OGH 7Ob3/23a

OGH7Ob3/23a19.4.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen unddie Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundesarbeitskammer, 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 20–22, vertreten durch Dr. Sebastian Schumacher, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E* AG, *, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, über die Revisionen der klagenden und der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichtvom 30. September 2022, GZ 3 R 49/22f‑34, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 5. Jänner 2022, GZ 541 Cg 19/20h‑22 (nunmehr AZ 30 Cg 6/22t), abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0070OB00003.23A.0419.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiete: Klauselentscheidungen, Versicherungsvertragsrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der beklagten Partei wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil unter Einschluss der in Rechtskraft erwachsenen klagsstattgebenden und klagsabweisenden Teile zu lauten hat:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, die Verwendung der nachstehend genannten Klauseln oder sinngleicher Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern binnen sechs Monaten zu unterlassen und es weiters zu unterlassen, sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen, soweit diese bereits Inhalt von mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträgen geworden sind:

Klausel 4 (Artikel 6.1.10. RVB 2018): 'Kein Versicherungsschutz besteht für Ereignisse, die […]

aufgrund behördlicher Verfügungen hervorgerufen werden;'

Klausel 5 (Artikel 6.1.11. RVB 2018): 'Kein Versicherungsschutz besteht für Ereignisse, die […]

entstehen, wenn die versicherte Person einem erhöhten Unfallrisiko durch körperliche Arbeit, Arbeit mit Maschinen, Umgang mit ätzenden, giftigen, leicht entzündlichen, explosiven oder gesundheitsgefährdenden Stoffen sowie elektrischer oder thermischer Energie ausgesetzt ist (gilt nicht für Reisestorno).'

Klausel 7 (Artikel 6.2. RVB 2018): 'Kein Versicherungsschutz besteht, soweit und solange diesem auf die Vertragsparteien direkt anwendbare Wirtschafts-, Handels- oder Finanzsanktionen bzw. Embargos der Europäischen Union oder der Republik Österreich entgegenstehen. Dies gilt auch für Wirtschafts-, Handels- oder Finanzsanktionen bzw. Embargos, die durch andere Länder erlassen werden, soweit dem nicht europäische oder österreichische Rechtsvorschriften entgegenstehen.'

Klausel 8 (Artikel 8.1. RVB 2018): 'Als Obliegenheiten, deren Verletzung die Leistungsfreiheit des Versicherers gemäß § 6 VersVG bewirkt, werden bestimmt:'

Klausel 10 (Artikel 8.1.5. erster Halbsatz RVB 2018): 'Der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person haben: […]

Schadenersatzansprüche gegen Dritte form- und fristgerecht sicherzustellen [...];'

Klausel 13 (Artikel 16.3. RVB 2018): 'Der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person haben […]

bei Erkrankung oder Unfall unverzüglich eine entsprechende Bestätigung des behandelnden Arztes (bei Reiseabbruch vom Arzt vor Ort) ausstellen zu lassen;'

Klausel 14 (Artikel 16.4. RVB 2018): 'Der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person haben […]

unverzüglich folgende Unterlagen an den Versicherer zu senden:

‑ bei Erkrankung oder Unfall: Detailliertes ärztliches Attest/Unfallbericht (bei psychischen Erkrankungen durch Facharzt der Psychiatrie), Krankmeldung bei der Sozialversicherung und Bestätigung über verordnete Medikamente;'

Klausel 15 (Artikel 16.5. RVB 2018): 'Der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person haben […]

sich auf Verlangen des Versicherers durch die vom Versicherer bezeichneten Ärzte untersuchen zu lassen.'

2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, die Verwendung der nachstehend genannten Klauseln oder sinngleicher Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen und es weiters zu unterlassen, sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen, soweit diese bereits Inhalt von mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträgen geworden sind, wird abgewiesen:

Klausel 1 (Artikel 6.1.1. RVB 2018): 'Dem Vorsatz wird gleichgehalten eine Handlung oder Unterlassung, bei welcher der Schadenseintritt mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden muss, jedoch in Kauf genommen wird;'

Klausel 2 (Artikel 6.1.4. RVB 2018): 'Wenn die versicherte Person während der versicherten Reise von einem dieser Ereignisse überrascht wird, besteht Versicherungsschutz bis zur unverzüglichen Ausreise, längstens aber bis zum 14. Tag nach Beginn des jeweiligen Ereignisses.'

Klausel 3 (Artikel 6.1.5. RVB 2018): 'Kein Versicherungsschutz besteht für Ereignisse, die […]

durch Gewalttätigkeiten anlässlich einer öffentlichen Ansammlung oder Kundgebung entstehen, sofern die versicherte Person aktiv daran teilnimmt;'

Klausel 6 (Artikel 6.1.19. RVB 2018): 'Kein Versicherungsschutz besteht für Ereignisse, die […]

bei Ausübung einer Extremsportart auftreten (gilt nicht für Reisestorno);'

Klausel 9 (Artikel 8.1.1. RVB 2018): 'Der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person haben: […]

Versicherungsfälle nach Möglichkeit abzuwenden, den Schaden möglichst gering zu halten, unnötige Kosten zu vermeiden und dabei allfällige Weisungen des Versicherers zu befolgen;'

Klausel 10 (Artikel 8.1.5. zweiter Halbsatz RVB 2018): 'Der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person haben: […]

Schadenersatzansprüche [...] bis zur Höhe der geleisteten Entschädigung an den Versicherer abzutreten;'

Klausel 11 (Artikel 14.2. RVB 2018): 'Ein Versicherungsfall liegt vor, wenn die versicherte Person aus einem der folgenden Gründe die Reise nicht antreten kann, eine gesondert gebuchte touristische Leistung während der Reise zur Gänze nicht nutzen kann […]'

Klausel 12 (Artikel 14.2.5. RVB 2018): 'Ein Versicherungsfall liegt vor, wenn die versicherte Person aus einem der folgenden Gründe die Reise nicht antreten kann […]

bedeutender Sachschaden am Eigentum der versicherten Person an ihrem Wohnsitz infolge Elementarereignis (Hochwasser, Sturm usw.), Feuer, Wasserrohrbruch oder Straftat eines Dritten, der ihre Anwesenheit dringend erforderlich macht;'

Klausel 16 (Artikel 17.1. RVB 2018): 'Der Versicherer ersetzt bis zur vereinbarten Versicherungssumme […]

bei Stornierung der versicherten Reise jene Stornokosten, die zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles vertraglich geschuldet sind, und jene amtlichen Gebühren, die die versicherte Person nachweislich für ihre Visumerteilung bezahlen musste.'

Klausel 17 (Artikel 17.2.1. RVB 2018): 'Der Versicherer ersetzt bis zur vereinbarten Versicherungssumme […]

bei Reiseabbruch die bezahlten, aber nicht genutzten Teile der versicherten Reise (exkl. Rückreisetickets);'

Klausel 18 (Artikel 17.3. RVB 2018): 'Der Versicherer ersetzt bis zur vereinbarten Versicherungssumme […]

wenn eine gesondert gebuchte touristische Leistung während der Reise zur Gänze nicht genutzt werden kann, die vertraglich geschuldeten Stornokosten.'

3. Der klagenden Partei wird die Ermächtigung erteilt, den klagsstattgebenden Teil des Urteilsspruchs im Umfang des Unterlassungsbegehrens und der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des Urteils einmal im redaktionellen Teil der bundesweit erscheinenden Samstagsausgabe der 'Kronen‑Zeitung', auf Kosten der beklagten Partei mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien und in Fettdruckumrandung in Normallettern zu veröffentlichen.

4. Die beklagte Partei ist schuldig, den klagsstattgebenden Teil des Urteilsspruchs mit Ausnahme des Ausspruchs über die Kosten binnen drei Monaten ab Rechtskraft des über diese Klage ergehenden Urteils für die Dauer von 30 Tagen auf der von der beklagten Partei betriebenen Website www.e*.at oder, sollte sich die Internetadresse ändern, auf der von ihr betriebenen Website für Reiseversicherungen unter der sodann hiefür gültigen Internetadresse, derart zu veröffentlichen bzw. die Veröffentlichung durch den Betreiber der Website www.e*.at zu veranlassen, dass die Veröffentlichung unübersehbar auf der Startseite anzukündigen und mit einem Link direkt aufrufbar sein muss, wobei sie in Fettumrandung und mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien, ansonsten hinsichtlich Schriftgröße und Schriftfarbe, Farbe des Hintergrunds sowie Zeilenabständen so vorzunehmen ist wie auf der Website www.e*.at im Textteil üblich.

5. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.033,30 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz sowie des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

 

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit 519,84 EUR (darin enthalten 10,34 EUR USt und 457,80 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin ist ein zur Verbandsklage nach § 29 Abs 1 KSchG berechtigter Verband.

