OGH 3Ob65/23i

OGH3Ob65/23i19.4.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*, vertreten durch Mag. Wolfgang Steiner, Mag. Anton Hofstetter, Rechtsanwälte in Wolkersdorf, gegen die beklagte Partei M*, vertreten durch Dr. Alexandra Sedelmayer‑Pammesberger, Rechtsanwältin in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 13. Dezember 2022, GZ 20 R 329/22f‑13, womit das Urteil des Bezirksgerichts Gänserndorf vom 24. August 2022, GZ 33 C 414/22k‑8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0030OB00065.23I.0419.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiete: Exekutionsrecht, Unterhaltsrecht inkl. UVG

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie wie folgt zu lauten haben:

„1. Der Anspruch der beklagten Partei gegen die klagende Partei auf nachehelichen Unterhalt aufgrund des Scheidungsvergleichs vom 2. Juli 2018 zu 33 C 14/18f des Bezirksgerichts Gänserndorf, zu dessen Hereinbringung gegen die klagende Partei mit Beschluss des Bezirksgerichts Gänserndorf zu 13 E 1567/22b die Exekution bewilligt wurde, ist im Umfang von 2.600 EUR durch Aufrechnung erloschen.

2. Das Mehrbegehren, der gesamte in diesem Exekutionsverfahren betriebene Unterhaltsanspruch (rückständiger und laufender Unterhalt) der beklagten Partei sei erloschen, wird abgewiesen.

3. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.394,52 EUR (hierin enthalten 732,42 EUR USt) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, die mit 2.565,10 EUR (hierin enthalten 401,85 EUR USt und 154 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 1.875,18 EUR (hierin enthalten 274,53 EUR USt und 228 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens jeweils binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Ehe der Streitteile wurde im Jahr 2018 geschieden. Im Scheidungsvergleich verpflichtete sich der Kläger zu einer monatlichen Unterhaltszahlung von 650 EUR an die Beklagte.

[2] Die Beklagte führt gegen den Kläger zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstands von 3.900 EUR für den Zeitraum Dezember 2021 bis Mai 2022 und des laufenden Unterhalts von 650 EUR monatlich ab Juni 2022 Gehaltsexekution. Der Kläger hat zuletzt für den Monat Dezember 2019 (freiwillige) Unterhaltsleistungen an die Beklagte erbracht.

[3] Die Beklagte befand sich unstrittig jedenfalls im Zeitraum Jänner 2020 bis September 2021 in einer Lebensgemeinschaft mit einem anderen Mann. Diesen hatte sie Anfang März 2019 kennen gelernt. Am 20. März 2019 gingen die beiden eine Geschlechtsbeziehung miteinander ein. Anfangs hielt sich der Mann nur gelegentlich in der Wohnung der Beklagten auf; damals bewohnte er noch eineinhalb Zimmer im Haus seiner Schwester. Die Frequenz seiner Übernachtungen bei der Beklagten steigerte sich im Laufe der Zeit; im ersten Monat der Beziehung waren es drei oder vier Mal, im zweiten rund zehn Mal. Anfangs hatte er nur wenig Bekleidung in der Wohnung der Beklagten, ab Juni oder Juli hatte er seine gesamte Bekleidung dort und ab August nahezu alle seine Fahrnisse. Ab damals kamen auch seine Kinder regelmäßig zu ihm in der Wohnung der Beklagten auf Besuch. Im März 2019 hat die Beklagte den Mann der gemeinsamen Tochter der Streitteile als Lebensgefährten vorgestellt und ein oder zwei Monate später auch einem gemeinsamen Sohn. Die Beklagte kaufte spätestens ab Juni 2019 für den Mann und sich selbst ein, kochte und wusch die Wäsche. Finanziell hat sich der Mann an derartigen Ausgaben ab August 2019 mit 300 EUR monatlich beteiligt. Im Dezember 2019 zogen die Beklagte und der Mann gemeinsam in eine von ihnen angemietete Doppelhaushälfte. Die Beziehung endete im September 2021.

[4] Mit Schreiben seines Rechtsvertreters vom 17. Jänner 2020 forderte der Kläger die Beklagte unter Hinweis auf eine „jedenfalls seit Juni 2019“ bestehende Lebensgemeinschaft zur Rückzahlung des für den Zeitraum Juli bis Dezember 2019 erhaltenen Unterhalts auf. Mit Schreiben vom 31. Jänner 2020 antwortete die Beklagte darauf, dass sie sich keineswegs seit Juni 2019 in einer neuen Lebensgemeinschaft befinde und sie machte in diesem Schreiben auch Angaben zu ihren Einkommensverhältnissen.

