Kläger – jeweils auf drei Jahre in Folge – bis zu seiner Pensionierung gewährt. Am 16. 12. 1990 trat der Kläger für sich, seine Ehefrau und seine beiden Kinder einem von der Beklagten angebotenen Gruppenversicherungsvertrag zur Krankenzusatzversicherung bei. Hätte der Kläger gewusst, dass er den Versicherungsschutz mit seiner Pensionierung verlieren werde, hätte er anstatt der Krankenzusatzversicherung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich eine andere Krankenzusatzversicherung abgeschlossen.
[2] Die Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich, gültig ab 9. 12. 2016, lautet auszugsweise:
„§ 11 – Beitragswesen
(1 ) Jeder ordentliche Kammerangehörige der Ärztekammer für Niederösterreich ist während der Dauer seiner Kammerzugehörigkeit zur Leistung der in der Beitragsordnung festgesetzten Beiträge zum WFF der Ärztekammer für Niederösterreich verpflichtet. Bezieher einer Alters- oder Invaliditätsversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds gelten aufgrund ihrer Beitragspflicht (§ 13) während des Leistungsbezuges als ordentliche Kammerangehörige im Sinne dieser Bestimmung (§ 68 Abs 1 ÄrzteG).
(2) Die in § 68 Abs 5 Ärztegesetz bezeichneten außerordentlichen Kammerangehörigen könne n sich über ihren Antrag zur Leistung von Beiträgen zum WFF freiwillig verpflichten, um den Anspruch auf den Genuss der Leistungen dieses Fonds zu erwerben.
[…] [Abs 3 und 4 betrifft die Landeszahnärztekammer]
(5) Der in § 11 Abs 1 bis Abs 4 genannte Personenkreis wird als Wohlfahrtsfondsmitglieder (im Folgenden 'WFF-Mitglieder') bezeichnet.
§ 13 – Ende der Beitragspflicht
(1) Die Beitragspflicht zur Grundrente, Zusatzleistung und Krankenunterstützung endet
a) durch den Tod;
b) durch den Bezug der Alters- oder dauernden Invaliditätsversorgung;
c) durch die Befreiung von der Beitragspflicht;
d) durch Verzicht auf die Berufsausübung;
e) bei Streichung aus der Ärzteliste;
f) bei Streichung aus der Zahnärzteliste.
[…]
§ 40 – Krankenunterstützung
[...]
(2) Erfordert die Berufsunfähigkeit einen stationären Krankenhausaufenthalt, werden für WFF‑Mitglieder im Sinne des § 11 Abs 1 und Abs 3 die Kosten der Sonderklassen in allen Krankenanstalten, wo die Krankenhausgebühren und Arzthonorare durch Gesetz, Verordnung geregelt sind (Vertragskrankenhäuser der Versicherungsunternehmer) zur Gänze übernommen. In allen übrigen Krankenanstalten erfolgt die Abrechnung nach den jeweils gültigen tariflichen Sätzen der Versicherungsanstalt.“
[3] Im Vorfeld seiner Pensionierung im Krankenhaus H* mit 1. 7. 2017 wurde dem Kläger von der Beklagten mitgeteilt, dass seine Zusatzversicherung (jedenfalls) mit seiner Pensionierung ende, weil er dann nicht mehr ordentliches Mitglied der Beklagten sei und die Krankenversicherung des Wohlfahrtsfonds der Beklagten bei der M* Versicherung voraussetze, dass man Mitglied imWFF der Beklagten sei. Der Kläger könne aber bei der M* Versicherung um Weiterversicherung im Wege der Einzelversicherung anfragen. Der Kläger schloss in der Folge diese Einzelversicherung zu höheren Prämien ab; die Prämiendifferenz zur Gruppenversicherung des WFF der Beklagten betrug zwischen 1. 7. 2017 und 31. 5. 2022 gesamt 13.997,54 EUR.
[4] Der Kläger begehrt zusammengefasst die Zahlung dieser Differenz sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten ab 1. 6. 2022 für den Ersatz der Differenz zwischen den zukünftig anfallenden Versicherungsprämien desKlägers für seinenunmehr abgeschlossene Krankenzusatzversicherung und den Versicherungsprämien, die der Kläger aufgrund des am 16. 12. 1990 abgeschlossenen Krankenzusatzversicherungsvertrags zu zahlen hätte.
[5] Der Kläger sei von der Beitragspflicht beim Wohlfahrtsfonds der Beklagten befreit gewesen, was der Beklagten von Anfang an bekannt gewesen sei. Trotzdem habe sie mit dem Kläger einen Krankenzusatzversicherungsvertrag abgeschlossen. Bei dessen Abschluss im Jahr 1990 sei der Kläger davon ausgegangen, dass die Versicherung kein Ablaufdatum habe, ansonsten hätte er einen anderen Versicherungsvertrag abgeschlossen, womit er sich in jüngeren Jahren günstigere Prämien auch für die Zeit nach seiner Pensionierung gesichert hätte.