[2] Die Beklagte betreibt das Versicherungsgeschäft und schließt als Unternehmerin regelmäßig mit Verbrauchern Reiseversicherungsverträge ab. Diesen Vertragsabschlüssen legt die Beklagte die „E* Reiseversicherungsbedingungen *‑RVB 2018 Auszug für den StornoSchutz“ (in der Folge RVB 2018) als Allgemeine Geschäftsbedingungen zugrunde.

[3] Die Klägerin begehrt die Unterlassung der Verwendung von 18 AGB‑Klauseln, die Unterlassung der Berufung auf diese oder sinngleiche Klauseln sowie Urteilsveröffentlichung (sowohl im redaktionellen Teil der bundesweit erscheinenden Samstagsausgabe der „Kronen Zeitung“ als auch auf der Website der Beklagten).

[4] Die Beklagte beantragt Klagsabweisung.

[5] Das Erstgericht gab dem Unterlassungs- und Veröffentlichungsbegehren hinsichtlich der Klauseln 1, 4, 5, 8, 9, 10, 12, 13, 14 und 15 statt und wies das Mehrbegehren zu den Klauseln 2, 3, 6, 7, 11, 16, 17 und 18 ab. Den Veröffentlichungsbegehren gab es ebenfalls statt.

[6] Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien jeweils teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahingehend ab, dass es dem Klagebegehren auch hinsichtlich der Klauseln 6 und 7 stattgab, es jedoch hinsichtlich der Klausel 12 abwies; die Klausel 10 teilte es in zwei eigenständige Regelungsbereiche und gab dem Klagebegehren hinsichtlich des ersten Halbsatzes statt und wies es hinsichtlich des zweiten Halbsatzes ab. Die Abweisung hinsichtlich der Klauseln 2, 3, 16 und 17 blieb unbekämpft.

[7] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu.

[8] Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionen beider Parteien:

[9] Die Klägerin begehrt die Klagsstattgebung auch hinsichtlich der Klauseln 11, 12 und 18. Die teilweise Abweisung der Klausel 10 (nämlich hinsichtlich des zweiten Halbsatzes) durch das Berufungsgericht ließ sie unbekämpft. Die Beklagte begehrt die Klagsabweisung auch hinsichtlich der Klauseln 1, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 erster Halbsatz, 13, 14 und 15. In eventu stellen beide Parteien Aufhebungsanträge.

[10] In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen die Parteien jeweils, die Revision der Gegenseite als unzulässig zurückzuweisen, in eventu diese abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

[11] Die Revisionen sind zulässig, jene der Beklagten ist auch teilweise berechtigt.

I. Allgemeines

Für sämtliche Klauseln sind folgende Grundsätze im Verbandsprozess maßgeblich:

[12] 1. Die Geltungskontrolle nach § 864a ABGB geht der Inhaltskontrolle gemäß § 879 ABGB vor (RS0037089). Objektiv ungewöhnlich nach § 864a ABGB ist eine Klausel, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, mit der er also nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Der Klausel muss ein „Überrumpelungseffekt“ innewohnen (RS0014646). Entscheidend ist, ob die Klausel beim entsprechenden Geschäftstyp üblich ist und ob sie den redlichen Verkehrsgewohnheiten entspricht (RS0105643 [T3]). Auf ihren Inhalt allein kommt es aber nicht an. Er spielt vor allem im Zusammenhang mit der Stellung im Gesamtgefüge des Vertragstextes eine Rolle, denn das Ungewöhnliche einer Vertragsbestimmung ergibt sich besonders aus der Art ihrer Einordnung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (RS0014659 [T2]). Die Bestimmung darf im Text nicht derart „versteckt“ sein, dass sie der Vertragspartner – ein durchschnittlich sorgfältiger Leser – dort nicht vermutet, wo sie sich befindet, und dort nicht findet, wo er sie vermuten könnte (RS0014646 [T14]). Gegen die für die Art des Rechtsgeschäfts typischen Vertragsbestimmungen kann auch ein unerfahrener Vertragspartner nicht ins Treffen führen, er sei von ihnen überrascht worden (RS0014610). Die Ungewöhnlichkeit eines Inhalts ist nach dem Gesetzestext objektiv zu verstehen (RS0014627). Erfasst sind alle dem Kunden nachteiligen Klauseln; eine grobe Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB wird nicht vorausgesetzt (RS0123234). Die Geltungskontrolle ist nicht allein auf Nebenabreden beschränkt, sondern umfasst auch Vertragsbestimmungen über die Begründung, Umgestaltung bzw Erweiterung der Hauptpflichten (RS0014603).

[13] 2. Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt. Das dadurch geschaffene bewegliche System berücksichtigt einerseits die objektive Äquivalenzstörung und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit“ (RS0016914). Ein Abweichen vom dispositiven Recht kann unter Umständen schon dann eine „gröbliche“ Benachteiligung des Vertragspartners sein, wenn sich für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung ergibt. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht, wenn also keine sachlich berechtigte Abweichung von der für den Durchschnittsfall getroffenen Norm des nachgiebigen Rechts vorliegt (RS0016914 [T3, T4, T6]). Die Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner gröblich benachteiligt, orientiert sich am dispositiven Recht, das als Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs für den Durchschnittsfall gilt (RS0014676 [T7, T13, T43]).

[14] Im Versicherungsvertragsrecht sind der Kontrollmaßstab für die Leistungsbeschreibung außerhalb des Kernbereichs die berechtigten Deckungserwartungen des Versicherungsnehmers. Gröbliche Benachteiligung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB liegt nicht nur dann vor, wenn der Vertragszweck geradezu vereitelt oder ausgehöhlt wird, sondern bereits dann, wenn die zu prüfende Klausel eine wesentliche Einschränkung gegenüber dem Standard bringt, den der Versicherungsnehmer von einer Versicherung dieser Art erwarten kann (RS0128209 [insb T2]).

[15] 3. Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Das Transparenzgebot soll es dem Kunden ermöglichen, sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsbestandteilen zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren (RS0115217 [T41]). Es soll eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche Formulierung Allgemeiner Geschäftsbedingungen sicherstellen, um zu verhindern, dass der für die jeweilige Vertragsart typische Verbraucher von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird oder ihm unberechtigt Pflichten abverlangt werden. Das setzt die Verwendung von Begriffen voraus, deren Bedeutung dem typischen Verbraucher geläufig ist oder von ihm jedenfalls festgestellt werden kann. Das können naturgemäß auch Fachbegriffe sein, nicht aber Begriffe, die so unbestimmt sind, dass sich ihr Inhalt jeder eindeutigen Festlegung entzieht. Der durch ihre Verwendung geschaffene weite Beurteilungsspielraum schließt es aus, dass der Verbraucher Klarheit über seine Rechte und Pflichten gewinnen kann (RS0115217 [T3]). Das Transparenzgebot begnügt sich nicht mit formeller Textverständlichkeit, sondern verlangt, dass Inhalt und Tragweite vorgefasster Vertragsklauseln für den Verbraucher „durchschaubar“ sind (RS0122169). Mit dem Verbandsprozess soll nicht nur das Verbot von gesetzwidrigen Klauseln erreicht, sondern es sollen auch jene Klauseln beseitigt werden, die dem Verbraucher ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild seiner vertraglichen Position oder ein unrichtiges Bild der Rechtslage vermitteln (RS0115219 [T14, T21]; RS0121951 [T4]).

4. Im Verbandsprozess nach § 28 KSchG hat die Auslegung der Klauseln im „kundenfeindlichsten“ Sinn zu erfolgen (RS0016590). Auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Klausel kann nicht Rücksicht genommen werden, weil eine geltungserhaltende Reduktion im Verbandsprozess nicht möglich ist (RS0038205 [insb T20]).

II. Zu den einzelnen Klauseln der Reiseversicherungsbedingungen (RVB 2018)

1. Klausel 1 (Art 6.1.1. RVB 2018):

1.1. „[…] Dem Vorsatz wird gleichgehalten eine Handlung oder Unterlassung, bei welcher der Schadenseintritt mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden muss, jedoch in Kauf genommen wird;“

[16] 1.2. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Im Zusammenhang mit dem vorhergehenden Satz, wonach Versicherungsschutz für Ereignisse bestehe, die vorsätzlich oder grob fahrlässig durch die versicherte Person herbeigeführt werden, sei unklar, wie die Klausel zu verstehen sei, insbesondere ob bzw inwiefern durch sie eine Ausweitung des Vorsatzes erfolge.

[17] Das Berufungsgericht qualifizierte die Klausel als gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Schon aus der Formulierung der Klausel ergebe sich, dass dadurch der im Gesetz normierte Risikoausschlussgrund erweitert werden solle, weil ein bestimmt definiertes Verhalten dem Vorsatz gleichgehalten werde. Bei kundenfeindlichster Auslegung müsse davon ausgegangen werden, dass bereits ein geringer Grad an Wahrscheinlichkeit ausreiche, um den Risikoausschluss zu verwirklichen. Damit weiche die Klausel von § 61 VersVG zum Nachteil des Versicherungsnehmers gröblich ab.