[5] In seiner Oppositionsklage macht der Kläger geltend, die Lebensgemeinschaft der Beklagten habe in Wahrheit schon zumindest seit April 2019 bestanden. Dennoch habe sie dem Kläger gegenüber in ihrem Schreiben vom 31. Jänner 2020 das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft bewusst wahrheitswidrig bestritten. Dieser in Bereicherungsabsicht erfolgte Versuch, den Kläger über das Bestehen einer Lebensgemeinschaft zu täuschen, stelle zweifellos eine gerichtlich strafbare Handlung und damit auch eine schwerwiegende Verfehlung der Beklagten iSd § 74 EheG dar, weshalb sie ihren Unterhaltsanspruch verwirkt habe. Der Kläger habe in Unkenntnis des Ruhens des Unterhaltsanspruchs in den Monaten Mai bis Dezember 2019 insgesamt 5.200 EUR an Unterhalt an die Beklagte geleistet. Er habe bereits mit Schreiben vom 26. Jänner 2022 für den Fall, dass es zu keiner Verwirkung des Unterhaltsanspruchs gekommen sein sollte, die Aufrechnung mit dem Rückforderungsanspruch gegen allenfalls neu aufgelebte Unterhaltsansprüche der Beklagten erklärt.

[6] Die Beklagte wendete ein, sie habe sich vor Jänner 2020 nicht in einer Lebensgemeinschaft befunden. Folglich habe sie auch nicht versucht, den Kläger durch unwahre Behauptungen zu täuschen. In ihrem Schreiben vom 31. Jänner 2020 habe sie lediglich das Bestehen einer Lebensgemeinschaft seit Juni 2019 wahrheitsgemäß verneint.

[7] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach den Feststellungen habe sich die Wohn- und damit einhergehende Wirtschaftsgemeinschaft in einem stetigen Prozess von April bis August 2019 entwickelt. Diese beiden Merkmale hätten sich aber spätestens im Juni 2019 so weit verdichtet, dass insgesamt von einer Lebensgemeinschaft ausgegangen werden könne. Der Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 31. Jänner 2020 sei für einen redlichen Erklärungsempfänger so zu verstehen, dass sie sich weder im Juni 2019 noch in der Zeit bis zum Jänner 2020 in einer Lebensgemeinschaft befunden habe. Selbst wenn man den Beginn der Lebensgemeinschaft erst später, etwa im August 2019, ansetzen wollte, wäre das Bestreiten der Beklagten nicht weniger bedenklich, weil für sie aus dem Zusammenhang ersichtlich sein habe müssen, dass es dem Rechtsvertreter des Klägers nicht auf das Bestehen einer Lebensgemeinschaft seit einem bestimmten Zeitpunkt, sondern auch für den darauffolgenden Zeitraum angekommen sei. Die Beklagte habe somit versucht, den Kläger durch diese unrichtige Auskunft zu täuschen, und gleichzeitig die Tatsache, sich in einer Lebensgemeinschaft zu befinden, verheimlicht. Diesen Standpunkt habe sie auch im Oppositionsverfahren eingenommen, wodurch jenes qualifizierende Moment hinzutrete, das der Oberste Gerichtshof zu 1 Ob 26/19h als ausreichend für eine Unterhaltsverwirkung angesehen habe.

[8] Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass sowohl für die Geltendmachung als auch für die Abwehr von Unterhaltsansprüchen zwischen geschiedenen Ehegatten wechselseitige Auskunfts‑ und Rechnungslegungsansprüche über alle relevanten Umstände bestünden. Existiere bereits ein Unterhaltstitel, sei der Unterhaltsberechtigte im Allgemeinen dazu verpflichtet, dem Unterhaltspflichtigen wesentliche Änderungen, die den Unterhaltsanspruch dem Grunde oder der Höhe nach betreffen, aus Eigenem mitzuteilen. In den Entscheidungen 1 Ob 26/19h und 3 Ob 139/13g sei das Vortäuschen falscher bzw das Verheimlichen richtiger Tatsachen gegenüber dem Unterhaltspflichtigen als Verwirkungstatbestand angenommen worden. Nach den getroffenen Feststellungen seien die Beklagte und der Mann jedenfallsim Sommer 2019 eine Lebensgemeinschaft eingegangen. Die Beklagte habe dem Kläger diesen Umstand nicht nur verschwiegen, sondern sie habe im Schreiben vom 31. Jänner 2020 sogar ausdrücklich behauptet, sich nicht seit Juni 2019 in einer Lebensgemeinschaft zu befinden. Damit habe sie ein über das bloße Verheimlichen hinausgehendes Verhalten gesetzt, das zur Verwirkung ihres Unterhaltsanspruchs geführt habe.

[9] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zur Frage zu, ob eine bewusst wahrheitswidrige Auskunft des Unterhaltsberechtigten ohne weitere Täuschungshandlung vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens einen Verwirkungstatbestand darstelle.