[6] Die Beklagte wendete ein, die Krankenzusatzversicherung sei nur für WFF‑Mitglieder vorgesehen. Der Kläger sei bereits seit 1989 vom WFF der Beklagten befreit gewesen, weshalb er sich Ende 1990 zur Krankenzusatzversicherung des WFF der Beklagten gar nicht hätte anmelden dürfen. Diese Anmeldung sei vom WFF der Beklagten aus heutiger Sicht irrtümlich akzeptiert worden. Jedenfalls werde aber mit der Pensionierung – gemäß § 13 der Satzung zufolge – die Krankenzusatzversicherung ex lege mangels Mitgliedschaft in der Ärztekammer beendet. Damit sei – unabhängig vom Irrtum bei Anmeldung – die Versicherung nunmehr jedenfalls zu Recht beendet worden. Im Übrigen sei gemäß § 48 der Satzung eine Leistung nachträglich einzustellen, sobald ein Irrtum ersichtlich sei. Die einschlägigen Satzungsbestimmungen müssten dem Kläger als Kammermitglied bekannt sein.
[7] Das Erstgerichtgab dem Klagebegehren statt. Da ein Krankenversicherungsvertrag erkennbar auch mit Blick auf die Zeit nach einer Pensionierung zu den in jüngeren Jahren gewährten niedrigeren Prämien geschlossen werde, hätte der Kläger nach den Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs von der Beklagten eine Aufklärung erwarten dürfen, dass die Krankenzusatzversicherung mit Pensionsantritt des Klägers ende. Auch wenn der Abschluss durch die Beklagte irrtümlich erfolgt sein möge, habe sie dadurch eine falsche Vorstellung beim Kläger geweckt. Unabhängig davon, ob die Kündigung der Krankenzusatzversicherung auf Basis der Satzung im Jahr 2017 dann rechtmäßig erfolgt sei, hafte die Beklagte dem Kläger für den ihm aufgrund dieser Pflichtverletzung entstandenen Schaden.
[8] Das Berufungsgerichtänderte das Ersturteil in eine gänzliche Klagsabweisung ab. Die Beklagte sei nach dem Vorbringen der Beteiligten nicht als Versicherungsmaklerin anzusehen; als solche hätte sie Beratungspflichten gehabt, von denen hier nicht auszugehen sei. Die Beklagte könnten aber als gesetzliche Interessenvertretung Aufklärungspflichten treffen, wobei auch hier zu berücksichtigen sei, dass der Kläger selbst habe überprüfen müssen, ob die Versicherung seinen Bedürfnissen entspreche. Der Kläger habe bereits aus seinem Antrag ersehen können, dass die Versicherung für ordentliche Kammerangehörige der Beklagten vorgesehen sei; dass diese Eigenschaft mit seiner Pensionierung wegfalle, sei aus der Satzung ersichtlich gewesen. Diese Satzung sei als Verordnung und damit als österreichische Rechtsvorschrift zu qualifizieren; deren Kenntnis könne dem Kläger als Mitglied dieser Interessenvertretung zugesonnen werden. Aus all dem würden daher unabhängig davon, dass – wie die Beklagte selbst zugestanden habe – der Kläger von Beginn an nicht hätte in den Kreis der Versicherten aufgenommen werden dürfen, keine weiteren Beratungspflichten der Beklagten resultieren. Im Übrigen dürfe eine Interessenvertretung auf die Angaben ihrer Mitglieder vertrauen.
[9] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu fehle, ob und unter welchen Umständen eine gesetzliche Interessenvertretung Beratungspflichten über die eigene Satzung beim Abschluss privatrechtlicher Verträge treffe und ob ein solches Handeln mit dem eines Maklers vergleichbar sei.
[10] Mit seiner ordentlichen Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung beantragt der Kläger die Abänderung im Sinne einer Klagsstattgebung; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
[11] Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[12] Die Revision ist zulässig und im Sinne ihres Aufhebungsantrags auch berechtigt.