[18] In ihrer Revision wendet sich die Beklagte gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts mit der Begründung, dass diese der Formulierung der Klausel nicht ausreichend Rechnung trage. Voraussetzung für den Risikoausschluss sei nämlich nicht nur, dass der Schadenseintritt mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden müsse, sondern auch, dass er in Kauf genommen werde. Damit korrespondiere sie aber mit der gesetzlichen Wertung des § 61 VersVG und weiche davon nicht ab. Im Übrigen sei die Klausel auch nicht intransparent. Es mache für das relevante Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers keinen Unterschied, ob die vertragliche Regelung, wonach eine bestimmte Handlung oder Unterlassung dem Vorsatz gleichgehalten werde, den Vorsatzbegriff erweitere oder nur konkretisiere, sei doch in beiden Fällen davon auszugehen, dass das in der Klausel beschriebene Verhalten jedenfalls vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sei.

[19] 1.3. Die – dispositive (7 Ob 61/80; Vonkilch in Fenyves/Perner/Riedler [Jänner 2021] § 61 VersVG Rz 60) – Vorschrift des § 61 VersVG normiert, dass der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei ist, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeiführt. Art 6.1.1. erster Satz RVB 2018 entspricht dieser Bestimmung, indem er anordnet, dass kein Versicherungsschutz für Ereignisse besteht, die vorsätzlich oder grob fahrlässig durch die versicherte Person herbeigeführt werden. Im Anschluss daran sieht Art 6.1.1. zweiter Satz RVB 2018 vor, dass „eine Handlung oder Unterlassung, bei welcher der Schadenseintritt mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden muss, jedoch in Kauf genommen wird“, dem Vorsatz „gleichgehalten“ werde.

[20] Eine vergleichbare Regelung findet sich in den Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB). In Art 7.2.1. AHVB wird dem Vorsatz eine Handlung oder Unterlassung gleichgehalten, bei welcher der Schadenseintritt mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden musste, jedoch in Kauf genommen wurde (siehe Maitz, AHVB/EHVB Art 7 AHVB 97). Diese Klausel war auch bereits Gegenstand zahlreicher höchstgerichtlicher Entscheidungen (vgl RS0087592; RS0081721). Rechtsprechung und Lehre verstehen diese Bestimmung einhellig dahin, dass sich – anders als beim eigentlichen Vorsatzausschluss – das Bedenken und der Beschluss des Versicherungsnehmers nicht auf den Schadenserfolg selbst, sondern nur auf einen diesem Erfolg vorgelagerten Umstand beziehen muss, der eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür begründet, dass es wirklich zum Eintritt des Schadens kommen kann (7 Ob 124/16k mwN; RS0087592; Reisinger in Fenyves/Perner/Riedler [Jänner 2021] § 152 VersVG Rz 11; Maitz, AHVB/EHVB Art 7 AHVB 19). Entgegen der Ansicht der Klägerin erweitert die Klausel den Risikoausschluss daher nicht auf Fälle, bei denen kein Vorsatz vorliegt. Vielmehr setzt die Klausel ein vorsätzliches Verhalten des Versicherungsnehmers voraus. Im Übrigen führt hier – anders als im Haftpflichtversicherungsrecht – auch die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls zur Leistungsfreiheit des Versicherers (§ 61 VersVG). Art 6.1.1. zweiter Satz RVB 2018 ist daher weder ungewöhnlich noch gröblich benachteiligend noch intransparent.

[21] Die Klausel ist somit entgegen der Ansicht der Vorinstanzen zulässig.

2. Klausel 4 (Art 6.1.10. RVB 2018):

2.1. „Kein Versicherungsschutz besteht für Ereignisse, die […] aufgrund behördlicher Verfügungen hervorgerufen werden; […]“

[22] 2.2. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als intransparent und gröblich benachteiligend. Es sei weder eindeutig abgrenzbar, ob sich der Ausschluss bloß auf Behörden eines bestimmten Staats beziehe, noch wann ein Ereignis von einer behördlichen Verfügung „hervorgerufen“ werde. Bei kundenfeindlichster Auslegung wären sämtliche Ereignisse, die in irgendeinem – wenn auch entfernten oder mittelbaren – Zusammenhang zu einer behördlichen Verfügung im In- oder Ausland stehen, vom Risikoausschluss erfasst. Eine sachliche Rechtfertigung für einen derart weitgreifenden Ausschluss liege nicht vor.

[23] Das Berufungsgericht qualifizierte die Klausel als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Der Begriff der „behördlichen Verfügung“ sei kein terminus technicus der Rechtssprache, sodass ihm kein eindeutig bestimmter Bedeutungsgehalt beigemessen werden könne. Auch habe die Beklagte ihm keinen eindeutigen Begriffsinhalt zugeschrieben, sodass unklar bleibe, was konkret darunter zu verstehen sei. Ebenso bleibe unklar, welche „Ereignisse“ durch behördliche Verfügungen „hervorgerufen“ werden und an wen diese Verfügung adressiert sein müsse.

[24] In ihrer Revision argumentiert die Beklagte, dass die Klausel ausreichend transparent und nicht gröblich benachteiligend sei. Abgesehen von einer wörtlichen Wiederholung ihrer Berufungsausführungen hält sie der Argumentation des Berufungsgerichts entgegen, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer kein Jurist sei, weshalb es für ihn bedeutungslos sei, wie der Begriff der „behördlichen Verfügung“ juristisch einzuordnen sei. Für ihn als juristischen Laien sei klar, dass eine „behördliche Verfügung“ ein Hoheitsakt sei, und dass er sich an diese zu halten habe. Aus der Klausel ergebe sich insgesamt, dass eine „behördliche Verfügung“, also eine Anordnung der Behörde, an die sich der Versicherte halten müsse, für Umstände kausal geworden sei, die einer Fortsetzung oder einem Beginn der Reise entgegenstünden.

[25] 2.3. In Art 6.1.11. RVB 2018bleibt für den durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer völlig offen, welche „Ereignisse aufgrund behördlicher Verfügungen hervorgerufen“ werden und an wen diese „behördlichen Verfügungen“ adressiert sein müssen. Die Klausel ist daher intransparent, weil der Versicherungsnehmer seine Rechtsposition nicht verlässlich abschätzen kann und damit die Gefahr besteht, dass er aufgrund der unbestimmten Begriffe davon absieht, allenfalls berechtigte Ansprüche gegen den beklagten Versicherer geltend zu machen.

[26] Die Klausel ist daher gemäß § 6 Abs 3 KSchG unzulässig.

3. Klausel 5 (Art 6.1.11. RVB 2018):

3.1. „Kein Versicherungsschutz besteht für Ereignisse, die […] entstehen, wenn die versicherte Person einem erhöhten Unfallrisiko durch körperliche Arbeit, Arbeit mit Maschinen, Umgang mit ätzenden, giftigen, leicht entzündlichen, explosiven oder gesundheitsgefährdenden Stoffen sowie elektrischer oder thermischer Energie ausgesetzt ist (gilt nicht für Reisestorno).“

[27] 3.2. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als intransparent und gröblich benachteiligend. Es sei unklar, wie weit die Begriffe „körperliche Arbeit“ und der Umgang mit „elektrischer oder thermischer Energie“ zu verstehen seien. Bei kundenfeindlichster Auslegung seien von körperlicher Arbeit auch einfache Haushaltstätigkeiten, von „Umgang mit elektrischer oder thermischer Energie“ auch die Bedienung elektrischer Geräte oder sonstige gewöhnliche Tätigkeiten, welche die Verwendung von Strom erfordern, umfasst, mit der Konsequenz, dass dafür kein Versicherungsschutz gegeben wäre. Eine sachliche Rechtfertigung für einen solch weiten Risikoausschluss sei nicht erkennbar.

[28] Das Berufungsgericht schloss sich der Beurteilung des Erstgerichts an und beurteilte die Klausel ebenfalls als unzulässig. Ergänzend führte es aus, dass der sehr weit gefasste Risikoausschluss auch zahlreiche Tätigkeiten des Alltags umfasse, die typischerweise auch auf Reisen ausgeübt würden, und von denen der durchschnittliche Versicherungsnehmer erwarte, dass sie vom Versicherungsschutz einer Reiseabbruchversicherung umfasst seien. Mangels sachlicher Rechtfertigung für den Ausschluss (all) dieser Tätigkeiten sei die Klausel gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.