Rechtliche Beurteilung

[10] Die Revision der Beklagten ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist auch teilweise berechtigt.

[11] 1. Gemäß § 74 EheG verwirkt der Berechtigte den Unterhaltsanspruch, wenn er sich nach der Scheidung einer schweren Verfehlung gegen den Verpflichteten schuldig macht oder gegen dessen Willen einen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel führt. § 74 EheG findet auch auf gesetzliche Unterhaltsverpflichtungen Anwendung, deren Höhe – wie hier – durch Vergleich bestimmt wurde (3 Ob 86/16t = RS0057429 [T2]).

[12] 2. Eine schwere Verfehlung iSd § 74 EheG muss zwar gravierender sein als jene nach § 49 EheG, muss jedoch kein Verbrechen oder Vergehen im strafrechtlichen Sinn darstellen und nicht die Intensität eines Enterbungs‑ bzw Erbunwürdigkeitsgrundes aufweisen. Es ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller objektiven und subjektiven Umstände zu prüfen, ob die Verfehlung so schwer wiegt, dass dem Verpflichteten die Unterhaltsleistung für alle Zukunft nicht mehr zumutbar ist (RS0078153), wobei es auf die der Verfehlung zugrunde liegende Gesinnung sowie auf die Auswirkungen auf die Interessensphäre des Unterhaltspflichtigen ankommt (vgl RS0078153 [T5]).

[13] 3. Im Führen einer Lebensgemeinschaft allein liegt nach ständiger Rechtsprechung noch kein ehrloser oder unsittlicher Lebenswandel, der die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs gemäß § 74 EheG zur Folge hätte (RS0114056), doch ruht die Unterhaltsverpflichtung für die Dauer des Bestands einer Lebensgemeinschaft (vgl RS0047108).

[14] 4. Existiert bereits ein Unterhaltstitel, ist der Unterhaltsberechtigte zwar im Allgemeinen dazu verpflichtet, dem Unterhaltspflichtigen wesentliche Änderungen, die den Unterhaltsanspruch dem Grunde oder der Höhe nach betreffen, aus Eigenem mitzuteilen (4 Ob 15/19p = RS0122058 [T3]). Allerdings reicht selbst die mit bedingtem Schädigungsvorsatz erfolgte Inanspruchnahme eines nach der Rechtsprechung wegen einer Lebensgemeinschaft ruhenden Unterhalts nach der Rechtsprechung für sich allein für die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nicht aus (3 Ob 209/99b; 3 Ob 241/13g; 4 Ob 15/19p). In der Entscheidung 1 Ob 26/19h wurde die Unterhaltsverwirkung auf Basis des Sachverhalts bejaht, dass sich die Unterhaltsberechtigte den Weiterbezug des Unterhalts durch Verschleierungshandlungen und unrichtige Angaben, also durch ein aktives Verhalten, erschlichen hatte.

[15] 5. Dass die Beklagte den Kläger bis einschließlich Dezember 2019 nicht selbst über das Eingehen der Lebensgemeinschaft informiert hat, konnte deshalb für sich allein nicht zur Unterhaltsverwirkung führen; im Übrigen hat die Beklagte ihre Beziehung auch gegenüber den gemeinsamen Kindern der Streitteile nicht verschleiert und war der Kläger durch die gemeinsame Tochter ohnehin bereits im April 2019 darüber informiert worden, dass die Beklagte eine neue Beziehung eingegangen war.

[16] 6. Aber auch das vom Kläger in seiner Klage in den Vordergrund gestellte Schreiben der Beklagten vom 31. Jänner 2020 führte nicht zur Unterhaltsverwirkung. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass der Kläger die Unterhaltszahlungen an die Beklagte – von dieser unbeanstandet – bereits mit Ende Dezember 2019 eingestellt hatte. Thema des besagten Schreibens waren demnach nicht künftige Unterhaltszahlungen, sondern konkret die vom Kläger für die Zeit 7/2019 bis 12/2019 begehrte Rückzahlung von 3.900 EUR an Unterhalt. Dass die Beklagte in diesem Schreiben abstritt, sich seit Juni 2019 in einer Lebensgemeinschaft zu befinden, diente demgemäß nicht dazu, weitere Unterhaltszahlungen für die Zukunft zu erschleichen. Vielmehr bestritt die Beklagte damit im Ergebnis lediglichdie – im von ihr beantworteten Anwaltsschreiben erhobene – Forderung des Klägers auf Rückzahlung der geleisteten Unterhaltsbeiträge für den Zeitraum Juli bis Dezember 2019.