[13] 1. § 65 Abs 1 ÄrzteG sieht für jedes Bundesland die Einrichtung einer Ärztekammer vor, und zwar als Körperschaft öffentlichen Rechts (§ 65 Abs 2 ÄrzteG), der jeweils die im betreffenden Bundesland tätigen Ärzte als Pflichtmitglieder angehören (§ 68 ÄrzteG). Die Ärztekammern in den Bundesländern sind nach § 66 Abs 1 ÄrzteG berufen, die gemeinsamen beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Ärzte einschließlich Gruppen von Ärzten sowie von Gruppenpraxen wahrzunehmen und zu fördern. Sie sind nach den Grundsätzen der Selbstverwaltung eingerichtete Berufs- und Standesvertretungen, ihnen kommen sowohl hoheitliche als auch nicht hoheitliche Funktionen zu, wobei die Aufgaben der beruflichen Interessenvertretung nicht zur Hoheitsverwaltung zählen (vgl 3 Ob 227/15a mwN). Gemäß § 70 ÄrzteG haben alle Kammerangehörigen Anspruch auf Wahrung ihrer beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen im Rahmen der gesetzlich der Ärztekammer zukommenden Kompetenzen, wobei die Ärztekammern allerdings durch § 66 ÄrzteG verpflichtet werden, die gemeinsamen beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Belange der Ärzte wahrzunehmen, sodass die Berücksichtigung individueller Interessen ihre Grenze am (demnach höher zu stellenden) Interesse der Gesamtheit findet (vgl Wallner, Handbuch Ärztliches Berufsrecht2 205).
[14] 2.1. Bei der Gruppenversicherung wird durch einen Vertrag einer Mehrzahl versicherter Personen für eine diese gemeinsam treffende Gefahr Versicherungsschutz gewährt. Schließt der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag zu Gunsten der Gruppenmitglieder, wird dies als „echte Gruppenversicherung“ bezeichnet. Diese stellt eine besondere Form der Versicherung für fremde Rechnung dar (vgl 7 Ob 206/22b mwN). Bei der unechten Gruppenversicherung schließt eine Person hingegen nur einen Rahmenvertrag, der die Eckpunkte darauf beruhender Versicherungsverträge festlegt. Die Versicherungsverträge werden dann vom Versicherungsnehmer im eigenen Namen und im eigenen Interesse abgeschlossen (Perner, Privatversicherungsrecht Kap 6 Rz 6.34).
[15] 2.2. Bei der echten Gruppenversicherung erfolgt die Einbeziehung der Versicherten in den Vertrag aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Dahinter steht ein einheitlicher Vertrag mit nur einem Versicherungsnehmer. Die einzelnen Gruppenmitglieder werden entweder automatisch oder nach vorheriger Anmeldung/Anzeige in den Versicherungsvertrag (mit‑)einbezogen. Da die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe Voraussetzung für die Einbeziehung in die Gruppenversicherung ist, kommt es in der Regel zu einem laufenden Wechsel der versicherten Personen durch Ausscheiden und Beitritt. Eine Gruppenversicherung, bei der die versicherten Gruppenmitglieder typischerweise eine relativ überschaubare und homogene Risikogemeinschaft bilden, ist für den Versicherer dank der geringeren Vertriebs‑ und Verwaltungskosten in aller Regel günstiger als der Abschluss eines entsprechenden Einzelversicherungsvertrags. Da die einzelnen Gruppenmitglieder aber nicht selbst Vertragspartner sind, droht ihnen umgekehrt mit dem (von ihnen unter Umständen nicht weiter beeinflussbaren) Verlust der Gruppenzugehörigkeit auch der nachträgliche Wegfall des Versicherungsschutzes (vgl Laimer/Kronthaler in Fenyves/Perner/Riedler 3 § 178m VersVG Rz 4 ff).
[16] 2.3. Nach dem im Rahmen der VersVG‑Novelle 1994 in das VersVG aufgenommenen § 178m Abs 1 VersVG ist dann, wenn ein Gruppenversicherter aus dem versicherten Personenkreis, etwa durch Kündigung des Versicherers oder infolge Eintritts in den Ruhestand, ausscheidet oder der gesamte Gruppenversicherungsvertrag aufgelöst wird, der Gruppenversicherte berechtigt, die Fortsetzung als gleichartige Einzelversicherung nach Maßgabe der für die Einzelversicherung geltenden Tarife und Versicherungsbedingungen ohne Wartezeiten und Risikoprüfung zu erklären, sofern er bei Eintritt in die Gruppenversicherung gemäß den Bestimmungen für die Einzelversicherung versicherungsfähig war. Der Versicherer hat die Gruppenversicherten auf dieses Fortsetzungsrecht hinzuweisen.