[29] In ihrer Revision hält die Beklagte unter weitgehender Wiederholung ihrer Berufungsausführungen an ihrem Standpunkt fest, dass die Klausel weder gröblich benachteiligend noch intransparent sei. Sie schließe nur für Reisen untypische Tätigkeiten vom Versicherungsschutz aus. Durch die abschließende Aufzählung der Ursachen für das erhöhte Unfallrisiko sei die Klausel für den Versicherungsnehmer auch verständlich und demnach nicht intransparent.

[30] 3.3. Entgegen der Ansicht der Beklagten geht aus dem Wortlaut von Art 6.1.11. RVB 2018 keineswegs eindeutig hervor, dass der Risikoausschluss nur bei auf Reisen untypischen Tätigkeiten zur Anwendung gelangt. Bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung sind hingegen zahlreiche auf Reisen typische Tätigkeiten erfasst, da bei ihnen aufgrund einer der aufgezählten – weit gefassten – Ursachen ein erhöhtes Unfallrisiko besteht. Das Argument der Beklagten, Haushaltstätigkeiten könnten zwar unter den Begriff der körperlichen Arbeit subsumiert werden, durch sie werde aber kein erhöhtes Unfallrisiko realisiert, ist vor dem Hintergrund der allgemein bekannt hohen Zahl von Haushaltsunfällen nicht überzeugend. Auch ist der Klausel nicht zu entnehmen, dass von thermischer und elektrischer Energie ein ähnliches Gefahrenpotential ausgehen müsste wie von ätzenden, giftigen und explosiven Stoffen, damitder Risikoausschluss verwirklicht ist.

[31] Da es keine sachliche Rechtfertigung für einen derart weit gefassten Risikoausschluss gibt, verstößt die Klausel gegen § 879 Abs 3 ABGB und ist daher unzulässig.

4. Klausel 6 (Art 6.1.19. RVB 2018):

4.1. „Kein Versicherungsschutz besteht für Ereignisse, die […] bei Ausübung einer Extremsportart auftreten (gilt nicht für Reisestorno);“

[32] 4.2. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als zulässig. Der Begriff „Extremsportart“ sei dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer geläufig und entspreche auch dem allgemeinen Sprachgebrauch, wonach damit Sportarten gemeint seien, die mit einer sehr hohen Gefahr für Leib und Leben verbunden seien und sowohl physisch als auch psychisch eine außergewöhnliche Herausforderung darstellen. Der Zweck des Risikoausschlusses sei dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar, nämlich dass nur solche Ereignisse ausgenommen werden, die kausal durch das bestehende hohe Risiko verwirklicht werden. Der Inhalt und die Tragweite der Klausel sei somit für den durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer durchschaubar und der formulierte Ausschluss einer erheblichen Risikoerhöhung bei Ausübung von Extremsportarten sachlich gerechtfertigt.

[33] Das Berufungsgericht qualifizierte die Klausel als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Auch wenn der Begriff „Extremsportart“ dem allgemeinen Sprachgebrauch entnommen sei, bleibe unbestimmt, welche Sportarten darunter subsumiert würden. Ein eindeutiger Begriffsinhalt lasse sich nach der allgemeinen Auffassung des Begriffs nicht festlegen. Auch bleibe offen, ob lediglich auf die grundsätzlich gefahrengeneigte Art des Sports abgestellt werde oder auch auf die individuelle – exzessive bzw extreme – Art der Ausübung des Sports. Die Beklagte habe es unterlassen, den von ihr verwendeten Begriff mit einem bestimmten, eindeutigen Begriffsinhalt zu erfüllen, um den Inhalt und die Tragweite der Klausel durchschaubar zu machen.

[34] In ihrer Revision hält die Beklagte an ihrem Standpunkt fest, dass der Begriff der „Extremsportart“ hinreichend bestimmt sei. Es bestehe kein Zweifel daran, dass der Begriff der Extremsportart in zweierlei Ausprägung verstanden werde, nämlich einerseits im Sinne einer per se sehr risikoreichen und gefährlichen Sportart und andererseits im Sinne einer in besonders intensivem Ausmaß betriebenen und deshalb gefährlichen Sportart. Eine abschließende Definition der ausgeschlossenen Sportarten würde das Transparenzgebot überspannen. Die Klausel sei auch nicht gröblich benachteiligend, da die jedenfalls vorliegende Risikoerhöhung einen generellen Risikoausschluss bei Ausübung einer Extremsportart sachlich rechtfertige.

[35] 4.3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat der Begriff „Extremsportart“ einen ausreichend bestimmten Begriffsinhalt. Darunter versteht der durchschnittliche Versicherungsnehmer Sportarten, die schon ihrer Art nach mit einer sehr hohen Gefahr für Leib und Leben verbunden sind, wie etwa Wingsuit Fliegen, Paragleiten, Apnoetauchen oder Free‑Solo‑Klettern. In diesen Fällen ist ein Risikoausschluss auch sachlich gerechtfertigt. Selbst bei kundenfeindlichster Auslegung kannder Begriff Extremsportart – ohne eine ergänzende Definition – nicht dahin verstanden werden, dass davon auchdie intensive Ausübung einer an sich ungefährlichen Sportart oder die kombinierte Ausübung mehrere Sportarten (zB Laufen und Schwimmen) umfasst sein soll. Da das der Klausel vom Verwender der AGB beigelegte Verständnis im Verbandsprozess nicht maßgeblich ist (RS0016590 [T23]; vgl auch RS0121726), ist die von der Beklagten vorgenommene Auslegung, wonach vom Begriff „Extremsportart“ auch an sich ungefährliche Sportarten umfasst seien, die in „besonders intensivem Ausmaß“ betrieben und dadurch „gefährlich“ würden, unbeachtlich.

[36] Die Klausel ist daher zulässig.

5. Klausel 7 (Art 6.2. RVB 2018):

5.1. „Kein Versicherungsschutz besteht, soweit und solange diesem auf die Vertragsparteien direkt anwendbare Wirtschafts-, Handels- oder Finanzsanktionen bzw. Embargos der Europäischen Union oder der Republik Österreich entgegenstehen. Dies gilt auch für Wirtschafts-, Handels- oder Finanzsanktionen bzw. Embargos, die durch andere Länder erlassen werden, soweit dem nicht europäische oder österreichische Rechtsvorschriften entgegenstehen.“

[37] 5.2. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als zulässig. Sie sei sachlich, weil sich auch Versicherer an gültige Vorschriften bezüglich Embargo- und Sanktionsregelungen zu halten hätten. Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei es zumutbar, sich über etwaige bestehende Sanktionen oder Embargos gegenüber Staaten, insbesondere auch am Ort des Reiseziels, zu informieren. Sanktionen gegenüber Personen würden der betroffenen Person bekannt sein. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer könne in diesen Fällen nicht darauf vertrauen, dass er Anspruch auf Versicherungsschutz habe, wenn Sanktionen oder Embargos bestünden, die dem zuwiderlaufen. Die Klausel sei daher nicht überraschend. Sie sei auch nicht intransparent: In Anbetracht der umfassenden Regelungen bezüglich Wirtschafts-, Handels- und Finanzsanktionen auf völkerrechtlicher Ebene sei die getroffene Formulierung geeignet, den Inhalt des Ausschlusses deutlich zu veranschaulichen.

[38] Das Berufungsgericht beurteilte die Klausel als unzulässig, weil sie gegen § 864a ABGB verstoße. Die Klausel sei nachteilig, weil sie den Entfall des Versicherungsschutzes ohne gleichzeitige Refundierung bereits geleisteter Prämien oder Erlass künftig fällig werdender Prämien vorsehe. Sie sei unüblich, weil Regelungen im Zusammenhang mit Wirtschafts-, Handels- und Finanzsanktionen sowie Embargos für Reiseversicherungsverträge nicht typisch seien und nicht den redlichen Verkehrsgewohnheiten entsprächen. Der Überrumpelungs-effekt werde noch dadurch verstärkt, dass sie ohne textliche oder graphische Abhebung direkt nach den Risikoausschlüssen im weiteren Fließtext zu finden sei.

[39] In ihrer Revision argumentiert die Beklagte, dass die Klausel weder gegen § 864a ABGB noch gegen das Transparenzgebot verstoße. Die Klausel sei weder nachteilig noch inhaltlich ungewöhnlich; vergleichbare Klauseln fänden sich typischerweise in Bedingungswerken von Reiseversicherungen. Auch sei sie keineswegs im Vertragswerk versteckt, sondern finde sich genau dort, wo sie vom durchschnittlichen Versicherungsnehmer erwartet werde, nämlich unter den Risikoausschlüssen. Die Klausel gebe zudem nur wieder, was völkerrechtlich dem Rechtsbestand zugehörig und auch zivilrechtlich umzusetzen sei; dass sie durchaus kompliziert sei, sei den komplizierten internationalen Bestimmungen geschuldet.

[40] 5.3. Wie bereits ausgeführt, begnügt sich das Transparenzgebot nicht mit formeller Textverständlichkeit, sondern verlangt, dass Inhalt und Tragweite vorgefasster Vertragsklauseln für den Verbraucher „durchschaubar“ sind (RS0122169 [T2]).