[17] 7. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass entgegen der Ansicht der Vorinstanzen die vom Kläger behauptete Unterhaltsverwirkung zu verneinen ist.

[18] 8. Hilfsweise hat der Kläger sein Begehren auf eine Aufrechnung mit seinem (schadenersatz‑ bzw bereicherungsrechtlichen) Anspruch auf Rückzahlung der von ihm in Unkenntnis des Ruhens des Unterhaltsanspruchs der Beklagten geleisteten Unterhaltszahlungen an die Beklagte gestützt. Sein Vorbringen, wonach er bereits mit Schreiben vom 26. Jänner 2022 (hilfsweise) mit seinem Rückforderungsanspruch gegen einen allenfalls berechtigten Unterhaltsanspruch der Beklagten aufgerechnet habe, hat die Beklagte nicht substanziiert bestritten, sodass es als unstrittig anzusehen ist. Es schadet daher nicht, dass das Erstgericht zu diesem Thema keine Feststellungen getroffen hat.

[19] 9. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann ein ohne Rechtsgrundlage gezahlter Unterhalt nur dann mangels echter Bereicherung nicht zurückgefordert werden, wenn er gutgläubig verbraucht wurde (1 Ob 35/00d mwN). Der Empfänger von Unterhalt ist dann schlechtgläubig, wenn er bei Anwendung der von ihm zu erwartenden Sorgfalt an der Rechtmäßigkeit des empfangenen Betrags Zweifel hätte haben müssen; die Unredlichkeit bezieht sich auf die Existenz des Kondiktionsanspruchs (RS0103057). Die Redlichkeit fehlt nicht erst bei auffallender Sorglosigkeit oder gar bei Vorsatz, sondern schon dann, wenn der Empfänger der Leistung zwar nicht nach seinem subjektiven Wissen, wohl aber bei objektiver Beurteilung an der Rechtmäßigkeit der ihm rechtsgrundlos ausgezahlten Beträge auch nur zweifeln hätte müssen (vgl RS0103057 [T4]). So wird Unredlichkeit des Unterhaltsberechtigten insbesondere im Fall der Entgegennahme von Unterhaltsleistungen trotz Ruhens des Anspruchs aufgrund Eingehens einer Lebensgemeinschaft durch den geschiedenen Ehegatten angenommen (3 Ob 209/99b; 3 Ob 139/13g).

[20] 10. Darüber hinaus hat der Unterhaltspflichtige einen Schadenersatzanspruch, wenn der Unterhaltsberechtigte trotz bestehender Lebensgemeinschaft Unterhaltszahlungen entgegennimmt, weil Letzterer die hiedurch bewirkte Schädigung des Unterhaltspflichtigen zumindest billigend in Kauf nimmt, also mit bedingtem Vorsatz handelt (vgl 4 Ob 204/02g = RS0047108 [T11]). Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens ist nämlich davon auszugehen, dass einer Unterhaltsberechtigten bewusst ist, dass sie im Fall des Ruhens ihres Unterhaltsanspruchs zu Unrecht weiterhin Unterhaltszahlungen entgegennimmt, und dass sie die hiedurch bewirkte Schädigung des Klägers zumindest in Kauf nimmt (vgl 3 Ob 227/13y = RS0114056 [T1]).

[21] 11. Da der Unterhalt monatlich im Vorhinein zu bezahlen ist, ist er auch für den Monat, in dem die Lebensgemeinschaft begründet wurde, noch zu leisten (vgl RS0001011).

[22] 12. Entgegen der vom Erstgericht vertretenen Auffassung ist auf Basis der getroffenen Feststellungen erst mit August 2019 vom Bestehen einer Lebensgemeinschaft auszugehen. Folglich hat die Beklagte (nur) die Unterhaltsbeiträge für die Monate September bis Dezember 2019, also im Ausmaß von 2.600 EUR (4 x 650 EUR) zu Unrecht bezogen; sie hat gar nicht behauptet, dass sie diese Unterhaltsbeiträge gutgläubig verbraucht habe. Durch die Aufrechnungserklärung des Klägers ist somit der betriebene Unterhaltsrückstand (nur) im Ausmaß von 2.600 EUR erloschen.

[23] 13. Die angefochtenen Urteile sind daher im Sinn einer bloß teilweisen Klagestattgebung abzuändern.

[24] Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des erstinstanzlichen Verfahrens auf § 43 Abs 2 ZPO und hinsichtlich des Rechtsmittelverfahrens auf § 43 Abs 2 iVm § 50 ZPO. Der Kläger ist mit seinem Begehren nur zu rund 9,5 % durchgedrungen, sodass er der Beklagten vollen Kostenersatz – jedoch nur auf Basis des von ihr „ersiegten“ (hier also des abgewehrten) Betrags (RS0116722) – zu leisten hat.

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