[17] Der Zweck des § 178m VersVG besteht – kurz zusammengefasst – darin, den Versicherten in der Gruppenkrankenversicherung dadurch zu schützen, dass er bei Ausscheiden aus dem versicherten Personenkreis das Recht hat, den Versicherungsvertrag als gleichartige Einzelversicherung fortzusetzen. Nach § 178m Abs 3 VersVG „ist die Einzelversicherungsprämie nach demjenigen Eintrittsalter zu bemessen, mit dem der Versicherte in den Gruppenversicherungsvertrag eingetreten ist“. Dem Versicherungsnehmer wird so ermöglicht, die Krankenversicherung zum – günstigeren – Tarif beizubehalten. Mit dieser Bestimmung sollte sichergestellt werden, dass im Rahmen einer Gruppenversicherung Versicherte bei Ausscheiden aus der Gruppe – viele Gruppenversicherungsverträge bezogen sich etwa auf aktive Arbeitnehmer eines bestimmten Betriebs – zu keinem kostspieligen Neuabschluss in höherem Alter gezwungen wären (vgl Wieser, Gruppenversicherungen 23 f; Schauer in Fenyves/Kronsteiner/Schauer, Kommentar zu den Novellen zum VersVG § 178m Rz 1 mwN). Die Bestimmung des § 178m VersVG gilt gemäß § 191b Abs 5 Z 1 VersVG unbeschränkt erst für Gruppenversicherte, die nach dem 31. 12. 1994 in einen zu diesem Zeitpunkt bereits bestehenden Gruppenversicherungsvertrag aufgenommen werden, ansonsten nur nach Maßgabe der Altersrückstellung (§ 191b Abs 5 Z 2 VersVG).
[18] 3. Nach dem Vorbringen der Beklagten war der Kläger nicht selbst Vertragspartner des Versicherungsunternehmens, damit wäre von einer echten Gruppenversicherung auszugehen. Die Beklagte hätte ihren eigenen Angaben zufolge den Kläger aufgrund seiner Befreiung von der Beitragspflicht zum WFF der Ärztekammer Niederösterreich – diesen Umstand hat der Kläger unstrittig offengelegt – in die von ihr für Mitglieder des WFF angebotene Gruppenversicherung nicht aufnehmen dürfen und geht nunmehr davon aus, dass der Kläger jedenfalls mit Pensionierung seine Zugehörigkeit zur Gruppe und damit das Recht auf den Verbleib in der Gruppenversicherung verloren hätte. Die Beklagte argumentiert dabei mit den Bestimmungen in der Satzung des WFF der Ärztekammer Niederösterreich aus 2016. Nach dessen § 13 erlischt die Beitragspflicht zur Grundrente gemäß lit b) durch den Bezug der Alters‑ oder dauernden Invaliditätsversorgung; sowie gemäß lit c) durch die Befreiung von der Beitragspflicht. Da die Beitragspflicht für die Kammerzugehörigkeit Voraussetzung sei, falle gemäß § 40 der Satzung die Krankenunterstützung ex lege weg. Allerdings gelten gemäß § 11 Abs 1 zweiter Satz der von der Beklagten selbst für diese Beurteilung herangezogenen Satzung aus 2016 Bezieher einer Alters‑ oder Invaliditätsversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds aufgrund ihrer Beitragspflicht (§ 13) während des Leistungsbezugs weiterhin als ordentliche Kammerangehörige, was zur Folge hätte, dass diese Gruppenmitglieder ihre Gruppenzugehörigkeit zumindest nicht aufgrund des Wegfalls ihrer ordentlichen Kammermitgliedschaft verlieren würden.
[19] 4. Die vom Berufungsgericht dem Kläger zugesonnene Kenntnis der Satzung seiner Interessenvertretung, die als Verordnung (vgl 4 Ob 163/19b mwN) Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung ist, gilt für die Beklagte selbst gleichermaßen. Die Beklagte treffen aber überdies Sorgfaltspflichten ihren Mitgliedern gegenüber. Ob sie dem Kläger gegenüber solche Sorgfaltspflichten verletzt hat, lässt sich mangels eindeutiger Sachverhaltsgrundlage derzeit nicht beurteilen.
[20] 5. Das Erstgericht wird daher – auf Basis des derzeitigen Stands des Vorbringens – im fortgesetzten Verfahren mit den Parteien zu erörtern haben:
* welche Satzungsbestimmungen im Jahr 1990 Grundlage für das dem Kläger angebotene Versicherungsprodukt waren (der im Abschlussantrag genannte § 52 Abs 2 der Satzung ist in der Version aus 2016 nicht vorhanden)
* daran anknüpfend, ob die – jeweils für drei Jahre gewährte – Befreiung des Klägers von den Leistungen zum WFF ihn bereits 1990 von dem Kreis der in die Gruppenversicherung einzubeziehenden Personen ausgeschlossen hätte
* wie in dem damals angebotenen Gruppenversicherungsvertrag die Gruppe definiert war und unter welchen Voraussetzungen die Pensionierung die Gruppenzugehörigkeitbeendet hätte.
[21] 6. Der Revision desKlägers war damit im Sinn des gestellten Aufhebungsantrags Folge zu geben.
[22] 7. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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