[41] Bei Lektüre des ersten Satzes von Art 6.2. RVB 2018 bleibt für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer zunächst völlig unklar, inwiefern „Embargos“ der EU oder Österreichs dem Versicherungsschutz einer Reisestorno- und Reiseabbruchversicherung „entgegenstehen“ können. Wenn die Beklagte vermeint, der Versicherungsnehmer erkenne bei dieser Formulierung, dass „entsprechende Sanktionsnormen“, die die Erbringung von Versicherungsleistungen bei Schadensfällen im Zusammenhang mit bestimmten Ländern oder Personen verbieten, nicht vom Versicherungsschutz umfasst sein sollen, so stellt sich schon die Frage, warum sie nicht diese Formulierung gewählt hat. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann jedenfalls anhand dieser Klausel nicht ansatzweise gesichert einschätzen, wann und in welchem Umfang es zum Entfall des Versicherungsschutzes kommen könnte (idS auch v. Rintelen in Späte/Schimikowski, Haftpflichtversicherung² AHB Z 1 Rn 576 mwN zur vergleichbaren Z 1.3. der deutschen AHB: „Weitere Transparenzbedenken ergeben sich aus der fehlenden Klarheit zu Inhalt und Reichweite der Regelung. Die Regelung ist schon rechtstechnisch missglückt.“; vgl auch Koch in Bruck/Möller, Haftpflichtversicherung Z 1 AHB 2012 Rn 105, wonach insbesondere die Begriffe „solange“ und „entgegenstehen“ unklar und unscharf sind).

[42] Gleiches gilt für den zweiten Satz von Art 6.2. RVB 2018. Auch die Reichweite dieses Ausschlusses bleibt für den Versicherungsnehmer im Dunkeln (vgl v. Rintelen in Späte/Schimikowski, Haftpflichtversicherung² AHB Z 1 Rn 580 f). Hinzu kommt, dass der zweite Satz eine salvatorische Klausel enthält. Der Oberste Gerichtshof hat bereits zu zahlreichen Klauseln, die Einschränkungen enthalten, wie etwa „sofern nicht gesetzliche Bestimmungen entgegen stehen“ (4 Ob 221/06p [Klausel 2.23]), „soweit zulässig“ (4 Ob 179/18d [Klausel 5]), „sofern eine derartige Vereinbarung gesetzlich möglich ist“ (4 Ob 59/09v [Klausel 26]), ausgesprochen, dass es sich um (nachgeschobene) salvatorische Klauseln handle, die dem Verbraucher das Risiko aufbürden, die (teilweise) Rechtswidrigkeit der beanstandeten Regelung zu erkennen, und ihm daher ein unrichtiges Bild der Rechtslage vermitteln (vgl RS0122045 [T3]).

[43] Die Klausel verstößt daher insgesamt gegen § 6 Abs 3 KSchG und ist unzulässig, sodass die Frage, ob auch ein Verstoß gegen § 864a ABGB vorliegt, dahingestellt bleiben kann.

6. Klausel 8 (Art 8.1. RVB 2018):

6.1. „Als Obliegenheiten, deren Verletzung die Leistungsfreiheit des Versicherers gemäß § 6 VersVG bewirkt, werden bestimmt: [...]“

[44] 6.2. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Der Wortlaut suggeriere dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, dass Obliegenheitsverletzungen jedenfalls die Leistungsfreiheit des Versicherers bewirkten.

[45] Das Berufungsgericht teilte diese Auffassung und qualifizierte die Klausel unter Verweis auf 7 Ob 148/21x ebenfalls als intransparent.

[46] In ihrer Revision hält die Beklagte an ihren Standpunkt fest, dass kein Verstoß gegen das Transparenzgebot vorliege. Es mache einen Unterschied, ob es sich um ein umfangreiches Vertragswerk handle, in welchem sich der bloße Hinweis „gemäß“ auf die Regelung des § 6 Abs 3 VersVG finde, oder ob es sich um eine relativ kurze Vertragsgrundlage handle, bei welcher der Gesetzestext des § 6 Abs 3 VersVG vollständig abgedruckt sei.

[47] 6.3. Der Fachsenat hatte sich in 7 Ob 148/21x [Pkt 2.6.] mit einer nahezu wortgleichen Klausel („Als Obliegenheiten, deren Verletzung unsere Leistungsfreiheit gemäß § 6 Abs 3 VersVG bewirkt, werden bestimmt: […]“) zu befassen. Er qualifizierte diese als intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG, weil bloß auf § 6 Abs 3 VersVG verwiesen werde, ohne dem Versicherungsnehmer im Klauselwerk auch nur ansatzweise zu eröffnen, dass an anderer Stelle der AUVB die gesetzliche Bestimmung abgedruckt sei und warum er sich diese (zum Erkennen von Einschränkungen) durchlesen sollte. Es ist zwar richtig, dass das Vertragswerk hier lediglich aus fünf Seiten besteht, allerdings enthält der auf Seite drei befindliche Art 8.1. RVB 2018 ebenfalls keinen Hinweis auf den auf der letzten Seite abgedruckten Gesetzestext sowie darauf, warum sich der Versicherungsnehmer diesen durchlesen sollte, sodass hier im Ergebnis kein entscheidungsrelevanter Unterschied vorliegt.

[48] Die Klausel ist daher wegen Verstoßes gegen § 6 Abs 3 KSchG unzulässig.

7. Klausel 9 (Art 8.1.1. RVB 2018):

7.1. „Der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person haben:

Versicherungsfälle nach Möglichkeit abzuwenden, den Schaden möglichst gering zu halten, unnötige Kosten zu vermeiden und dabei allfällige Weisungen des Versicherers zu befolgen;“

[49] 7.2. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als unzulässig. Sie sei sowohl intransparent als auch gröblich benachteiligend. Der Begriff „unnötige Kosten“ sei unklar. Bei kundenfeindlichster Auslegung seien darunter jedenfalls auch solche zu verstehen, welche erfolglos blieben und keine Schadenabwendung oder -minderung bewirkten. Dies verstoße gegen § 63 VersVG, sodass die Klausel auch gröblich benachteiligend sei.

[50] Das Berufungsgericht bestätigte die Unzulässigkeit der Klausel. Bei kundenfeindlichster Auslegung sehe die Klausel eine Obliegenheitsverletzung vor, wenn ex post betrachtet erfolglos gebliebene Kosten aufgewendet worden seien. Der Argumentation der Beklagten, aus dem Zusammenhang ergebe sich, dass auf eine ex ante-Betrachtung abgestellt werde, sei nicht zu folgen. Durch die Verwendung des Wortes „unnötig“ ergebe sich eine klare Abweichung von der gesetzlichen Regelung des § 63 Abs 1 VersVG. Die Klausel sei daher mangels sachlicher Rechtfertigung gröblich benachteiligend.

[51] In ihrer Revisionargumentiert die Beklagte, die Klausel sei weder intransparent noch gröblich benachteiligend. Sie orientiere sich an den gesetzlichen Regelungen der §§ 62 Abs 1, 63 VersVG und weiche von diesen auch nicht ab. Die übrigen Erfordernisse in der Klausel würden eindeutig auf eine ex ante-Betrachtung abstellen, sodass für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer klar sei, dass dies auch für die unnötigen Kosten gelte.

[52] 7.3. Gemäß § 62 Abs 1 VersVG ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, beim Eintritt des Versicherungsfalls nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen und dabei die Weisungen des Versicherers zu befolgen; er hat, wenn die Umstände es gestatten, solche Weisungen einzuholen.

[53] Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen verstößt Art 8.1.1. RVB 2018 weder gegen § 6 Abs 3 KSchG noch gegen § 879 ABGB. Bei der Klausel handelt es sich nämlich lediglich um dieKlarstellung der allgemeinen Schadensminderungsobliegenheit nach § 62 Abs 1 VersVGohne eigenständige Bedeutung, also um einen „normativen Pleonasmus“ (vgl Dörner in Prölss/Martin, VVG31 ATR08 Abs 6 Z 6 Rn 2 zum vergleichbaren Art 6.1.1. des Allgemeinen Teils der Versicherungsbedingungen für die Reiseversicherung 2008). Mit der Wortfolge, dass unnötige Kosten zu vermeiden sind, wird auch nicht der Rettungskostenersatz (§ 63 VersVG) angesprochen. Vielmehr wird damit nur klargestellt, dass auch bei Verursachung unnötiger Kosten eine Verletzung der Schadensminderungsobliegenheit insofern vorliegen kann, als damit der Schaden nicht möglichst gering gehalten wird. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich auch hinreichend klar, dass die Beurteilung einer allfälligen Obliegenheitsverletzung nicht aus einer ex post‑Sicht vorgenommen werden darf.

[54] Die Klausel ist daher ausreichend bestimmt; sie verstößt auch nicht gegen § 879 Abs 1 ABGB, weil dadurch kein Abweichen vom Gesetz erfolgt.

8. Klausel 10 (Art 8.1.5. erster Halbsatz RVB 2018):

8.1. „Der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person haben:

[...]

Schadenersatzansprüche gegen Dritte form- und fristgerecht sicherzustellen […]“

[55] 8.2. Das Erstgericht qualifizierte diesen Teil der Klausel als unzulässig, weil intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG und gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.

[56] Das Berufungsgericht teilte diese Ansicht. Aus der Klausel ergebe sich nämlich nicht, was als „Sicherstellung“ von Schadenersatzansprüchen zu verstehen sei. Im Zusammenhang mit Schadenersatzansprüchen könne dem Begriff „sicherstellen“ auch kein eindeutiger oder klarer Bedeutungsinhalt beigemessen werden. Der Versicherungsnehmer könne sich durch die Klausel kein eindeutiges Bild seiner vertraglichen Position machen, weil nicht klar sei, was er zu tun habe, um der Obliegenheitsverpflichtung gerecht zu werden. Dieser selbstständige Teil der Klausel verstoße daher gegen das Transparenzgebot.

[57] In ihrer Revision hält die Beklagte – unter nahezu wörtlicher Wiederholung ihrer Berufungsausführungen – an ihrer Ansicht fest, dass die Klausel dem gesetzlichen Aufgabeverbot nach § 67 Abs 1 Satz 3 VersVG entspreche. Die Klausel verlange vom Versicherungsnehmer nicht mehr, als er tun würde, bestünde kein Versicherungsschutz. Die Klausel sei daher nicht gröblich benachteiligend.

[58] 8.3. Die Rechtsrüge ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, wenn sich der Revisionswerber mit den Argumenten des Berufungsgerichts bzw dessen tragender Begründung nicht auseinandersetzt (RS0043603 [T9, T16]). Im vorliegenden Fall geht die Beklagte in ihrer Revision in keiner Weise auf die Begründung des Berufungsgerichts ein, wonach dem Begriff „sicherstellen“ im Zusammenhang mit Schadenersatzansprüchen kein eindeutiger Bedeutungsinhalt beigemessen werden könne, weshalb die Klausel gegen das Transparenzgebot verstoße. Sie wiederholt bloß ihre Berufungsausführungen, in denen sie thematisiert, weshalb die Klausel dem Aufgabeverbot des § 67 Abs 1 Satz 3 VersVG entspreche und nicht gröblich benachteiligend sei. Damit ist die Rechtsrüge zu dieser Klausel aber nicht gesetzmäßig ausgeführt.

[59] Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts ist aber auch inhaltlich zutreffend. Ganz abgesehen davon, dass der Begriff „sicherstellen“ im gegebenen Zusammenhang völlig unklar ist, kann die Klausel bei kundenfeindlichster Interpretation dahin verstanden werden, dass der Versicherungsnehmer auf eigene Kosten Klagen bzw Beweissicherungsanträge einzubringen hat, um das Kriterium der form- und fristgerechten Sicherung zu erfüllen.

[60] Die Klausel verstößt daher sowohl gegen § 6 Abs 3 KSchG als auch gegen § 879 Abs 3 ABGB.

9. Klausel 11 (Art 14.2. RVB 2018) und Klausel 18 (Art 17.3. RVB 2018):

9.1. „Ein Versicherungsfall liegt vor, wenn die versicherte Person aus einem der folgenden Gründe die Reise nicht antreten kann, eine gesondert gebuchte touristische Leistung während der Reise zur Gänze nicht nutzen kann […]“ [Artikel 14.2. RVB 2018]

„Der Versicherer ersetzt bis zur vereinbarten Versicherungssumme [...]

wenn eine gesondert gebuchte touristische Leistung während der Reise zur Gänze nicht genutzt werden kann, die vertraglich geschuldeten Stornokosten.“ [Art 17.3. RVB 2018]

[61] 9.2. Das Erstgericht beurteilte die Klauseln als zulässig. Da der Versicherungsnehmer berechtigterweise gar nicht erwarte, Kosten in Zusammenhang mit gesondert gebuchten touristischen Leistungen durch die Reiseversicherung ersetzt zu bekommen, sei es auch weder ungewöhnlich noch gröblich benachteiligend, wenn gesondert gebuchte touristische Leistungen in Versicherungs-bedingungen anders behandelt würden als Reisekosten der versicherten Pauschalreise im Falle eines Reiseabbruchs. Was die Klausel 11 anbelange, so sei auch anhand ihres objektiven Erscheinungsbilds keine Ungewöhnlichkeit ersichtlich, sie sei auch nicht versteckt. Die in Klausel 18 gewählte Formulierung, dass der Versicherungsnehmer die „vertraglich geschuldeten Stornokosten“ ersetzt bekomme, wenn eine gesondert gebuchte touristische Leistung während der Reise zur Gänze nicht genutzt werden könne, sei ebenso nicht zu beanstanden.

[62] Das Berufungsgericht bestätigte die Zulässigkeit der Klauseln. Die Klauseln würden nicht gegen § 864a ABGB verstoßen, weil sie eine für die Art des Rechtsgeschäfts typische Vertragsbestimmung regeln würden und im Vertragsgefüge dort zu finden seien, wo sie der Durchschnittsverbraucher vermute. Die Klauseln seien auch nicht intransparent, weil sich einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erschließe, dass es sich bei der „gesondert gebuchten touristischen Leistung“ um eigens zugebuchte, also um zusätzliche, im Reisepreis nicht enthaltene Leistungen handle. Schließlich seien sie auch nicht gröblich benachteiligend, da es nicht der Erwartungshaltung eines Versicherungsnehmers entspreche, dass die Beklagte im Fall der Durchführung der Reise jede nicht in Anspruch genommene Teilleistung (auch einer Pauschalreise) decke.

[63] In ihrer Revision argumentiert die Klägerin, dass die Klauseln sowohl gegen § 864a ABGB als auch gegen § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG verstoßen würden. Die Einschränkung, dass bereits bei geringfügiger Inanspruchnahme der Leistung ein Versicherungsschutz ausgeschlossen sei, führe zum Ergebnis, dass die Versicherung nur im seltenen, atypischen Ausnahmefall decke. Daraus ergebe sich ein Überrumpelungseffekt. Dieser sei bei Pauschalreisen besonders stark ausgeprägt, da ein Verbraucher erwarte, dass Versicherungsschutz für alle Bestandteile der Pauschalreise bestehe. Eine sachliche Rechtfertigung, warum der Versicherungsschutz nur in dem Fall bestehen solle, wenn die Leistung zur Gänze nicht in Anspruch genommen werde, sei nicht ersichtlich, weil eine aliquote Berechnung möglich wäre; daher seien die Klauseln auch gröblich benachteiligend. Bei Klausel 18 komme hinzu, dass die mangelnde Vereinbarung einer Stornoquote überhaupt zur Leistungsfreiheit der Beklagten führen würde, was in krasser Weise gröblich benachteiligend sei.

[64] 9.3.1. Art 14.2. RVB 2018 sieht drei möglich Versicherungsfälle vor: 1. Die Reise wird storniert, 2. die Reise wird abgebrochen und 3. die Reise wird durchgeführt, aber eine gesondert gebuchte touristische Leistung kann nicht zur Gänze genutzt werden. Art 17.1. RVB 2018 regelt den Entschädigungsumfang im Fall der Stornierung der Reise, Art 17.2. RVB 2018 bei Abbruch der Reise und Art 17.3. RVB 2018, wenn eine (schon zuvor) gesondert gebuchte touristische Leistung während der Reise nicht zur Gänze genutzt werden kann.

[65] 9.3.2. Entgegen der Ansicht der Klägerin sind diese Klauseln weder ungewöhnlich noch überraschend im Sinn des § 864a ABGB. Sie sind zunächst jeweils dort zu finden, wo sie der durchschnittlich sorgfältige Leser sucht, nämlich Art 14.2. RVB 2018 unter der Überschrift „Was ist versichert“ und Art 17.3. RVB 2018 unter der Überschrift „Wie hoch ist die Entschädigungsleistung“. Den Klauseln wohnt auch kein „Überrumpelungseffekt“ inne, weil entgegen der Ansicht der Klägerin nicht nur in „atypischen Ausnahmefällen“ Versicherungsschutz besteht. Vielmehr sind „gesondert gebuchte touristische Leistungen“ bei Stornierung der Reise voll, bei deren Abbruch soweit nicht genutzt und während der Reise insofern versichert, als die Stornokosten ersetzt werden, wenn die gesondert gebuchte touristische Leistung zur Gänze nicht genutzt werden kann. Davon, dass die Versicherung nur im seltenen Ausnahmefall deckt, kann somit keine Rede sein.

[66] 9.3.2. Die Klauseln sind auch nicht intransparent: Dass die von der Beklagten gewählte Terminologie von jener des Pauschalreisegesetzes (PRG) abweicht, ist unerheblich, weil die Bedingungen einerseits nicht nur für Pauschalreisen gelten und andererseits das Transparenzgebot keine Übereinstimmung mit der Gesetzesterminologie verlangt, sondern eine für den Durchschnittskunden möglichst verständliche Formulierung (vgl RS0115217 [T3]). Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer wirddurch die Verwendungdes Begriffs der „gesondert gebuchten touristischen Leistung“ ausreichend klar und verständlich vor Augen geführt, dass es sich dabei um eine eigens gebuchte Leistung handeln muss, die nicht Teil der Reise ist, wie etwa Ausflüge oder Sportprogramme. Die von der Klägerin thematisierten rechtlichen Überlegungen zum Begriff der Pauschalreise nach dem PRG im Zusammenhang mit „click‑through‑Buchungen“ wird der durchschnittliche, juristisch nicht gebildete Versicherungsnehmer nicht anstellen. Sie sind daher nicht relevant.

[67] 9.3.3. Gröbliche Benachteiligung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB liegt im Versicherungsvertragsrecht nicht nur dann vor, wenn der Vertragszweck geradezu vereitelt oder ausgehöhlt wird, sondern bereits dann, wenn die zu prüfende Klausel eine wesentliche Einschränkung gegenüber dem Standard bringt, den der Versicherungsnehmer von einer Versicherung dieser Art erwarten kann (RS0128209 [insb T2]). Zweck und Wesen einer Reiserücktritts- und Stornoversicherung bestehen darin, einem Reisenden bei einem im Vertrag angegebenen Rücktrittsgrund den finanziellen Verlust abzudecken, sodass sich das Buchungsrisiko in einem solchen vom Vertrag erfassten Fall auf einen eventuell auf ihn entfallenden Selbstbeteiligungsbetrag (Selbstbehalt) beschränkt, der regelmäßig erheblich hinter der ansonsten anfallenden – und im Regelfall nach Reiseart und Rücktrittszeitpunkt gestaffelten – Stornopauschale zurückbleibt (7 Ob 79/14i mwN). Insoweit bestehen auch berechtigte Deckungserwartungen des Versicherungsnehmers.

[68] Der durchschnittliche Versicherungsnehmer einer Reisestorno- und Reiseabbruchversicherung kann aber grundsätzlich nicht erwarten, dass sämtliche mit einer Reise verbundenen Kosten vom versicherten Risiko umfasst sind (Art 14.2. RVB 2018) und dass die Beklagte im Fall der Durchführung der Reise jede auch nur teilweise nicht in Anspruch genommene touristische Leistung deckt (Art 17.3. RVB 2018). Im Übrigen deckt die von der Beklagten angebotene Versicherung ohnehin auch die (vertraglich vereinbarten Storno‑)Kosten für gesondert gebuchte touristische Leistungen trotz Durchführung der Reise, wenn diese zur Gänze nicht Anspruch genommen werden können. Durch die Klauseln werden daher die berechtigten Deckungserwartungen des Versicherungsnehmers einer Reisestorno- und Reiseabbruchversicherung nicht beeinträchtigt. Ein Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB liegt somit nicht vor.

[69] 9.3.4. Was schließlich die Beschränkung in Klausel 18 auf die vertraglich geschuldeten Stornokosten anbelangt, so liegt auch darin keine gröbliche Benachteiligung. Unter dem Begriff „Stornokosten“ in Art 17.3. RVB 2018 sind nämlich aus Sicht des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers jene Kosten zu verstehen, die der Versicherungsnehmer für die gesondert gebuchte touristische Leistung zu bezahlen hat, obwohl er diese während der Reise zur Gänze nicht nutzen konnte, wobei dies auch die gesamten Kosten der Leistung sein können. Dass der Versicherer dabei nur eine „Stornoquote“ zu ersetzen hätte, kommt in der Klausel gerade nicht zum Ausdruck.

[70] 9.3.5. Die Klauseln sind daher zulässig.

10. Klausel 12 (Art 14.2.5. RVB 2018):

10.1. „Ein Versicherungsfall liegt vor, wenn die versicherte Person aus einem der folgenden Gründe die Reise nicht antreten kann [...]

bedeutender Sachschaden am Eigentum der versicherten Person an ihrem Wohnsitz infolge Elementarereignis (Hochwasser, Sturm usw.), Feuer, Wasserrohrbruch oder Straftat eines Dritten, der ihre Anwesenheit dringend erforderlich macht;“

[71] 10.2. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als intransparent. Dem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer werde nämlich auffallen, dass Art 3.2. RVB 2018 der Versicherungsbedingungen zwischen „Wohnsitz“ und „Zweitwohnsitz“ unterscheide, eine solche Differenzierung in Art 14.2.5. RVB 2018 aber gerade nicht erfolge. Damit bleibe für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer unklar, wie die in Rede stehende Klausel zu interpretieren sei.

[72] Das Berufungsgericht beurteilte die Klausel als zulässig. Die Klausel stelle auf den Wohnsitz der versicherten Person ab und unterscheide nicht zwischen verschiedenen Arten des Wohnsitzes; somit gelte ein Elementarschadenereignis an jedem Wohnsitz der versicherten Person als Versicherungsfall. Die Klausel sei damit nicht nachteilig. Sie sei auch nicht intransparent. Selbst in Zusammenschau mit Art 3.2. RVB 2018 ergebe sich nämlich keine unklare Vertragslage. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer nehme aufgrund der dortigen Differenzierung nicht an, dass in der hier zu beurteilenden Klausel der Zweitwohnsitz nicht vom Begriff des Wohnsitzes umfasst sein soll.

[73] In ihrer Revision hält die Klägerin an ihren Standpunkt fest, dass die Klausel intransparent sei, weil völlig unklar bleibe, ob der Versicherungsschutz auch für Zweitwohnsitze bestehe. Die Beklagte differenziere in ihren Versicherungsbedingungen nämlich an anderer Stelle zwischen „Wohnsitz“ und „Zweitwohnsitz“. Bei kundenfeindlichster Auslegung sei die Klausel so zu verstehen, dass Versicherungsschutz nur am Hauptwohnsitz bestehe. Da für diese Einschränkung keine sachliche Rechtfertigung zu erblicken sei, sei die Klausel auch gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.

[74] 10.3. Art 14.2.5. RVB 2018 stellt auf den Wohnsitz der versicherten Person ab, ohne eine nähere Differenzierung zu treffen. Daher ist jeder Wohnsitz der versicherten Person erfasst. Entgegen der Ansicht der Klägerinwird der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer auch nicht einen Bezug zu Art 3.2. RVB 2018 herstellen und sich fragen, ob die dortige Unterscheidung zwischen „Wohnsitz“ und „Zweitwohnsitz“ auch für Art 14.2.5. RVB 2018 relevant sein soll, obwohl hier eine solche Unterscheidung gar nicht getroffen wird.

[75] Die Klausel ist daher weder ungewöhnlich noch gröblich benachteiligend noch intransparent, sondern zulässig.

11. Klausel 13 (Art 16.3. RVB 2018):

11.1. „Der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person haben

[...]

bei Erkrankung oder Unfall unverzüglich eine entsprechende Bestätigung des behandelnden Arztes (bei Reiseabbruch vom Arzt vor Ort) ausstellen zu lassen;“

[76] 11.2. Das Erstgericht qualifizierte die Klausel als unzulässig. Sie sei intransparent, weil das Erfordernis eines Verschuldens als Voraussetzung für die Leistungsfreiheit nicht verdeutlicht und insoweit die Rechtslage verschleiert werde. Sie sei auch gröblich benachteiligend, weil sie nicht unerheblich von § 34 VersVG abweiche.

[77] Das Berufungsgericht beurteilte die Klausel ebenfalls als intransparent und gröblich benachteiligend. Hinsichtlich der gröblichen Benachteiligung teilte es die Begründung des Erstgerichts. Die Intransparenz begründete das Berufungsgericht abweichend: Da der Einleitungssatz des Art 16. RVB 2018 („Als Obliegenheiten, deren Verletzung die Leistungsfreiheit des Versicherers gemäß § 6 VersVG bewirkt, werden bestimmt“) vom Klagebegehren zu Klausel 13 nicht erfasst sei, könne die Intransparenz der Klausel nicht damit begründet werden. Anders als das Erstgericht erachtete das Berufungsgericht aber den Begriff der „entsprechenden“ Bestätigung als zu unbestimmt, sodass sich daraus die Intransparenz der Klausel ergebe.

[78] In ihrer Revision hält die Beklagte an ihrem Standpunkt fest, dass die Klausel weder intransparent noch gröblich benachteiligend sei. Art 16. RVB 2018 verweise ausdrücklich auf § 6 VersVG, der nicht nur auf derselben Seite, sondern sogar neben der Klausel abgedruckt sei. Auch durch die Verwendung des Begriffs „entsprechend“ werde keine Intransparenz begründet: Im Sinnzusammenhang und durch Rückbezug auf „Erkrankung oder Unfall“ sei es eindeutig, dass die entsprechende Bestätigung das Vorliegen einer Erkrankung oder eines Unfalls bestätigen solle. Eine gröbliche Benachteiligung liege nicht vor, da der Versicherer ein berechtigtes Interesse daran habe, die Umstände seiner Leistungspflicht zu objektivieren. Auch weiche die Klausel nicht von der gesetzlichen Wertung des § 34 VersVG ab.

[79] 11.3. Gemäß § 34 Abs 2 VersVG kann der Versicherer Belege insoweit fordern, als die Beschaffung dem Versicherungsnehmer billigerweise zugemutet werden kann. Anders als § 34 Abs 2 VersVG enthält Art 16.3. RVB 2018 keine Einschränkung auf die Zumutbarkeit der Einholung des ärztlichen Attests, obwohl die unverzügliche Einholung einer ärztlichen Bestätigung, welche bei Reiseabbruch noch dazu durch einen Arzt vor Ort auszustellen ist, den Versicherungsnehmer im Ausland vor erhebliche Mühen und Schwierigkeiten stellen, im Extremfall sogar eine unüberwindbare Hürde darstellen kann. Wenn die Beklagte argumentiert, die fehlende Bezugnahme auf die Zumutbarkeit schade nicht, weil dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer klar sei, dass Unzumutbares von ihm nicht verlangt werden könne, so ist dem nicht zu folgen. Vielmehr ist die Klausel bei kundenfeindlichster Auslegung dahin zu verstehen, dass diese Obliegenheit ohne jede Einschränkung gilt. Damit verstößt diese Klausel aber gegen § 34a VersVG, wonach sich der Versicherer auf eine Vereinbarung, die von (unter anderem) § 34 Abs 2 VersVG zum Nachteil des Versicherungsnehmers abweicht, nicht berufen kann und ist daher unzulässig.

12. Klausel 14 (Art 16.4. RVB 2018):

12.1. „Der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person haben

[...]

unverzüglich folgende Unterlagen an den Versicherer zu senden:

‑ bei Erkrankung oder Unfall: Detailliertes ärztliches Attest/Unfallbericht (bei psychischen Erkrankungen durch Facharzt der Psychiatrie), Krankmeldung bei der Sozialversicherung und Bestätigung über verordnete Medikamente;“

[80] 12.2. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als unzulässig. Sie sei intransparent, weil die Ausnahmen von der Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 6 Abs 3 VersVG aus der Klausel nicht hervorgingen. Sie sei außerdem gröblich benachteiligend, weil auch sie ohne sachliche Rechtfertigung von § 34 VersVG abweiche.

[81] Das Berufungsgericht qualifizierte die Klausel als intransparent, weil sie gegen das dem Transparenzgebot innewohnende Richtigkeitsgebot verstoße. Aus ihr gehe nicht hervor, dass nur bereits vorhandene Unterlagen übermittelt werden müssten. Damit weiche sie zum Nachteil des Versicherungsnehmers von der einseitig zwingenden Bestimmung des § 34 Abs 2 VersVG ab.

[82] In ihrer Revisionargumentiert die Beklagte, dass die Klausel auch bei kundenfeindlichster Auslegung so zu verstehen sei, dass nur vorhandene Unterlagen dem Versicherer zu übermitteln seien.

[83] 12.3. Gemäß § 34 Abs 2 VersVG kann der Versicherer Belege insoweit fordern, als die Beschaffung dem Versicherungsnehmer billigerweise zugemutet werden kann. Von der Belegobliegenheit erfasst sind nach der Rechtsprechung grundsätzlich alle Dokumente, über die der Versicherungsnehmer selbst verfügt oder die er von Dritten besorgen kann (die also bereits existieren) (7 Ob 180/14t; 7 Ob 210/14d).

[84] Wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausführte, geht aus der Klausel entgegen der Ansicht der Beklagten keineswegs zweifelsfrei hervor, dass lediglich bereits vorhandene Unterlagen übermittelt werden müssen. Vielmehr sieht die Klausel vor, dass bestimmte Unterlagen unverzüglich an den Versicherer übermittelt werden müssen. Dies kann bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung dahin verstanden werden, dass der Versicherungsnehmer erst einen entsprechenden (Fach-)Arzt aufsuchen müsste, um von diesem ein detailliertes Attest oder einen Unfallbericht zu erhalten, den er dann dem Versicherer übermitteln könnte. Darüber hinaus enthält die Klausel auch keine Einschränkung in Bezug auf die Zumutbarkeit der Belegbeschaffung (siehe Punkt 11.3. der Entscheidung). Damit verstößt diese Klausel gegen § 34a VersVG, wonach sich der Versicherer auf eine Vereinbarung, die von (unter anderem) § 34 Abs 2 VersVG zum Nachteil des Versicherungsnehmers abweicht, nicht berufen kann und ist daher unzulässig.

13. Klausel 15 (Art 16.5. RVB 2018):

13.1. „Der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person haben

[…]

sich auf Verlangen des Versicherers durch die vom Versicherer bezeichneten Ärzte untersuchen zu lassen.“

[85] 13.2. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als unzulässig. Sie sei intransparent, weil die Einschränkung des § 6 Abs 3 VersVG nicht aus der Formulierung hervorgehe. Sie verstoße zum anderen auch gegen § 864a ABGB: Sie sei nämlich überraschend, da sie vom für Reiseversicherungen Üblichen deutlich abweiche, und für den Versicherungsnehmer nachteilig sei. Außerdem sei die Klausel auch gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB, weil sie dem Versicherer ein uneingeschränktes Recht einräume, ohne auf eine konkrete Verdachtslage oder die Zumutbarkeit abzustellen.

[86] Das Berufungsgericht bestätigte die Unzulässigkeit der Klausel. Sie sei insgesamt im Rahmen einer Reiseversicherung unüblich und nachteilig; auch werde auf sie nicht besonders hingewiesen, sodass sie gegen § 864a ABGB verstoße.

[87] In ihrer Revisionargumentiert die Beklagte, es sei sachgerecht, dem Versicherer die Möglichkeit einzuräumen, durch stichprobenartig vorgenommene Überprüfungen Malversationen aufzudecken. Auch sei völlig klar, dass die diesbezügliche Untersuchung ausschließlich auf Kosten des Versicherers erfolge.

[88] 13.3. Bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung erlaubt es Art 16.5. RVB 2018 der Beklagten – unabhängig von einem begründeten Missbrauchsverdacht oder sonstiger berechtigter Gründe – die Untersuchung durch die vom Versicherer bezeichneten Ärzte vornehmen zu lassen. Eine derartige Klausel ist bei einer Reisestorno- und Reiseabbruchversicherung – anders als etwa bei einer Kranken- oder Unfallversicherung – unüblich. Auf sie wird auch nicht besonders hingewiesen, sondern sie befindet sich im Fließtext unter der Überschrift „Was ist zur Wahrung des Versicherungsschutzes zu beachten (Obliegenheiten)?“, sodass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer vernünftigerweise nicht damit zu rechnen braucht. Überdies ist diese Regelung – unabhängig von der Frage der Kostentragung – für den Versicherungsnehmer zweifellos nachteilig, stünde er doch ohne die Klausel besser da (vgl Laimer in Klang³ § 864a ABGB Rz 38; Riedler in Schwimann/Kodek 5 § 864a ABGB Rz 41; Graf in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.05 § 864a Rz 46). Da eine darüber hinausgehende Wertung der Benachteiligung nicht stattfindet (RS0014659 [T12]), ist die Klausel daher gemäß § 864a ABGB unzulässig.

III. Ergebnis und Kostenentscheidungen:

[89] 1. Der Revision der Klägerin ist daher keine, jener der Beklagten hingegen teilweise Folge zu geben und die Entscheidungen der Vorinstanzen sind wie aus dem Spruch ersichtlich abzuändern und zu bestätigen.

[90] 2. Die Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren beruht auf §§ 43 Abs 1, 54 Abs 1a ZPO und für die Rechtsmittelverfahren auf §§ 41, 43 Abs 1 iVm § 50 ZPO. Nach Saldierung der wechselseitigen Kostenersatzansprüche ergeben sich die aus dem Spruch ersichtlichen Beträge. Da im Verfahren erster und zweiter Instanz im Ergebnis der Anspruch auf Ersatz der Vertretungskosten der Beklagten mit einem Barauslagenersatzanspruch der Klägerin verrechnet wurde, unterblieb der Ausweis der Umsatzsteuer.

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